Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1864 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 257-282 November
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2828#0480
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Hndrlbrrgcr Ztilmig.

271. D-nnerstag, »7. November



Auf die „Heidelberger
Zcitung" kann man sich
noch fnr die Monatc
Nooemder und Drcember mit 38 Kreuzern
abonnircn bei allcn Postanstalten. den Boten
uud Trägern, jowie der Expedition (Schiffgasse
Rr. 4>

* Politische Nmschan.

Die nächste allgemeine deutsche Lehrerver-
sammlnng wird zu Pfingsten nächften Zahrer
in Leipzig zusammentreten.

Wie die „Rhcinische Ztg." mittheilt, hat das
Polizeipräsidium zu Berlin unterm 17. Octbr.
der „Gartenlaube" einen Steckbrief durch alle
Kreisblätter der Prooinz Westphalen nachge-
schickt des Znhalts, daß ihre tlirn. 35—39 in
btaßgrüncm Umjchlag unter dcm Titcl: „Gevr-
gincn" (Verlag des Magazins sür Literatnr),
»eriandt seien.

Die „Gaz. de France" vernimmt aus Turin,
daß Oesterreich gegenwärtig mit Frankreich
wegen Anerkennung Ztäliens untcrhandle, jedoch
untcr der für daS Turiner Cabinet nicht erbau-
lichen Bedingung, daß im Falle eines Krieges
um Vknetien Frankreich dem Königreiche Jta-
lien keinen Beistand leiste.

Wie die „Nation" ersährt, soll die Kaiserin
Engenie die Abstchk habcn, nach der Rückkchr
von Compiegne cine Rcije nach Nizza zu machen.

„Constitutionnel" enthält einen Artikel von
P. Limayrac, dcr die Rede Lamarmora's im
italicnischen Parlanient analysirt und ihr voll-
ständige Billigung ertheill.

Z»r Schlesmig-Holstciii'scheii
Lache.

Aus Holstcin, 11. Nov. Große Sen-
sation erregt die Znhastirung eines angesehenen,
besonnencn und patriotischen Mannes, des Hos-
besitzers Matzen auf Jller im Snndewitt; bei
eincm politischcn Gcspräche mit eincm preußi-
schen Osficiere in einer Privatgejellschaft soll
Matzen mißliebige Aenßernngcn gethan habcn.
Tags daraus wurde er in Arrest bei Wasser
und Brod abgesührt.

Man berichtet dem „Altonaer Merkur" auS
Flensbnrg: „Wie eraltirt die Gemülher sind,
geht aus Folgendem znr Gcnüge hervor. Die
„Harmonie", eine sonst äußerst rejpectable Ge-
setljchaft, feierke am gcstrigen Abend ihr Stif-
tungSsest in dem ihr eigenthümlich gehorigen
großcn Locale. Zusolge Anfforderung „einer
Partci" spielte daS Orchester die prenßijche Na-

Proceß Demmc-Trümxy.

(Fortsttzung.)

Sttzung vom 5. Novembrr. Rcden dcr Vcrthci-'
digcr Aebt und Vogt. Der Vcrtbkidiger der Frau
Lrümpy, Hcrr Aebt, ergrcist zuerst daS Wort; er
ist eln Rachbar Trümpy's, auch elne Ziit lang
sein Hausgcnoffc, tmmer seln Anwalt gcwcscn, cr
erklärt: „Dle entsckeidcnde Frage ist, liegt beim
Todc Trümpy's cin Selbstmord oder eln Verdrcchcn
vor? Die Erpertcn erster Znstanz bcjahen daS Letz-
tcre. Jch werdc den Selbstmord bewctsen!" — Der
Vertheidtger entwirft nun das Bild von Trümpy's
GesckäftS- und Vermögens-Vcrhättnisskn, ihn selbst
schildert «r als eitel, hestig, prahtertsch. Neujahr
I8ti4 habc Trümpy noch IbvMÜ Fr». besrssen;
dann abcr fei Schtag aus Schlag hcreingebrochcn,
Helbtg falltrt, Bütiker i'N Aarau, Bcck in Aarau,
Scklin in Gcnf — bct welchen sammtlich Trümpy
Lethkiligt gewcscn sci. Mitte Februar war sein
Credit vollständig erschüttert, er war ruinirt. Was
solltc ein Großthucr wie Trümpy thun? Accor-
tziren? Nimmer mehr! - - Kliehen? Sich von sei-
nem Kindr trennen? Er war krank und hatte kein,

tionalhymne, wogegen die Majorität lcbhafte
Opposition erhob. Rachdem die Musikanlen
der Aufforderung, mil der Mustk inne zu hal-
len, keine Folge leisteten, kam es lcidcr zu
Thäiltchkeiten und MLN warf Mlt Ftaslycn anf
dieselben, bei welcher Gelegenheit zwei nicht
unerhebliche Berwundungcn vorgckommen stnd.

Hamburg, 14. Novbr. Behufs Ucber-
wachung der tant Vereinbarnng mit der Berliner
Bahngcjellschast inueryalb der Zci! vom 21.
November dis 2. December heimzutransporti-
rcnden Oesterreicher verlegt Gablcnz noch in
dieser Woche daS Hauplquarticr hicrhcr, gegen
Endc des lansenden Wonals geht derjetbe iint
der Brigade Pirct nach Wien.

Kopcnhagen, 15. Novbr. „Dagbladei"
vernimmt, daß die Regiernng am Schluffe
dieser, oder zu Anfang nächster Woche einen
Verfassnngs-Reformvorschlag vorlegen wcrde,
nachdcm zuvor ejn Gesetz, die AuSschließung
der SchleSwig'schen Mitglieder und die damit
verbundenen Aenderungen der Novembcrverfaj-
jung betr., cingebracht sein wird.

Deutschiand.

Karlsruhe, 15. Nov. Jhre Großherzogl.
Hoheil Krau Markgräftn Wilhelm erkrankte
gestern plötzlich an einer Unterleibsentznndung
in bedenklicher Weise.

Dic Krankheitserscheinungen im Verlaufe der
Nacht waren in hohem Grade Besorgniß er-
regend. Gegen Morgen trat jedoch einigc Bes-
serung ein.

Dr. Buchegger. Dr. Meier.

Karlsruhe, 15. Nov. Dienstnachrichten.
Se. Königl. Hoh. der Großherzog habeu
gnädigst gcruht, mit höchster Entschließung vom
10. d. M. an Stelle deö Professor Chalon den
Professor Friedrich Blatz am Gymnasimn in
Offeuburg zum Kreisschulrath mit dem Wvhn-
sitz in Waldshut zu ernennen; serner mit höch-
ster Entschließung vom 14. d. M.: den Medi-
cinalräthen Dr. Schweig und Dr. Volz den
Charakter als Obermedicinalrath zu verleihen;
dem Regierungsrath Dr. Nau bei der Central-
stelle für die Landwirthschaft dahier und dem
Prosessor Fuchs zu Heidelberg, diesem unter
gleichzeitiger Charakterisirung als Medicinalrath,
die Function von ordentlichen Mitgliedern des
Obermedicinalraths, „Abtheilung für Veterinär-
angelegenheiten", zu übertragcn.

-s- Heidetberg, 14. Nov. Jn einem des
gemeinsten Pöbels würdigen Tone reißt ein
Berichterstatter des Londoner Herald, welcher
auf einem Dampfer von Kiel nach Korsör suhr,

baare Mittet mehr. Da fängt er an muthlos zu
werdrn, fühlt sich fieberhaft, spricht von Sterben;
von Selbstmord durch Gift und Erschießen. Alle
seine Verwandte, srin Hausgesinde, seine Unter-
gebrncn halten ihn des Setbstmordes fähig. — Die
letzten Tage Trümpy's schildert der Vertheidiger mit
den lebhaftesten Farben: „Am Freitag," sagt Ht.
Aebi, „kehrt Trümpy aus der Stadt auf sein Gut
zurück, er tödtet zwei junge Katze», klagt über
Schmerzen und rechnet am Samstag fortwährend;
es ist ihm „strrbenSübel", er zeigt Demme dic ge-
ladene Pistole und läuft im Hemd in der Stube
auf und ab. Am Sonntag ißt er nickts mehr,
redet durckeinanber, läßt den Doctor rufen, stürzt
vier Flaschen LereS hinunter, wird operirt, winselt,
jammert, schreit nach Chloroform, klammert sich
an Demme und ficht ihn an, bei ihm zu bleiben,
ein über das andere Mal schreit er: „Ach, Ihr ^
wiffet nicht, wie krank ich bin! Jn der Nacht trinkt
Trümpy große Ouantitäten Waffer, er jammert
nach Schlaf — „schlafen muß ich!" schreit er und >
verlangt Chloroform. Als am Montag seine Frau
zu ihm kommt, ist er freundlich unb weick gestimmt. j
Er klagt seinen Dtenstboten über seine Schmcrzcn,

die Holsteiner und die Prcußen herunter. Eine
auf Anstand und Ehrbarkeit noch Etwas hal-
tende Redaction würde einen solchen schmutzigen
Bericht niemals aufgenommen haben. Die
Holsteiner, heißt es in diesem Reisereferat,
sollten lieber die Kunkel im Wappen führen
und sich schämen, ihren Befreiern Blumen zu
strenen; sie selbst hätten während des KriegeS
hinter dem Ofen gesessen und die preußischen
Waffenthaten seien eitel Wind. Höchstens lasse
sich der preußischen Artillerie nachsagen,
daß sie auf einen wehrlosen Gegner gut gezielt
und geschossen habe. Zuletzt läßt der famose
Tourist seine Wuth an den holsteinischen Gast-
wirthen aus, die den Fremden heimlich bclauer-
ten und ihm auf den Mund^sähen, damit er
von den vorgesetzlen Speisen nicht zu viel
esse! Wie viel mehr Herzlichkeit, Biederkeit
und Reinlichkeit dagegen in Jütland herrsche,
sei kaum zu glauben. Das Land und Volk
bessern sich mit jedem Schritte, den man von
der holsteinischen Grenze auS gegen Norden
mache. Jm Uebrigen tröstet auch dieser brave
Correspondent sich mit. dem Troste, der den
Refrain aller anglo-dänischen Betrachtun-
gen in dieser langweiligen JahrcSzeit bildet,
daß diesen dummen Holsteincrn Necht geschehe.
Sie würden erst nach einiger Zeit einsehen,
wie wohl ihnen unter dänischer Herrschaft gc-
wesen und wie gut sie es gehabt hälten! Es
sei ihnen zu gut gegangen, so daß ihnen der
Kamm schwoll und es geschehe ihnen ganz recht,
daß sie jetzt preußisch werden müßten! Wir
wollen es der Tagesprcsse von Kiel oder
Jtzehoe überlassen, aus solche englische Un-
verschämtheiten zu antmorten, wenn man es
überhanpt der Mühe werth finden sollte, eine
Antwort zu geben.

Aus dem Seekreis, 5. Nov. (Auch ein
amtliches Actenstück über die Schulfrage.) Zu
dem das Volksschulwesen in Würtemberg ab-
ändernden Gesetzentwurf sind statistische Bei-
träge erschienen, aus denen wir, da sie völlig
unparteiisch unv namentlich in Beziehung auf
die Schulfrage in Baden jedenfalls ganz nn-
besangen sind, und über die einschlagenden Ver-
hältnisse dcr meisten europäischen Staaten sehr
interessante Aufschlüsse geben, hier EinigeS
mittheilen wollen. Demnach bestehcn die Orts-
schulbehörden s) blos aus freigewählten Ge-
meindegenosscn: in Bern und Lübeck; b) aus
der weltlichen Obrigkeit mit gänzlichem Aus-
schluß der Geistlichey: in Belgien, Nußland
und Spanien; o) aus dcm weltlichen Orts-
vorsteher unter Beiziehung von Psarrern und
Lehrern: in Preußen (Schulen in den Städten),

er sagt, er hätte sich getödtet ohne den Doctor.
Er will seine Frau um sich habcn, ruft nach Wein,
läßt die Fenster öffnen, die Mägbe heretnrufen,
sie sollen erzählen, er pfeift, schimpft über die
Bankerotteure, läuft im Hemd an'S Fenster, läßt
das Bild seiner Schwester aus seinrm Zimmer rnt-
fcrnen, spricht von der Pelzkappe auf bem Todten-
bett und ist dann wieder Kremden gegenüber lustig.
Um 6 Uhr Abends kommt der Arzt und gibr Chi-

Frau zärtlich gute Nacht, auch zu seinen Magden
sagt er: Ia, ja, es wird bald besser werden. Dann
rechnet er, er stöhnt und klagt über hrftige Schmer-
zen, er verlangt auf's Neue Cbloroform, es wird
ihm verwetgert. Da fängt Trümpy an zu jammern,
dte Nacht nehme kein Ende, der Doct« solle bet
ihm bleiben, ihn ja nicht vcrlaffen, und alS dteser
auf einen Augenblick geht, da — findet er Trümpy
bei seiner Wiederkunft das Glas von den Lippen
setzen. Ietzt kann ich scklafen, sagt er und wendet
sich um! Noch eiu paar Minuten und er stöhnt —
cs wird ihm zu eng — er kann die rcchte Seitc
 
Annotationen