Kundgebungen den Weg gewiesen, ihre Stimmen, ohne
ihren streng kirchlichen Anschauungen zuwider zu handeln,
in vaterländischem Sinne abzugeben, konservativen und
gemäßigt Liberalen unter den Katholiken, die bisher im
guten Glauben, die Interessen ihrer Kirche zu vertheidigcn,
sich zum Centrum gehalten hatten, wurden die Augen ge-
öffnet durch das Bündniß, welches in mehreren Wahlkreisen
die Führer der Centrumspartei mit Demokraten und Deutsch-
freisinnigen abgeschlossen hatten. Die Stimmen auch
dieser katholischen Männer dürfen wir als
dauernd für die vaterländische Sache gewon-
nen betrachten. So dürfen wir denn auf den 21.
Februar zurückblicken mit dem guten Vertrauen, daß er den
Ausgangspunkt einer besseren Zeit bezeichne, einer Zeit, in
der alle aufrichtigen Patrioten, unbehindert durch die Ver-
schiedenheit der Parteimeinung und des Glaubensbekennt-
nisses, sich zu einträchtigem Zusammenwirken die Hände
reichen werden, wenn es gilt, das Wohl des großen deut-
schen Vaterlandes zu fördern und entschlossen einzutreten
für Kaiser und Reich.
Deutsches Reich.
Karlsruhe, 23. Febr. (Amtlich.) Se. König!. Hoh-
der Großherzog haben dem Privatdoeenten Dr. Arthur
Kleinschmidt an der Universität Heidelberg den Charakter
als außerordentlicher Professor verliehen, sowie den Be-
zirksarzt Robert Rehmann in Lörrach zum Bezirksarzt in
Pforzheim ernannt.
Berlin, 23.Febr. Der Reichs-Anzeiger Publi-
city die Einberufung des Reichstags auf den
3. März. — Der Kaiser conferirte heute mit dem
Fürsten Bismarck.
Berlin, 23. Febr. Bisher bekannt 3 59 Ergeb-
nisse der Wahlen vom Montag, darunter 49 vor-
läufige, welche also durch Stichwahlen entschieden werden
müssen. In den übrigen 296 Fällen haben die Na-
tion« lli b e r alen 9 0, die Conservativen 59, die Frei-
conservativen 29, also die Kartellparteien zusam-
men bis jetzt 178 Sitze erworben. Aus 18 sicheren
Kreisen der nationalen (zumeist conservativen) Richtung
fehlen noch die Nachrichten. In den 49 Stichwahlen stehen
45 Mal die Vertreter des Kartells den Oppositionellen
gegenüber, dreimal ringen die letztern unter sich selbst, ein-
mal (Schwerin) gegen die Nationalliberalen mit den Con-
servativen zur engeren Wahl. Darf man sich auch nicht
allzuviel von den Stichwahlen versprechen, so läßt sich die
Mehrheit des Kartells doch auf ungefähr 205—210
Stimmen vorausberechnen. Die Mehrheit für das
Septennat darf ziemlich hoch geschätzt werden. Außer den
oben bezeichneten Partei-Angehörigen sind gewählt 1 Libe-
raler, 1 klerikaler „Wilder", — beide für das Septennat,
dann im Bereich der Opposition: 84 Ultramontane, 10
Freisinnige, 12 Polen, 2 Welfen, 15 Franzosen, 6 Socia-
listen, zusammen also bis jetzt 120 an der Zahl.
Berlin, 23. Febr. (Abgeordnetenhaus.) Bei
Beraihung des Cultusetats erklärt Windthorst, das
Centrum werde Angesichts der neuen Kirchenvorlage prin-
zipielle Beschwerden vorläufig unterlassen. Der Kultus-
minister erklärt auf eine diesbezügliche Klage von Ostro-
wicz: Bei der Versetzung polnischer Lehrer handle
es sich um eine politische Maßregel. Eingriffe in Persön-
liche Verhältnisse waren unvermeidlich, die Verwaltung habe
aber jede mögliche Erleichterung gewährt, Zulagen an in
polnische Stellen versetzte deutsche Lehrer seien nur vorüber-
gehend gewährt worden. Die Verwaltung werde nach wie
vor Gerechtigkeit walten lassen und jede Härte zu mildern
suchen. Der Gehalt des altkatholischen Bischofs
wird, nachdem v. Schorlemer namentliche Abstimmung be-
antragte, mit den Stimmen der Conservativen, National-
liberalen und eines Theiles der Freisinnigen bewilligt.
Qesterreichische Monarchie.
Wien, 23.Februar. Der Sieg der reichstreuen
Parteien in Deutschland hat hier einen günstigen Umschwung
in der öffentlichen Stimmung hervorgebracht. Mehrere Blätter
scheinen ihre Neigung zur Parteinahme für den zerriebenen
„Freisinn" aufzugeben. Nur die „NeueFreie Presse" und
die „Wiener Allgemeine Zeitung" jammern. Erstere sucht
den Sieg der Reichsfreunde durch den Hinweis auf Berlin,
die Socialdemokraten und einen antisemitischen Rechtsan-
walt sowie auf die Elsässer und die geringen Verluste des
Centrums zu schmälern und beklagt als seltsamen Wider-
spruch, daß Fürst Bismarck die freisinnige Partei, welche
der Vertreter der Bourgeoisie, und die Socialdemokraten,
welche die Todfeinde der Bourgeoisie seien, über denselben
Leisten schlage. Das „Fremdenblatt" sieht alle patrioti-
schen Elemente um die Kaiserstandarte geschart. Der
Massenübertritt der Freisinnigen in das Lager der National-
liberalen, der ohne Preisgebung freisinniger Grundsätze zu
erreichen war, habe die Partei Richter zu einem Häuflein
zusammengeschmolzen, dessen Bündniß keiner andern Partei
mehr verlockend erscheinen könne. Das elsässische Votum
mahne die Reichsregieruug zu verschärfter Wachsamkeit.
Kabls und Antoine seien schlechte Bürgen für das Ver-
halten der Grenzmark in dieser gefahrvollen Zeit. Elsaß-
Lothringen werde jetzt die erstrebte Autonomie vergebens
erwarten. Das Centrum werde, wenn es auch das bis-
herige Gebiet, doch nicht die bisherige Stellung im Reichs-
tage behaupten, nachdem die kirchenpolitische Vorlage das
herzliche Einvernehmen der Regierung und der Curie dar-
gethan habe.
Au s l a n d.
Paris, 23. Februar. Nach den bis jetzt vorliegenden
Ergebnissen der deutschen Reichstagswahlen
h alten d ie Z eitung en den Sieg des Fürsten
Bismarck für gesichert. Die „Debats" meinen, wenn
die Gegner des Fürsten Bismarck auch den Sieg davonge-
tragen haben würden, so würde .die Regierung selbst ohne
Genehmigung des Reichstages die Heeresverstärkung durch-
geführt haben, nnd anderseits wäre dann für Deutschland
die Versuchung groß gewesen, jenseits der Grenze einen
Ableiter für die inneren Kämpfe zu suchen. Trotz der
furchtbaren Mittel, deren sich die Agitation bedient habe,
sei es auf jeden Fall für den Frieden Europas
besser, daß das Septennat ihn herbeigeführt
habe, wenn es auch für die Ruhe Europas besser ge-
wesen wäre, wenn er nicht durch solche Mittel gesichert
worden wäre. — Der „Siecle" sagt, Deutschland habe sich
im Hinblick auf das französische Gespenst, das vor ihm
heraufbeschworen worden, aufgerafft, und der schrecklichste
Druck allein habe dem Fürsten Bismarck eine günstige
Mehrheit gegeben. Europa werde nicht weniger von Be-
unruhigungen heimgesucht werden, wenn das Septennat
auch angenommen sei. Die „Republigne Fraiitzaise" sagt:
Es ist unmöglich, daß wir uns nicht bewegt vor dem
großen Vorbilde stoischer Treue beugen, welches die uns
mit Gewalt entrissenen Provinzen französischer Nationa-
lität wiederum gegeben haben. Die Deutschen konnten
ihren Bewohnern das Land, aber nicht das patriotische
Herz fortnehmen. Wir können die Selbstverleugnung nicht
so weit treiben, daß wir die Deutschen beglückwünschen,
wenn wir sie dieselben gewinnen sehen, und es ist nicht
unsere Sache, daß die Deutschen sie sich unwiderruflich
immer mehr entfremden. Ohne jeden Gedanken der Her-
ausforderung senden wir unfern Gruß und den Zoll unse-
rer Hochachtung so vielen Franzosen, die unentwegt diesel-
ben und der Furcht der Verführung unzugänglich geblieben
sind. — Die „Justice" sagt, einer Prophezeiung zufolge,
die Victor Hugo in Bordeaux ausgesprochen, sei es mög-
lich, daß das siegreiche Deutschland ein Reich der Knecht-
schaft, die Roheit der Cascrne, ein Parlament, welches
durch die Einkerkerung der Redner gemildert werde und
einen Kaiser von militärischer Macht und von göttlichem
Rechte besitze, aber es gebe etwas auf der Welt, was es
nie besitzen werde, nämlich die Herzen der einverleibten
französischen Bevölkerung. Die Feststellung dieser That-
sache durch den Ausfall der Wahlen genüge den Franzosen.
— Der „Figaro" erblickt in der Mehrheit für das Septennat
den Beweis dafür, daß das deutsche Volk den Frieden will
und hofft, daß Fürst Bismarck auf den Wunsch des Volkes
hören werde. — Der „Rappel" ruft aus, die Elsaß-Lothrin-
ger hätten dem kaiserlichen Statthalter, Fürsten v. Hohen-
lohe, geantwortet: „Wir können Deutsche der Thatsache
nach sein, aber niemals Deutsche dem Herzen nach!" —
Der orleanistische „Soleil" tröstet sich über den Sieg der
deutschen Regierung mit dem Bemerken, derselbe könne in
Anbetracht der aufgewandten Mittel nicht überraschen.
Uebrigens würfen die Mißerfolge in Berlin und in dem
Reichslande einen Schatten über diesen Sieg. „Wir geben
einfach die Thatsachen wieder, unsere Leser werden aus
denselben ihre Schlüsse ziehen; die Zahlen sprechen beredter
als wir." — Der Jntransigeant und die anderen social-
demokratischen Blätter glauben die deutsche Socialdemo-
kratie Zu ihrem Erfolg beglückwünschen zu dürfen. Das
streitbare Deutschland werde in dem großen internationalen
Kampf um die Befreiung der Arbeit, der das Ende unseres
Jahrhunderts bereichern werde, eine hervorragende Nolle
spielen. — Auf Anordnung des Staatsanwalts und auf
Grund des Artikel 84 des Strafgesetzbuches wurde heute
der Direktor des Blattes „Revanche" verhaftet.
London, 23. Febr. Die „Times" sagt: „Dasdeut-
sche Volk, gefragt, ob cs ein Parlamentsheer oder ein
Reichsheer vorziehe, wählte unweigerlich und entschieden das
Reichsheer und das bedeutet augenblicklich ganz bestimmt
den Frieden." Der „Standard" sagt, indem er die Ver-
stärkung der reichstreucn Parteien hervorhebt, Fürst Bis-
mark und Graf Moltke haben Deutschland stark ge-
macht, während das Parlament, wenn es freie Hand ge-
habt hätte, Deutschland verkrüppelt hätte. Aber das gro-
ße Werk kann noch zerstört werden und bei dem geringsten
Zeichen deutscher Schwäche werden die russischen und die
französischen Geier die Jagdbeute Vertheilen. Alle Blätter
beleuchten das gefährliche Anwachsen der Socialdemokratie,
sowie anderseits die Uebcrschätzung der Macht des Papstes,
da doch die deutschen Centrumsführer die Politik besser zu
verstehen glauben, als der heilige Vater.
Amsterdam, 23. Febr. Nachdem seit dem 19. ds.,
dem Geburtstag des Königs, mehrfache Reib ereien zwi-
schen der Arbeiterbevölkerung und den Social-
demokraten staltgefunden hatten, kam es in der letzten
Nacht zu erheblicheren Ruhestörungen. Anti-socialistische
Arbeiter zogen unter dem Rufe: Es lebe der König! nach
einem Local, wo zahlreiche Socialdemokraten zusammen
waren. Hier kam es zu einem Zusammenstoß zwischen den
Anhängern beider Parteien, welchen die Polizei mit großer
Mühe unterdrückte. Mehrere Verhaftungen wurden vor-
genommen. Die Zahl der Verwundeten, welche noch nicht
feststeht, wird auf 23 angegeben; darunter sind 5 Schwer-
verwundete, die ins Hospital gebracht wurden.
Aus Stadt und Land.
** Heidelberg, 24. Febr. In der gestern Nachmittag unter dem
Vorsitz des Herrn Oberbürgermeister Dr. Wilckens stattgehabten
Sitzung des Bürgerausschusses, zu welcher sich 87 Mitglieder
des Collegiums eingefunden hatten, bildete die Ber atbung des
Voranschlags der städtischen Kassen für 1887 den einzig- n Gegen-
stand der Tagesordnung. Wir haben ans dem Voranschlag in
früheren Nrn. d. Bl. Dasjenige bereits mitgetheilt, was uns von
einem allgemeineren Interesse erschien und beichränken uns daher
heute auf eine Berichterstattung über den Gang der Discuision.
Zunächst bemerkte der Stellvertreter des Obmanns des Stadt-
verordnetenvorstandes, Herr C. Pirsch, daß der Stadtverordneten-
vorstand versläikt durch eine Anzahl weiterer Stadtverordneter
in zwei Sitzungen den Voranschlag geprüft nnd sich im Großen
und Ganzen mit demselben einverstanden erklärt habe. Auf einige
Punkte werde er bei der heutigen Berathung zurUckkomme». Hr.
C. Ditteney wies, vor Eintritt in die Beraihung, darauf hin,
daß die Umlage allerdings um 2 Pfg. herabgesetzt worden fei.
Bei Einführung des Octrois sei aber gesagt worden, daß der
Ertrag der Verbrauchssteuer unter allen Umständen zur
sctzung der Umlage verwendet werden solle. Nun sei aber m
Einnahme aus dem Octroi auch zu Zwecken verwendet worben,
die nicht allein unserer Generation, sondern auch unfern NE
kommen zu Gute kommen, die dazu auch etwas hätten beitragei
können. Er glaube, daß man die Umlage mindestens um 15,bis
17 Pfg. hätte hcrabsctzen können, wenn das Octroiergebniß bsON
verwendet würde. Der Vorsitzende erwidert, daß die Umlag
schon im Vorjahre um 10 Pfg., in diesem um 2, im Ganzen
also um 12 Pfg. seit Einführung der Verbrauchssteuer he>E
gesetzt worden sei, welche Ermäßigung dem bei Einführung be»
Octrois in Aussicht genommenen Ertrag desselben entspreche.
müsse den Stadtrath entschieden gegen den Vorwurf verwahren,
als sei die bei Einführung des Octrois gegebene Zusage, wona«
das Ergebnis; desselben im Wesentlichen zur Herabsetzung ber
Umlage verwendet werden solle, nicht erfüllt worden, klebrigen»
hoffe er, daß cs gelingen werde, die Umlage noch weiter herab-
zusetzen. Bei der hierauf folgenden Einzelbcrathnng bemerkte
Herr Pirsch, im Namen des Stadtverordnetenvorstandes, w»
wir hier ein für allemal bemerken, bei Einnahmen aus Trull-
hallen, daß in diesen nicht nur Sodawasser, sondern auch geißlitz
Getränke verabreicht würden, was nicht zulässig, worauf der Vor-
sitzende erwiderte, daß die Sache untersucht werden solle. Bel
den Ausgaben sprach Hr. Pirsch zu der die Unterhaltung U»b
Verbesserung von Wegen, Herstellung u. Unterhaltung von SckE
Häusern betreffenden Position die Erwartung ans, daß ein ent-
sprechender Betrag auch für die Errichtung von Schutzhäusche»
verwendet werde. Herr Kreisschulrath Strübe wünscht jedoch,
daß dieselben mehr Schutz gewähren möchten, als das jetzt z. B-
am Sprung ausgestellte. Herr Max Klingel bemerkt, daß da»
letztere vom Gemeinnützigen Verein errichtet worden sei und da»
für die Mängel, die sich dabei herausgestellt, Abhilfe getroffen
werde. Herr L. G a mber ist der Ansicht, daß die für die Lauer-
anstalt eingestellten Beträge in Wegfall kommen könnten, was
aber, wie der Vorsitzende darleqte, erst nach Ablauf des mit dem
jetzigen Lanerpächter abgeschlossenen Vertrags möglich; dann aber
wird der Stadtrath hieraus Bedacht nehmen. Eine längere Dis-
cnssion veranlaßte der zur Erweiterung des Stadtgarteus einge-
stellte Betrag von 600 bezw. die zur Vergrößerung des
Stadtgartens in Aussicht genommene Beseitigung des hinter
demselben hinziehenden Fußwegs. Herr Pirsch theiltc mit, daß
die Mehrheit des Stadtverordnetenvorstandes die Position zue
Annahme empfehle; in mehrfacher Beziehung falle cs, wie Redner
ausführt, beim Besuche des Gartens lästig, daß dicht hinter dem-
selben ein Fußweg hinziehe; es werde zwar anerkannt, daß die in der
Nähe Wohnenden denselben ungern verlieren, doch sei der durch dessen
Einziehung sich ergebende Umweg ein höchst geringfügiger. Der
Vorsitzende bringt die von Bewohnern des Rohrbacher Stadttheils
gegen die Beseitigung des Fußwegs beim Stadlrath cingereichte
Petition zur Kenntniß des Bürgerausschusses und weist gleichs
zeitig die in derselben enthaltene Behauptung, daß man sich bet
dem Beschluß, den Fußweg zu beseitigen, von Privatinteressen
habe leiten lassen, als mindestens sehr übereilt zurück. Indem
Redner den weiteren Inhalt der Petition entkräftet, weist auch
er u. A. darauf hin, daß die durch den Fußweg ermöglichte Weg-
ersparniß höchstens 8—10 Schritte betrage. Eine weitere Ein-
gabe gegen das Vorhaben sei ihm erst gestern von Herrn Rath
Fürst, Namens der Herren W. Köster, C. Müller z. Vicloriahotel
und Fabrikant Ehrhardt eingereicht worden, welche — im Falle
der Einziehung des Weges — eine EntschädignugSklage in Aus-
sicht stellt, da durch die Beseitigung des Fußwegs der Werth dec
Liegenschaften der Petenten geschädigt werd,.. Der Vorsitzende
weist demgegenüber darauf hin, daß eine solche Entschädigung nur
von Anwohnern eines Weges geltend gemacht werden könnte,
was hier nicht zutreffc. Der Sladtralh hätte den Antrag nicht
gestellt, wenn wirklich berechtigte Interessen verletzt würden; der
Weg möge für Einzelne eine Annehmlichkeit sein, anderseits
sei aber doch auch zu berücksichtigen, daß es sich darum handle,
den Aufenthalt in dem Stadtgarten, den zu errichten immerhin
Opfer erforderlich waren, der sich aber jetzt während des Som-
mers zu einem beliebten Sammelpunkt für Fremde nnd Ein-
heimische gestaltet habe, zu einem immer angenehmeren zu machen
und die noch vorhandenen Unzuträglichkeiten zu beseitigen. Herr
Professor Cantor glaubt, daß die meisten Unterzeichner der
Petition von Bewohnern des Rohrbacher Stadttheils mit dem
Wortlaut derselben nicht einverstanden und daß, wenn sie anders
abgefaßt gewesen wäre, sie weit mehr Unterzeichner gefunden
hätte. Von der Nothwendigkeit der Erweiterung des Stadt-
gartens sei er durch die heutigen Ausführungen nicht überzeugt
worden. Im weiteren sucht der Redner das Recht der Petenten
auf den gedachten Fußweg gewissermaßen als eiü Gewohnheits-
recht nachznweisen. Der Aufwand für den Stadtgarten stände,
namentlich wenn bei Berücksichtigung des zweiten Protestes auch
noch Entschädiguugskosten für die Stadt erwüchsen, außer allem
Verhältnis Herr C. Di t te n eh spricht für die Vorlage des
Stadtraths, worauf Herr Rath Leonhard die Aussichtslosig-
keit einer etwaigen Entschädigungsklage bei Beseitigung des Fuß-
weges nachweist. Herr Stadtrath Ammann führt aus, daß der
Fußweg gar nicht mehr seine ursprüngliche Richtung habe und
eine Zeitersparniß durch denselben kaum erzielt werde. Wer nicht
an den am Stadtgarten haltenden Droschken Vorbeigehen wolle,
könne ja seinen Weg durch den Stadtgarien nehmen, der den
ganzen Tag über geöffnet sei. Der s-tadtgarten sei nun einmal
erstellt, es handle sich darum, das Unternehmen, das durch die
Einziehung des Fußwegs an Ausdehnung gewinne, nach besten
Kräften zu uuterstützen. Die Position wird hierauf mit großer
Mehrheit angenommen. Herr Dr. Blum legt dem Stadtrath
deu Wunsch vor, für eine Vermehrung der öffentlichen Brunnen
im westlichen Stadttheil Sorge zu tragen. Der Vorsitzende sagt
zu, daß diese Frage in Erwägung gezogen werden solle, wobei
auch einige von Herrn Leim buch erwähnte Mißstände au eini-
gen Brunnen in der westlichen Hauptstraße berücksichtigt werde»
sollen. Hr. Dr. Vul Pius bringt die Anpflanzung des südliche»
Theiles des Bismarckplatzes zur Sprache. Der Vorsitzende be-
merkt, daß die gleichzeitige Anlage des Bismarckplatzes und
Wilhelmplatzes das Budget zu sehr belasten würde. Im In-
teresse eines möglichst raschen Verkaufs der städtischen Grundstücke
am Wilhelmplatz sollte letzterer zuerst angelegt werden. Herr
Pirsch bätet, die Berieselung der Pissoirs eiuzuführen, worauf
der Vorsitzende erwidert, daß die Angelegenheit der Stadtbau-
commissiou bereits zur Begutachtung übergeben worden sei. Ferner
sp icht Herr Pirsch den Wunsch au-, daß im nächsten Voran-
schlag die Herstellung eines Asphalttrottoirs vom Otto'schen Hause
bis zur Reichspost vorgesehen werden möge. Der Vorsitzende sagt
möglichste Berücksichtigung zu. Herr C. Ditteney wünscht
dringend, daß das Gelände des alten botanischen Gartens, welches
jetzt keinen schönen Anblick gewähre, mit einem ordentlichen Ver-
schlag versehen werde, worauf der Vorsitzende bemerkt, daß sich
der Stadtrath in dieser Sache auf's neue bei der Staatsbehörde
verwenden wolle. Im weiteren spricht Herr Pirsch für eine
bessere Anlegung der Straße am Viehhofplatz, sowie für die
Ueverbrückuug oder Tunelliruug der Römerstraße beim Bahn-
übergang. Der Vorsitzende weist auf die in letzterer Beziehung
vom Stadtrath bereits unternommenen Schritte hin, in Folge
deren wenigstens die gröbsten Mißstände bei dem dortigen Bahn-
übergang durch Einführung besonderer vergitterter Schlagbäume
für deu Fuß- und Wagenvcrkchr beseitigt worden seien. Im
klebrigen werde die Staatsbehörde wieder auf den bevorstehenden
Bahnhofumbau Hinweisen, der zudem nicht in allzu großer Ent-
fernung stehe, so daß eine Ausgabe von 18—20000 welche
die Aeuderuug au der Römerstraße erfordere, nicht geleistet wer-
den könne. Der Stadtrath wolle sich jedoch nochmals um Be-
seitigung der Mißstände bemühen. Herr C. Ditteney ist der
Ansicht, daß wir auf deu Bahnhofumbau nicht warten können.
Der Staat solle nur einstweilen einmal einen eisernen Steg er-
ihren streng kirchlichen Anschauungen zuwider zu handeln,
in vaterländischem Sinne abzugeben, konservativen und
gemäßigt Liberalen unter den Katholiken, die bisher im
guten Glauben, die Interessen ihrer Kirche zu vertheidigcn,
sich zum Centrum gehalten hatten, wurden die Augen ge-
öffnet durch das Bündniß, welches in mehreren Wahlkreisen
die Führer der Centrumspartei mit Demokraten und Deutsch-
freisinnigen abgeschlossen hatten. Die Stimmen auch
dieser katholischen Männer dürfen wir als
dauernd für die vaterländische Sache gewon-
nen betrachten. So dürfen wir denn auf den 21.
Februar zurückblicken mit dem guten Vertrauen, daß er den
Ausgangspunkt einer besseren Zeit bezeichne, einer Zeit, in
der alle aufrichtigen Patrioten, unbehindert durch die Ver-
schiedenheit der Parteimeinung und des Glaubensbekennt-
nisses, sich zu einträchtigem Zusammenwirken die Hände
reichen werden, wenn es gilt, das Wohl des großen deut-
schen Vaterlandes zu fördern und entschlossen einzutreten
für Kaiser und Reich.
Deutsches Reich.
Karlsruhe, 23. Febr. (Amtlich.) Se. König!. Hoh-
der Großherzog haben dem Privatdoeenten Dr. Arthur
Kleinschmidt an der Universität Heidelberg den Charakter
als außerordentlicher Professor verliehen, sowie den Be-
zirksarzt Robert Rehmann in Lörrach zum Bezirksarzt in
Pforzheim ernannt.
Berlin, 23.Febr. Der Reichs-Anzeiger Publi-
city die Einberufung des Reichstags auf den
3. März. — Der Kaiser conferirte heute mit dem
Fürsten Bismarck.
Berlin, 23. Febr. Bisher bekannt 3 59 Ergeb-
nisse der Wahlen vom Montag, darunter 49 vor-
läufige, welche also durch Stichwahlen entschieden werden
müssen. In den übrigen 296 Fällen haben die Na-
tion« lli b e r alen 9 0, die Conservativen 59, die Frei-
conservativen 29, also die Kartellparteien zusam-
men bis jetzt 178 Sitze erworben. Aus 18 sicheren
Kreisen der nationalen (zumeist conservativen) Richtung
fehlen noch die Nachrichten. In den 49 Stichwahlen stehen
45 Mal die Vertreter des Kartells den Oppositionellen
gegenüber, dreimal ringen die letztern unter sich selbst, ein-
mal (Schwerin) gegen die Nationalliberalen mit den Con-
servativen zur engeren Wahl. Darf man sich auch nicht
allzuviel von den Stichwahlen versprechen, so läßt sich die
Mehrheit des Kartells doch auf ungefähr 205—210
Stimmen vorausberechnen. Die Mehrheit für das
Septennat darf ziemlich hoch geschätzt werden. Außer den
oben bezeichneten Partei-Angehörigen sind gewählt 1 Libe-
raler, 1 klerikaler „Wilder", — beide für das Septennat,
dann im Bereich der Opposition: 84 Ultramontane, 10
Freisinnige, 12 Polen, 2 Welfen, 15 Franzosen, 6 Socia-
listen, zusammen also bis jetzt 120 an der Zahl.
Berlin, 23. Febr. (Abgeordnetenhaus.) Bei
Beraihung des Cultusetats erklärt Windthorst, das
Centrum werde Angesichts der neuen Kirchenvorlage prin-
zipielle Beschwerden vorläufig unterlassen. Der Kultus-
minister erklärt auf eine diesbezügliche Klage von Ostro-
wicz: Bei der Versetzung polnischer Lehrer handle
es sich um eine politische Maßregel. Eingriffe in Persön-
liche Verhältnisse waren unvermeidlich, die Verwaltung habe
aber jede mögliche Erleichterung gewährt, Zulagen an in
polnische Stellen versetzte deutsche Lehrer seien nur vorüber-
gehend gewährt worden. Die Verwaltung werde nach wie
vor Gerechtigkeit walten lassen und jede Härte zu mildern
suchen. Der Gehalt des altkatholischen Bischofs
wird, nachdem v. Schorlemer namentliche Abstimmung be-
antragte, mit den Stimmen der Conservativen, National-
liberalen und eines Theiles der Freisinnigen bewilligt.
Qesterreichische Monarchie.
Wien, 23.Februar. Der Sieg der reichstreuen
Parteien in Deutschland hat hier einen günstigen Umschwung
in der öffentlichen Stimmung hervorgebracht. Mehrere Blätter
scheinen ihre Neigung zur Parteinahme für den zerriebenen
„Freisinn" aufzugeben. Nur die „NeueFreie Presse" und
die „Wiener Allgemeine Zeitung" jammern. Erstere sucht
den Sieg der Reichsfreunde durch den Hinweis auf Berlin,
die Socialdemokraten und einen antisemitischen Rechtsan-
walt sowie auf die Elsässer und die geringen Verluste des
Centrums zu schmälern und beklagt als seltsamen Wider-
spruch, daß Fürst Bismarck die freisinnige Partei, welche
der Vertreter der Bourgeoisie, und die Socialdemokraten,
welche die Todfeinde der Bourgeoisie seien, über denselben
Leisten schlage. Das „Fremdenblatt" sieht alle patrioti-
schen Elemente um die Kaiserstandarte geschart. Der
Massenübertritt der Freisinnigen in das Lager der National-
liberalen, der ohne Preisgebung freisinniger Grundsätze zu
erreichen war, habe die Partei Richter zu einem Häuflein
zusammengeschmolzen, dessen Bündniß keiner andern Partei
mehr verlockend erscheinen könne. Das elsässische Votum
mahne die Reichsregieruug zu verschärfter Wachsamkeit.
Kabls und Antoine seien schlechte Bürgen für das Ver-
halten der Grenzmark in dieser gefahrvollen Zeit. Elsaß-
Lothringen werde jetzt die erstrebte Autonomie vergebens
erwarten. Das Centrum werde, wenn es auch das bis-
herige Gebiet, doch nicht die bisherige Stellung im Reichs-
tage behaupten, nachdem die kirchenpolitische Vorlage das
herzliche Einvernehmen der Regierung und der Curie dar-
gethan habe.
Au s l a n d.
Paris, 23. Februar. Nach den bis jetzt vorliegenden
Ergebnissen der deutschen Reichstagswahlen
h alten d ie Z eitung en den Sieg des Fürsten
Bismarck für gesichert. Die „Debats" meinen, wenn
die Gegner des Fürsten Bismarck auch den Sieg davonge-
tragen haben würden, so würde .die Regierung selbst ohne
Genehmigung des Reichstages die Heeresverstärkung durch-
geführt haben, nnd anderseits wäre dann für Deutschland
die Versuchung groß gewesen, jenseits der Grenze einen
Ableiter für die inneren Kämpfe zu suchen. Trotz der
furchtbaren Mittel, deren sich die Agitation bedient habe,
sei es auf jeden Fall für den Frieden Europas
besser, daß das Septennat ihn herbeigeführt
habe, wenn es auch für die Ruhe Europas besser ge-
wesen wäre, wenn er nicht durch solche Mittel gesichert
worden wäre. — Der „Siecle" sagt, Deutschland habe sich
im Hinblick auf das französische Gespenst, das vor ihm
heraufbeschworen worden, aufgerafft, und der schrecklichste
Druck allein habe dem Fürsten Bismarck eine günstige
Mehrheit gegeben. Europa werde nicht weniger von Be-
unruhigungen heimgesucht werden, wenn das Septennat
auch angenommen sei. Die „Republigne Fraiitzaise" sagt:
Es ist unmöglich, daß wir uns nicht bewegt vor dem
großen Vorbilde stoischer Treue beugen, welches die uns
mit Gewalt entrissenen Provinzen französischer Nationa-
lität wiederum gegeben haben. Die Deutschen konnten
ihren Bewohnern das Land, aber nicht das patriotische
Herz fortnehmen. Wir können die Selbstverleugnung nicht
so weit treiben, daß wir die Deutschen beglückwünschen,
wenn wir sie dieselben gewinnen sehen, und es ist nicht
unsere Sache, daß die Deutschen sie sich unwiderruflich
immer mehr entfremden. Ohne jeden Gedanken der Her-
ausforderung senden wir unfern Gruß und den Zoll unse-
rer Hochachtung so vielen Franzosen, die unentwegt diesel-
ben und der Furcht der Verführung unzugänglich geblieben
sind. — Die „Justice" sagt, einer Prophezeiung zufolge,
die Victor Hugo in Bordeaux ausgesprochen, sei es mög-
lich, daß das siegreiche Deutschland ein Reich der Knecht-
schaft, die Roheit der Cascrne, ein Parlament, welches
durch die Einkerkerung der Redner gemildert werde und
einen Kaiser von militärischer Macht und von göttlichem
Rechte besitze, aber es gebe etwas auf der Welt, was es
nie besitzen werde, nämlich die Herzen der einverleibten
französischen Bevölkerung. Die Feststellung dieser That-
sache durch den Ausfall der Wahlen genüge den Franzosen.
— Der „Figaro" erblickt in der Mehrheit für das Septennat
den Beweis dafür, daß das deutsche Volk den Frieden will
und hofft, daß Fürst Bismarck auf den Wunsch des Volkes
hören werde. — Der „Rappel" ruft aus, die Elsaß-Lothrin-
ger hätten dem kaiserlichen Statthalter, Fürsten v. Hohen-
lohe, geantwortet: „Wir können Deutsche der Thatsache
nach sein, aber niemals Deutsche dem Herzen nach!" —
Der orleanistische „Soleil" tröstet sich über den Sieg der
deutschen Regierung mit dem Bemerken, derselbe könne in
Anbetracht der aufgewandten Mittel nicht überraschen.
Uebrigens würfen die Mißerfolge in Berlin und in dem
Reichslande einen Schatten über diesen Sieg. „Wir geben
einfach die Thatsachen wieder, unsere Leser werden aus
denselben ihre Schlüsse ziehen; die Zahlen sprechen beredter
als wir." — Der Jntransigeant und die anderen social-
demokratischen Blätter glauben die deutsche Socialdemo-
kratie Zu ihrem Erfolg beglückwünschen zu dürfen. Das
streitbare Deutschland werde in dem großen internationalen
Kampf um die Befreiung der Arbeit, der das Ende unseres
Jahrhunderts bereichern werde, eine hervorragende Nolle
spielen. — Auf Anordnung des Staatsanwalts und auf
Grund des Artikel 84 des Strafgesetzbuches wurde heute
der Direktor des Blattes „Revanche" verhaftet.
London, 23. Febr. Die „Times" sagt: „Dasdeut-
sche Volk, gefragt, ob cs ein Parlamentsheer oder ein
Reichsheer vorziehe, wählte unweigerlich und entschieden das
Reichsheer und das bedeutet augenblicklich ganz bestimmt
den Frieden." Der „Standard" sagt, indem er die Ver-
stärkung der reichstreucn Parteien hervorhebt, Fürst Bis-
mark und Graf Moltke haben Deutschland stark ge-
macht, während das Parlament, wenn es freie Hand ge-
habt hätte, Deutschland verkrüppelt hätte. Aber das gro-
ße Werk kann noch zerstört werden und bei dem geringsten
Zeichen deutscher Schwäche werden die russischen und die
französischen Geier die Jagdbeute Vertheilen. Alle Blätter
beleuchten das gefährliche Anwachsen der Socialdemokratie,
sowie anderseits die Uebcrschätzung der Macht des Papstes,
da doch die deutschen Centrumsführer die Politik besser zu
verstehen glauben, als der heilige Vater.
Amsterdam, 23. Febr. Nachdem seit dem 19. ds.,
dem Geburtstag des Königs, mehrfache Reib ereien zwi-
schen der Arbeiterbevölkerung und den Social-
demokraten staltgefunden hatten, kam es in der letzten
Nacht zu erheblicheren Ruhestörungen. Anti-socialistische
Arbeiter zogen unter dem Rufe: Es lebe der König! nach
einem Local, wo zahlreiche Socialdemokraten zusammen
waren. Hier kam es zu einem Zusammenstoß zwischen den
Anhängern beider Parteien, welchen die Polizei mit großer
Mühe unterdrückte. Mehrere Verhaftungen wurden vor-
genommen. Die Zahl der Verwundeten, welche noch nicht
feststeht, wird auf 23 angegeben; darunter sind 5 Schwer-
verwundete, die ins Hospital gebracht wurden.
Aus Stadt und Land.
** Heidelberg, 24. Febr. In der gestern Nachmittag unter dem
Vorsitz des Herrn Oberbürgermeister Dr. Wilckens stattgehabten
Sitzung des Bürgerausschusses, zu welcher sich 87 Mitglieder
des Collegiums eingefunden hatten, bildete die Ber atbung des
Voranschlags der städtischen Kassen für 1887 den einzig- n Gegen-
stand der Tagesordnung. Wir haben ans dem Voranschlag in
früheren Nrn. d. Bl. Dasjenige bereits mitgetheilt, was uns von
einem allgemeineren Interesse erschien und beichränken uns daher
heute auf eine Berichterstattung über den Gang der Discuision.
Zunächst bemerkte der Stellvertreter des Obmanns des Stadt-
verordnetenvorstandes, Herr C. Pirsch, daß der Stadtverordneten-
vorstand versläikt durch eine Anzahl weiterer Stadtverordneter
in zwei Sitzungen den Voranschlag geprüft nnd sich im Großen
und Ganzen mit demselben einverstanden erklärt habe. Auf einige
Punkte werde er bei der heutigen Berathung zurUckkomme». Hr.
C. Ditteney wies, vor Eintritt in die Beraihung, darauf hin,
daß die Umlage allerdings um 2 Pfg. herabgesetzt worden fei.
Bei Einführung des Octrois sei aber gesagt worden, daß der
Ertrag der Verbrauchssteuer unter allen Umständen zur
sctzung der Umlage verwendet werden solle. Nun sei aber m
Einnahme aus dem Octroi auch zu Zwecken verwendet worben,
die nicht allein unserer Generation, sondern auch unfern NE
kommen zu Gute kommen, die dazu auch etwas hätten beitragei
können. Er glaube, daß man die Umlage mindestens um 15,bis
17 Pfg. hätte hcrabsctzen können, wenn das Octroiergebniß bsON
verwendet würde. Der Vorsitzende erwidert, daß die Umlag
schon im Vorjahre um 10 Pfg., in diesem um 2, im Ganzen
also um 12 Pfg. seit Einführung der Verbrauchssteuer he>E
gesetzt worden sei, welche Ermäßigung dem bei Einführung be»
Octrois in Aussicht genommenen Ertrag desselben entspreche.
müsse den Stadtrath entschieden gegen den Vorwurf verwahren,
als sei die bei Einführung des Octrois gegebene Zusage, wona«
das Ergebnis; desselben im Wesentlichen zur Herabsetzung ber
Umlage verwendet werden solle, nicht erfüllt worden, klebrigen»
hoffe er, daß cs gelingen werde, die Umlage noch weiter herab-
zusetzen. Bei der hierauf folgenden Einzelbcrathnng bemerkte
Herr Pirsch, im Namen des Stadtverordnetenvorstandes, w»
wir hier ein für allemal bemerken, bei Einnahmen aus Trull-
hallen, daß in diesen nicht nur Sodawasser, sondern auch geißlitz
Getränke verabreicht würden, was nicht zulässig, worauf der Vor-
sitzende erwiderte, daß die Sache untersucht werden solle. Bel
den Ausgaben sprach Hr. Pirsch zu der die Unterhaltung U»b
Verbesserung von Wegen, Herstellung u. Unterhaltung von SckE
Häusern betreffenden Position die Erwartung ans, daß ein ent-
sprechender Betrag auch für die Errichtung von Schutzhäusche»
verwendet werde. Herr Kreisschulrath Strübe wünscht jedoch,
daß dieselben mehr Schutz gewähren möchten, als das jetzt z. B-
am Sprung ausgestellte. Herr Max Klingel bemerkt, daß da»
letztere vom Gemeinnützigen Verein errichtet worden sei und da»
für die Mängel, die sich dabei herausgestellt, Abhilfe getroffen
werde. Herr L. G a mber ist der Ansicht, daß die für die Lauer-
anstalt eingestellten Beträge in Wegfall kommen könnten, was
aber, wie der Vorsitzende darleqte, erst nach Ablauf des mit dem
jetzigen Lanerpächter abgeschlossenen Vertrags möglich; dann aber
wird der Stadtrath hieraus Bedacht nehmen. Eine längere Dis-
cnssion veranlaßte der zur Erweiterung des Stadtgarteus einge-
stellte Betrag von 600 bezw. die zur Vergrößerung des
Stadtgartens in Aussicht genommene Beseitigung des hinter
demselben hinziehenden Fußwegs. Herr Pirsch theiltc mit, daß
die Mehrheit des Stadtverordnetenvorstandes die Position zue
Annahme empfehle; in mehrfacher Beziehung falle cs, wie Redner
ausführt, beim Besuche des Gartens lästig, daß dicht hinter dem-
selben ein Fußweg hinziehe; es werde zwar anerkannt, daß die in der
Nähe Wohnenden denselben ungern verlieren, doch sei der durch dessen
Einziehung sich ergebende Umweg ein höchst geringfügiger. Der
Vorsitzende bringt die von Bewohnern des Rohrbacher Stadttheils
gegen die Beseitigung des Fußwegs beim Stadlrath cingereichte
Petition zur Kenntniß des Bürgerausschusses und weist gleichs
zeitig die in derselben enthaltene Behauptung, daß man sich bet
dem Beschluß, den Fußweg zu beseitigen, von Privatinteressen
habe leiten lassen, als mindestens sehr übereilt zurück. Indem
Redner den weiteren Inhalt der Petition entkräftet, weist auch
er u. A. darauf hin, daß die durch den Fußweg ermöglichte Weg-
ersparniß höchstens 8—10 Schritte betrage. Eine weitere Ein-
gabe gegen das Vorhaben sei ihm erst gestern von Herrn Rath
Fürst, Namens der Herren W. Köster, C. Müller z. Vicloriahotel
und Fabrikant Ehrhardt eingereicht worden, welche — im Falle
der Einziehung des Weges — eine EntschädignugSklage in Aus-
sicht stellt, da durch die Beseitigung des Fußwegs der Werth dec
Liegenschaften der Petenten geschädigt werd,.. Der Vorsitzende
weist demgegenüber darauf hin, daß eine solche Entschädigung nur
von Anwohnern eines Weges geltend gemacht werden könnte,
was hier nicht zutreffc. Der Sladtralh hätte den Antrag nicht
gestellt, wenn wirklich berechtigte Interessen verletzt würden; der
Weg möge für Einzelne eine Annehmlichkeit sein, anderseits
sei aber doch auch zu berücksichtigen, daß es sich darum handle,
den Aufenthalt in dem Stadtgarten, den zu errichten immerhin
Opfer erforderlich waren, der sich aber jetzt während des Som-
mers zu einem beliebten Sammelpunkt für Fremde nnd Ein-
heimische gestaltet habe, zu einem immer angenehmeren zu machen
und die noch vorhandenen Unzuträglichkeiten zu beseitigen. Herr
Professor Cantor glaubt, daß die meisten Unterzeichner der
Petition von Bewohnern des Rohrbacher Stadttheils mit dem
Wortlaut derselben nicht einverstanden und daß, wenn sie anders
abgefaßt gewesen wäre, sie weit mehr Unterzeichner gefunden
hätte. Von der Nothwendigkeit der Erweiterung des Stadt-
gartens sei er durch die heutigen Ausführungen nicht überzeugt
worden. Im weiteren sucht der Redner das Recht der Petenten
auf den gedachten Fußweg gewissermaßen als eiü Gewohnheits-
recht nachznweisen. Der Aufwand für den Stadtgarten stände,
namentlich wenn bei Berücksichtigung des zweiten Protestes auch
noch Entschädiguugskosten für die Stadt erwüchsen, außer allem
Verhältnis Herr C. Di t te n eh spricht für die Vorlage des
Stadtraths, worauf Herr Rath Leonhard die Aussichtslosig-
keit einer etwaigen Entschädigungsklage bei Beseitigung des Fuß-
weges nachweist. Herr Stadtrath Ammann führt aus, daß der
Fußweg gar nicht mehr seine ursprüngliche Richtung habe und
eine Zeitersparniß durch denselben kaum erzielt werde. Wer nicht
an den am Stadtgarten haltenden Droschken Vorbeigehen wolle,
könne ja seinen Weg durch den Stadtgarien nehmen, der den
ganzen Tag über geöffnet sei. Der s-tadtgarten sei nun einmal
erstellt, es handle sich darum, das Unternehmen, das durch die
Einziehung des Fußwegs an Ausdehnung gewinne, nach besten
Kräften zu uuterstützen. Die Position wird hierauf mit großer
Mehrheit angenommen. Herr Dr. Blum legt dem Stadtrath
deu Wunsch vor, für eine Vermehrung der öffentlichen Brunnen
im westlichen Stadttheil Sorge zu tragen. Der Vorsitzende sagt
zu, daß diese Frage in Erwägung gezogen werden solle, wobei
auch einige von Herrn Leim buch erwähnte Mißstände au eini-
gen Brunnen in der westlichen Hauptstraße berücksichtigt werde»
sollen. Hr. Dr. Vul Pius bringt die Anpflanzung des südliche»
Theiles des Bismarckplatzes zur Sprache. Der Vorsitzende be-
merkt, daß die gleichzeitige Anlage des Bismarckplatzes und
Wilhelmplatzes das Budget zu sehr belasten würde. Im In-
teresse eines möglichst raschen Verkaufs der städtischen Grundstücke
am Wilhelmplatz sollte letzterer zuerst angelegt werden. Herr
Pirsch bätet, die Berieselung der Pissoirs eiuzuführen, worauf
der Vorsitzende erwidert, daß die Angelegenheit der Stadtbau-
commissiou bereits zur Begutachtung übergeben worden sei. Ferner
sp icht Herr Pirsch den Wunsch au-, daß im nächsten Voran-
schlag die Herstellung eines Asphalttrottoirs vom Otto'schen Hause
bis zur Reichspost vorgesehen werden möge. Der Vorsitzende sagt
möglichste Berücksichtigung zu. Herr C. Ditteney wünscht
dringend, daß das Gelände des alten botanischen Gartens, welches
jetzt keinen schönen Anblick gewähre, mit einem ordentlichen Ver-
schlag versehen werde, worauf der Vorsitzende bemerkt, daß sich
der Stadtrath in dieser Sache auf's neue bei der Staatsbehörde
verwenden wolle. Im weiteren spricht Herr Pirsch für eine
bessere Anlegung der Straße am Viehhofplatz, sowie für die
Ueverbrückuug oder Tunelliruug der Römerstraße beim Bahn-
übergang. Der Vorsitzende weist auf die in letzterer Beziehung
vom Stadtrath bereits unternommenen Schritte hin, in Folge
deren wenigstens die gröbsten Mißstände bei dem dortigen Bahn-
übergang durch Einführung besonderer vergitterter Schlagbäume
für deu Fuß- und Wagenvcrkchr beseitigt worden seien. Im
klebrigen werde die Staatsbehörde wieder auf den bevorstehenden
Bahnhofumbau Hinweisen, der zudem nicht in allzu großer Ent-
fernung stehe, so daß eine Ausgabe von 18—20000 welche
die Aeuderuug au der Römerstraße erfordere, nicht geleistet wer-
den könne. Der Stadtrath wolle sich jedoch nochmals um Be-
seitigung der Mißstände bemühen. Herr C. Ditteney ist der
Ansicht, daß wir auf deu Bahnhofumbau nicht warten können.
Der Staat solle nur einstweilen einmal einen eisernen Steg er-