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Zärtlichkeit und liebevolle Sorgfalt für ſie, denn das
böchſte Ziel ihrer Wünſche, ohne das auch die glücklichſte
Ehe unvollkommen bleibt, ſollte binnen kurzem erreicht
werden. Elsbeth war voll Dankbarkeit und Glück; nur
beunruhigte es ſie, daß Roberts Freude nicht ungetrübt
ſchien. Er lächelte ſtill zu ihrer Glückſeligkeit und
wurde nicht müde, ſich an all' ihren kleinen mütterlichen
Vorbereitungen zu erfreuen; aber dennoch ſah fie mit
Staunen, daß er eine Art Scheu und Angſt vor der
Erfüllung des laͤnggehegten Lieblingswunſches hatte.
Es war in din erſten Tagen des Januar, als Els-
beth, ihren Mann zum Frühſtück erwartend, am Fenſter
ſtand, und in die ſchneebedeckte Winterlandſchaft hinaus-
blickte. Endlich kam er von einem frühen Krankenbeſuch,
durchfroren und ſehr verſtimmt zurück: der Poſtbote hatte
ihm ſoeben einen Brief übergeben, worin er, eines be-
ſonders ſchwierigen Falls wegen zu einer Operation nach
Lüneburg berufen murde.
„So fatal es mir auch iſt, ſo muß ich doch noch
heute abreiſen, denn die Sache erleidet keinen Auſſchub“,
ſagte er mißmuthig.
„Wie Schade iſt das! Gerade für morgen Abend
habe ich die Paſtorin mit ihrem kleinen Nichten zum
Thee eingeladen.“
„Nun, über den Verluſt kann ich mich allenfalls noch
tröſten; ſtrenge Dich nur nicht zu ſehr mit Deiner Ge-
ſellſchaft an. Hoffentlich bin ich ſchon übermorgen wie-
der hier.“ ö ö
„Das wünſche ich von ganzem Herzen; übermorgen
iſt ja auch unſer Hochzeitstag!“
In aller Eile half Elsbeth ihm bei den Vorberei-
tungen zur Reiſe, und hätte ihn gar zu gern bis zur
Bahn begleitet, wenn er nicht entſchieden erklärt hätte,
daß die Fahrt bei der ſchneidenden Kälte umzuträglich
für ſie ſei. ö
Sie nahmen langen, zaͤrtlichen Abſchied von einan-
1 und als er gegangen war, blickte Elsbeth ihm lange
nach.
Die kleine Geſellſchaft, die ſie am nächſten Tage er-
wartete, beſtand nur aus dem Paſtor, ſeiner Frau,
ihren vier Kindern und zwei kleinen Nichten. Nach dem
Kaffee führte ſie ihre Gäſte in das Empfangszimmer,
wo ſie alle möglichen Spiele für die Kinder arrangirte.
Nach einer luſtigen Kartenlotterie, bei der alle Bethei-
liaten ſehr entzückt von ihren kleinen Gewinnen waren,
ſchlug Elsbeth vor, die Kleinen „nach der Muſik“
etwas ſuchen zu laſſen.
(Fortſetzung folgt.)
Vermiſchtes.
(Das erſte Flugblatt) — eine ausführliche
Beſchreibung der Beſtattungsfeierlichkeiten des Kaiſers
Friedrich III. —. wurde im Jahre 1493 zu Leipzig ge-
druckt; die erſte Zuſammenſtellung mehrerer Ereigniſſe
auf einem Blatte geſchah 1527. Die erſte Zeitung
wurde unter dem Nomen „Frankfurter Journal“ 1615
durch den Buchhändler Egmolph Emmel zu Frankfurt
a. M. gegründet. 1616 folgten die „Poſtaviſen“, (ſpäter
Frankfurter Ober⸗Poſtamtszeitung, 1866)); 1618 der
„Fultaiſche Poſtreuter“, 1619 die Nürnberger und
Hildesheimer Zeitung. 1660 wurde die „Leipziger Zei-
tung“ gegründet; Leipzig folgten mit eigenen Zeitungen
Breslau (1676), Hanau (1678), Lübeck (1692). An-
fanas des fiebenzehnten Jahrhunderts beſaß beinahe jede
größere Stadt Deutſchlands ihre eigene Zeitung; die
erſte Berliner Zeitung führte den Namen „Aviſen“.
Im preußiſchen Staate beſtan den damals 23 politiſche
Zeitungen und eine Handelszeitung. 1632 gründete der
Poſtmeiſter Friſchmann in Berlin die „Staatezeitung“.
Die erſte regelmäß ige Zeitung erhielt Berlin 1655 durch
den Buchböndler Chriſttan Pauge; 1677 entſtanden der
„Poſtillon“ und „Die Zeitungsfama.“ Das erſte Zei-
tungsverkot für Berlin datirt aus dem Jahre 1672
(aus politiſchen Urſachen“).
(Ein eiſernes Halsband). Unter den Sehens-
würdigkeiten des Friedensſaalts in Münſter befindet ſich
die Nachbeldung eines eiſernen Halsbandes, mit welchem
es folzende Bewardtniß bat. Der Ritter Gerhard von
Haaren war im Jahre 1547 von dem Edlen Lambert
von Oer gröblich beleidigt worden, ſo daß er ihm Rache
ſchwor. Als nun ſein Gegner an einem Sonntage ſich
nach Lüdinghauſen zur Meſſe begab, überfiel ihn Ritter
Gerhard und warf ihm ein ſchweres eiſernes Halsband
um den Hals, welches in Rürnberg gefertigt und ſo
eingerichtet war, daß es, einmal ineinandergeklappt, nicht
mehr geöffnet werden konnte. Darauf ließ er ihn wie-
der frei. Alle Verſuche, das Band zu offnen, waren
erfolzlos, bis ſich endlich ein Schmied zu Münſter,
Meiſter Thiel Schnoll, zur Sprengung deſſelben erbot.
Lambert von Oer mußte nun ſeinen Kopf auf dem Am-
bos legen, und mit drei Schlägen zerſprengte der Mei-
ſter auch wirklich das Band, ohne den Ritter erheblich
zu beſchädigen. Das Original der gefährlichen Hals-
kreuſe wird auf dem Stammgut der Familie von Oer
aufbewahrt.
(Unſerer lieben Frauen Brüder zu Straß-
burg.) Als die Stadt Straßburg die Liehen⸗Frauen-
Brüder wegen ihres ärgerlichen Lebens verjagt hatte und
von Kaiſer Karl V. dehhalb zur Verantwortung gezogen
wurde, ſchickte ſie den Gelehrten Sturm an den Kaiſer.
Dieſer ließ den Abgeordneten vor ſich kommen und
frogte mit ſehr ernſthaftem Geſicht, was die Stadt zu
einer ſolchen Gewaltthätigkeit gegen die Brüder hewogen
babe? — „Herr Kaiſer“, antwortete Sturm, „ſo lange
ſie unſerer lieben Frauen Brüder waren und thaten,
was richt und billig iſt, haben wir ſie gern geduldet,
und ihnen nichts Leides gethan; da ſie aber unſerer
lieben Frauen Männer wurden, wußten wir uns nicht
anders zu belfen, als daß wir ſie zum Thore binaus-
jagten.“ Das zwang dem Kaiſer ein Lächeln ab und
die Stadt wurde begnadigt. 2 ö
Zärtlichkeit und liebevolle Sorgfalt für ſie, denn das
böchſte Ziel ihrer Wünſche, ohne das auch die glücklichſte
Ehe unvollkommen bleibt, ſollte binnen kurzem erreicht
werden. Elsbeth war voll Dankbarkeit und Glück; nur
beunruhigte es ſie, daß Roberts Freude nicht ungetrübt
ſchien. Er lächelte ſtill zu ihrer Glückſeligkeit und
wurde nicht müde, ſich an all' ihren kleinen mütterlichen
Vorbereitungen zu erfreuen; aber dennoch ſah fie mit
Staunen, daß er eine Art Scheu und Angſt vor der
Erfüllung des laͤnggehegten Lieblingswunſches hatte.
Es war in din erſten Tagen des Januar, als Els-
beth, ihren Mann zum Frühſtück erwartend, am Fenſter
ſtand, und in die ſchneebedeckte Winterlandſchaft hinaus-
blickte. Endlich kam er von einem frühen Krankenbeſuch,
durchfroren und ſehr verſtimmt zurück: der Poſtbote hatte
ihm ſoeben einen Brief übergeben, worin er, eines be-
ſonders ſchwierigen Falls wegen zu einer Operation nach
Lüneburg berufen murde.
„So fatal es mir auch iſt, ſo muß ich doch noch
heute abreiſen, denn die Sache erleidet keinen Auſſchub“,
ſagte er mißmuthig.
„Wie Schade iſt das! Gerade für morgen Abend
habe ich die Paſtorin mit ihrem kleinen Nichten zum
Thee eingeladen.“
„Nun, über den Verluſt kann ich mich allenfalls noch
tröſten; ſtrenge Dich nur nicht zu ſehr mit Deiner Ge-
ſellſchaft an. Hoffentlich bin ich ſchon übermorgen wie-
der hier.“ ö ö
„Das wünſche ich von ganzem Herzen; übermorgen
iſt ja auch unſer Hochzeitstag!“
In aller Eile half Elsbeth ihm bei den Vorberei-
tungen zur Reiſe, und hätte ihn gar zu gern bis zur
Bahn begleitet, wenn er nicht entſchieden erklärt hätte,
daß die Fahrt bei der ſchneidenden Kälte umzuträglich
für ſie ſei. ö
Sie nahmen langen, zaͤrtlichen Abſchied von einan-
1 und als er gegangen war, blickte Elsbeth ihm lange
nach.
Die kleine Geſellſchaft, die ſie am nächſten Tage er-
wartete, beſtand nur aus dem Paſtor, ſeiner Frau,
ihren vier Kindern und zwei kleinen Nichten. Nach dem
Kaffee führte ſie ihre Gäſte in das Empfangszimmer,
wo ſie alle möglichen Spiele für die Kinder arrangirte.
Nach einer luſtigen Kartenlotterie, bei der alle Bethei-
liaten ſehr entzückt von ihren kleinen Gewinnen waren,
ſchlug Elsbeth vor, die Kleinen „nach der Muſik“
etwas ſuchen zu laſſen.
(Fortſetzung folgt.)
Vermiſchtes.
(Das erſte Flugblatt) — eine ausführliche
Beſchreibung der Beſtattungsfeierlichkeiten des Kaiſers
Friedrich III. —. wurde im Jahre 1493 zu Leipzig ge-
druckt; die erſte Zuſammenſtellung mehrerer Ereigniſſe
auf einem Blatte geſchah 1527. Die erſte Zeitung
wurde unter dem Nomen „Frankfurter Journal“ 1615
durch den Buchhändler Egmolph Emmel zu Frankfurt
a. M. gegründet. 1616 folgten die „Poſtaviſen“, (ſpäter
Frankfurter Ober⸗Poſtamtszeitung, 1866)); 1618 der
„Fultaiſche Poſtreuter“, 1619 die Nürnberger und
Hildesheimer Zeitung. 1660 wurde die „Leipziger Zei-
tung“ gegründet; Leipzig folgten mit eigenen Zeitungen
Breslau (1676), Hanau (1678), Lübeck (1692). An-
fanas des fiebenzehnten Jahrhunderts beſaß beinahe jede
größere Stadt Deutſchlands ihre eigene Zeitung; die
erſte Berliner Zeitung führte den Namen „Aviſen“.
Im preußiſchen Staate beſtan den damals 23 politiſche
Zeitungen und eine Handelszeitung. 1632 gründete der
Poſtmeiſter Friſchmann in Berlin die „Staatezeitung“.
Die erſte regelmäß ige Zeitung erhielt Berlin 1655 durch
den Buchböndler Chriſttan Pauge; 1677 entſtanden der
„Poſtillon“ und „Die Zeitungsfama.“ Das erſte Zei-
tungsverkot für Berlin datirt aus dem Jahre 1672
(aus politiſchen Urſachen“).
(Ein eiſernes Halsband). Unter den Sehens-
würdigkeiten des Friedensſaalts in Münſter befindet ſich
die Nachbeldung eines eiſernen Halsbandes, mit welchem
es folzende Bewardtniß bat. Der Ritter Gerhard von
Haaren war im Jahre 1547 von dem Edlen Lambert
von Oer gröblich beleidigt worden, ſo daß er ihm Rache
ſchwor. Als nun ſein Gegner an einem Sonntage ſich
nach Lüdinghauſen zur Meſſe begab, überfiel ihn Ritter
Gerhard und warf ihm ein ſchweres eiſernes Halsband
um den Hals, welches in Rürnberg gefertigt und ſo
eingerichtet war, daß es, einmal ineinandergeklappt, nicht
mehr geöffnet werden konnte. Darauf ließ er ihn wie-
der frei. Alle Verſuche, das Band zu offnen, waren
erfolzlos, bis ſich endlich ein Schmied zu Münſter,
Meiſter Thiel Schnoll, zur Sprengung deſſelben erbot.
Lambert von Oer mußte nun ſeinen Kopf auf dem Am-
bos legen, und mit drei Schlägen zerſprengte der Mei-
ſter auch wirklich das Band, ohne den Ritter erheblich
zu beſchädigen. Das Original der gefährlichen Hals-
kreuſe wird auf dem Stammgut der Familie von Oer
aufbewahrt.
(Unſerer lieben Frauen Brüder zu Straß-
burg.) Als die Stadt Straßburg die Liehen⸗Frauen-
Brüder wegen ihres ärgerlichen Lebens verjagt hatte und
von Kaiſer Karl V. dehhalb zur Verantwortung gezogen
wurde, ſchickte ſie den Gelehrten Sturm an den Kaiſer.
Dieſer ließ den Abgeordneten vor ſich kommen und
frogte mit ſehr ernſthaftem Geſicht, was die Stadt zu
einer ſolchen Gewaltthätigkeit gegen die Brüder hewogen
babe? — „Herr Kaiſer“, antwortete Sturm, „ſo lange
ſie unſerer lieben Frauen Brüder waren und thaten,
was richt und billig iſt, haben wir ſie gern geduldet,
und ihnen nichts Leides gethan; da ſie aber unſerer
lieben Frauen Männer wurden, wußten wir uns nicht
anders zu belfen, als daß wir ſie zum Thore binaus-
jagten.“ Das zwang dem Kaiſer ein Lächeln ab und
die Stadt wurde begnadigt. 2 ö