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Heidelberger Zeitung — 1864 (Juli bis Dezember)

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Nr. 179-204 August
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N?r- LN8. Mittwoch, 2«i August

* Potikische ttmschau.

Das „Dresdn. Journal" «erstchert. daß in
Bezug aus die Besetzung LauenburgS durch
BundeStruppen weder cine Note, nvch irgend
cine andere Mittheilung der k. hannovcr'schen
Regicrung bci der sächsischen eingegangen sei.

Nach einer Correspvndenz dcr „Hamburger
Börsenhallc" auS Kopenhagen soll der däuische
Bevollmächtigte den Befehl haben, auf AuS-
zahlung des vollen Gehalts »n dic abgesetzten
Beamten zn bestehen. Es heiße, daß BiSmarck
stch damit einverstanden erklärt habe, falls die
Pension im Lande verzehrt werde! Also eine
neue Last auf dic Herzogthümer gewälzt!

Wic bereits gemeldet, werden die von dem
Hamburger und Lübecker Senatc in den lctzten
Wochcu mit den Bundeskommissarien sür Hol-
stei» abgcschlossenen, von dem Hambnrger Se-
nate bereits publicirten Telegraphenverträge
»o» Preußcn auS dcm Grnnde bcanstandct,
weil diejes dic Competenz der Commissire, als
Erccutivbchörde derartige Verträge, namentlich
auf mehrerc Zahre hinaus, abzuschließcn und
dadurch die spätcre Regierung des Hcrzogthums
zu binden, bestreitct. Die Ängelegenheit ist
bcreits so weit gediehen, daß cine betreffendc,
die Aufsassung der prcuhischcn Regierung aus-
führendc Nvte den bciden Senatcn übcrreicht
worden ift. Der Hamburger Senat hai in-
dessen die Verträgc inmitlelst publicirt, und
wir haben somit ein neues Confliktchen mit dcm
preußijchen Großmachtthum. Ob dasselbe auch
durch ein „Mißverständniß" gcltzst wcrden «ird,
steht noch dahin.

Wie die Wiener „Presse" nach dem „Sro-
bobran" mittheilt, ist die Nachricht von Un-
rtthcn in dcr Herzegowina bcgründet. Rach
dem genannten Blatte habcn die Türken die
Bedingungen der zwischcn ihncu und den Ra-
jahs geschlossenen letzte» Pacification überschril-
tcn, sich ncue Gewaltthätigkeiten erlaubt und
trachteten sogar den HLuptern der Rajahs nach
dem Lebcn. Ein großer Thcil dcr Rajahs,
unter der Führerschaft Luca Vukalowich's, wel-
cher bekanntlich znm Wojwvden dcr Hcrzegowina
ernannt, hierauf aber ohne Grund durch Spaich
und dann durch dcn jetzigen Wojwoden Munib-
Effendi ersctzt wordcn war, hat sich crhoben nud
will mit Eewalt der Waffcn die mit der Psorte
abgeschlosscnen Verträge ausrecht erhaltcn. Vor-
läufig läßt sich dic Ausdehnung u»d das Ende
des Conslikts noch nicht absehcn.

Zu Königsbcr.g wnrdcn die Rechtsanwältc
Moldenhake und Znstizrath Reich, wclchc dcn
bekannten Wahlaufrus der Fortschrittspartei

unkctzeichnet haben, zn 50 Thkr. Geldstrafe
verurkheilt.

Dic vou drr Stekliner Kaufmannschäft ein-
gercichte Rechnung über drn dnrch die Blokade
hervorgetufentn Schadeü beläuft sich, wie män
auS zuverlässiget Qutlle erfährt, auf cireä-
250,000 Thlr.

Das auch in deutschcn Blättern coursirende
Gerücht, als ob Herr Drouyn de LhuyS seine
Stelle deiwHerrU Thouvenel-nächstens abgeben
würde, findet sich bis jetzt nirgends bestätigtc

Zu Paris setzt man den Krieg gegen den
mysteriösen „Lambert" fort. Der Kaiser soll
dadurch scht „nervös", d. h. ganz gewaltig
rcizbar und gereizt geworden sein. Die köst-
liche Warnnng, welche- der Polizcihräfect auf
Grund deS Eisenbahnreglements erlassen, gibt
eine Andeutung davon, welche Stimmung in
den höchsten Kreisen hcrrscht. Man ist miß-
tratlisch. Das Publikum ward, wie die „R.
Fr. Z." bcrichtct, von dcn Festlichkciteu von
Versailles, selbst so wcit sic im Freien statt-
fandcn, forgsam ausgeschlosscn. ES durste selbst
den Schloßgarten nicht betrete»! Was beson-
derS mißstimmt, ist die Wahrnehmung , daß
selbst Zouaven und Turkos das !>e lmmbert;
teller. l,au>dort u. dgl. gerusen haben.

Dcin Vernehmen nach wird dcr dänische
Reichsrath Endc dcr Woche geschlosscn.

Zu Belsast ging der letztc Samstag ruhig
vornbcr. Es jchcint zwar in einem großen
Theile vou Zrland zu gähren, dagegen crweist
stch ein Gcrücht von Unordnungcn, die zu
London auSgebrochen scien, als grundlos.

Der Congrcß in Gcns für Sanitätswesen
im Krieg hat scine Berathnngen geschlossen.
Montag wird das Concordat unterzeichnck wcr-
dcn. Außer den schon srüher zur Ännahinc
ermächtigtcn werden noch dic Dclcgirtcn von
Bclgicn und Sachsen, im Ganzen also zehn
Staaten, dcn Vcrtrag sofort unterzcichncn. Dcn
Ucbrigcn wird daS Protokoll offcn behalten.

Znr Schleswig-Holsteitt'fchen
Sache.

Kopenhagen, 17. August. Der König
empfing gestern durch eiue Deputation cine mit
2 —3 000 Untcrschriften bedeckte Adresse des
Jnhalts, daß die k. Regierung auf schleunig-
stem Wege die zur Beseitigung des Kriegszu-
standes in der Provinz Jütland geeigneten
Mittel ausbieten möge, damit die jütländische
Einwohnerschast in die Lage versetzt werden
könne, sür den Absatz der Landesproducte zu
wirken und auf dcm Seeweg die bcnöthigten


Hastdelswaaren zu beziehcn. Der König ver«
sicherte die Deputation seiner lebhasten Theil-
nahme für das Schicksal der Provinz Iütland
und äußerte die Hoffnung, daß die schleunige
Förderung der Fnedensunterhandlungen Jüt-
land alsbakd von den auf dieser Provinz ruhen-
den Bürden befrcien würde.

Wken, 17. Ang. Der ,,D. A. Z." wird
gcmeldet: Vorgestern ist endlich ekne Einigung
zwischen Oefterreich und Preußen über daS
Provisorium in den Herzogthümern zu Stande
gekoimnm; Prcußen hat, weil in diesem Punkt
Oesterreich fest blieb. eingewilligt, die Negie-
rung aus je einem Vertreter der beiden Groß-
mächte und des Bündes zu bilden. Schleswig
bleibt ausschließlich von den AÜiirten besetzt,
Holstein, nach näherer Vereinbarung, von ihnen
und dem Bunde gemeinsam, ohne daß indeß
(doch kann ich letzteres nicht mit Sicherheit
sagen) die Truppen der Großmächte in den
Verband der Bundestruppen zurückkehren sollen.
Die entsprechende Vorlage dürfte schon in der
Bundestagssitzung der nächsten Woche crfolgen.
Preußen soll zudem in Bezug speciell auf
Lauenburg in bündigster Weise crklärt haben,
daß es der competenten rechtlichen Entscheidung
über deffen Schicksal in keiner Weise vorzugrei-
sen bcabsichtige.

Rendsburg, 18. Aug. Zur Geburtstags-
Feier des Kaisers von Oesterreich sand heute
eine große Parade statt. Die preußischen
Truppen brachten ein Hoch auf den Kaiser
aus. Es wurden 101 Kanonenschüsse abgc-
feuert. Die ganze Stadt prangt im Fahnen-
schmuck.

Rendsburg, 20. August, Mittags. Un-
gefähr 1100 preußische Landwehrmänner, welche
von den einzelnen Truppentheilen in den Her-
zogthümern entlaffen sind, gehen heute, nach-
dem sie von dem General Herwarth v. Bitten-
feldt inspicirt und von den Bürgern bewirthet
worden, von hier aus in ihre Heimath.

Flensburg, 21. Aug., Vormittags. An
der Spitze von 2500 Mann wird Prinz Fried-
rich Karl am nächsten Freitag seinen Einzug
in Berlin halten.

Kopenhagen, Sonntag , 21. Aug. Jn
der gestrigen Sitzung des Folkethiugs verlas
der Conseilprästdent Bluhme als Antwort auf
eine Jnterpellation Hansen's eine Erklärung,
die im Wesentlichen bcsagt: die gegenwärtige
Regierung könne ebensowenig wie die früheren
in dem betreffenden Passus einc Bedingung
anerkennen; sie werde aber die Ordnung der
Sachc in Uebereinstimmung mit § 100 der
Verfassung vom 5. Juni 1849 und mit § 65

Das Kteinod.
(Fortsetzung.)

Herrn v. Bonnaire fast gegenüber lebte ein Herr
v. ThermeS, veffen Sohn Eduard die junge Emilie
auszeichnete. Der junge Mann gewann die Liebe
seiner Nachbarin, unv Emiliens Vater sah mit
Vergnügen diese gegenseitige Neigung, die jjzinen
Wünschen entgegenkam. Nie hatte es eine feurigere,
keuschere Liebe, eine Liebe voll solcher Uebereinstim-
mung für zwei Familien gcgeben. Bald war man
einig, die Heirath ward festgesetzt; aber die heiteren
Tage für die Liebe waren vorüber: die Stadt theilte
die Schrecken deS Hofes. Hr. v. Bonnaire sah ruhig
den stürmiscken Zeitpunkt etntreten, den er voraus-
gesehen. Nicht so die Familie v. Thermes; sie hielt
sich zum Hof; etn Onkel des jungen Mannes WNr
Major bei den SchweizergardcN, er selbst sollte die
militärischeLaufbahn verfolgen, und dieRevolution,
wrlche dtesen Plan zu Nichte machte, bcdrohte zu-
gletch die Eristenz dteser Familie. Man weiß, daß
hie Auswanderung, ehe fie noch nothwendig, eine

Modc war; auch dte Familie v. Thermes entschloß
sich auszuwandern, doch nicht nach Kobleuz, denn
keiner von ihncn wollte gegen Frankreich kämpfen,
sondern nach England. Herr v. Bonnaire war nicht
zu einem Glcichen zu überreden, doch als er be-
dachte, daß vou der Auswanderung die Heirath
seiner Tochter abhing, daß sein Alter ihm die
Ruhe werth grmacht, welche Parts zu fliehen schien,
so entfchloß er fich, der Familie Thermes zu folgen.
Man kam überein, daß die Vermählung in Eng-
land stattfindcn sollr, zuvor aber solle Eduard dahin
abretsen, eine Wohnung mtethen unb dieselbe pas-
send tn Stand setzen. Der junge Mann reiste in
der That ab, sagte der alte Tiener, dcm der Wein
die Zunge gelöst, es war an einem Freitage, den
dreizehnten des MonatS! Bevor er in den Wagen
stieg, der ihn nach Havre bringen sollte, hatte er
einc lange Unterredung mit Fräulein Emilie, und
beide Liebende tauschten gegrnseitig zwei Talismäne,
welche bewirken sollten, daß sie sich ewig lidbten.
Herr Eduard kam wohlbehalten nach Havre, schiffte
fich auf drm Tclemaque ein und kam bei dem
Schiffbruch um; nie hat man seitdem wieder etwaS
von ihm gchört."

„Aber," forschte der Schreiber des Aktionärs den
alten Dtener weiter aus, „die Famtlien von Thcr-
mes und Bonnaire hatten ohne Zweifel die, Emt-
granten so natürliche Vorficht gehabt, hatten Land-
güter, Häuser verkauft, thr baareS Geld, ihre
Juwelen, ihr Silberzeug zusammengethan unv
Alles dem jungen Eduard anvertraut? Alles dieß
war am Bord des Telemaque?"

„Jch weiß es nicht," antwortete der alte Diener;
„aber schwerlich können Sie sich ein Bild von der
Betrübniß beider Familien machen, alS fie die
Kunde vom Schiffbruch und dem Tode des jungen
Mannes vernahmen; der Schmerz deS FräuleinS
Emilie grenzte au Verzwetflung; sie verließ ihr
Gemach, um fich in dasjenige zu begeben, wo sie
von Eduard Abschied genommen und legte Trauer-
kleider an. Kurz darauf starb Herr v. Bonnaire;
er ließ seine Tochter allein und ohne Beschützer
zurück, wte er immer gefürchtet. Aene Periode drs
Terrvrisrnus war für ein einzcln stchendes schutz-
losks und reiches Mädchcn furchtbar genug. Die
junge Emilie, nur ihrem Schmerz hing'egrben,
verschloß fich in ihr Haus, wie die Lhrysalide in
ih^e Hülle; nur etne vertraute Kammerfrau be-
 
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