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Heidelberger Zeitung — 1864 (Juli bis Dezember)

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Nr. 179-204 August
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Ucidtlbergkr Ieilung

M 18«


Mittwoch, iv Ä.igust L8«1.

» Auf die „Heidelberger
Zeitung" kann mau sich
noch für die Monate
Augujl und scPtcmber mit 36 Kreuzern abon-
niren bci allen Postaustalte», den Boteu uud
Trägeru, so wie der Expeditiou (Schiffgassc
i>!r. 4).

Die Schleswig - Holst in'sche
Laeiie

wird, nach abgejchlossenen FricdenSprälimin»-
rien, zwar sicher nicht aus den Zeitungen ver-
schwindcn, aber vou uun an doch vicl von ihrcm
Znleresse verliercn. Dic spanncnden Wcchsel-
fälle des KampfeS und die Schachzüge der
Diplomatie haben ihr Ende errcicht,, und wcnu
es auch, bis ein völligcr Friede sormell zu
Stande gekommen, und daS Schicksal der Her-
zogthümer im Jnnern entschicden ist, an mehr
oder weniger ausrcgcnden Acten »icht fehle»
wird — so ist doch diese nativnale Frage in
ihrer Hauptsache alS cutschicden zu belrachten.
Der große Gewinn und Erfolg, dcssen wir uns
bis jetzl erfreuen dürfen, besteht jedenfalls darin,
daß von nun an dicse Frage keine europäijche
mehr ist, sondern eine rcin dcutsche Frage ge-
wordcu ijt. Alle Punkte, welche noch zu er-
ledigen sein mögen, der Streit über die Erb-
folge, die Vertheilung dcr Kriegskosten, die
Zukunst LauenburgS, die Lismarck'schen Plänc
u. s. n>., ttcten iu den Hinrcrgrund zurück vor
der Bcdeutung der cinen Thatsache, daß die
curopäischc Jntrigue, wclchc Schieswig-Holstciu
von Dcutschland losrcißcn ivollte, endiich zu'
Schandeu getvorden ist, und daß dic bciden Her-
zogthümer, wclcheS äuch ihr Schicksal sein möge,
für alle Zeiteu — wic wir hoffen wollen —
von Däncmark bcfreit und mit ihrem Volke
wicdervercinigt sind. Dcr Kainps mit dem
AuSlauoe ist beendigt, und dic Ehrc Deutsch-
landS gewahrt, wenn auch HLusliche Zwistig-
keiten noch nachfolgen.

Die Schandslccke der Zahrc 18Ü1 und 1852
jind auSgctilgt, und das im Kampfe geopferte
Blut dieSmal nichl vcrgebenS geflossen. Zu
diesem Zielc ist nun freilich Deutjchtand nicht
ohne eine Fülle bitterer und widerwärtiger Er-
sahrungcn gelangt. Je größer aber die Schwäche
und die Zerfahrenheit des dcutschen, BundeS
sich geoffcnbart hat, um so dankbarcr ist das
Erreichte zu preiscn, und um so wunderbarer
erscheint eS, daß trotz dessen dieser Conflict, der
die Ohnmacht deS Bundes nicht g-schaffen, son-
dern nur bcleuchtet hat, zu ciner so guten
Lösung gedeihcn konnte. Wenn wir daher aus-

richtig sein wollen, so missen wir gestchen, daß
wir über Vcrdienst vom Glncke begünstigt wor-
den stnd. Wer sich zu Ende deS vvrigeu Aahres
über die Schwierigkeit dcr Situatiou keiner
Täuschung hingab, wird schwcrlich gehosst haben,
daß 7 Monate nachher daS nationale Programm
in der Hauptsache triumphirt haben werde.
Wie lange schwcbte mau nur in dcr Sorge,
Oesterreich und Preußen würden daS Gewicht
ihrer Macht zu Gunsten Christian IX. iu die
Wagc wcrscn!

ES ist schließlich AllcS audcrs gckommen, alS
vor cinem halbcn Zahre befürchtet wurde. Die
ansänglichen Geguer deS nationalen ProgtammS
stnd durch dic Macht der Umstände genöthigt,
durch den natioualcn Willcn und den dänischcn
Trotz getriebe», die Vollzieher ebcu dieses Pro-
grammeS geworden, und unter den Friedens-
Präliminarien vom 1. Augusr jtehen die Namen
v. BiSmarck und v. Rechbergl Europa aber,
welcheS biS dahin dcr deutschen Sache sich feind-
selig erwicsen hatte, mußte, obwohl Eugland
AllcS aufbot, um eine Coalition gegen Deutsch-
land zusammcn zu bringen — Dank dcr sran-
zösischen Eiferjucht — dcn Dingcn ihrcn Lauf
lasscn, ohnc sich auders alS mit Rathschlägen
und Ermahnungen einzumischcn. Auch daß
Europa sich zu ciner fricdlichcn Haltnng bc-
quemtc, verdanken wir überhaupt einer glück-
lichen Verkettung vou Umständcn, welche eizi
Ausammenwirken EnglandS, Rußlands uud
Frankreich« cpschwerten Dcn Däncn aber wird,
untcr allcn trübseligcn Ecinncrungen an daS
Jahr 1884 der Gcdanke der bitlerste scin, daß
ihre eigenen StaatSmänncr cs warcn, welche
durch eiue unbegrenzte Hartnäckigkeit und durch
unglaublichc Mißgriffc deu deutschcu Waffen
die crrungenen Sicgc gleichsam aufnötyigten.

* Politischc lltiischau.

Der „A. A. Z." wird von hicr gcschricben,
daß das österreichische Nordsee-Geschwader vor-
erst nicht zurückcrwartct werde
Wie die „Börsenzcitung" miltheilt, stnd die
Münchener Punktationen in der Zoll- und
Haudelsfrage mittelst Dcpesche des Grascn Rech-
bcrg vom 29. v. M. an deu öjterr. Gcschästs-
lräger in Berlin, Grafcn Chotck, übermittclt
wordcu. Oesterreich stellt in dcr Depesche an
Prcußcn daS Ersuchen, mit Oesterreich uuver-
weilt in neuc Verhandlungen zu trelen, welche
eine gcringe Modisication d-s Artikel 31 deS
preußisch-französischcn HandelSvertrags zu Guu-
sten OestcrreichS unb die Verpslichtnug Preu-
ßcns, Oestcrrcich dereinst dcu Zutritt in den

Zollverein zu gewähren, herbeisührcn sollen.
Die Depesche dcutet auSdrücklich an, daß die
weiterc politische Stellung OcstcrreichS zu Preu-
ßen von dem Erfolge dicser Untcrhandlungcn
abhängig sei. Uebrizcns erkennt die Depcsche
dcn gulen Willcn PreußenS, dcr sich schon in
Art. 5 deS jüngst abgcschlvsscnen Preußisch-
Sächsischen HandelsvertragS kundgegeben habe,
frcudig an.

Nach einer Depesche aus Konstantinopcl vvm
5. August ist in der Gegend von Bagdad eine
Znsurrcction auSgcbrochen. Die türkischen
Truppen wurden geschlagen und verloren 6
Kanonen. — Das Kabel im Persischen Golf
ist zerrisseu.

Die polnische Grenze ist „zum Schutze der
an der Grenze wohncnden Prcußen" seit dem
3. d. von preußischen Truppen wieder besetzt
wordcn.

Ziii DchleSmig-Holsteiii'scheii
Lache.

Kopenhagen, 5. August. Jn der gestri-
gen Sitzung des VolkSthings stellte Herr Birke-
dal folgende Znterpellation (die dersclbe jcdvch
mittlerweile zurückgezvgen hat): Hält daS Gc-
sammtministerium cs sürgesetzlich, daß Schleswig
ohnc Zustimmung der LandeSvcrtretung abgc-
treten wurde, und ift daS Conseil überzeugt,
daß eiu derartigcr Friedensschluß nicht den
KönigSthron erschüttern könnted

Koprnhagrn, 8. Aug. Heute fand die
Erdssnung dcs Reichstags durch den König statt,
dcr in seiner Rede sagte: wenngleich die Ver-
hältnisse die sofortige Vcrtaguug deS ReichStags
crforderten, so fühle er dennoch den Drang in
stch, die Erwähltcn des BolkeS um sich zu sehen.
Der König bcklagt im Verlauf scincr Rcdc dic
schmerzlichen Opfcr, welchc trdtz dcr Tapfcrkeit
dcs HecreS und der Flotte, trotz der Bereit-
willigkcit deS Volkcs gcbracht werde» mußten.
Von Europa vcrlassen, hätte cr der Ucbermacht
nachgeben und einen Kricg beendigen müsscn,
dksscn Fortsctzung nur fernere Verluste uach
sich gczvgcn hätte.

Wien, k. August. Dänemarks Vertreter
übcrreichte» heute dcm Grasen Rechberg ihre
Vollmachtcn, wclche sic sür die FricdeuSver-
handlungen erhaltcn haben. Die Jnstruktionen
sollen nachfolgen. Die Ankunst deS Königs
»on Preußen tvird am 15. Aug. erwartct
Hamburg,.?. Aug. Die „Hamb. Nachr."
melden: Sichcrcm Vcrnehmcn nach sandte das
Obcrcommando der Bundcstruppen nach gc-
schlosscncr dicsscitiger Untersuchung der Rends-

Erzählungen am Sioouakseurr.

Adalbert Baudissin.

(Fortsetzung und Schluß.)

„Abcr der Kurhcsse", riefen wir Alle wie auS
einem Munde, was geschah mit dem Kurhessen?"

„Er legte dcn geretten Freund in die Arme seiner
Kameraden und kehrte zurück, um einen zweiten
Verwundeten zu holeu. Denkt Euch, was es heißt,
ein einzelner Mann nnbewaffnet zweihundert Schritte
einem Bataillon entgegen zu laufen, das unaufhör-
lich feuert; denkt Euch, in diesem mörderischen
Feuer einen Vcrwundeten wegzutragen, langsam
und behutsam den Frrund aus dem Bereiche deS
FetndeS zu dringen; ja, denkt Euch, daß der brave
Mann vicrmal sein Wagstück wiederholte nnd vier-
mal glücklich bestand. Bei dem fünften Versuch,
als er eben einen Verwundcten aufhob, traf ihn
die tödtliche Kugel. Wir fanden ihn nachher neben
dem Verwundeten liegen; die Kugel hattr ihn in's
Herz getroffen."

„Wie heißt das Batatllon, welcheS das Hclden-
stück ausführte? WelcheS Batatllon hat drn Mann

wcnn ick mit meinen Jägern Nache nehme."

„Es war daS drcizehnte Linien-Jnfanterie-Ba-
taillon," erwiderte der Schmede.

„Nun, hier schwöre ick vor Gott und vor Euch,
Kameraden, daß ich meinen Landsmann räcken
will an jedem Hundefott vom dreizehnten dänischen
Bataillon. Herrgott! Hätt' ich Euch, wie wollt
ich Euch!"

„Wenn Sie erlauben," sprach jetzt Heinricks, i
„möchte ick Jhnen auch von unserem Lorps eine
That mittheilrn, die ich heute selbft mit erlebt
! habe und die nicht scklecht zu den beiden Gcschichteir ,
^ paßt, welche die Herren eben erzählt haben. Sie !
! kcnnen ja den Unterofficier Stettin — er ist aus i
! Stettin und heißt Stcttin, und stand bei der ersten !
Compagnie deS dritten Iägercorps. Als wir nun
heute zum Sturm auf dcn Brückcnkopf vorgingcn, ^
wir als Tirailleure und das erste Linien-Bataillon !
zum geschloffenen Bayonnetangriff, da war Stcttin ^
dicht neben mir. Der Feind hatte acht Battericn, !
aus dencn er den Zugang zum Brückenkopf bestrich;
in den Schanzen lagen vier Bataillone Infanterie,

und zwri Eompagnien Jäger nehmen. Gut! Wir
gingen ja vorwärts, die Musik spielte Schleswig-
Holstein, die Herren Officiere sckwenkten die Säbel,
na, und wir sind ja denn auch von Fletsch und
Bcin und können es nicht gut mit ansehrn, wenn
die Officire vorans sind und tas Feuer deS FeindeS
auf sich zieben. Der Herr Hauptmann v. Schmtdt

wollten ja gern in die Sckanzen htnein, um mit
dem Kolben breinzuscklagen, denn das kann der
Däne nicht lciden. Wie wir nun so neben einander
vorwärts laufen, höre ick einen Scklag, und wie
ich mich umsehe, liegt Stettin am Boden. „Bles-
sirt?" frage ich. „Ja, in's linkc Bein", antwortet
er. Da fasse ich ihn denn an, er läßt mich aber
nicht los, sondern sagt: „Ick will mit in die
Schanze, bleibe bet mir, Heinrichs." Jch ziehe ihn
also mit vorwärts — da Irifft ihn eine zwette
Kugcl, aber diesmal tn's rechte Bcin, und Stettin
fällt wieder hin. Nun ließ ich ihn liegen und rannte
mit den Anderen vorwärts gegen den Brückenkopf.
 
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