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Heidelberger Zeitung — 1865 (Januar bis Juni)

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Nr. 1-26 Januar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2822#0005
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Heidklbkrger Zkilung.

LD Srscheiat, Montags ausgcnommcn, taglich. .» Jaserlionsgebühren für die Zspaltige Petit-

«2. Preis viertehahrlich 1 fl. 3 kr. «» ^AI» .«11»^ zxile „Erdcn mit 3 kr. berechnet.

Einladmig zum Abonnement.

Auf das mit dem 1. d. M. begonnene erfte
Quartal der „Heidelberger Zeitung^ 1865
laden wir anmit zum Abonnement ergebenft ein.
Die Heidelberger Zeitung ift durch Beschluß
Großh. Ministeriums des Jnnern vom 24. No-
vember v. I., Nr. 14,731, als.Kreisver-
kündigrnrgsblatt für den Kreis Heidelderg
und als amtliches Verkündigrrngsdlatt
für die Amts- und Amtsgerichtsbezirke Heidel-
berg und Wiesloch und den Amtsgerichtsbezirk
Neckargemünd erklärt worden, in Folge dessen
alle Bekanntmachungen der betreffenden Staats-
stellen darin zu erscheinen haben.

Jndem wir uns im Uebrigen auf das mehr-
sach veröffentlichte ausführliche Programm be-
ziehen, bemerken wir hier noch, daß das viertel-
jährliche Abonnement in hiesiger Stadt 1 fl.
3 kr., durch die Post bezogen 1 fl. 24 kr. be-
trägt. Jnserate, welche durch unsere Zeitung
die ausg"1)ehnteste Verbreit ung finden, werden
mit 3 kr die dreispaltige Petitzeile oder deren
Raum bc. - chnet.

Heidelberg, im Januar»1865.

Die Expedition.

^ (SchWcisse Nr. 4.)

^ Politische Rundschau.

I.

Wenn wir über das kaum abgelaufene Jahr
die Bilanz ziehen, und vor Allem das „Soll
und Haben" der verschiedenen Nichtungen, die
sich auf dem Gebiet der deutschen Frage
begegnen, in Betracht ziehen, so ergibt sich uns
folgendes Ergebniß. Seit langer Zeit wieder
einmal hat Deutschland einen Sieg nach Außen
errungen, und in dieser Richtung cine bren-
nende nationale Frage erledigt: wir meinen
die schleswig-holsteinische (die eigentlich nur ein
einzelner Ausdruck und Ausfluß der deutschen
Frage ist). Dieses Ergebniß ist die wichtigste,
aber leider auch — wenn wir etwa noch die
Wiederherstellung des Zollvereins ausnehmen —
fast die einzige erfreuliche Erscheinung im Ge-
biet des öffentlichen Lebens in Dcutschland ge-
wesen.

Jm Uebrigen haben sich die Gegensätze unter
1>en Negierungen, wie unter den verschiedenen
politischen und socialen Parteicn nur um ein
Erhebliches geschärft, und stehen sich auch ab-

IX. Markgraf Carl Friedrich von Saden.

Noch heute findet man in manchem schlichten
Bürger- oder BauernhauS des schöncn Badnerlan-
des unter GlaS und Rahmen als heiligeS Fami-
tienerbstück die denkwürdige Ansprache, welche ber
edle Markgraf Carl Friedrich von Badcn am
19. September des ZahreS 1783 an sein Volk ge-
richtrt hat.

Sic enthält die fürstliche Antwort auf den Jubel,
welcken die Aufhebung der Leibeigenschaft, des Leib-
schillingS, des Besthauptes und die Verkündigung ber

ltgen Markgrafschaft allüberall hervorgerufen hatte.

Bescheiben lehnt er den Dank ab: „Wohl und
Wehe deS Regenten, sagt er, stießt mit dem deS
LanbrS tn EtnS zusammen; tch kann also, wenn
ich etwas zum Besten des LandeS thun kann, dafür
keinen Dank erwarten, noch annehmen. Was mich
selbst vergnügt, mir Beruhigun^ gibt, mich der
Erfüllung meiner „Wünsche — cln freieS, opulentes,
gefittetes und christliches Volk zu regieren — nähert,
dafür kann man mtr nicht danken. Jch a-er habe
dem Höchsten zu danken, der mich die Erfüllung

stoßender als früher einander gegcnüber. Die
dentschen Mittelstaaten haben gelegentlich des
Verlaufs des deutsch - dänischen Kriegs eine
glänzende Gelcgenheit ihr Gcwicht im allge-
meinen deutschen Sinne in die Wagschaale zu
werfen ungenützl vorüber gehen lasfen, und es
«ird diese Versäumniß durch die verspäteten
Verabredungen der Minister v. Beuft und von
der Pfordten (am Jahresschluffe) schwerlich
mehr gut zu machen sein.

Auf der einen Seite steht noch immer die
alte Bundespolitik mit ihrem dynastisch-födera-
tiven Princip, wonach Deutschland eine bloße
Vielheit gesonderter, souveräner Staaten sein
und bleiben soll, ohne feste einheitliche Gewalt,
ohne solche organische Einrichtungen (vor Allem
im Kriegswesen), welche die Kräfte aller dieser
Einzelstaaten wirklich zu einem gemeinsamen,
gleichartigen Händeln verschmelzen, und so ver-
schmolzen der Centralgewalt zur Verfügung
stellen, endlich ohne ein Organ für eine gesetz-
lich wirksame Geltendmachung des National-
willens. Die Bestrebungen der Mittelstaaten,
so weit solche stattfinden, kann man eigentlich
nur als Versuche zur Verstärkung jenes föde-
rativen Princips (vielleicht unter einer etwas
anderen Form, mit anderer Stimmenverthei-
lung) ansehen. Für die Schleswig-Holstein'iche
Frage bedingt dieser Standpunkt den Wunsch
einer solchcn Lösung, daß der neue Staat mög-
lichst unabhängig von preußischem Einfluffe und
in der Lage sei, über seine Nechte und seinc
Stimme am Bundcstage völlig souverän zu
verfügen.

Dem gegenüber steht das Bismarck'sche Preu-
ßen, deffen Politik (wie sie sich bereits sattsam
in der schleswig-holsteinischen Frage bethätigt)
darauf hinausgeht: Preußen allein hat die
Macht sowohl in Deutschland seinen Willen
durchzuführen, als auch nach Außen Deutsch-
land vor Gefahren zu schützen, aus diesem
Grunde ist eine Vergrößerung dieser Macht
nicht nur für Preußen selbst, sondern auch für
Deutschland geboten, und solglich nmß eine
solche Machtvcrgrößerung Preußens auf alle
Fälle und um jeden Preis erstrebt und durch-
gesetzt werden (!). Die sog. Annexionspolitik
ist hievon die weitere nächste und natürlichste
Folge. Ob man eine solche zunächst nur für
Schleswig-Holstein im Auge hat, oder ob man,
falls man dort Erfolg hat, gesonnen ist, auch
nach anderer Seite vorzugehen, wird vielleichl
schon die nächste Zukunft zeigen.

Wohin aber Oefterreich inmitten dieses
Gegensatzes der preußischen und mittelstaatlichen
(oder Bundespolitik) zu stellen ist, ist, offen

Volk! fick zu fittlicher Freiheit za erheben, die !
Patriotrn, ernstlich mitzuwirken zu dem allgemeinen j
Wohl und ruft den Eltern zu: „Erziehet eure
Kinder zur Tugenb, lehret fie wahrhaft sein und
dte Lügc haffcn; Gott fordertS von Euch, ihr seid
es eurrn Ktndern, euch selbst, eurem Vaterlande
schuldig."

Der Moment dicser unvergängltchen Ansprache
ist der erhebendste tn der Geschichte dieses Fürsten,
von drffen Regierung L. Häusser in seiner nun-
mehr im Druck erschienenen Festrede vom 22. No-
vember d. I. ein so meisterhaftes Bild entworfen
hat. Wir halten unS der Zustimmung unserer Leser
vcrsichert, wenn wir es versuchen, ihnen in enge-
rem Rahmen dte Hauptzüge dieses Bildes wieder-
zugeben.

Earl Friedrich trat tm November 1746 nach
vollendetem achtzehnten Aahre die Regierung eines
LandeS an, welcheS eine halbe Markgrafschaft von
etwa 30 Quadrat-Meilen Umfang und etwa 90,000
Seelrn an Bevölkerung darstellte. Aber das Länd-
chcn war nicht bloß klein, es war auch belastet von

gesagt - schwer zu begreifen. Oesterreich scheint
seine frühere Eifersucht gegen Preußen und voll-
ends seinen Ehrgeiz einer beherrschenden Stel-
lung in Demschland, der es noch im Zahr 1863
zur Bewcrkstelligung des Frankfurter Fürsten-
tages antrieb, so völlig vergeffen zu haben,
daß es die prcußische Politik nicht bloß ge-
währen läßt, sondern sogar gegen die Miltel-
staaten unterstützt. Ob es wirklich etwa gegen
anderweite Abfindungen jenerPolitik in Deutsch-
land freie Hand laffen will, oder ob der letzte
Gedanke der preußisch - österreichischen Aüianz
die sog. Mainlinie ift, läßt sich bis jetzt nicht
klar absehen. — Eines von beiden muß man
aber wohl annehmen; denn man kann von den
österreichischen Staatsmännern doch schwerlich
voraussetzen, daß ihr ganzes Bestreben in einem
bloßen Gehenlassen der Dinge, oder gar in
cinem „Arbeiten für den König von Preußen"
besteht.

* Politische Umschau.

Das herzliche Einvernehmen zwischen den
beiden deutschen Großstaatcn scheint seiner Auf-
lösung entgegen zu gehen. Der österr. Gesandte
in Berlin hat die von der preußischen Regierung
gestellteForderung bezüglich Schleswig-HolsteinS
dem Wiener Cabinet bereits mitgetheilt, und es
herrscht in den diplomatischen Kreisen der österr.
Hauptstadt kein Zweifel, daß die preuß. Forde-
rungen unannehmbar sind. — Wenn sich daher
nicht im letzten Augenblicke Preußen dazu ver-
steht, seine Ansprüche zu moderiren, so ist der
Bruch mit Oesterreich wahrscheinlich — und die
Verweigcrung der Annahme der schlesw.-holstein.
Adreffe von Seiten des Kaisers von Oesterreich
ist ein Vorbote, daß ein Zerwürfniß bereits
vorhanden.

Die ministerielle Berliner Provinz.-Corresp.
meint bezüglich der Versuche zur Bildung einer
sogenannten dritten Staatengruppe in Deutsch-
land gegenüber Preußen und Oesterreich, sie
hätten irgend eine Hoffnung auf Erfolg nur
etwa zu der Zeit haben können, wo sich die-
selben an Oesterreich im Gegensatze gegen
Preußen anlehnen konnten. Durch die jetzigen
engen und herzlichen Beziehungen zwischen
Preußen und Oesterreich sei dagegen allen
jenen Bemühungen im Voraus die Spitze ab-
gebrochen, und jene Staaten könnten dic all-
gemein deutschen Jntcressen so wie ihre eigcnen
nur dadurch wahrhaft fördern, daß sie sich an
die geeinigten Großmächte möglichst innig an-
schlöffen.

Nach demselbcn Blatt hat Se. Majestät der

dem Bann der Noth und Armuth und seufzte unter
dcm Druck all ber überlieferten Formen gesctzlicher
Unfreiheit, welcke die Arbeit und daS wirthschaftlicke
Leben in allen Sphären beengten. Noch waren die
Wunden dcS 30jährigen Krieges, welche hier am
^ Rhein durck die Verwüstungen des orleans'schen und
! spaniscken Erbfolgekriegs erneuert worden waren,

! nicht geheilt und dem Gedeihen des Wohlstandes
! in Ackerbau und Gewerbe, Handel und Wandel
widersetzten sich nock die Ueberbleibsel mittelalter-
licher Zuständ?, Feudalität und Leibeigenschaft,
drückende Zunftordnungen, hohe Gebühren und
Lasten, die Fiscalttät der herrschenden Steuer-
systeme, widersinnige Binncnzölle, Mangel an
VerkehrSmitteln unb Verkehrsfreiheit, die Klein-
staaterei in Handelspolitik, Maße, Gewicht und
Münzwesen. Und zu dem Allem die auch auf dem
kleinsten Gebiet tn diesem Theile DeutschlandS un-
vermeidlichen confesfionellen Schranken und Ge-
hässigkeiten. Wenn eS irgendwo etnen Platz gab,
auf dem dic großen Gedanken der humaneren
StaatSwciSheit des „aufgeklärten Despottsmus"
sich erproben konnten zum Segen etneS wohl über-
< schaubaren Ganzen, so war eS hier der Fall, wo

!
 
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