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Heidelberger Zeitung — 1865 (Januar bis Juni)

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Nr. 127-151 Juni
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https://doi.org/10.11588/diglit.2822#0654
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wesens ein bedeutender Schritt vorwärts ge-
s<Ahen. Jm Einvernehmen mit der Bürger-
schaft beschloß nämlich der Senat die Errich-
tung eines „Oberschulcollegiums." Die Mit-
glieder dieser Behördc sind ernannt und haben
im April d. I. ihre Thätigkcit begonneu. Das
Oberschulcollcgium hat nunmehr die obere Auf-
sicht über das gesammte Schulwesen im Lübecki-
schen Freistaate zu führen. Es befteht aus zwei
Mitgliedern des Senates.. welche den Vorsitz
führen; aus sechs auf Vorschlag des Bürger-
ausschusses vom Senate zu erwLhlenden bürgcrl.
Deputirtcn; aus zwei auf je sechs Zahre ernann-
ten Geistlichen; zwei für die gleiche Zeit be-
rufenen Lehrern und aus zwei vom Senate
geeignet erfundeuen weitern Mitgliedern. Außer-
dem, was die Oberaufsicht übcr das Schul-
wesen an und für sich in sich begreift und mit
sich führt, hat diese neue Oberschulbehörde
noch insbesonbere VorschlLge zur Rege-
lung des Schulwesens in der Stadt Lü-
beck und deren VorstLdten, ferner den Entwurf
eines Regulativs für die -eigene GeschLftsfüh-
rung auszuarbeiten und dem Senate vorzu-
legen; ebenso in Schulangelegenheiten Gutachten
zu erthcilen und AntrLge an den Senat zu
stellcn. Das bisherige Schulcollegium für die
Mittel- und niedern Schulen der Stadt wird,
sobald die Regelung des Schulwesens erfolgt
ist, aufgelöst; inglcichen werden die Behörden,
welchen die Aufsicht über dse Landschulen ob-
lag, derselben entbunden und solche gleichfalls
dem „Oberschulcollegiuiu" übertragen.

Die Absicht des Lübecker Senates, das ge-
sammte Schulwcsen des Freistaates untcr eine
einheitliche Leitung zu bringen, ist unbestreit-^
bar eine gutc und sachgemLße. Stadt und Land
waren bisher fast gLnzlich geschieden. Die stLdti-
schen Schulcn standen unter einer besondern
Behörde, dem Schulcollcgium, daS mit den
ländlichen Schulen, welche dem „Landamte"
unterstellt waren, keinerlei Beziehung hatte.

Die biSherige enge Verbindung des Schul-
wesens mit der Kirche. wornach im Schulcol-
legium unter dem Vorsitze zweier Senatoren
die fünf Prediger der fünf Kirchcngemeinden
mit je einem Bürger des betreffenden Kirch-
spiels Sitz und Slimme hatten, ist, wie aus
der angegebenen Zusammensetzung der neuen
Oberschulbehörde ersichtlich, aufgegeben. (Schul-
männer saßen in der frühern Schulbehörde,
außer dem (geistl.) Director des Katharineums
— keinel!

Das kirchliche Element ist sonach auch in
Lübeck um ein BedeutendeS reducirt, ohne —
wic man so gcrne sagt — des EinflusseS zu
entbehren, und die Schule hat, wie anderwärts,
eine Vertretung erhalten. Dem vom Oberschul-
collegium zu erwartenden Regulativ sieht man
in Lübeck mit einiger Spannung entgegen, weil
man fühlt, daß die Consequenzen der neuen
Ordnung in der Schule und die im Jahre 1860
eingeführte Kirchcnverfassung, nach welcher den
kirchlichen Gemeinden das Recht zustehen soll,
aus dem Kirchenvorstand den jewcil. Schul-
vorstand zu bilden, — sich begegnen. Die Zeit
wird wohl auch hier Rath bringen. Ueber die

(Sandwichinsrln). Anch sie sendrn, wenn ick nicht

Scdützen in Ealifornien geschickt bekamen. Obgleich
fern auf einer Jnsel im Stillen Ocean, treibt sie
doch das Deutscke Herz, auch unaufgeforbert fich

Feste. Uno selbft in Brafilien, wo der Krieg gegen
Uruguay kaum berndct ist unv der gegen Paraguay
vorbrreitet wird, wodurch die ohnedies schwer vor-
wärts kommenden Deutschen Eolonisten bart be-
troffcn werden, sann man auf Zeichen der Theil-
nahme, wovon ben ersten Brweis die Anmeldung
einer Ehrengabe von der Colonie Blumenau in
dcr'Provinz Sta. Eatharina bildet. — Die Gabe
ist klein, aber die Verhältniffe, unter denen sie
gegebrn wurde, verleiht thr einen hohen Werth.

Wie groß die Summen oftmals gewrsen sein
mögrn, welcke die Einzelnen zu den Gaben der
Deutschen im AuSlande beigestcuert haben (denn
man muß wohl bedenken, daß an verschiedenen
Plätzen nur wenig Deutsche wobnen), davvn gibt
Folgendes einen ungefähren Begriff. Dieser Tage

weitere Entwicklung dieser wichtigen Angelegen-
heit werden wir seiner Zeit berichten.

Berlin, 18. Juni. Die Zustimmungser-
klärungen für Prof. Virchow nehmen immer
größere Dimensionen an. Neuerdings sind solche
zu registriren aus: Elberfeld, Barmen, Siegen,
Remscheid, Köln.

Berlin, 20. Juni. Gestern Mittag hielt
Hr. v. Bismarck dem Könige, der zu diesem
Zweck von Babelsberg gekommen war, Vor-
trag; um 1 Uhr aber fand im Beisein des
Königs im königlichen Palais selbft ein Mini-
sterconseil statt. welches fast 3 Stunden dauerte.
Der Kronprinz war bereits vorhcr nach Stettin
abgereist. Man crzählt, daß es sich hauptsäch-
lich um die innere Frage gehandelt habe; es
sei nLmlich der Vorschlag gemacht worden, ein
Manifeft an das Volk zu erlassen und dem-
selben vom Standpunkt der Rcgierung aus alle
Beschwerden gegen das jetzige AbgeordnetenhauS
darzulegen. Atanche Gerüchtc deuten sogar auf
die Möglichkeit einer Volksabftimmunff hin,
welche zwischen Regierung und Volksvertretung
entscheiden solle.

Hannover, 19. Juni. Unsere Stadt,
unser ganzeS Land und Braunschweig haben
gestern einen Festtag gefeiert, der schwerlich von
einem frühcren übertroffen ist, die 50jährige
Wiederkehr der siegreichcn Dchlacht bei Waterloo,
an der damals 23,000 Hannoveraner in her-
vorragendcr Weise Theil nahmen.

München, 20. Juni. Wie man heute ver-
nimmt, ist der Landtag bis zum 8. Juli ver-
längert. Bis dahin könen jedenfalls alle noch
rückständigen GeschLfte aufgearbeitet sein.

Wien, 19. Zuni. Wir glauben zu wissen,
daS Hr. v. Wydenbrugk, der Vertreter der Jn-
teressen des Herzogs von Augustenburg am
hiesigen Hofc, die beftimmte Versicherung des
Grafen Mensdorff entgegengenommen hat, die
österreichische Negierung werde nicht allein sei-
nem fortgesetztcn Aufenthalt in den Herzog-
thümern ihrerseits kein Hinderniß in den Weg
legen, sondcrn auch nicht zugehen, daß von an-
derer Seite her ihm »Schwierigkeiten bereitet
würden; sie versehe sich abcr dagegen auch alles
Ernstes zu dem Herzog, daß er, um den dies-
fälligcn Dispositionen zu Hilfe zu kommen,
sorgsam bestrebt sein werde, sich jedcr politischen
Action zu enthalten, welche zu berechtigten Be-
schwerden, sei es der übrigen Thronbewerber,
sei es dcr factischen Jnhaber der Lan'desherr-
lichkeit, Anlaß geben könnte, und daß er speciell
auf die bevorstehenden Wahlen keinen Anfluß
zu nehmen suche, der auch nur den Schein
einer FLlschung der Stimme des Lanhes be-
gründe.

Wien, 19. Zuni. Der hier seit einigen
Tagen anwescnde Adjutant des Kaisers Maxi-
milian, Oberstlieutenant Schaffer, ist beauf-
tragt, zur ErgLnzung der österreichischen Legion
in Mexico eine neue Werbung von 2000 Mann
einzuleiten.

Z L a ! r e rr

Turin, 13. Juni. Die ostindische Post soll
mit dem 1. October von Suez aus über Jtalien !

traf ein Brief von Bombay ein, worin ein Deutscker

von 75 LouiSd'or-Thlr. in die Liste der Ehren-
gaben einsckreiben laffen. Das ist doch gewiß ganz
anständig. Was uns aber dte meiste Freude gemacht
hat, das ist, daß der Herr in Bombay als der
tüchtigste Schütze gilt und sich namentlich auf Leo-
pardenjagden ansgezeichnet haben soll. Daß dem

Von Californien kommt also ein Silber- und
kein Goldbarren im Werthe von 600 Dollars.
Wie die Gabe von Blumenau und die von Lima
(Peru), welche privatim, aber noch nicht officiell
angemrldet ist, wird auch die von Californien von
Abgeordneten begleitet werden. Fur die Deputation
aus Philadelphia ist bereits ein eigenes Banner
für den Festzug nach hier uuterwegs. Der Znzug
aus den Vereinigten Staaten wird massenhaft sein,
denn außer dem voy den Deutsch-Amerikanischen

geleitet werden. Der Wcg von Brindisi bis
Susa am Fuße des Mont-Cenis wird in 33
Stunden zurückgelegt werven. Die Durchbohr-
ungsarbeiten im Mont-Cenis auf italienischer
Seite gehen rasch vorwärts, da man seit länger
als einem Monat auf weiches Gestein gestoßen
ist, welches ein tägliches Vorrücken von 3
Mctern gestattet. Weniger rasch geschieht daS
Vorrücken von französischcr Seite, wo man auf
mehr Hindernisse stößt.

A m e r i k a.

Newyork, 8. Juni. Der bisher noch zurück-
gehaltene Theil der in dem Verschwörungspro-
cesse gemachten Zeugenaussagen ist jetzt veröf-
fentlicht worden; er enthält überaus wichtige
Depositionen, über deren Werth sich freilich
noch kein Urtheil bilden läßt. Connover, ein
Correspondent der Newyorker „Tribune", Mer-
ritt, ein Arzr aus Montgomery und ein ge-
heimer Polizist, sagten im Verhör aus, daß sie
mit den südstaatlichen Agenten in Canada in
genauer Bekanntschaft gestanden und, um in
ihre Geheimnisse einzudringen, sich als Mitver-
schworene dargestellt HLtten. SaunderS, Thomp-
son und Clay HLtten HLufig in ihrer Anwesen-
heit mit Booth verkehrt. Connover deponirte,
er sei zugegen gewesen, als Surratt an Thomp-
son Depeschen von Davis und Benjamin über-
bracht habe, in denen Lincoln, Johnson, Stan-
ton, Grant, Seward und Chase als zur Er-
mordung auserlesen bezeichnet gewesen seien;
von Thompson sci darauf Booth mit.der Aus-
führung des Anschlages beauftragt worden.
Ferner machte Cannover Angaben über einen'
von den Conföderirtcn in Canada geschmiedeten
Plan, die WasserbehLlter und die Baumwoll-
vorräthe in Newyork zu vergiften, das gelbe
Fieber in dem Norben zu verbreiten und New-
york so wie andere StLdte des Nordens in
Brand zu stecken.

Nencste Nachrichten.

Newyork, 10. Juni, Abends. Die UnionS-
truppen besetzten Brownsville. Fort Sabine
Patz hat sich ergeben. Die Uebergabe Galve-
stons wird erwartet. Ein bedeutendes Feuer ist
in Nashville ausgebrochen, das für 10 Mill.
Dollars Proviant zerstörte. Die Ursache der
Feuersbrunst ist unbekannt. — Goldagio 37^.
Wechselcours 151^/^. Bonds lO^f/^. Bauin-
wolle 41.

Florenz, 20. Juni. Die Schwierigkeiten
mit Rom dauern fort. Die BlLtter sind der
Ansicht, daß die Verhandlungen erfölglos blei-
ben werden. — Die Regierung hat die Vor-
schriftcu wieder aufgehyben, welche während des *
Krieges in Nordamerika bezüglich des Zutritts
und des Aufenthalts von Kriegsschiffen der
Vereinigten Staaten in italienischen HLfen ge-
geben worden waren.

München, 21. Juni. Die Abgeordneten-
kammer hat den Gesetzentwurf über den Mili-
tärcredit einstimmig angenommen, 'aber einen
Antrag auf Repision der Bundesmatrikel bei-
gefügt. Ein Antrag auf Entfe rnung der baye

Scbützen geckarterten Dampfer dcs „Norddeutschen
Lloyd" geht auch ein Ertra-Dampfer der Ham-
burgerDampfschifflinie von Newyork zum Deutscken
Bundesschießen ab. Auch von England stebt großer
Besuch zu erwarten, wie aus einein Briefe bes Hrn.

Londons, welcher sich soeben als Gast zum Feste
anmeldet, hervorgeht. — Daß das Wohnungs-
Comite unter solchen Umständen alle Hände voll
zu thun bat, ist klar, aber rs darf deshalb der

verbreitFten Meinung, als sei^ in Bremen eine
Wohnnngsnoth zu bcsürchten, durchaus nicht Raum
gegeben werden. Die Deutschen Schützenfeste baben
auch ihre Gegner, und es ist natürlich, daß diese
allerhand Märchen auszustreuen suchen, um ihnen
möglicher Weise zu schaden. Jn der That sind in
Bremen abcr so vicl Häuser und Wobnungen, wie
verhältnißmäßig in keiner anderen Deutschen Stadt,
und es wird bei uus kommen wie in Frankfurt und
^kipzig, daß auf die anfängliche Sorge um Wob-
nungen ein Ueberfluß folgt. Daß es besser ist, sich
nicht dem Zufall zu überlassen, sondern sich sein
Quartier dnrch vorherige Anmeldung zu vergewis-
sern, ist selbstverständlich, und es kann deshalb den
Schützen nicht dringend genug an's Herz gelegt
werden, daß fie sich frübzeitig, unter Einsenvung
des Festbeitrags, in die Liste deö WohnungS-Comite
cinkragen lassen.
 
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