verurteilten Somali am 12. Februar an Bord des
Dampfers Akola von Zanzibar nach Kismaju. Während
der Fahrt legte der Mörder vor dem General Matthews
und zweien Soldaten ein Gestäudniß ab; auch machte er
einen Versuch, sich ins Meer zu stürzen, wurde aber noch
rechtzeitig gehindert. Auf der Rheedc von Kismaju, wo
das Schiff am 15. anlangte, befand sich schon S. M. S.
Olga, Kommandant Corvetten-Capitäu Bendemann. Am
andern Morgen wurden die Soldaten des Sultans und
eine Abteilung von S. M. S. Olga ausgeschifft und die
Vorbereitungen zur Urteilsvollstreckung getroffen. Der
Richtplatz befand sich vor dem Hause, in welchem Dr.
Jühlke ermordet worden war, westlich nnd außerhalb des
Forts. Der wieder aus Zanzibar eingelroffene Mali von
Kismaju war mit allen seinen Offizieren und Mannschaften
zugegen; auch eine Anzahl Somalis und Einwohner von
Kismaju. Nachdem Kapitän Bendemann den Gefangenen
als den in Zanzibar überführten Mörder anerkannt hatte,
verlas General Matthews das Todesurteil und ließ das-
selbe auch in arabischer Sprache verlesen. Alsbald wurde
das Urtheil von einer Abteilung der Truppen des Sultans
vollstreckt. Die Leiche wurde den anwesenden Verwandten
übergeben. Die Somali-Bevölkerung verhielt sich vollkom-
men ruhig. Nach den Mitteilungen der Behörden hat das
Urtheil und seine rasche Vollstreckung einen nachhaltigen
Eindruck hinterlassen. Die beiden Schiffe kehrten nach
Zanzibar zurück.
Hambnrg, 9. April. Die Polizei beschlagnahmte ein
Lager socialdemokratischer Bücher und confiszirte
16 Centner. Sie verhaftete den Aufbewahrer derselben,
den Schwiegervater des ausgewiesenen Socialisten Grün-
berg. Die vorgefundenen Schriften wiesen Verbindungen
nach über ganz Deutschland und veranlaßten Haussuchungen
und Verhaftungen in Ilmenau, Einstedel, Eltville, Eupen,
Stettin, Königsberg, Mannheim und Pirmasenz.
Hier wurden 8 Personen, darunter der Berichterstatter
Steinfatt von der Bürgerzeitung, verhaftet.
Nürnberg, 11. April. Die heute hier stattgehabte
Sitzung des Landesausschusses der national-
liberalen Partei in Bayern r. Rh. war aus allen
Theilen des Landes stark besucht. Prof. Marquard-
sen gab einen Rückblick insbesondere auf die Reichstags-
wahlen. Betreffs der Landtagswahlen wurde eine
Resolution gefaßt, worin es heißt: Die Beseitigung
der gegenwärtigen ul tram o n ta n en Mehrheit
sei die natürlichste und wichtigste Aufgabe aller
nichtultramontanen Wähler; deshalb empfiehlt der Ausschuß
den Parteimitgliedern, ihre ganze Thätigkeit diesem Zwecke
zu widmen und zwar nach den Verhältnissen auch in Ver-
bindung mit anderen, das erwähnte Ziel gleichfalls ver-
folgenden Wählern und Parteien. Nach Erledigung interner
Vorlagen wurde die Versammlung mit einem Hoch auf das
Vaterland geschlossen.
Oesterreichische Monarchi e.
Wie«, 9. April. Prinz Reuß stattete gestern dem
Grafen Kalnoky einen längeren Besuch ab. — Graf
Monts trat eine Urlaubsreise nach Deutschland an.
— Dis beabsichtigte Ausrüstung eines größeren adriatischen
Uebungsgeschwaders unterbleibt. — Der Afrika-
Reisende Oscar Lenz ist heute hier eingetroffen.
Ausland.
Paris, 9. April. Frankreich hat bei der englischen
Regierung gegen ein gewaltsames Vorgehen gegen Hayti
Einspruch eingelegt. Großbritannien beansprucht gegen Zah-
lung einer Entschädigung von einer halben Million Dollars
an die Republik Hayti den Besitz der Tortugasinsel. —
Der Ministerrath berieth heute die Budgetfrage;
Boulanger, Aube und Millaud machten sich anheischig, in
ihren Ministerien alle möglichen Ersparnisse ausfindig zu
machen.
London, 9. April. Oberst King Harman ist zum
Parlaments-Untersekretär für Irland ernannt worden.
Petersburg, 9. April. Die Gesundheit der Kai-
serin von Rußland soll durch die Schicksalsschläge
der letzten Wochen: die Attentatsversuche, die Er-
krankung der Herzogin Thyra von Cumberland und
die ständige Besorgniß um das Leben ihres Gatten sehr
angegriffen sein. Man befürchtet ein ernstes Nerven-
leiden. — Gerüchtweise verlautet, daß circa 30 junge
Leute, darunter verschiedene Studenten, vor 4 Tagen aus
ihren Behausungen verschwanden, 'ohne daß es bisher
gelang, ihren jetzigen Unterschlupf aufzufinden. — Die
Attentäter vom 13. März d. I. sind nicht hingerichtet,
nur einer derselben ist todt; derselbe vergiftete sich gleich
nach seiner Verhaftung. — Nach einem Warschauer Bericht
polnischer Blätter hätte sich der Militärkommandant Gene-
ral Krack vergiftet, weil sein Sohn zu den wegen Mord-
anschlags auf den Czaren Verhafteten gehöre.
Petersburg, 9. April. Wie die Neue Zeit erfährt,
beabsichtigt das Finanzministerium, auch die in Rußland
ansässigen oder in russischen Handelshäusern und Fabriken
ungestellten Ausländer zu der neuen Steuer für Reise-
pässe ins Ausland heranzuziehen. Befreit bleibt jedoch, wer
zu einem nur dreimonatlichen Aufenthalt auf eine ihm ge-
hörige Besitzung im Auslande verreist. — Das Journal
de St. Petersburg bemerkt, daß der in einem Pariser
Blatte enthaltene Bericht über eine Unterredung, welche
ein Berichterstatter dieses Blattes jüngst mit einem hohen
Beamten des russischen Ministeriums des Auswärtigen (Jo-
mini) gehabt haben sollte, auf Erfindung beruhe. Das
Journal fügt hinzu, seine Leser wüßten, daß kein Staats-
mann für die Worte verantwortlich gemacht werden könne,
welche ihm in den Mund zu legen irgend einem Bericht-
erstatter beliebe. — Der Botschafter Fürst Lobanow
wurde vor seiner Rückreise nach Wien noch von dem Kaiser
empfangen, ebenso der Botschafter Graf Schuwalow.
Belgrad, 9. April. Der König empfing heute den
neuen italienischen Gesandten, Galvagna, zur Ueber-
reichung seines Beglaubigungsschreibens.
Aus Stadt und Land.
)( DkiLellurg, t2. April. Das waren herrliche, prächtige
Feiertage, die soeben hinter uns liegen In diesem Gefühl
wird Jtder, der während der schönen, sonnige» Tage aus seinen
vier Wänden hinausgeeilt war in die freie Natur, am heutige»
Tage sein gewohntes Tagewerk wieder anfgenommeu haben. Die
Höbe» unserer Umgebung zu beiden Seiten des Neckars waren
an beiden Festtagen von zahlreichen Spaziergängern — Einhei-
mischen wie auswärtigen Touristen — bevölkert, lieber Berg
nnd Thal wanderte Alt und Jung nnd freute sich deS überall
knospenden, schwellenden und sprießenden Lebens der wieder-
erwachende» Natur. Da draußen in der freien Natur,
inmitten des lebensprühenden, holden Frühlingszaubers kommt
sich der Mensch dann selber anferstandcn vor. Er athmet
auf wie nach der Erlösung von einem schweren, drückenden Bann.
Besonders angenehm und früklingsmild war der gestrige Nach-
mittag. Das vom Sladtorchester in der Schloßrcstaurntio» im
Freien veranstaltete Konzert hatte darum auch bereits eine zahl-
reiche Zuhörerschaft gefunden. Die Vegetation hat während der
beiden sonnigen Tage große Fortschritte gemacht. Am heutigen
Vormittag bemerkten wir auf der andern Seite des Neckars be-
reits einige blühende Mandelbäume. Möge es so schön und warm
bleiben, damit wir uns recht bald des schimmernden Blüthengc-
wandes unserer Umgebung erfreuen können,
X. Krideldcrz, 12. April. In der Nacht vom ersten znm
zweiten Osterscierrag sind in der Anlage die am dortigen Frcm-
dcnführerpavillon angebrachten meteorologischen Instrumente von
roher Hand zerstört worden. Leider ist der Urheber dieser
bubenhaften That bis jetzt unbekannt. Die werthvollcn Instru-
mente waren von Herrn Optikus I ung dem gemeinnützige»
Verein für den Pavillon unentgeltlich zur Verfügung gestellt.
Wie aus dem Jnseiateuthcil ersichtlich, sichert der gemeinnützige
Verein demjenigen eine Belohnung von 20 Mark zu,
welcher den Thäter so nachweist, daß seine gerichtliche Bestrafung
erfolgen kann. Hoffentlich gelingt es, den rohen Menschen recht
bald zu ermitteln. Es wäre höchst bedauertich, wenn solch' ein
Akt siechster Brutalität ungeahndet bleiben sollte.
O Keideldkrz, 12. April. In Nr. 177 des Franks. Journals
wird über eine besondere, keineswegs „berechtigte Eigenthümlich-
keit" Nürnbergs berichtet, indem die dort bestehende Kehricht-
abfnhr einer strengen Kritik unterworfen wird. Da auch die
Kehrichtabfuhr in hiesiger Stadt Manches zu wünschen übrig
läßt, so möge hier Einiges aus den Bemerkungen über die Nürn-
berger Verhältnisse zur Sprache gebracht werden. Es heißt da
u. A., daß in Nürnberg beim Abführen des Kehrichts, der Asche
rc. re. die Entleerung der Behälter von Haus zu Haus Wider-
wärtigen Geruch und Staub verursache, wodurch die Vorüber-
gehenden in höchstem Grads belästigt werden; außerdem wirble
der Staub auch in die obere Stockwerke, wenn die Fenster ge-
öffnet sind. — Wenn nun auch bei der Abfuhr so staubverur-
sacheuder Abfälle nicht alle Mißstände zu vermeiden sein werden,
so dürste doch wohl eine bedeutende Abhülfe insoferne geschaffen
werden können, als die Verlegung der Abfnhrzeit in die frühen
Morgenstunden erfolgt und den Fuhrleuten eine vorsichtige Ent-
leerung der gefüllten Ständer auf die Wagen zur Pflicht gemacht
wird. Sodann müßte gegen jeden Fuhrmann mit polizeilicher
Bestrafung vorgegangen werden, welcher — inan kann diese Uebel-
stände hier vielfach beobachte» — den Wagen übermäßig voll
ladet, oder den Deckel des Wagenkastens nicht vollständig schließt
und dann schließlich noch bei offenem Kasten im Trabe durch die
Straßen fährt. Die Abfuhr mit Wagen ohne schließbare Deckel,
ebenso das Verbringen von Bauschutt aus den Häusern behufs
Entleerung der Behälter auf Haufen in den Straßen, sollte über-
haupt nicht gestattet sein.
— AkiLrllur-, 12. April. Am letzten Samstag fiel das Kind
einer hiesigen Familie, welches nicht gehörig beaufsichtigt war, in
den Neckar. Es wurde von einem Vorübergehenden, dessen Name
unbekannt ist, herausgezogen, und so von dem Tode des Er-
trinkens gerettet- — Gestern Nachmittag zwischen "/,4—4 Uhr hat
im Stadtwalde, oberhalb der Wolfshöhle zwischen dem Fußweg
zum Rieseustcin und der Straße nach dem Neuhofe, ei» kleiner
Braud stattgefunden. Auf einer Fläche von etwa 25—26
Schritten Länge und 10 Schritten Breite wurde das Laub vom
Feuer gesengt, ohne daß ein weiterer Schade» entstanden ist.
Wie das Feuer hervorgerufen und gelöscht wurde, ist zur Zeit noch
unbekannt. — Ein Dienstmädchen, welches von einer auswärtigen
Behörde wegen Unterschlagung und Betrugs verfolgt wurde,
wurde gestern Nachmittag dahier verhaftet und ins Amtsgefäng-
nib verbracht.
F Keidrlderg, 12. Apcil. Von einer geradezu unglaublichen Zer-
störung s- und Randalirwuth waren zwei junge Leute
besessen, welche iu der Nacht vom Sonntag zu Montag in Wieb-
lingen allerlei Streiche verübten, die sich znm Thcil als wahre
Schaudthaten charakterisircn. Zunächst hoben sic in der dortigen
Darnmann'schen Gartcnwirtbschaft die Läden aus nnd zertrüm-
merten 10 Fensterscheiben. Sodann zogen sie weiter zu dem
Grundstück eines dortigen Bürgers, stiegen in dessen Garten nnd
schnitten hier 6 prächtig entwickelte Rebstöcke bis auf den
Grund ab. Damit noch nicht genug, begaben sie sich au
das Neckarufer, machten drei Bote los und ließen diese den
Neckar hinabtreiben. Die Bote wurden am nächsten Morgen
bei Edingen anfgefangen; erfreulicherweise wurden aber auch bald
die Vecüber der Frevelthaten ermittelt. Es sind zwei junge Bur-
schen, die bei dem letzten Ersatzgeschäft zum Militärdienst ausge-
hoben wurden. Der eine ist seinem Beruf nach Müller, der an-
dere Tagelöhner. Die Strafe, der sie eutgegttisehen, wird hoffent-
lich exemplarisch genug sein, um ihnen die Zerstörungswuth für
die Zukunft auszutreiven.
:/: Heidelberg, 12. April. Im Schaufenster des Herrn Optiker
Pfaff befindet sich zur Zeit ein Oelgemälde, welches das Innere
der Jubiläuinsfesthalle, vom Haupteingang aus gesehen, darstellt.
Dasselbe ist sehr sauber ausgeführt und giebt, namentlich hinsicht-
lich seiner coloristischcn Wirkung, ein weit lebendigeres Abbild des
Lebens und Treibens in der Halle, sowie von deren Beschaffen-
heit, als alle photographischen Aufnahmen. Das Bild erregt in
hohem Grade die Aufmerksamkeit der Passanten.
Eppiugku 9. April. Die Landw. Winter sch ule für den
Kreis Heidelberg beschloß mit der am 2. d. Mts. stattgefundenen
öffentlichen Prüfung de» 18. llnterrichtskurs seit ihrem Be-
stehen in Eppingcn. Während des 23jährigen Bestehens der An-
stalt überhaupt wurde dieselbe von nahezu 500 Schülern aus
allen Theilen des Kreises besucht. Der Besuch des nunmehr ab-
gelaufeneu Kurses erstreckte sich wiederum aus 25 Schüler, die
sich auf die Bezirke Eppingen (15), Sinsheim (8) und Bretten (2)
vertheilen. Die letzte Prüfung fand im Beisein des Herrn Ober-
schulraths Wallrafs statt und lieferte ein für Lehrer und
Schüler gleich ehrendes Ergebniß, was von dem Herrn Ober-
schulrath mit offenbarer Freude bestätigt wurde.
Mttdach, 9. April. Ein Opfer der in den Schulen um einge°
führten Orthographie wurde dieser Tage ein Fräulein, welches
bei einer deutschen Herrschaft iu Paris als Lehrerin eintreten
wollte. Zeugnisse und Empfehlungen waren ausgezeichnet, die
Bitte um llebertragung der Stelle schön, sauber, aber nach der
neuen Orthographie geschrieben. Der gute Deutsche in Paris
wußte aber nichts von dieser Neuerung. Nach 8 Tagen kamen,
laut Bad. Neckarztg. die eingesandten Papiere mit dem Ansügen
zurück, daß die Lehrerinstelle dem Fräulein nicht könne übertragen
werden, da cs noch nicht „orthographisch" zu schreiben ver-
stehe.
XX Zchoeifing», zio. April. Wir hatten zwar Weiße Weih-
nachten, aber nicht grüne Ostern, denn die Pflanzenwelt ist nl
ihrer Entwickelung noch sehr zurück, besonders da bei Nacht dw
Temperatur meist unter Null sinkt. Im Allgemeinen ist Pf»
nicht zu beklagen, da die später etwa eintretendeu Frühjahrsfröste
weniger schädlich werden. Juden wäre statt des ranhen trockene»
Ostwindes fmcbtwarme Witterung sehr z» wünschen; denn die
Wintersaat ist bis jetzt nichts weniger als hoffnungverheißend-
Auch der Beginn der Spargclernte wird durch dieses Wetter sehr
verzögert. — Seit einigen Tagen ist das an den Bahnhosanlagen
ne» erbaute Reichspostgebäude dem öffentliche» Verkehr
übergeben worden. Dasselbe bietet einen recht freundlichen An-
blick. — Während der Feiertage war der Fremdenverkehr ein
ziemlich starker.
** Karlsruhe, 12. April. (Stiftung der Reichspost-
beamten. Kaiserliches Handschreiben.) Der Feier des
90. Geburtstages Seiner Majestät Kaiser Wilhelms haben die
Reichs-Post- und Tclcgraphcubeamteii ein bleibendes äußeres
Zeichen ihrer patriotischen Gesinnung hinzugefügt, indem sie die
Summe von 17 000 „/L zusammenbrachlen, welche mir schön aus-
gestatteter Stiftungsnrkunde des betreffenden Ausschusses dem
Staatssecretair des Reichs-Postamts Dr. v. Stephan mit der
Bitte zur Verfügung gestellt wurde, dieselbe auf den Allerhöchste»
Geburtstag zur Anschaffung van drei Rettungsbooten „Reichspost",
„Reichstelegraph", „General-Postmeister" der deutschen Gesell-
schaft zur Rettung Schiffbrüchiger zu überweisen. Das eine
Rettungsboot wird an der Nordsee, das zweite an der Ostsee,
das dritte an der ichleswig-holstcinschcn Ost- oder Westküste auf-
gestellt werden. In der Stiftungsnrkunde ist unter allgemeiner
Hindeutung auf die segensreiche Wirksamkeit der deutsche»
Rettungsstationen betont worden, wie die Einrichtung der sub-
ventionirten Reichs-Postdampfschiffslinicn den Angehörigen der
Reichspost die Sorge nm die Brüder zur See noch näher gelegt
habe. Seine Majestät Kaiser Wilhelm Hal nach erlangter Mel-
dung dieses Vorganges unterm 31. März an den Staatssecretair
des Reichs-Postamts Wirklichen Geheimen Rath Dr. v. Stephan
folgendes Allerhöchstes Handschreiben gerichtet: „Ich habe aus
Ihrem Berichte vom 2l. d. Mts. ersehen, daß Mein Geburtstag,
au dem Ich mit Gottes Hülfe das neunzigste Geburtsjahr voll-
endet habe, den Anlaß dazu geboten hat, unter den Angehörigen
der Reichs-Post- und Telcgraphenverwaltung eine Sammlung z»
dem Zwecke zu veranstalten, um der Deutschen Gesellschaft zur
Rettung Schiffbrüchiger die Mittel zur Beschaffung dreier Ret-
tungsboote zu gewähre». Wenn diese Sammlung den Betrag
von 17 000 geliefert hat, so entnehme Ich daraus zu Meiner
Freude, daß die Spender, welche der Vermittelung des Welt-
verkehrs dienen, auch ihre» Mitbrüdern in dem gefahrvollen Ver-
kehr auf hoher See ihre theilnehmcnde Fürsorge widmen. Ich
kann Mir nicht versagen, dem gemeinnützigen Sinne, der sich da-
durch betbätigt hat, Meine volle Anerkennung zu zollen, was Sie
Allen, die sich bei der Sammlung betheiligt Haden, kundgeben
wollen." Wir wollen hier vcrratheu, daß dem schönen Unter-
nehmen auch ans den beiden Oberpostdircctionsbezirken Karlsruhe
und Konstanz reichliche Gaben zugcflosien sind-
Münzen, 9. Avril. Bürgermeister PH. T hieb au th hier verschied
heute Morgen 6'/, Uhr nach längerem Leiden au Wassersucht im
Alter von 76 Jahren. Im Nevolutionsjahre 1849 nahm derselbe
eine hervorragende Stellung in Baden ei», lebte sodann 22 Jahre
im Ausland und war später 6 Jahre lang Bürgermeister in Ett-
lingen, als welcher er in Konflikt mit der Bczirksbebörde gcrieth
und abgesetzt wurde. 1886 indessen wurde er zum zweiten Mal
als Bürgermeister gewählt und bestätigt. Die Verdienste deS
Verstorbenen nm Ettlingen sind vorbehaltlos auzuerkenneu.
Kaden, 9. April. Am 7. d. Früh 4 Uhr brach in den Eisen«
werken zu Ga »genau ein großer Brand aus, der trotz der
angestrengtesten Löscharbeiten Seitens der Feuerwehr und des
Fabrikpersonals erst im Laufe des Nachmittags gelöscht werden
konnte. Das Feuer hatte die Sägmühle und di- Waarenspeicher
ergriffen und große Waarenvorrätbc vernichtet. Die Entstehungs-
ursache ist noch unbekannt. Glücklicherweise trieb der Wind das
Feuer nach der Murg zu, sonst wären sämmtliche Fabrikgebäude
in großer Gefahr gewesen.
Freiburg i. K., 11. April. Bei der Einfahrt in den Bahnhof
Freiburg fuhr der von Karlsruhe kommende Schnellzug in
Folge falscher Weichenstell uug auf eine leere Wagenreihe.
Personenverletzungen kamen nicht vor. Die Locomotive ist be-
schädigt und einige leere Wagen sind zertrümmert.
* Aas Kaden. Eine Verordnung des Ministeriums des Innern
vom 27. v. Mts. verpflichtet die Gcsindcvermiethcr bezw.
Stellenvermittler in Orten von mindestens 3000 Einwohnern zur
Führung zweier genauen Geschäftsbücher über die Personen,
welche Stelle suchen oder zu vergeben haben. Die Bücher haben
den Charakter pflichtgemäßer Nachweise auch hinsichtlich der Ge-
bühren und der etwa erhobenen Zeugnisse; in Verbindung damit
steht die Verpflichtung zur Aufstellung eines genauen Gebühren-
tarifs, die Anmeldung der Geschäftsräume bei der Polizeibehörde
und die Befnguiß dieser letzteren zum Zutritt und zu genauer
Ausknnfterhebung. Wo mit dem Geschäftsbetrieb zugleich die
Beherbergung von SlcUesuchenden verbunden ist, können weitere
Ueberwachungsvorschristen erlassen werde». Die Grundsätze der
neuen Verordnung können der Hauptsache nach mittelst orts-
polizeilicher Vorschrift auch auf Gemeinden unter 3000 Einwoh-
nern ausgedehnt werden. Die neue Vorschrift tritt mit dem
1. Juni in Kraft.
Aar Kade». Das Verordnungsblatt der Generaldirection der
Großh. Bad. Staats-Eisenbahnen Nr. 14 enthält eine
allgemeine Verfügung wegen der Fahrpreisermäßigung zu Gunsten
der öffentlichen Krankenpflege, ferner sonstige Bekanntmachungen
betr. daS VercinsbctriebSreglcment, den nicderländisch-südwest-
deutschen Verkehr, den Druck und Verkauf von Frachtbriefen,
gleichlautende rc. Stationsnamcn, die Wiederverwendung gebrauch-
ter Baumaterialien, die Kassenvorräthe der Stationskasscn, gestun-
dete Militärtransportc, Dienstnachrichtcn und eine Berichtigung-
— Der nach dem „Hochw." von uns gemeldete erste Probezug
der Höllenthalbahn nach Neustadt war eigentlich gar kein solcher,
sondern nur ein Materialzug. Die erste Probefahrt findet
dem Vernehmen nach in dieser Woche, wahrscheinlich am Mitt-
woch, statt._
Vermischte Nachrichten.
Dresden, 9. April. Die Sprengölfabrik bei Freiberg, der
Dynamit Trust Company gehörig, ist heute Mittag iu die Luft
geflogen. Drei Arbeiter sind todt, einer ist verwundet.
ätrttiil, 8. April. Seit dem 4. ds. wird der Kaufmann W-
Gräber, zweiter Director der Stettiner Dampfmühlen-Actien-
Gcsellschaft, vermißt. — Unter Hinterlassung bedeutender
Schulden hat der englische Konsul, William Cavendish
mit seiner Familie Stettin heimlich den Rücken gewendet.
* Die Verlagshandluug der Allgemeinen Deutschen
Universitäts-Zeitung, Richard Eckstein Nachfl. (Hammer
u. Runge) in Berlin, setzt einen Preis von 200 für die beste
Bearbeitung des folgenden Themas aus: „Zweck und Mittel
einer einheitlichen Organisation der deutschen Studentenschaft".
Von derselben Seite wird ein Preis, bestehend in einem schön
ausgestatteten Humven (Werth 50 ^L) für die beste Humoreske
aus dem akademischen Leben ausgesetzt. Die Verlagshandlung
der Allgemeinen Deutschen Universitäts-Zeitung hofft durch diese
beiden Preisausschreiben zur gesunden Entwickelung des studen-
tischen Lebens sowie des studentischen Humors ein Scherflein bei-
zutragen. Näheres durch alle Buchhandlungen.
Theater-Nachrichten.
* Mauuhrim- (Repertoire des Großh. Hoftheaters.) Mittwoch.
13. April: „Figaro's Hochzeit" (Graf: Hr. Schaffganz a. G.)
Donnerstag, 14.: (Volksvorstelluug) „Maria Stuart". Samstag,
16.: Neu einstudirl: „Das Lügen". Sonntag, 17.: „Walküre"
Dampfers Akola von Zanzibar nach Kismaju. Während
der Fahrt legte der Mörder vor dem General Matthews
und zweien Soldaten ein Gestäudniß ab; auch machte er
einen Versuch, sich ins Meer zu stürzen, wurde aber noch
rechtzeitig gehindert. Auf der Rheedc von Kismaju, wo
das Schiff am 15. anlangte, befand sich schon S. M. S.
Olga, Kommandant Corvetten-Capitäu Bendemann. Am
andern Morgen wurden die Soldaten des Sultans und
eine Abteilung von S. M. S. Olga ausgeschifft und die
Vorbereitungen zur Urteilsvollstreckung getroffen. Der
Richtplatz befand sich vor dem Hause, in welchem Dr.
Jühlke ermordet worden war, westlich nnd außerhalb des
Forts. Der wieder aus Zanzibar eingelroffene Mali von
Kismaju war mit allen seinen Offizieren und Mannschaften
zugegen; auch eine Anzahl Somalis und Einwohner von
Kismaju. Nachdem Kapitän Bendemann den Gefangenen
als den in Zanzibar überführten Mörder anerkannt hatte,
verlas General Matthews das Todesurteil und ließ das-
selbe auch in arabischer Sprache verlesen. Alsbald wurde
das Urtheil von einer Abteilung der Truppen des Sultans
vollstreckt. Die Leiche wurde den anwesenden Verwandten
übergeben. Die Somali-Bevölkerung verhielt sich vollkom-
men ruhig. Nach den Mitteilungen der Behörden hat das
Urtheil und seine rasche Vollstreckung einen nachhaltigen
Eindruck hinterlassen. Die beiden Schiffe kehrten nach
Zanzibar zurück.
Hambnrg, 9. April. Die Polizei beschlagnahmte ein
Lager socialdemokratischer Bücher und confiszirte
16 Centner. Sie verhaftete den Aufbewahrer derselben,
den Schwiegervater des ausgewiesenen Socialisten Grün-
berg. Die vorgefundenen Schriften wiesen Verbindungen
nach über ganz Deutschland und veranlaßten Haussuchungen
und Verhaftungen in Ilmenau, Einstedel, Eltville, Eupen,
Stettin, Königsberg, Mannheim und Pirmasenz.
Hier wurden 8 Personen, darunter der Berichterstatter
Steinfatt von der Bürgerzeitung, verhaftet.
Nürnberg, 11. April. Die heute hier stattgehabte
Sitzung des Landesausschusses der national-
liberalen Partei in Bayern r. Rh. war aus allen
Theilen des Landes stark besucht. Prof. Marquard-
sen gab einen Rückblick insbesondere auf die Reichstags-
wahlen. Betreffs der Landtagswahlen wurde eine
Resolution gefaßt, worin es heißt: Die Beseitigung
der gegenwärtigen ul tram o n ta n en Mehrheit
sei die natürlichste und wichtigste Aufgabe aller
nichtultramontanen Wähler; deshalb empfiehlt der Ausschuß
den Parteimitgliedern, ihre ganze Thätigkeit diesem Zwecke
zu widmen und zwar nach den Verhältnissen auch in Ver-
bindung mit anderen, das erwähnte Ziel gleichfalls ver-
folgenden Wählern und Parteien. Nach Erledigung interner
Vorlagen wurde die Versammlung mit einem Hoch auf das
Vaterland geschlossen.
Oesterreichische Monarchi e.
Wie«, 9. April. Prinz Reuß stattete gestern dem
Grafen Kalnoky einen längeren Besuch ab. — Graf
Monts trat eine Urlaubsreise nach Deutschland an.
— Dis beabsichtigte Ausrüstung eines größeren adriatischen
Uebungsgeschwaders unterbleibt. — Der Afrika-
Reisende Oscar Lenz ist heute hier eingetroffen.
Ausland.
Paris, 9. April. Frankreich hat bei der englischen
Regierung gegen ein gewaltsames Vorgehen gegen Hayti
Einspruch eingelegt. Großbritannien beansprucht gegen Zah-
lung einer Entschädigung von einer halben Million Dollars
an die Republik Hayti den Besitz der Tortugasinsel. —
Der Ministerrath berieth heute die Budgetfrage;
Boulanger, Aube und Millaud machten sich anheischig, in
ihren Ministerien alle möglichen Ersparnisse ausfindig zu
machen.
London, 9. April. Oberst King Harman ist zum
Parlaments-Untersekretär für Irland ernannt worden.
Petersburg, 9. April. Die Gesundheit der Kai-
serin von Rußland soll durch die Schicksalsschläge
der letzten Wochen: die Attentatsversuche, die Er-
krankung der Herzogin Thyra von Cumberland und
die ständige Besorgniß um das Leben ihres Gatten sehr
angegriffen sein. Man befürchtet ein ernstes Nerven-
leiden. — Gerüchtweise verlautet, daß circa 30 junge
Leute, darunter verschiedene Studenten, vor 4 Tagen aus
ihren Behausungen verschwanden, 'ohne daß es bisher
gelang, ihren jetzigen Unterschlupf aufzufinden. — Die
Attentäter vom 13. März d. I. sind nicht hingerichtet,
nur einer derselben ist todt; derselbe vergiftete sich gleich
nach seiner Verhaftung. — Nach einem Warschauer Bericht
polnischer Blätter hätte sich der Militärkommandant Gene-
ral Krack vergiftet, weil sein Sohn zu den wegen Mord-
anschlags auf den Czaren Verhafteten gehöre.
Petersburg, 9. April. Wie die Neue Zeit erfährt,
beabsichtigt das Finanzministerium, auch die in Rußland
ansässigen oder in russischen Handelshäusern und Fabriken
ungestellten Ausländer zu der neuen Steuer für Reise-
pässe ins Ausland heranzuziehen. Befreit bleibt jedoch, wer
zu einem nur dreimonatlichen Aufenthalt auf eine ihm ge-
hörige Besitzung im Auslande verreist. — Das Journal
de St. Petersburg bemerkt, daß der in einem Pariser
Blatte enthaltene Bericht über eine Unterredung, welche
ein Berichterstatter dieses Blattes jüngst mit einem hohen
Beamten des russischen Ministeriums des Auswärtigen (Jo-
mini) gehabt haben sollte, auf Erfindung beruhe. Das
Journal fügt hinzu, seine Leser wüßten, daß kein Staats-
mann für die Worte verantwortlich gemacht werden könne,
welche ihm in den Mund zu legen irgend einem Bericht-
erstatter beliebe. — Der Botschafter Fürst Lobanow
wurde vor seiner Rückreise nach Wien noch von dem Kaiser
empfangen, ebenso der Botschafter Graf Schuwalow.
Belgrad, 9. April. Der König empfing heute den
neuen italienischen Gesandten, Galvagna, zur Ueber-
reichung seines Beglaubigungsschreibens.
Aus Stadt und Land.
)( DkiLellurg, t2. April. Das waren herrliche, prächtige
Feiertage, die soeben hinter uns liegen In diesem Gefühl
wird Jtder, der während der schönen, sonnige» Tage aus seinen
vier Wänden hinausgeeilt war in die freie Natur, am heutige»
Tage sein gewohntes Tagewerk wieder anfgenommeu haben. Die
Höbe» unserer Umgebung zu beiden Seiten des Neckars waren
an beiden Festtagen von zahlreichen Spaziergängern — Einhei-
mischen wie auswärtigen Touristen — bevölkert, lieber Berg
nnd Thal wanderte Alt und Jung nnd freute sich deS überall
knospenden, schwellenden und sprießenden Lebens der wieder-
erwachende» Natur. Da draußen in der freien Natur,
inmitten des lebensprühenden, holden Frühlingszaubers kommt
sich der Mensch dann selber anferstandcn vor. Er athmet
auf wie nach der Erlösung von einem schweren, drückenden Bann.
Besonders angenehm und früklingsmild war der gestrige Nach-
mittag. Das vom Sladtorchester in der Schloßrcstaurntio» im
Freien veranstaltete Konzert hatte darum auch bereits eine zahl-
reiche Zuhörerschaft gefunden. Die Vegetation hat während der
beiden sonnigen Tage große Fortschritte gemacht. Am heutigen
Vormittag bemerkten wir auf der andern Seite des Neckars be-
reits einige blühende Mandelbäume. Möge es so schön und warm
bleiben, damit wir uns recht bald des schimmernden Blüthengc-
wandes unserer Umgebung erfreuen können,
X. Krideldcrz, 12. April. In der Nacht vom ersten znm
zweiten Osterscierrag sind in der Anlage die am dortigen Frcm-
dcnführerpavillon angebrachten meteorologischen Instrumente von
roher Hand zerstört worden. Leider ist der Urheber dieser
bubenhaften That bis jetzt unbekannt. Die werthvollcn Instru-
mente waren von Herrn Optikus I ung dem gemeinnützige»
Verein für den Pavillon unentgeltlich zur Verfügung gestellt.
Wie aus dem Jnseiateuthcil ersichtlich, sichert der gemeinnützige
Verein demjenigen eine Belohnung von 20 Mark zu,
welcher den Thäter so nachweist, daß seine gerichtliche Bestrafung
erfolgen kann. Hoffentlich gelingt es, den rohen Menschen recht
bald zu ermitteln. Es wäre höchst bedauertich, wenn solch' ein
Akt siechster Brutalität ungeahndet bleiben sollte.
O Keideldkrz, 12. April. In Nr. 177 des Franks. Journals
wird über eine besondere, keineswegs „berechtigte Eigenthümlich-
keit" Nürnbergs berichtet, indem die dort bestehende Kehricht-
abfnhr einer strengen Kritik unterworfen wird. Da auch die
Kehrichtabfuhr in hiesiger Stadt Manches zu wünschen übrig
läßt, so möge hier Einiges aus den Bemerkungen über die Nürn-
berger Verhältnisse zur Sprache gebracht werden. Es heißt da
u. A., daß in Nürnberg beim Abführen des Kehrichts, der Asche
rc. re. die Entleerung der Behälter von Haus zu Haus Wider-
wärtigen Geruch und Staub verursache, wodurch die Vorüber-
gehenden in höchstem Grads belästigt werden; außerdem wirble
der Staub auch in die obere Stockwerke, wenn die Fenster ge-
öffnet sind. — Wenn nun auch bei der Abfuhr so staubverur-
sacheuder Abfälle nicht alle Mißstände zu vermeiden sein werden,
so dürste doch wohl eine bedeutende Abhülfe insoferne geschaffen
werden können, als die Verlegung der Abfnhrzeit in die frühen
Morgenstunden erfolgt und den Fuhrleuten eine vorsichtige Ent-
leerung der gefüllten Ständer auf die Wagen zur Pflicht gemacht
wird. Sodann müßte gegen jeden Fuhrmann mit polizeilicher
Bestrafung vorgegangen werden, welcher — inan kann diese Uebel-
stände hier vielfach beobachte» — den Wagen übermäßig voll
ladet, oder den Deckel des Wagenkastens nicht vollständig schließt
und dann schließlich noch bei offenem Kasten im Trabe durch die
Straßen fährt. Die Abfuhr mit Wagen ohne schließbare Deckel,
ebenso das Verbringen von Bauschutt aus den Häusern behufs
Entleerung der Behälter auf Haufen in den Straßen, sollte über-
haupt nicht gestattet sein.
— AkiLrllur-, 12. April. Am letzten Samstag fiel das Kind
einer hiesigen Familie, welches nicht gehörig beaufsichtigt war, in
den Neckar. Es wurde von einem Vorübergehenden, dessen Name
unbekannt ist, herausgezogen, und so von dem Tode des Er-
trinkens gerettet- — Gestern Nachmittag zwischen "/,4—4 Uhr hat
im Stadtwalde, oberhalb der Wolfshöhle zwischen dem Fußweg
zum Rieseustcin und der Straße nach dem Neuhofe, ei» kleiner
Braud stattgefunden. Auf einer Fläche von etwa 25—26
Schritten Länge und 10 Schritten Breite wurde das Laub vom
Feuer gesengt, ohne daß ein weiterer Schade» entstanden ist.
Wie das Feuer hervorgerufen und gelöscht wurde, ist zur Zeit noch
unbekannt. — Ein Dienstmädchen, welches von einer auswärtigen
Behörde wegen Unterschlagung und Betrugs verfolgt wurde,
wurde gestern Nachmittag dahier verhaftet und ins Amtsgefäng-
nib verbracht.
F Keidrlderg, 12. Apcil. Von einer geradezu unglaublichen Zer-
störung s- und Randalirwuth waren zwei junge Leute
besessen, welche iu der Nacht vom Sonntag zu Montag in Wieb-
lingen allerlei Streiche verübten, die sich znm Thcil als wahre
Schaudthaten charakterisircn. Zunächst hoben sic in der dortigen
Darnmann'schen Gartcnwirtbschaft die Läden aus nnd zertrüm-
merten 10 Fensterscheiben. Sodann zogen sie weiter zu dem
Grundstück eines dortigen Bürgers, stiegen in dessen Garten nnd
schnitten hier 6 prächtig entwickelte Rebstöcke bis auf den
Grund ab. Damit noch nicht genug, begaben sie sich au
das Neckarufer, machten drei Bote los und ließen diese den
Neckar hinabtreiben. Die Bote wurden am nächsten Morgen
bei Edingen anfgefangen; erfreulicherweise wurden aber auch bald
die Vecüber der Frevelthaten ermittelt. Es sind zwei junge Bur-
schen, die bei dem letzten Ersatzgeschäft zum Militärdienst ausge-
hoben wurden. Der eine ist seinem Beruf nach Müller, der an-
dere Tagelöhner. Die Strafe, der sie eutgegttisehen, wird hoffent-
lich exemplarisch genug sein, um ihnen die Zerstörungswuth für
die Zukunft auszutreiven.
:/: Heidelberg, 12. April. Im Schaufenster des Herrn Optiker
Pfaff befindet sich zur Zeit ein Oelgemälde, welches das Innere
der Jubiläuinsfesthalle, vom Haupteingang aus gesehen, darstellt.
Dasselbe ist sehr sauber ausgeführt und giebt, namentlich hinsicht-
lich seiner coloristischcn Wirkung, ein weit lebendigeres Abbild des
Lebens und Treibens in der Halle, sowie von deren Beschaffen-
heit, als alle photographischen Aufnahmen. Das Bild erregt in
hohem Grade die Aufmerksamkeit der Passanten.
Eppiugku 9. April. Die Landw. Winter sch ule für den
Kreis Heidelberg beschloß mit der am 2. d. Mts. stattgefundenen
öffentlichen Prüfung de» 18. llnterrichtskurs seit ihrem Be-
stehen in Eppingcn. Während des 23jährigen Bestehens der An-
stalt überhaupt wurde dieselbe von nahezu 500 Schülern aus
allen Theilen des Kreises besucht. Der Besuch des nunmehr ab-
gelaufeneu Kurses erstreckte sich wiederum aus 25 Schüler, die
sich auf die Bezirke Eppingen (15), Sinsheim (8) und Bretten (2)
vertheilen. Die letzte Prüfung fand im Beisein des Herrn Ober-
schulraths Wallrafs statt und lieferte ein für Lehrer und
Schüler gleich ehrendes Ergebniß, was von dem Herrn Ober-
schulrath mit offenbarer Freude bestätigt wurde.
Mttdach, 9. April. Ein Opfer der in den Schulen um einge°
führten Orthographie wurde dieser Tage ein Fräulein, welches
bei einer deutschen Herrschaft iu Paris als Lehrerin eintreten
wollte. Zeugnisse und Empfehlungen waren ausgezeichnet, die
Bitte um llebertragung der Stelle schön, sauber, aber nach der
neuen Orthographie geschrieben. Der gute Deutsche in Paris
wußte aber nichts von dieser Neuerung. Nach 8 Tagen kamen,
laut Bad. Neckarztg. die eingesandten Papiere mit dem Ansügen
zurück, daß die Lehrerinstelle dem Fräulein nicht könne übertragen
werden, da cs noch nicht „orthographisch" zu schreiben ver-
stehe.
XX Zchoeifing», zio. April. Wir hatten zwar Weiße Weih-
nachten, aber nicht grüne Ostern, denn die Pflanzenwelt ist nl
ihrer Entwickelung noch sehr zurück, besonders da bei Nacht dw
Temperatur meist unter Null sinkt. Im Allgemeinen ist Pf»
nicht zu beklagen, da die später etwa eintretendeu Frühjahrsfröste
weniger schädlich werden. Juden wäre statt des ranhen trockene»
Ostwindes fmcbtwarme Witterung sehr z» wünschen; denn die
Wintersaat ist bis jetzt nichts weniger als hoffnungverheißend-
Auch der Beginn der Spargclernte wird durch dieses Wetter sehr
verzögert. — Seit einigen Tagen ist das an den Bahnhosanlagen
ne» erbaute Reichspostgebäude dem öffentliche» Verkehr
übergeben worden. Dasselbe bietet einen recht freundlichen An-
blick. — Während der Feiertage war der Fremdenverkehr ein
ziemlich starker.
** Karlsruhe, 12. April. (Stiftung der Reichspost-
beamten. Kaiserliches Handschreiben.) Der Feier des
90. Geburtstages Seiner Majestät Kaiser Wilhelms haben die
Reichs-Post- und Tclcgraphcubeamteii ein bleibendes äußeres
Zeichen ihrer patriotischen Gesinnung hinzugefügt, indem sie die
Summe von 17 000 „/L zusammenbrachlen, welche mir schön aus-
gestatteter Stiftungsnrkunde des betreffenden Ausschusses dem
Staatssecretair des Reichs-Postamts Dr. v. Stephan mit der
Bitte zur Verfügung gestellt wurde, dieselbe auf den Allerhöchste»
Geburtstag zur Anschaffung van drei Rettungsbooten „Reichspost",
„Reichstelegraph", „General-Postmeister" der deutschen Gesell-
schaft zur Rettung Schiffbrüchiger zu überweisen. Das eine
Rettungsboot wird an der Nordsee, das zweite an der Ostsee,
das dritte an der ichleswig-holstcinschcn Ost- oder Westküste auf-
gestellt werden. In der Stiftungsnrkunde ist unter allgemeiner
Hindeutung auf die segensreiche Wirksamkeit der deutsche»
Rettungsstationen betont worden, wie die Einrichtung der sub-
ventionirten Reichs-Postdampfschiffslinicn den Angehörigen der
Reichspost die Sorge nm die Brüder zur See noch näher gelegt
habe. Seine Majestät Kaiser Wilhelm Hal nach erlangter Mel-
dung dieses Vorganges unterm 31. März an den Staatssecretair
des Reichs-Postamts Wirklichen Geheimen Rath Dr. v. Stephan
folgendes Allerhöchstes Handschreiben gerichtet: „Ich habe aus
Ihrem Berichte vom 2l. d. Mts. ersehen, daß Mein Geburtstag,
au dem Ich mit Gottes Hülfe das neunzigste Geburtsjahr voll-
endet habe, den Anlaß dazu geboten hat, unter den Angehörigen
der Reichs-Post- und Telcgraphenverwaltung eine Sammlung z»
dem Zwecke zu veranstalten, um der Deutschen Gesellschaft zur
Rettung Schiffbrüchiger die Mittel zur Beschaffung dreier Ret-
tungsboote zu gewähre». Wenn diese Sammlung den Betrag
von 17 000 geliefert hat, so entnehme Ich daraus zu Meiner
Freude, daß die Spender, welche der Vermittelung des Welt-
verkehrs dienen, auch ihre» Mitbrüdern in dem gefahrvollen Ver-
kehr auf hoher See ihre theilnehmcnde Fürsorge widmen. Ich
kann Mir nicht versagen, dem gemeinnützigen Sinne, der sich da-
durch betbätigt hat, Meine volle Anerkennung zu zollen, was Sie
Allen, die sich bei der Sammlung betheiligt Haden, kundgeben
wollen." Wir wollen hier vcrratheu, daß dem schönen Unter-
nehmen auch ans den beiden Oberpostdircctionsbezirken Karlsruhe
und Konstanz reichliche Gaben zugcflosien sind-
Münzen, 9. Avril. Bürgermeister PH. T hieb au th hier verschied
heute Morgen 6'/, Uhr nach längerem Leiden au Wassersucht im
Alter von 76 Jahren. Im Nevolutionsjahre 1849 nahm derselbe
eine hervorragende Stellung in Baden ei», lebte sodann 22 Jahre
im Ausland und war später 6 Jahre lang Bürgermeister in Ett-
lingen, als welcher er in Konflikt mit der Bczirksbebörde gcrieth
und abgesetzt wurde. 1886 indessen wurde er zum zweiten Mal
als Bürgermeister gewählt und bestätigt. Die Verdienste deS
Verstorbenen nm Ettlingen sind vorbehaltlos auzuerkenneu.
Kaden, 9. April. Am 7. d. Früh 4 Uhr brach in den Eisen«
werken zu Ga »genau ein großer Brand aus, der trotz der
angestrengtesten Löscharbeiten Seitens der Feuerwehr und des
Fabrikpersonals erst im Laufe des Nachmittags gelöscht werden
konnte. Das Feuer hatte die Sägmühle und di- Waarenspeicher
ergriffen und große Waarenvorrätbc vernichtet. Die Entstehungs-
ursache ist noch unbekannt. Glücklicherweise trieb der Wind das
Feuer nach der Murg zu, sonst wären sämmtliche Fabrikgebäude
in großer Gefahr gewesen.
Freiburg i. K., 11. April. Bei der Einfahrt in den Bahnhof
Freiburg fuhr der von Karlsruhe kommende Schnellzug in
Folge falscher Weichenstell uug auf eine leere Wagenreihe.
Personenverletzungen kamen nicht vor. Die Locomotive ist be-
schädigt und einige leere Wagen sind zertrümmert.
* Aas Kaden. Eine Verordnung des Ministeriums des Innern
vom 27. v. Mts. verpflichtet die Gcsindcvermiethcr bezw.
Stellenvermittler in Orten von mindestens 3000 Einwohnern zur
Führung zweier genauen Geschäftsbücher über die Personen,
welche Stelle suchen oder zu vergeben haben. Die Bücher haben
den Charakter pflichtgemäßer Nachweise auch hinsichtlich der Ge-
bühren und der etwa erhobenen Zeugnisse; in Verbindung damit
steht die Verpflichtung zur Aufstellung eines genauen Gebühren-
tarifs, die Anmeldung der Geschäftsräume bei der Polizeibehörde
und die Befnguiß dieser letzteren zum Zutritt und zu genauer
Ausknnfterhebung. Wo mit dem Geschäftsbetrieb zugleich die
Beherbergung von SlcUesuchenden verbunden ist, können weitere
Ueberwachungsvorschristen erlassen werde». Die Grundsätze der
neuen Verordnung können der Hauptsache nach mittelst orts-
polizeilicher Vorschrift auch auf Gemeinden unter 3000 Einwoh-
nern ausgedehnt werden. Die neue Vorschrift tritt mit dem
1. Juni in Kraft.
Aar Kade». Das Verordnungsblatt der Generaldirection der
Großh. Bad. Staats-Eisenbahnen Nr. 14 enthält eine
allgemeine Verfügung wegen der Fahrpreisermäßigung zu Gunsten
der öffentlichen Krankenpflege, ferner sonstige Bekanntmachungen
betr. daS VercinsbctriebSreglcment, den nicderländisch-südwest-
deutschen Verkehr, den Druck und Verkauf von Frachtbriefen,
gleichlautende rc. Stationsnamcn, die Wiederverwendung gebrauch-
ter Baumaterialien, die Kassenvorräthe der Stationskasscn, gestun-
dete Militärtransportc, Dienstnachrichtcn und eine Berichtigung-
— Der nach dem „Hochw." von uns gemeldete erste Probezug
der Höllenthalbahn nach Neustadt war eigentlich gar kein solcher,
sondern nur ein Materialzug. Die erste Probefahrt findet
dem Vernehmen nach in dieser Woche, wahrscheinlich am Mitt-
woch, statt._
Vermischte Nachrichten.
Dresden, 9. April. Die Sprengölfabrik bei Freiberg, der
Dynamit Trust Company gehörig, ist heute Mittag iu die Luft
geflogen. Drei Arbeiter sind todt, einer ist verwundet.
ätrttiil, 8. April. Seit dem 4. ds. wird der Kaufmann W-
Gräber, zweiter Director der Stettiner Dampfmühlen-Actien-
Gcsellschaft, vermißt. — Unter Hinterlassung bedeutender
Schulden hat der englische Konsul, William Cavendish
mit seiner Familie Stettin heimlich den Rücken gewendet.
* Die Verlagshandluug der Allgemeinen Deutschen
Universitäts-Zeitung, Richard Eckstein Nachfl. (Hammer
u. Runge) in Berlin, setzt einen Preis von 200 für die beste
Bearbeitung des folgenden Themas aus: „Zweck und Mittel
einer einheitlichen Organisation der deutschen Studentenschaft".
Von derselben Seite wird ein Preis, bestehend in einem schön
ausgestatteten Humven (Werth 50 ^L) für die beste Humoreske
aus dem akademischen Leben ausgesetzt. Die Verlagshandlung
der Allgemeinen Deutschen Universitäts-Zeitung hofft durch diese
beiden Preisausschreiben zur gesunden Entwickelung des studen-
tischen Lebens sowie des studentischen Humors ein Scherflein bei-
zutragen. Näheres durch alle Buchhandlungen.
Theater-Nachrichten.
* Mauuhrim- (Repertoire des Großh. Hoftheaters.) Mittwoch.
13. April: „Figaro's Hochzeit" (Graf: Hr. Schaffganz a. G.)
Donnerstag, 14.: (Volksvorstelluug) „Maria Stuart". Samstag,
16.: Neu einstudirl: „Das Lügen". Sonntag, 17.: „Walküre"