Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1865 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 231-256 Oktober
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2786#0397
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Htidtlblrgtr Zrilung.

Kreisvcrkündigungsblatt fiir den Kreis Hcidclberg und anttliches Äerkündigungsblatt für bic Amts^ nnd Amts^
Gerichtsbczirke Heidelbcrg und Wiesloch und dcn Amtsgerichtsbezirk Neckargeinüuü.

9!" 24l2.

Samftag, I« October


XX Die Beweguntt in der kathol.
Kirche, oder der Kampf deS wahren
gegen den falfchen KatholiciSmus.

I.

Wir häben immcr das Verträuen gehegt,
daß endlich auch in Deutschland den Leuten
über das Verderbniß, das der jesuitische Ultra-
montanismus über die eigene Kirche, dann
aber auch über Staat, Gemeinden und Fami-
lien herbeiführt, die Augen aufgehen werdcn;
auch haben wir von der Hoffnung nicht lassen
wollen, daß es auch in Deutschland noch be-
sonuene und- gewisseuhafte Mänuer genug geben
werde, die eS für eine erste Pflicht gegen ihre
eigene Kirche, aber auch gegen den Staat, dem
sie angehörcn, und gegen die gesammte deutsche
Nalion, deren Glieder sie sind, erachten werden,
Widerstand zu leisten gegen eip Uebel, das tag-
taglich verderblicher wirkt, und da§. wenn es
ihm gelange, auch nur einen g'rößeren Theil des
Volkes mit seinem Gifthauche zu inficiren, un-
iehlbar sittlichen und mgteriellen Verfall über
Viele, Verkümmcrung und Zwietracht in das
staatliche^nnd Familienlebcn, Haß, Entzweiung,
und damit Krieg und Kampf zwischeu deu
Gliedern der deutschcn Nation, und in Folge
von Allem diesem sicheres Verderben über
Deutschlaud und seine ganze Kultur herauf-
führen würde.

Wir haben, wie gesagt, immer das Vertrauen
gehcgt, daß endlich auch in Deutschland eine
heilsame Reäction gegen die fortschreitcnde Re-
volution in oer katholischen Kirche, die von den
Iesuiten und Ultramontanen ausgeht, stch auf-
thun wcrde, um noch zur rcchten Zeit das
Verderben von der eigenen Kirchengemeinschaft,
und dadurch namenlosen Schaden vom eigeneu
Staät, von den Gemeinden und Familien ab-
zuwenden. Die katholische Kirche, in ihren
Grundlagen großartig, frciheitlich, ja demokra-
liich angelegt, wie kaum eine andere kirchliche
Genossenschaft, ist Lurch das neu aufgekommene
System des Jesuitismus und Ultramontanis-
mus daran, gänzlich zu entarten, der Herrsch-
lucht und Habsucht einiger Weniger zu ver-
fallen, und das Spielzeug der Befangenheit und
der Leidenschaften einer Kaste zu werden. Zn
rein katholischen Ländern ist dies bereits klarer
als bei uns anerkannt worden. Dort haben
sich auch bereits muthige und gewissenhafte
Männer in größerer Anzahl zusammengefunden,

um mit vereinten Kräften das eindrinMde
Verderbniß abzuwehren, und wieder eine bessere
Zukunft des kirchlichen Lebens anzubahnen.

Jn Frankreich besteht bereits seit vier Jahren
ein Verein von Katholiken, ver sich dieses schöne
Ziel zu einer ernsten Lebensaufgabe gesetzt hat.
Jhm gehören nicht blos Laien, sondern auch
Geistliche an; Männer und Frauen, selbst aus
den höhern Ständen, sind Mitglieder des Ver-
eins. Die französischc Rezierung, Anfangs
feindselig gegen den Verein, wie gegeu Alles,
was sich selbstständig inmitten des französischen
Volkes gestalten will, hat in neuester Zeit je-
nem gegenüber sich duldsam gezeigt, indem sie
aus der Wirksamkeit des Vereins allmälig die
Uebcrzeugung gewonnen hat, nicht nur, daß er
in politischer Beziehung sich nichts zu Schulden
kommen läßt, sondern auch, daß er zur Förde-
rung des sittlichen Lebcns und zur Wiederher-
stellung der ganz verkommenen kirchlichcn Zu-
stände Frankreichs höchst wohlthätig zu wirken
vcrspricht. Mehrere leitende Mitglieder des
Bereins stehen mit wohlgesinnten Staatsmän-
nern des Kaiserreichs in engerer Verbindung;
der Verein hat von dieser Scite eher Vorschub,
wenigstens im Geheimen, als Schwierigkeiten
zu erwarten. Um so-leidenschaftlicher wird er
von der zur Zeit noch allmächtigen Jesuiten-
partei in Frankreich bekampfl; diese scheut kein
Mittel, wie verwerflich es auch sei, um deiu
Verein und seinen Leitern entgegen zu treteu.
Die Mittel, die der Verein zur Erreichung
seiner Zwecke gebraucht, sind lediglich mora-
lischer Art; sie befiehen in Belehrung. rn Ver-
brcitung geeigneter Schriften, in Gründung
von Erzichungs- und UnterrichtSanstalten, na-
mentlich auch für das weibliche Geschlecht, die
selbstverständlich dcm jesuitischen Einfluß ent-
zogen, und in denen gesundere religiös - christ-
liche Anschauungen gepflegt werden. Die Schrif-
ten, die der Verein gleichsam um sich und sein
Streben zu rechtfertigen, seit einigen Jahren
veröffentlicht hat, haben nicht bloß in Frank-
reich, sie haben in der ganzen civilisirtcn Welt
das größte Aussehen erregt, und die Theilnahme
aller ^enkenden und ehrlichen Menschen auf sich
gezogen. Es weht in ihnen ein so edler ächt
menschlichcr und warmer christlicher Geist, daß
sie Niemand ungerührt lesen kann; zugleich sind
sie in einem wahrhaft klasstschen französischen
Style geschrieben, daß sie von den tüchtigsten
Kritikern uud Kennern der französischen Li'te-

ratur fnr wahre Mcisterwerke dcrsclben erklär
wordcn sind. Wir fübren hier nur die vor-t
züglicheren dieser Schristen an, nämlich:
Viiiiilül, der Verfluchtc; ln Ueli^ieu86, die
Nonne; le8 ^65uit<;8 u. a. Die beiden ersten
sind fast in alle Sprachen Europas übertragen,
in's Deutsche von Diezmann. Ein ähnlicher
Perein hat sich in Jtalien gebildet; davon
nächstens.

* Politische Umschau

Jn Bayern ist eine Ministerkrisis ausgebro-
chen. Hr. v. Neumayr hat seine Entlassung
eingereicht. Der Präsident der Regierung von
Mittelfranken, Frhr. v.' Pechmann, wird als
sein Nachfolger genannt. Die Vcranlassung ist
noch nicht bekannt. — Die Nachricht wird je-
doch neuestens für unbegründet erklärt.

Ein Bcrliner Correspondent der „D. Allg.
Ztg." bringt folgcnde Mittheilung: Aus einer
Quelle, welche namhaften Wortführern der
prcußischen Fortschrittspartei nahc steht, wird
die Ansicht laut, daß ein Theil der liberalen
Abgeordneten Preußens ihr Fernbleiben vom
Frankfurter Adgcordnetentage jetzt als einen
Fe^er erkennen und daß sie muthmaßlich die-
scn Fehler nach Möglichkeit bei dcr bevor-
stehenden Generalversammlung des National-
vereinS gutzumachen suchcn werdcn durch offene
Darlegung und Vertretung ihrer Stellung zur
schleswig-holsteinischen Frage.

Dem clericalen.„Mvstde" schreibt man aus
Rom, aus politischen Gründen habe die päpst-
liche Regicrung bis jetzt sich Behufs der Ver-
vollständigung ihrer Militärmacht nicht an das
katholische Element von Europa gewender, son-
dern nur erst an das einheimische, welches
übrigens im Laufe Septembers in den Provin-
zen Velletri und Frosinone 500 Mann gelie-
fert habe, auf deren Trcue und Ergebenheit
der Papst rechnen könne; die Werbungen
würden mit Erfolg fortgesetzt; wenn es wahr
sei, daß die französischen Garnisonen in Velle-
trie und Frosinone in der ersten Hälfte Octo-
bers zurückgezogen werden würden, um sie in
Rom und Civitavecchia zu concentrircn, fo
werde die päpstliche Rcgierung die Maßregeln
ergreifen, dic ihr geeignet erfcheincn, dic Würde
des päpstlichen Stuhles und das Jntereffe der
Bevölkerung zu wahren.

Jn Griechenland ist ein ncucs Ministerium
an das Ruder gelangt. Nach Athener Mch-

Schwurgerichtsverhandlungen.

Mannheim, 9. Oct. (Fortsetzung.) Am andcrn

satzes, als ob sicb Jemand dort auf dem Absatz
herumgedrehi hätte. Auf der Scite dieses Busches,
gkgen Weisbach, war das Haidekraut, welches doit
wächst, zertreten.

An der Leiche fandcn fich folgende Vcrletzungen
vor: 1) zwei Wunden auf der rechten, vorderen,
vberen Stirnbeingegend und 2) ein Knockensprung
des Schädels, welcher die Einwirkung etner hefti-
gen Gewalt mittelst eines stumpfen, möglicher Weise
kantigen Werkzenges voraussetzte.

Die vorgcfnndenen Verletzungcn waren ihrer all-
gcmeincn Natur nach und absolut tödtlich unv die
Anklage behauptet, daß der Angeklagte dem Georg
Mi'inch, als er auf seinem Heiinwege an dem oben

bei seinfm zwetten Gange nach Unterscheidcnthal

— 10. Oct. Die Anklagesache gegen August
Banschbach von Wagenschwend wegen Mords ist

den Verhandlungen mag noch Folgcndes erwähnt
werden. Ter Angeklagtr stcllte cntschieden in Ab-
redc, den Münck erschlagen zn haben; er-will am
Nachmittag des 9. Iuni nur deshalb nach Schei-
! denthal gegangen sein, um Vieh zu kaufrn, nicht
i aber, um sich nach dem Gutskauf zu erkundigen,

sehen und insbesondere nichts mit demselben ge-
sprocken haben. Die Aeit seiner Rückkunst in Wa-
genschwend am Nachmittag gibt er aus 4 Uhr an,
und ebenso soll es 12 Uhr Nachts gewesen sein,
als er zum zweitcn Male nach Hause zurückgekchrt

Scheidenthal gibt er aber gleichwohl an, es habe
ihn die Neugierde hingetrieben; er habe wissen
wollen, wie es mit dem Gutskaufe stehe und wel-

trunkcn wordcn, erwiderte dcr Augeklagte, eS sei
nickt Mobe, daß die Bursche, die etn Mädchen
„caresfiren", zu dcn Männern in dic Stube kämen.
Die seinen Angabrn ganz cntgegengesetzte» Aus-
sagen der Zeugen, welche durchgängig die in der
Anklage erzählten Thatsachen und Vorgänge be-
stätigten, suchte ber Angcklagte durch dcn Vvrwurs
der Unwahrheit aus dem Wege zu räumen und
 
Annotationen