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Heidelberger Zeitung — 1865 (Januar bis Juni)

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Nr. 127-151 Juni
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https://doi.org/10.11588/diglit.2822#0598
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widerte alsbald, daß er eine anonyme Nachricht
darüber erhaltcn und, obwohl er svnst anonyme
Zuschriften unberücksichtigt lasse, doch bci der
Lage der Sache Schritte gcthan habe, um sich
Gewißheit ;u verschasfen. Erhalte er diese, so
werde die Regiernng sich allerdings verpfiichtet
erachten müsscn, den Hinrichs seiner Functionen
als Consul zu enthebcn.

Leipzig, 6. Juni. Die allgemeine deutsche
Lehrervcrsammlung 'ist heute früh 8 Uhr in
der Neukirche mit dem Gesange eines kirchlichen
Liedes und ciner Ansprache des Bürgermeisters
Koch eröfsnet worden. Theodor Hoffmann von
Hamburg wurde zum Prasidenten, Bürgerschul-
director Bornemann von hier und Realschul-
direktor Kaiser aus Wien zu Vicepräsidenten
gewählt. Die Tbeilnahme ist eine sehr zahl-
reiche und dürften schon setzt 2500 Mitglieder
eingetroffen sein.

Eisenach, 6. Juni. Der engere Ausschuß
deß Protestantenvereins hält heute Morgen seinc
Beralbungen, während dcr weitere - Ausschuß
heute Abend sich versammelt. Außer den Aus-
schußmitglicdcrn war gestern auch Schenkel auS
Heidclberg angekommen. Die Verhandlungen
werdcn morgen mit einem Gottesdienst eröff-
net,.bci welchem Generalsuperintendcnt Mayer
von Coburg die Festprcdigt hält. — Die Ver-
treter der deutschen Burschenschaften werden
heute und morgen, jedoch nicht öffentlich, ihre
Bcrathungen halten, um vor der crziclten Eini-
gung nicht dic etwa hervortrctendcn innereu
Differcnzen bloßzulegen. Von den preußischen
Universitäten ist Halle nicht vertrctcn. (F. I.)

Berlin, 1. Juni. (Verhandlung des Abge-
ordnctenhaus. Schluß.) Abg. v. Vincke für die
RegicrungSvorlage. Die Bänkc deS Hauses lecren
sich. Bei dcr herrschenden Unruhe ist der Nedner
schwer verständlich. Er führt auS, daß die Art
der Opposition, wie ste die Majorität des Hau-
ses übt, nicht im Stande ist, den Conflict aus-
zuglcichen. — Daß die Regierung nicht glcich
einen vollständigen Gründungsplan vorgelegt,
sei natürlich, da bei eincr solchen Einrichtung,
wo durch neuc Erfahrungen immer Aenderun-
gen eintreten würden, dies nicht möglich. Lehr-
geld müffe man bei jcder neuen Einrichtung
zahlcn; daß dies aber nicht zum Fenstcr hinaus-
geworfen sei, zeigen die Erfolge, dic wir mit
der Flotte gchabt. Er meint schießlich, daß es
im Jntereffc dcs Hauscs, der Verfassung und
des Landes sci, die Anleihe zu bewilligcn. —
Abg. v. Benda wcndct sich gegen eine falsche
Auslcgung, wclche der Abg. Wagener dem Com-
miffionsberichte gcgcben; im Uebrigen ist er
für die Verwerfung der Anleihe. — Abzeordn.
v. Mitschke - Collande. (für die Regierungsvor-
lage). Die verbündeten Heere haben Schles-
wig-Holstein vom dänischen Jochc befreit und
den Kieler Hafen crworben; diesen müsscn wir
deshalb als Preis für uns erringen. Schlagen
^ie die Anleihe ab, so wird auch ohne Jhre
Bewilligung die Negierung den Kieler Hafcn
befestigen und die Ehre Preußens wahrnehmen;
die Sympathie des Volkes wird ihr dabei nicht
fehlen. Jch meine es wahr, ehrlich und auf-
richtig mit der Vcrfassung, u. habe den Wunsch
nach Einigkeit zwischen Regierung und Volk,

Blick Jedem klar und seinem Gedächtniß für im-
mer eingeprägt. Die Geschichte des Umwurfs des
antiken Mannrrgewandes von der ältesten rinfach-
sten Weise rineS griechischen RednerS der guten Zeit
bis zu dem künstlichen, verschnörkelten Aufputz eines
Stutzers dcr römischen Kaiserzeit, wie ibn eine
Tiberiusstatue dcS Vatican darstellt, trat mit voll-
ständigster sinnlicher Klarheit hervor, und der Red-
ner schloß unter allgemeinem Beifall.

Jn der pädagogischcn Verhandlung, welche bei
dirsen Zusammenkünften regelmäßig auf die wissen-
schaftlichen Vorträge folgt, wurde der Antrag deS
letzten Herrn v. d. Launitz eingehend durchge-
sprochen. Es sprachcn die Herren Director Pide-
rit (Hanau), Prof. Köchly und Prof. Stark
(Heidelberg), Schulrath Wagner und der Vor-
sitzende.

Als Ergebniß der Discussion läßt sich feststellen:

Von Einführung eines neuen UnterrichtSzweigeS
in dcr Archäologie wird durchaus abgesehen, wie
denn dies auch der Antragsteller ausdrücklich ab-
gelehnt hatte. Die Hrrbeiziehung archäologischen
Materials soll der Regcl nach ausschlicßlich durch
dte Anregung bestimmt werdcn, welche fich aus der

abcr auf Jhrem Wege wird der Conflict n i e
beseitigt. Wcnn Sie noch eine Weile das Volk
täuschen (große Uuruhe links, die bis zum
Schlussc der Rede anhält, Ruf zur Ordnnng),
so wird das Bolk einschreiten, nicht gegen uns,
sondern mit uns gegen Sie. — Vicepräsidcnt
v. Unruh: Jch muß crklären, daß der Aus-
druck dcS Herrn NednerS nicht parlamentarisch
war. — Abg. Harkort (auf der Journalisten-
tribüne sehr schwer verständlich, gegen die Vor-
lage) characterisirt mit eigener Änschauung die
Stimmung der Schleswig-Holsteiner, die gerade
nicht viel preußische Sympathie haben, sie sind
wohl für cinen maritimen und militärischen
Anschluß, aber nicht für Annexion. Er weist
nach, wie die für die Flotte gelcistcten Aus-
gaben sich jährlich gesteigert habcn, uud daß,
da die StaatSeinnahmen sich jährlich vermehren,
cine Anleihe nicht nöthig sei, sondern daß die
Ausgahen aus dem Etat bestritten werden kön-
nen. — Abg. v. Wartenslebeu: Jch wünschte
auf Sie, meine Herren, einen wirklich geistigen
Eindruck zu machen. (Große Heiterkeit.) Der
Hr. Abg. v. Hennig hat dargelcgt, daß er das
Gepfeife der Sperlinge versteht. (Heiterkeit.)
Deshalb habe ich Angst, daß der Sperling
nicht etwas andcres hört, als was ich sage.
Sie müssen deshalb schon mit meiner Acngst-
lichkcit vorlieb nehmen. Jch werde mich kurz
faffen. Die Commiffion hat beantragt, die An-
leihc abzulehnen; wenn Sie so fortfahren,
kommen Sie auf den Standpunkt des polnischen
Reichstages, welcher immer sagt: „nie pox-
vvrUam." Dadurch ging aber auch das polnische
Reich zu Grunde, und Sie haben es dahin
gebracht, daß uns dasselbc Schicksal bevorsteht,
wenn wir nicht aufhören, uns zu verfleischen.
Gerade hierbei setzen Sie sich der Gefahr aus,
die Negierung zu zwingen, erst recht zu bleiben,
wcil Sie durch solche Beschlüffe das Vaterlanh
in Gefahr bringen. Redner sucht dann nachzu-
weisen, daß der Plan, die Flotte allmälig aus
dcn laufendcn Mitteln des Staates herzustellen,
undurchführbar sei, und schlicßt mit folgenden
Wvrten: Jch glaube, daß Sie diese Vorlage an-
nehmen müssen. Cs würde sonst, wenn Sie ableh-
ncn,ein Schrei dcr Entrüstungdurch ganzEuropa
darüber gchört werden. Jch meme deshalb,
meinc Hcrren, Sie werdcn durch Bewilligung
dieser Anleihe viel eher Jhr Budgetrecht er-
halten, als durch Ablehnung dcrselben, denn
Großmuth ziert dcn Sieger. — Die Discussion
wird vertagt. Nächste Sitznng Freitag.

Ikendsburg, 4. Juni. Jn diesen Tagen
ist wicder ein wackerer Vorkämpser unserer
Landessache, der Advokat Wiggers in Ploen,
mit Tode abgegangen. Im Jahre 1848 war
WiggerS Mitglied der schleswig-holsteinischen
Landesvcrsammlung.

Pefth, 1. Juni. Die amtlichen Blätter ver-
öffentlichen das Programm über den Aufenthalt
des Kaisers in Pesth-Ofen. Nach der (inzwi-
schen erfolgten Ankunft begibt sich der Kaiser
in die Burg nach Ofen, wo ohne Verzug dcr
Empfang der Civil- und Militär-Notabilitäten
stattfindet. Hierauf Bcsichtigung der Ausstellung
des Landes-Agriculturvereins; Abends 6 Uhr
wird der Kaiser der Regatta beiwohnen. Am

7. Juni. M^c; ls 7 Uhc. Revue über die
Garnison auf der Ofner Gencralwicse; Nach-
mittags wird der Kaiser dem Wcttrennen bei-
wohnen. Am 8. Juni Besuch verschiedener Jn-
stitute und Ertheilung von Audieuzen. Am 9.
Juni abcrmals Besuch des Wettrennens durch
den Kaiser; Abends Rückreise nach Wien.

Brandeis. 31. Mai. Heute Mittag um
10 Uhr fand in deu hicsigen Schloßkapelle die
Trauung der Erzherzogin Marie Louise von
ToScana mit dem Fürsten Carl Victor Men-
burg-Birftein statt. Den Trauungsact vollzog
der Cardinal Fürst Erzbischof v. Schwarzenberg.

Z r a n k r e i ch.

Marscille. 5. Zuni, Abcnds, Nachrichkn
aus Algier vom 3. d. M. melden, daß der
Kaiser in Konstantine eine große Anzahl ara-
bischer Häuptlinge zum Frühstück eingeladen
hat. Der Kaiser sagte diesen Häuptlingen, daß
er wünsche, die Araber durch Arbeit und Unter-
richt dazu geeignet zu schen, alle Aemter zu
begleiten, zu dencn die Franzosen berufen sind,
und daß er wünschc, daß in der Armee jeder
Einzelne durch seine Dienste und seinen Ver-
stand zu dcn höchsten Graden gelangen könne.
— Se. Majestät besuchte das Lager der Goums,
wo Ihm eine sehr warme Huldigung gebracht
wurde. Auf der Reise von Batna nach Biscra
nahm der Kaiser ein arabisches Diner an, wel-
ches ihm von vier Stämmen der Beni-Gana
angeboten wurde. Das Fest war homerisch;
ihm fol^te eine brillante Fantasia. Dcr Kaiser
bewunderte die Baumwollenpflanzungen des
Herrn Dufour, die 250 Hectaren cinnahmen
und zahlreiche Eingeborne beschäftigen. Die
Stämme aus dcr Sahara waren von sehr fern
herbeigekommen, um den Kaiser zu begrüßen.
Die Menge der Reiter f^lgte der kaiserlichen
Excursion. Triumphbogen aus Zweigen der
Baumwollenstaude und aus Palmblättern waren
bei der ersten Oase errichtet worden. Man
bcmerkte auf dem Wege Grnppen eingeborner
Frauen, die nicht verschleiert und reich gesHmückt
waren.

G ch w e i z.

Bern, 4. Jnni. Der Bundesrath theilt die
Antworten der Regiernngen von Baden, Bayern,
Hannover und Würtcmberg auf die Zuschrift
des Bundesrathes, betreffend die Freigcbung
des Besuches der schweizerischen Hochschulen,
mit. Es ergibt sich aus densclben, daß in den
betreffenden Staaten der Besuch dcr schweizeri-
schen Hochschulen nicht mehr durch gesctzliche
Bestimmungcn gehemmt ist. Oesterreich hat noch
nicht geantwortct.

Z t a ! i e r?

Jn Neapel ist Montag, den 22. Mai die
zweite protestantische Kirche. für Deutsche und
Schweizer, eingeweiht worden; die HH. Möri-
kofer haben zum Bau derselben über 80,000 Fr.
beigesteuert.

T ü r k e i

Bucharest, 6. Juni. Die Adoption des
Prinzcn Alexander ist der hohen Pforte und
den Schutzmächten zzotificirt worden. Ruß-

Lectöre alter Dichter und Prosaiker für Lehrer und
Lernende von selbst rrgibt; sthr erwunscht ist, wenn
drr Lehrer in solchem Falle durch eine, wenn auch
nur (n den rohesten Umrissen correcte Zeichnung
an der Tafel wenigstens die erste nothdürftige Ver-
anschaulichung, z. B. der KriegSalterthümer, ge-
währen kann (Köchly), das erste Verständniß für
die Kunst ist durch passende Verwendung des
Zeichnungsunterrichts und Hereinziehung antiker
Vorlagen in Gyps oder in andern Nachbildungen
anzustreben (Stark), jedenfalls muß hier das

Um 2^/, Uhr begann das Festeffen. Unter den
Reden verzeichnen wir die des Hcrrn Prof. Köchly
(auf Wiedersehen in Heidelberg bei der XXIV. Phi-
lologenversammlung'im September diests Jahres)
und die eines Veteranen der Jahre 1813, 1814
und 1815, des Superintendenten Jordan aus
Litthauen, welcher als ganz junger Krieger in dem

Lorps Yorks jene denkwürdigen Feldzüge mit-
gemacht hatte und einen von Hn. Schulrath Wag-
ner ihm zu Ehren ausgebrachten Trinkspruch mit
ergreifenden Worten erwiderte.

Um 5 Uhr trennte sich die Versammlung.

(Zur Statistik des deutschen Buchhan-
dels.) Gegenwärtig bestehen 3153 in und über
Leipzig, dem Wobnorte des deutscken Buchbandels,
verkebrende Buchhändlerfirmen (mit Einschluß von
74 Filialhandlungen, welche sicb auf 780 verschie-
dene Städte vertheilen, nämlich: 2647 Firmen auf
619 Stadte innerhalb des deutschen Bunvesgebrets,
98 Firmen auf 51 Städte im außerdeutschen Oester-
reick, 370 Firmen auf 96 Stävte im übrigen Eu-
ropa, 37 Firmen auf 13 Städte in Amercka,
1 Ftrma auf 1 Stadt Asiens, in Summa 3153
Firmen auf 780 Städte. Während rm Jahre 1750
Berlin nur 6, Leipzig nur 31 Buchhandlungen
zählte. und überhaupt an letzterem Orte zur Messe
nur 314 Handlungen ordentlrck vertreten waren.
batte Berlin im Jahre 1863 282, Leipzig 223,
Wien 93, Stuttgart 58. Franksurt 53 Buchhanv-
lunqen. Die 3ahl der jährlich m Deutsckland er-
cheinenden Schriften war 1814: 2529, 1830: 5920,
1846: 11,086 (höchste Höhe), 1849: 8497, 1863:
9889.
 
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