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Heidelberger Zeitung — 1865 (Januar bis Juni)

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Nr. 78-101 April
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https://doi.org/10.11588/diglit.2822#0429
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Utidtlbtrger Ztiluilg.

Kreisverküildigungsblcitt für üen Kreis Hcidelberg und aintliches LKrkündigungsblatt für die Amts- und AnttS-
Gerichtsbezirke Heidelberg Md Wicsloch Md den Amtsgerichtsbezirk Neckargemünd.



* Politische Il>„sch,i„.

Die „France" versichcrt. daß während der
Abwesenhcit des KaiserS in Algerien. die 40
Tage dauern soll, die Kaiserin alS Regentin
dic Staatsgejchäste lciten wird, wie daS bereits
während des italienischen KriegeS der Fall
war.

JnBrnsjel hat vorgestern Abend eine groß-
artige Demonstration zur Feicr des SiegeS
der amerikanischcn Union ftattgefunden.

Die Abreise Napoleon's III nach Algicr ist
nunmchr definitw anf Samstag den 29. April
festgesetzt. Der Kaiser wird sich eine Nacht in
Lyon aufhalten nnd Sonntag nach Marsetllc
wcitergchen. Das Geschwadcr des Viceadmirals
Bouct-Willaumez wird den Kaiser bis Oran
begleiten.

Deiitschland

Karlsruhe, 25. April. Wegcn Ablebcns
Seiner Kaiserlichen Hoheit deS Großsnrsten und
ThronfolgcrS Cäsarewitsch, Nikolaus Alexan-
drowitsch von Rußland lcgt der Großhcrzogllche
Hos von heutc an auf 14 Tage Trauer an,
nach der 4. Stufe der Trauerordnnng.

Karlsruhe, 25. April. Seine Königlich-
Hoheit dcr Großherzog hat Sich heutc Nach-
mittag zu einem mehrtägigcn Jagdausstug in
das Murgthal begeben.

Seine Eroßherzogliche Hoheit der Prinz Wil-
helm ist hente nach Nizza abgereist, um der
Kaiserlich Rufsischcn Familie eincn Besuch abzu-
statten; der Prinz gedenkt in wenigen Tagen
hieher zurückzukchren.

Karlsruhe, 25. April. (Vierter badischer
HandelStag. Forts.) Dcr Vors., Hr. Kölle,
cröffnete dse heutige Sitzung mit der Mitthei-
lung, .daß Se. Königl. Hoheit der Großherzog
die gcstern bcschlossene Begrüßungsdcputation
nicht im Stande sei zu empfangen, da Höchst-
derselbe heute «erreise. Hr. Müller von hier
beantragte, eine Deputation an den Hrn. Präsi-
denten dcs HandelSministeriumS zu senden, um
ihm dafür zu danken, daß er und mehrcre
Mitglieder deS HandelSministeriuuiS (gcstcrn)
an der Versammlung Theil genommen hätten.
ES werde für daS Bankproject wohl nur för-
derlich scin, wenn allseitig dic Bcreitwilligkeit
gezeigt werde, persönliche Wünsche und Bc-
ziehungen zurückzustcllen. So lafse sich auch

Das CnLe cines Apions.

Daß das Spionirsystem bei dcn hler gegencinan-
der lm Felde llcgenden Hceren welt großartiger
ausgebildet ist, als in Europa, glaube ich ganz
bestimmt. Es eristirt bci bciden Armeen cin förin-
llibkr gchcimer Dicnst, ja von Richmond aus, dcm
feindlichen Hanptquartier^ geht außer hundert an-
deren Vcrbindungcn auch eine nach Eanada, welche
man die „unterirdische Eiscnbahn" nennt nnd auf
welcher füdstaatlichc Agcntcn nack dcm Nordcn fich
htnschlichen, um auf den großen Sccn zwifchen den
Nordstaatcn und Canada ein Piratengcschäft zu
etablircn. Wurdcn fic verfolgt, so Aüchleten fic
nach Canada, wcßhalb sckon großc Zcrwürfniffe
jwischen der hiefigcn und dortigcn Regierung ein-
getreten und großer Haß namcntlich gcgen England
erregt ist. Doch ich wollte ein Spioncnstückchcn er-
zählen, das einem Bekannten von inir jüngst pas-
firt ist und letcht sehr übrl für ihn hätte enden
können.

Zm diittin Rord-Sarolina-Regimcnt der Re-

Dounerstag, 27 April

wohl die baldige Conzessionirung der Bank
hosfen, wenn eine Einigkeit zwischen den beiden
Consortien zu Stande komme, welche sich um
die Conzession für eine Bank beworben hätten.
Die Bersam.mlung stimmle dem Antrag bei
und wählte als Deputation an den Hrn. Präsi-
denten Mathy die HH. Nitzhaupt von Hei-
delberg und Groos von Laar. Dann wurde
die gestern abgebrochene Berathung des Ent-
wurfs der Vorcommission fortgesetzt nnd alle
Artikel desselben bis Art. 53 (Geschäftskreis
der Bank, Rechte nnd Lasten, Bilanz, Reserve
und Dividendc, Organisation, Generalversamm-
lung und Aufsichtsrath) wurden mit einem
einzigen der zahlreichen Amendements ange-
nommen. Dieses verlängert die Einlösungsfrist
der Dividendenscheine von 3 auf 5 Jahre. An
der Discussion betheiligten sich hauptsächlich
die HH. Hummel und Gärtner von Mannheim,
Dr. Ploos von Hcidelberg, Müller und Haas
von hier. Die an den Hrn. Präsidenten Mathy
entsendete Deputation berichtete, daß dersclbe
sich sehr bereit erklärt habe, die Gründung einer
badischen Bank möglichst zu fördern, und daß.
er zu dem Wunsch einer Einigung zwischen
den verschiedenen Comites, welche sich um die
Bankconzcssion bewarben, sich bcistimmend ge-
Lußert habe. Ueber die Bedingungen, unter
melchen diese Conzessionirung erfolgcn werde,
habe der Hr. Präsident sich nicht ausgespro-
chen, doch habe er Bedenkcn gehabt u. A. in
Bezug aus die Bestimmungen des Entwurfs
über die Beoeckung der Nvten und die mit der-
selben in Zusammenhang siehende Größe der
Emission. — Morgen früh werdeik die Ver-
handlungen fortgesetzt; heute Nachmittag findet
dic von der h'iesigen Gemeindebehörde veran-
staltete Fahrt nach Maxau statt.

Karlsruhe, 22. April. Gegen das Schul-
gesetz wird jctzt eine Masse von Petitionen bei
beiden Ständekammern eingcreicht. — Der hie-
sige katholische Stiftungsvorftand weigert sich
einstimmig und beharrlich, das Schulvermögen
herauszugcben. Geldstrafen sind deßhalb bereits
erkannt; nächstens wird es zur Auspfändung
der einzelncn Mitglieder kommen.

Karlsruhe, 24. April. Zum Bcrichter-
statter über die bisher eingelaufenen Petitionen
gegen die Schnlresorm ift der Abg. Kreisge-
richtsdirector Obkircher in Heidelberg gewählt
worden. Man darf hiernach einer gediegenen
und geistvollen Arbeit entgegensehen.-Uebrigcns


bestätigt es sich, daß die neueste Parolc des
ultramontanen Comites auf Petikionen an die
Stände lautet, ohne deßwegen die Casino's
fallen zu lassen. — Ucber das Casino in
Neckarsteinach berichtet man von einer merk-
würdigen Enttäuschung der ländlichen Theil-
nehmer. Ein Theil dieser Leute hatte den Geist-
lichen auss Wort geglaubt, daß alle Welt so
denke, wie das Casino lehre, daß nur die Re-
gierung oas Gegentheil wolle. Sie waren daher
nicht wenig 'betroffen. sich zum zweiten Mal
den Angriffcn der Bevölkerung ausgesetzt zu
sehen, und cs hat diese Thatsache mehr dazu
beigetragen, Vielen unter ihncn die Sache im
wahren Licht zu zeigen, als 10 gedruckte Be-
lehrungen hätten thun können. (S. M.)

-j- Heidelberg, 23. April. Der bedeu-
tendste Mann in Uugarn hat in der ungari-
schen Frage gesprochen. und sein Programm
aufgestellt. Franz Deak hat seine Ansicht
über die Natur des mit Oesterreich bestehenden
Conflicts entwickelt und über die Art und Weise
dessen Lösung. Hinter Deak aber steht — was
nicht zu vergessen ist, die überwiegende Majo»
rität des Ungarvolkcs und dcs nächsten (un-
garischen) Landtags. An der Hand der ge-
schichtlichen Thatsachen wcift. Deak nach, daß
Ungarn an seinem Recht, an seiner uralten
Verfassung sesthalten werde, wie es seithcr fest-
gehalten, und auch nicht eine Stellung außer-
halb des österreichischcn Reichsverbandcs zu
erringeu getrachtct habe. Ungarn habe viel-
mchr, als eines der wichtigsten Glieder des
österreichischcn Ländercomplexes, zur Consolidi«
rung desselben fortwährend beigctragen. Ein
Zwcck sei der feste Bestand der Monarchie, und
diesen wolle man auch heute in Ungarn kcincm
andern untcrordnen, aber der andere Zweck sei
die Ausrechthaltung der Rechle und Gesetze Un-
garns, welche durch die pragmatische Sanction
feierlich gewährleistet sind, und von welchen
mehr hinwegzunehmen, als der feste Bestand
der Monarchie erheischt, weder gerecht noch
zweckmäßig wäre. Mit der ungarischen Ver-
fassung kann auch die constitutionelle Freiheit
der übrigen österreichischen Länder bestehen:
denn beide sind nicht Gegensätzc und absorbiren
sich nicht im entferntesten.

c5 Heidelberg, 24. April. Der in Betreff
des Kieler Kriegshafens zwischen Preußen und
Oesterreich anhängig gewesene Conflict ist durch
die neueste Erklärung Preußens als erledigt zu

bellen diente ein Sergeant, Namens Waterford.
Derselbe war den Bundesbehörden längst verdächtig
als ein gefährlicher Spion, der Verstellungskunst
und Muth genug besaß, sich in das Lager zu wa-
gen, und Schlauheit genug, um der Entdeckung
und Verfolgung zu entgehen. Den ganzen Sommer
über trieb er sich am IameS-Flussr bei Petersburg
utnher und machte die Gegend unficher, indem er
den Rebellen Anschlage zum Ueberfallen von ein-
zelnen Posten an die Hand gab.

Alle Versuche, thn abzufangen, schlugen fehl. j
Kleine Abthrilungen wurden auSgeschickt, ihn zu j
versolgen, doch konnte er nie gefaßt oder identi- j
ficirt werden. Ia, bei mehreren Gelegenheiten !
gelang eS ihm, seine Verfolger tn die Falle zu !
locken. Dcr Ruf dieseS gefährlichen Sergeanten
verbreitrte sich über die UntonSlinien unh stark ge- !
färbte Erzäblungen von seinen Thaten wurden bei !
den Wachtfeuern erzählt.

ES gelang ihm sogar eineS Morgens vor Son- !
nenaufgang, fich mit einigen Spießgesellen mitten !
in den Schußbereich dreter Forts einzuschleichen und ^
hier einen Wachtposten und rinen Officter aufzu- i
heben, bri dem er wtchttge Paptere vermuthrte. '

i Endlich aber ging der Krug dock so lange zu
- Waffer, biS er brach. Die näheren Umstände, die
j mir ein Freund erzählte, der die Hauptrolle dabei
! spielte, sind so romantisch, daß man fie kaum glau-
! ben sollte, doch mußte er setner Zeit nur zu sehr
! daran glauben, und der gesürchtete Spion nicht
minder. An einem Deccmberabende nähcrte fich
Waterford den Unionspikets am Iamcs-Fluffe bet
Bailey-Ereek tn Unionsunisorm und gab fich für
den Capitän William Ferman von der pennsylva-
nischen Reiterei aus, indem er fragte, wo diese
stände.

Da die genannte Reiterei gerade tn der Nähe
war, fiel sein Erscheinen Niemandem auf. Es wurde
ihm Isaak Noble, ein guter Bckannter von mir,
Gemeincr im 61sten Massachusets-Regiment, mit-
gegeben, der ihn zu seinem Rcgiment führen sollte.
Waterford hatte statt eineS Begleiters wahrschein-
ltch nur ctne mündliche Benachrtchttgung erwartet.
Seine Situation wurde dadurck krtttsch. Wenn er
bei dcr pennsylvantschen Reiterci ankam, war sein
Betrug sogletch rntveckt.

(Schluß folgt.)
 
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