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Heidelberger Zeitung — 1864 (Juli bis Dezember)

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Nr. 152-178 Juli
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https://doi.org/10.11588/diglit.2828#0049

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Heidtlbergtr Icilung.


Bestellungen auf die „Heidelberger
Zeirung" nebft Beilage „Heidelber-
ger Famiiienblätter" fiir das mit 1.
Juli l884 bego.inene 3. Kuartal
werden fortwährend angeiiommeii.

Die Expedition.

* Politische Umschau.

AuS Rendsburg wird berichtet, daß die
Bundescommandantur in RendSburg bei Ge-
legenheit der dortigen Frendenbezeigungen dcr
Bewohncr über die Eroderung der Znsel Alseu
durch die Preußijchen Trnppen, die auf dem
Marktplatze daselbst ausgestellten preußijch-öster-
reichischen Fahnen habe confisciren lasse».
„Diescr Act dcr RücksichtSlosigkcit invotoirt
einc schwere Beleidigung, und von dcr preußi-
schen Regierung dnrfen wir erwarten, daß sie
mit der Forderung einer eclatanten Genug-
thuung nicht zögern wird." — Es ist jeden-
fallS nähere Aufklärung über den Thatbestand
abzuwarten, da man bisher nicht gewöhnt war,
wayrzunehmen, daß eine BundeScominandantur
gegen Preußen oder Oesterreich zu weit zu
gchen sich erlaubte.

Nach der Wiener „Presse" wird in maßgc-
benden Kreisen der österr. Hauptstadt daS au-
gebliche Programm des MinisteriumS Moltke
als durchauS verjpätet nnd unbrauchbar ange-
jehen. Weder könne cS sich darum handcln,
anf die nnsruchtbare Jdee dcr Pcrsonaluniou
zurückzukommen, noch DLnemark in dcn Deut-
jchen Bund anfzunchmen.

Der „Temps" häit nur einc radikalc Lösung
des dentsch - dänischen ConflicteS für mögtich:
entweder Thcilung DänemarkS in zwci Theile,
dercn einer zu Deutschland überginge, und
dcren anderer mit Schweden und Norwegen
sich zur skandinavischen Union vereinigcn würde;
oder Eintritt deS ganzen Däncmark in dcn
dcutschcn Bund. Abcr auch dcr lctztcre Fall sei
ein bloßes AuSknnftSmittel, daS Niemand be-
jriedigen könnte. Die einzige Lösung se! die
jkandinavische Uuion. — Der Kaiscr Napoleon
dagegen hosst, nach der „Allg. Z.", den Frie-
den auf solgender Grundlage zu vermittcln:
uuabhängiger Fortbestand der dänischen Mo-
narchie und LoStrennung des gesammtcn Schles-
wig-Holstein unter dcr Rcgicrnng deS vom Bolk
dcr Herzogthnmer beruscncn Prtnzen von Än<
gustenburg. Nachdem der Kaiser i» dcn Her-
zogthümern schon den Grundsatz und daS Rccht
der Natioualitat bis zu einer lschcidungSlinie
in SchleSwig auerkannt hatte, läßt er diese Linie

Freitag, is J„li

fallen, indem er jetzt auch den Thatsachcn und
dem Nechtc der Erobcrung Rcchnung lrägt.
Hingegcn will er Deutschtand znmnthen, daS
bestcgte Dänemark, desscn tapfere Vcrtheidigung
auf allen Seiten Ancrkennung und Ehrc findet,
mit ritterlicher Vornehmheit im Geldpnnkt und
in Nebenschen zu bchandelu, so daß zunächst
von KriegSentschädigung und dergleichcn keine
Rede wäre l

Wie die „Hess. Ldsztg." glaubwürdig hört,
werdc Kaiser Napoleon am 9. Augnst dem
Großhcrzog, von Hcssen einen Besuch abstatten.

Entgegen der officicllcn Monitcur-Nachricht
versichcrn dicjenigen französtschen Officiere,
welche gegenwärtig waren, in Briefen an ihrc
Freunde, daß der Empfang deS neucn mcxi-
kanischen Kaiscrpaares cin überauS knhler war,
und daß cr höchst wahrscheinlich cin feindjeliger
gewesen scin «ürde, wenn von französtschcr
Seitc nicht cine Art von officicllem EnthusiaS-
muS in Scene gesetzt worden wäre.

Die vorläufige Beschlagnahnie deS „LebenS
Zesu" vo» Renan ist, in Folge ErkenntnisscS
des AppellationsgcrichtS von Oberbayern, auf-
gehobeu worden.

Zur Schtcsivig-Holsteiii'schen
Sache.

Aus dem Kriegsschanplatz ist dcr gestern tele-
graphisch gemeldcte Vormarsch des cvmbinirtcn
zweiten CorpS nach dem Nordcn von Jütland
daS wichtigste. Jm Nordcn Jütlands stehen
noch etwa 6000 Mann dänische Truppen und
der größere Theil der dänischen Reiterei und
wird eS sich nun fragcn, ob dieselben einen
Zusammenstoß aufnehinen oder bei Zeiten Frie-
derickshaven zu crreichcn snchcn, um sich nach
Seeland oder Fühnen einzuschiffen. Die näch-
sten Tage werden darüber das Nähcre bringcn.

Altona,'12. Juli. Wie die „Schleswig-
Hvlstein'sche Zeitung" vernimmt, hat dic hvl-
steinische Regierung mit Genehmigung der Bun-
deScommissäre 200,000 Thlr. zur Unterstützung
der Alscner bcwilligt.

HaderSlebeo, 12. Juli. „Nordsleswigji
Tidende" meldet: Zn Folgc Befehls der hiest-
gen Commandantur sollen alle Schilder mit
dänijcher Aufschrift auS den Straßen bis Don-
nerstag Mittag entfernt scin, und alle dänijchen
Blätter flnd verboten, ausgcnommen „Nord-
slcswigsk Tideude". Letzteres Vcrbot gilt wahr-
scheinlich für's gauze Hcrzogthum SchleSwig.

jiopenhagen, 12. Juli. „Bcrlingskc Ti-
dende" bringt nachstehende officielle fNinister-
liste: Bluhme, Kvnseilpräsident, AuSwärtigeS



und bis auf Weiteres Holstein und Lauenburg;
Tillisch, JnnereS; Hanfcn, Krieg; Heltzen, Ju-
stiz nnd vorläufig auch CultuS; Lütkin, Marine:
Johannsen, SchleSwig; Graf Karl Mvltke und
Quaade, Minister ohne Portefeuille; David,
Finanzen.

Deutschland.

Karlsruhe, 13. Zuli. Nach dem heute
erschienen großh. Regierungsblatt Nr. 27 haben
S. K. H. der Großherzog Sich gnädigst bewo-
gen gefunden: dem Obersthofmeister S. M. des
Königs von Württemberg, Grafen von Uexcüll-
Gyllenband, das Großkreuz, dem als Kammer-
herrn I. M. der Königin von Würtlemberg
fungirenden Staatsrath Gras von Taube das
Commandeurkreuz mit Stern, und deni Kgl.
Württemb. Kammerherrn und Geh. Legations-
rath von Egloffstcin das Commandeurkreuz mit
Eichenlaub des Ordens vom Zähringer Löwen,
dem Feldwebel Johann Weiß vom Jnvaliden-
corps in Anerkennung seiner langjährigen
Dienstzeit die silberne Civil-Veidienstmedaille,
und unter dem 21. Juni d. I. dem cvangeli-
fchen Hauptlehrer Leitz in Mannheim in An-
erkennung feiner langjährigen treuen Wirksam-
keit im Schulfache die kleine goldene Civil-Ver-
dienstmedaille zu verleihen. Gcheimerath Pro-
fcsfor Dr. Mittermaier in Heidelbcrg erhielt die
unterthänigst nachgefuchte Erlaubniß, das ihm
von dem König von Württemberg vertiehene
Commandeurkrcuz zweiter Clasfe des Friedrichs-
Ordens anzunehmen und zu tragen.

Verfügungen und Bekanntmachungen der
Ministerien. 1) Bekanntmachungen deS großh.
Ministcriums des Znnern: a) Uebersicht der
Studirenden auf den Universitäten Heidelberg
und Freiburg. b) Die ordentliche Conscription
für das Jahr 1865 betreffend. o) Die Geneh-
migung von Stiftungen bctreffend. 2) Bekannt-
machungen dcS großh. HandelsministeriumS:
Dic Ertheilung von Erftndungspatenten be-
treffend: a) an den Cigarrenfabrikanten Laza-
rus Morgenthau in Mannheim für das von
ihm erfundene Verfahren, Cigarren mit Be-
nützung von Fichtennadel-Apparaten herzustel.
len; b) an den Farikanten Albert Ungerer in
Pforzheim für die von ihm erfnndenen Ver-
besserungen an Filtrations- und Abdampfappa-
raten zur Bereitung von Chemikalien. Die
Palentertheilung an den Glasermeister Damian
Kuhn in Freiburg betreffend. Demfelben wird
auf sein Anfuchen das ihm zufolge Bekannt-
machung großh. Minifteriums des Jnnern vom
5. Mai 1859 auf die Dauer von 5 Jahren

Ein Saltomorlale.
Anekbote, erzählt von Elise Polko.
(Fortsetzung.)

Da geschah es eines Tags, daß der Prtnz mit
cinigen jüngern Officieren einen Ausflug nach der
sogcnannten BückeburgerClus (Klause) uuternahm.
In einem reizenden Walbe, kaum ein Stündchcn
hinter Minden gelegen, stand ein Wirthshaus,
dessen wohleingerichtete Wirthschaft weit und breit
hrkannt war. Es hatte ein ctwas vornehmeres
Aussehen als dic gewöhnlichen Dorf- und Wald-
schenken, denn der Mann, der es erbaute, ver-
zierte bas erste Stockwerk mit einem offenen Altan,
der von Säulen getragen wurde. Diese Säulcn
bildcten über der Hausthür eine Halle, in der sich's
die Gäste gern wohl setn ließen. Dcs Prinzen
Lieblingsplatz war aber der Altan. Den überragten
und überschatteten von beiden Seiten alte Bäume,
in deren Laub man mit den HLnden greifen konnte,
und in der Mitte des Altans sah man übrr den
Rasen hinweg, wo die Steinbänke standen, und

über die fernen Wicsen gleichsam mitten in das
Herz des Waldes hincin. Dicht vor dem Hause
ging die große Fahrstraße vorüber. Nack einem

leuchtenb, und zahllose Knospen waren auf den
Wiesen zu Blumrn geworden. Iener köstliche Duft,
'von dem sie sagen, daß er das Herz weit und die
Gedanken hell mache, strömte und wallte daher;
woher er kommt, wer weiß es? Die jungen Män-
ner anf dem Altan tranken ihn im funkelnden
Wein und die Heiterkeit wurde immer sprudelnder.
Man brachte Trinksprüche aller Art, man recttirte
Schiller'sche Verse, immer hellere Funken von Geist
und Witz sprühten umher. Natürlich war dem
Prinzen die Löwenrolle zuerthetlt, als man nachher
den Löwengarten des KönigS Franz aufführte und
die gewaltigen Stimmen der verschiedenen Unge-
heuer mit großer Virtuosität nachzuahmen ver-
suchte.

Als man endlick müde war, spottete man über <
den Ritter Delorges unb seine Handschuhheldenthat.
„Zum Glück für unser kostbares Leben sind diese
! Zeiten romantischen FrauendtensteS vorüber!" ries

ciner der Iüngsten. „Ietzt begehrt weder ein Fräii-
lein Kunigunde solches Opfer, noch fände sich einer,
eS zu bringen."

„Hoffentlich fände sich doch wohl noch einer, im
Dienste der Frauen sein Leben zu wagen! So denke
ich!" erwiderte der Prinz.

Ehe noch jemand zu antworten vermochte, rollte
ein schwerbepackter Reisewagen von der Bückeburger
Straße langsam daher und hielt vor dem Wirths-
hause still. Der Kutscher ließ den müden Pferden
Futter geben. Die Reisenden schienen aber nach
etnem kurzen Gespräch mit dem Wirth nicht Lust
zu haben, auszusteigen; der alte Diener in grauer
Ltvree schloß den Schlag wieder. Vom Altan herab
versuchten manche Augen die Reisenden zu erspähen,
aber vergebens. Es zeigten sick nur zwet Frauen-
hände, die lässig ineinander gefügt auf dem Wa-
genschlag lagen. Es waren Hände von großer For-
menschönheit und weichen, langsamen Bewegungen;
sie spielten mit einem Handsckuh. Die Frau, der
i diese Hände gehörten, mußtc noch jnng sein. War
< sie schön, war sie glücklich? Diese Fragen gaben
der gedämpften Unterhaltung auf dem Altan einen
pikanten Reiz. Man hätte zwar einfach hinab- und
 
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