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Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

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Nr. 176 - 202 (1. August 1898 - 31. August 1898)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42070#0118
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Bayern. Der bayerische Landgerichtsrath Feld- i
bausch in Landau i. Pf. ist in Disciplinaruntsrsuchung
genommen worden, weil er bei der jüngsten Reichstags-
Stichwahl in Frankenthal die Anhänger des Ccntrums,
dem er selbst angehört, indirekt aufgefordert hat, für den
sozialdemokratischen Kandidaten zu stimmen. Die
Thatsache dieses Eintretens für die Sozialdemokratie er-
hält im Grunde genommen nur dadurch Bedeutung, daß
es ein Beamter ist, welcher offen für die Umsturz-
bestrebungen Partei nimmt; andernfalls läge kein Grund
vor, von der Sache viel Aufhebens zu machen, da eine
solche Stellungnahme ja beim Centrum nicht neu ist. In
den badischen Wahlkreisen hat die Centrumsleitung nicht
anders gehandelt, wie Herr Feldbausch. Von Interesse ist
es nur, zu beobachten, wie die Centrumspresse versucht, die
sehr unangenehme Offenherzigkeit des pfälzischen Land-
gerichtsraths zu vertuschen. Die Augsburger Postzeitung,
das führende Centrumsorgan in Bayern, bemerkt vorsich-
tig, Herr Feldbausch habe „über das Ziel hinausgeschossen"
und die Germania bestätigt diese Auffassung. Warum
aber bei Herrn Feldbausch eine Sünde sein soll, was der
badischen Centrumsleitung als Verdienst angerechnet wor-
den, ist unerfindlich.
Aus der Karlsruher Zeitung^_
— Mit Entschließung Gr. Generaldirektion der Staatseisen-
bahnen wurden die Expeditionsassistenten Hermann Bruch, Emil
Vierling, Paul Becker, Wilhelm Schneider, Philipp
Freudenberger und Hermann Finck, sämmtliche bei der
Centralverwaltung zu Betriebssekretären ernannt.
— Durch Entschließung Großh. Zolldirektion wurde Buch-
halter Albert Durand beim Finanzamt Mannheim in gleicher
Eigenschaft zum Hauptsteueramt Freiburg versetzt.
— Auf Grund der in der Zeit vom 16. bis 25. d. M. ab-
gehalteuen Prüfung sind folgende Zeichenlehreraspiranten unter
die Zeichen lehramtskandidaten ausgenommen worden:
Karl Binal von Kandern, Karl Guldin von Geisingen, Ernst
Kirchner von Pfullendorf, Wilhelm Pahlmann von Braun-
schweig, Josef Rothermel von Langenbrücken und Eugen
Vetter von Göggingen.

Ausland.
Oesterreich-Ungarn. Wien, 30. Juli. Heute Vor-
mittag fand im Palais Koburg im engsten Familienkreise
die katholische Eheschließung der Prinzessin Doro-
thea von Sachsen-Koburg mit dem Herzog Ernst
Günther von Schleswig-Holstein statt. Als Zeugen
fuugirten Prinz August von Sachsen-Koburg und Feld-
marschalllieutenant Graf Wurmbrand. Anwesend waren
die Großmutter der Braut, Prinzessin Clementine, der Va-
ter Prinz Philipp und ihr Bruder, Prinz Leopold, ferner
die Tante des Bräutigams, Prinzessin Amalie.
Aus der Schweiz, 28. Juli. Touristen, die nach der
Schweiz reisen, seien nochmals auf eine erst in diesem
Jahre eingeführte Verkehrserleichterung aufmerksam gemacht.
Diese besteht darin, daß auf die Person ausgestellte sogen.
Generalabonnements für sämmtliche Bahnen,
einige Bergbahnen ausgenommen, ausgegeben werden, mit
einer Giltigkeitsdauer von 15 oder 30 Tagen, 3, 6 oder
12 Monaten. Für 15 Tage bezahlt man dritter Klasse
30, zweiter Klasse 42, erster Klasse 60 Franken, für 30
Tage 50, 70 und 100 Franken. Mit einem solchen
Billet kann man die ganze Schweiz durchfahren in be-
liebiger Richtung und mit allen Zügen, mit beliebiger
Unterbrechung, ohne abstempeln lassen zu müssen. Der
Reisende muß bei der Anmeldung zum Abonnement seine
Photographie unaufgezogen abgeben, damit sie auf die
Fahrkarte aufgeklebt werden kann.
Belgien. Brüssel, 30. Juli. England und Belgien
schloffen ein interimistisches Handelsabkommen ab.
Frankreich. Paris, 30. Juli. Der Redakteur des
Temps, Francois de Presse nss, Ritter der Ehrenlegion,
richtete an den Großkanzler der Ehrenlegion anschließend
an Zolas Ordensentziehung folgenden Brief: „Ich empfinde
seit einiger Zeit einen gewissen Ekel, einen Orden zu
tragen, der. soviel ich weiß, von der Brust Esterhazys
noch nicht entfernt und als Belohnung gewissen Männern
verliehen worden ist, die für die niedrigen Arbeiten der
Regierungs- und Prätorianerpresse verwandt worden sind.
Es würde mich anwidern, meine Brust noch länger mit
dem rothen Band zu schmücken, das nachgrade das Symbol
der Verachtung der Gleichheit und der Verletzung der Grund-
sätze von 1789 geworden ist."
Rußland. Petersburg, 30. Juli. An dem gestrigen
Prunkmahl in Peterhof zu Ehren des Königs und des
Prinzen Ferdinand von Rumänien nahmen 158
Personen theil. Der Zar trank für den Besuch dankend
auf das rumänische Königspaar, den Kronprinzen und das
Gedeihen des Landes. Der König von Rumänien erwiderte
und dankte für die zarten Aufmerksamkeiten, mit denen er
überhäuft würde, und versicherte, ebenso unauslöschlich
werde ihm die Erinnerung dieses Besuches sein, wie die
Erinnerung an den Zeitraum gemeinsamer Kämpfe, sprach
den Wunsch immer engerer Freundschaftsbeziehungen zu dem
mächtigen Reiche aus und trank auf das Wohl des Zaren-
paares uud der Zarin-Mutter.
— Der Bau der sibirischen Bahn schreitet rüstig
ihn getroffen, bei dem seine Seele in wildem Freudentaumel
aufjauchzte.
„Sie ist es!"
Ja, sie war es, die Königin der Bälle und unbewußte
Beherrscherin aller Regungen seines Innern, all' seiner Ge-
danken und Träume. — Was nun? — Er schaute ihr nach.
Zeus und all' ihr olympischen Götter, wie das Mädchen
radelte! Das Herz eines überzeugten Radsportsmannes, wie
Herr Johannes Schmuck einer war, hätte bei diesem Anblick
vor Bewunderung schlagen müssen, wenn es sich nicht
bereits vor Liebe wie toll geberdete. „Ihr nach!" schrie es
ihm in die Ohren. Im Nu hatte er sem Stahlroß herum-
geworfen, war aufgesessen und raste hinter ihr her.
Aber sie war schon weit! Doch wozu war er, Johannes
Schmuck, der Stolz und die Zierde seines Radklubs, ein an-
erkannter Held auf dem Rennplatz? Jetzt galt es, „den köst-
lichen Preis zu erwerben", zu zeigen, was er konnte.
(Fortsetzung folgt.)

fort. In kurzer Frist ^ie Theilstrecke Kljutschirsk-
Jrkutsk der mittelsibir^cyen Bahn dem Verkehre über-
geben werden, zunächst für Gütersendungen. Zur Zeit wird
über die Herstellung direkter Tarife zwischen Ham-
burg und Sibirien berathen. Man rechnet von Ham-
burg auf starken Verkehr in Eisenwaaren, Maschinen rc.,
von Sibirien auf beträchtlichere Getreideausfuhr.
Norwegen. Christiana, 30. Juli. Nach einer
Meldung des Nordischen Telegraphenbureaus ist Emil
Zola heute früh thatsächlich in Bergen eingetroffen.
England. London, 30. Juli. Der Prinz von
Wales verließ heute Nachmittag Marlborough-House mit
der Prinzessin in einem Ambulanzwagen und begab sich
nach dem Bahnhof Paddington, um nach Cowes zu reisen.
Im zweiten Wagen folgten Prinzessin Viktoria von Wales,
Prinzessin Marie von Griechenland und Prinz Nikolaus
von Griechenland.
Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 1. August.
* Trauerkundgebnngen. Auf die Nachricht von dem H i n-
scheiden des Fürsten Bismarcks versammelte sich der
Stadtrath zu einer außerordentlichen Sitzung und beschloß, an
dem Denkmal Bismarcks einen Kranz niederzulegen. Die
feierliche, von tiefer Trauer erfüllte Ceremoni- fand um 11 Uhr
Vormittags statt. Die Mitglieder des Stadtraths, sowie Mitglieder
des Stadtverordnetenvorstandes, der Amtsvorstand, der Prorek-
tor der Universität und einige andere Herrennahmen vor dem Denk-
mal Aufstellung, rings herum standen in dichter Reihe zahlreiche
Personen, Männer Frauen und Kinder, die von der bevorstehen-
den Trauerfeier Kenntniß erhalten hatten und sich derselben an-
schlossen. Eine Abteilung des städtischen Orchesters trug das
Lied „Jesus meine Zuversicht" vor; dann ergriff Herr Ober-
bürgermeister Dr. Wilckens das Wort zu folgender Ansprache:
„Seit gestern Abend weilt der gewaliige Mann, dessen
Marmorbildniß auf uns herniederschaut, nickt mehr unier
den Lebendigen. Er hat der Natur den Tribut gezollt,
den ihr Jeder von uns einmal bringen muß. Sein Geist
aber wird fortleben, solange es Deutsche gibt. Noch in
späten Tagen wird der unvergleichliche Staatsmann hoch-
gepriesen werden, der das Vaterland einig und groß gemacht
hat. Unter dem frischen Eindruck der heute früh aus
Friedrichsruh eingetroffenen Trauerbotschaft widmen wir
dem Heimgegangenen in treuer Verehrung und unaus-
löschlicher Dankbarkeit diesen Kranz. Gott schütze auch in
Zukunft das deutsche Vaterland, welches in Bismarck einen
seiner besten und größten Söhne verloren hat!"
Die Musik spielte hierauf das Lied „Es ist bestimmt in Gottes
Rath" und dann noch einen weiteren Choral, womit die Feier
ihr Ende fand. Später legte Herr Klingel Namens des Co-
mitss des Bismarckdenkmals mit folgender Ansprache ebenfalls
einen Kranz beim Denkmal nieder:
„In tiefster Trauer lege ich im Namen des Bismarck-
denkmal-Comitss diesen Lorbeerkranz als letzten Gruß
nieder, aber die Dankbarkeit und die Liebe des deutschen
Volkes an ibn, den größten Vuterlandsfreund, werden alle
Zeiten überdauern. — Ihm Ehre heute und rmmdar.
Zahlreiche weitere Kränze wurden noch niedergelegt so einer
im Namen der hiesigen Burschenschaften und heute früh
einer durch den hiesigen Militärverein.
Die Trauer um den dahtngeschiedenen großen Mitbegründer
des Reiches und Ehrenbürger der Stadt kam auf Beschluß des
Stadtraths für gestern noch dadurch zum Ausdruck, daß von 12
bis 1 Uhr die Glocken läuteten, auf dem Rathhaus wurde eine
umflorte deutsche Fahne halbmast gehißt, auch von der Universität
und von vielen Privathäusern wurden umflorte Fahnen aus-
gehängt, während die studentischen Fahnen, die aus Anlaß
studentischer Festlichkeiten ausgehängt waren; eingezogen wurden.
Auch von der Äismarckshöhe wehte halbmast eine Trauerfahne.
Die Concerte des städt. Orchesters in der Schloßwirthschaft und
Abends im Stadtgarten wurden abbestcllt. An den bisherigen
Grafen Herbert Bismarck, auf den jetzt die Fürstenwürde seines
Vaters übergegangen ist, richtete der Stadtrath folgendes
Beileidstelegramm:
„Wollen Euer Durchlaucht den Ausdruck des tiefsten
Schmerzes entgegennehmen, den beim Hmscheiden des
größten Staatsmanns des Jahrhunderts, des Schmieds
der deutschen Einheit, des unsterblichen Ehrenbürgers
Heidelbergs die Bevölkerung unserer Siadt emvsinder. Sein
Andenken werden wir allezeit hochhalten und sein Name
wird mit der Geschichte der nationalen Wiedergeburt
Deutschlands stets aufs innigste verknüpft bleiben."
Der Vorstand der hiesigen nationalliberalen Partei, Hr. Geh.
Hofrath Meyer, sandte nach Eintreffen der Trauernachricht
Namens der Partei dem Grasen Herbert Bismarck ein Tele-
gramm, in welchem er die innigste und tiefempfundene Theil-
nahme an dem unersetzlichen Verlust, den das Vaterland durch
den Tod seines größten Bürgers erlitten hat, Ausdruck gab.
Morgen Abend 6'/, Uhr findet eine akademische Trauerfeier in
der Aula der Universität statt. Die Gedächtnißrede hält Herr
Prof. Schäfer. Am Sonntag, den 7. d. M., Vocm. 11 Uhr,
findet im großen Museumssaale eine Trauerfeier der hiesigen
Bürgerschaft zu Ehren des Fürsten Bismarck statt. Bei der
Feier werden instrumentale und vokale Musikaufführungen ver-
anstaltet werden. Die Gedächtnißrede hält Hr. Prof.No hrhurst.
88 Vismarckehrung im Bilde. Als Gegenstück zu seinem
Bilde der Schmied der deutschen Einheit, das durch prächtige
Reproduktionen eine ganz außerordentliche Verbreitung gefunden
hat, hat unser Mitbürger Herr Guido Schmitt ein anderes
Bild „Germania huldigt mit ihren jüngsten Töchtern dem ewig
großen Sohne" gemalt. Auch dieses Bild ist außerordentlich
glücklich in der Idee, sehr geschickt und klar in der Komposition
und trefflich in der Durchführung, sodaß es gleich dem anderen
seinen Weg machen wird. Im Eichenwald steht die Marmorbüste
Bismarcks, es ist mit einer kleinen Abweichung die von Dann-
dorf gefertigte Büste, die unfern Bismarckgarten ziert. Vor der
Büste, in Vollkraft und Stolz den dankbaren Blick auf den
Helden gerichtet, steht Germania; das für sie geschmiedete Schwert
Ünitas drückt sie an sich und hoch hält sie den Lorberkranz, der
dem Verewigten gebührt. Gegenüber knieen als Kinder Elsaß
und Lothringen. Letzteres hält die schwarzumflorte deutsche
Standarte und deutet auf das Schwert, während ihre Gefährtin
Rosen bindet. Man darf sagen, daß Verehrung und Liebe den
Maler zu seinem Werke beseelt haben. Deshalb vermag das
vorzüglich gelungene Bild auch bei dem Beschauer die gleichen
Empfindungen zu erwecken. Das Bild ist bis morgen Nachmit-
tag 4 Uhr im Schaufenster des Herrn Vergolders Welcker, Haupt-
straße 106, ausgestellt.
O Zum Schluffe des Schuljahres veranstaltete das hiesige
Gymnasium am Samstag, den 30. Juli, eine festliche Feier, zu
der die Angehörigen der Schüler und die Freunde der Schule in
solcher Zahl sich eingefunden hatten, daß die Turnhalle nicht alle
aufzunehmen vermochte. Eröffnet wurde die Feier durch den
frisch und sicher mit Instrumentalbegleitung vorgetragenen 150.
Psalm: „Alles was Odem hat, lobe ben Herrn!" Darauf folgte
die Rede des Abiturienten v. Kirchenheim, die ansprechend in
scharfen Umrissen das Thema behandelte, in wieweit die Forderungen,
die der junge Goethe in Götz von Berlichingen an das deutsche
Volk stellt, heute erfüllt seien. Kurze Ansprachen in den auf dem
Gymnasium gelehrten fremden Sprachen, der lateinischen,
griechischen, französischen, englischen und der mittelhochdeutschen,
wie sie bei anderer Gelegenheit, nämlich den alljährlichen Aus-
flügen der Oberprima nach der Saalburg, gehalten zu werden

pflegen, bildeten den Schluß dieses ersten Abschnitts der Feicsi
eine Art von Redetournier, in dem der Lateiner und der All-
deutsche nach dem Grade des Applauses wohl den Sieg davo»
trugen. Daran schloß sich der Vortrag einer Anzahl jener all'
niederländischen Volkslieder aus der Sammlung des AdriahU,
Valerius vom Jahre 1626, von denen gelegentlich der di/'
jährigen Kaiserfeier des Gymnasiums schon eine Probe geget'/
worden war. Diese herrlichen Lieder, diesmal im Zusammenbau»
und mit verbindender Dichtung von Dr. Drees Vorgefühl
fanden allgemeinen Beifall. Dem Gesang folgte die dramatisch
Darstellung einiger Scenen aus Goethes Götz von Berlichittill»
durch Schüler der oberen Klassen und einige Sextaner. D»
patriotische Gehalt dieser echt deutschen Dichtung, der kernig
Humor, die frische, packende Sprache lassen dieselbe zur Dar*
stellung durch Schüler besonders geeignet erscheinen. Mit gute»
Fleiß und Verständniß hatten diese denn auch unter bewähr«!
Leitung ihre Aufgabe durchgearbeitet, und die wohlgelungei«
Aufführung dürfte ihnen selbst eine ebensogroße Befriedigung
geboten haben wie den Zuschauern. Der Direktor des Gi/'
nasiums, Herr Geh. Hofrath Uhlig, gedachte in seiner Reh-
zunächst auf das verflossene Jahr zurückgreifend, zweier FE
die die Schule in demselben gefeiert habe, nämlich des im L/
tober begangenen Stiftungstages des Gymnasiums, an de»
künftig alljährlich die früheren Schüler desselben sich vereinig!"
sollen, und des 50jährigen Dienstjubiläums des hochverdient-
und mit Schluß dieses Jahres von der Schule scheidenden Herr-
Reallehrers Steinbrenner. Uebergehend auf die am Eude de»
Jahrhunderts naheliegende Frage, was wohl die Zukunft dH
20. Jahrhunderts dem Gymnasium bringen werde, oder vieline/
was zu geschehen habe, um demselben eine gesunde Weir/
entwickelung zu sichern, betonte Direktor Uhlig, daß
sich besonders gegen eine Strömung wenden müsse, die dana«
strebe, die Jugend immer mehr zu erleichtern, zu einer Zeit, «
der Kampf ums Dasein vielmehr eine Stählung der Kräfte /
fordere. Eine solche Erleichterung des Unterrichts, ein möglich»
müheloses, spielendes Lernen, sei z. B. von Sen sogen. PhiE
trovinisten des vorigen Jahrhunderts gefordert worden. D,
Solidität des Wissens sei dabei bedenklich in die Brüche gh
gangen. Aber selbst wenn gelernt worden wäre, was n i«
gelernt worden sei, wäre ein anderer schwerer Mangel gebliebe»
Noch ungleich wichtiger als das Erwerben einer gewissen Su«/
von Kenntnissen sei es, daß der Geist der Schüler zur Arve»
fähig gemacht werde, und daß sie an ernster geistiger Anstrengu^
Gefallen finden. Die hochwichtige Aufgabe der Schule, h
dahin zu bringen, werde durch spielende Methoden nimmer/'
reicht. Zu danken^sei aber den Philantropinisten die Wied«
erweckung des Sinnes für die Pflege der körperlich!?
Hebungen, des Turnens und der Spiele. Denn nicht bl/
sei die Stärkung des Körpers für die Gesundheit und mann/
fache Aufgaben des Lebens von höchster Bedeutung, sond/
Turnen und Spiel erfrische zugleich den Geist und schütze /!
Sinn der Jugend gegen Manches, was ihr Schaden brr/'
Daß das Spiel auch bei uns ausreichend gepflegt werden M/
dafür sei unter Anderem jetzt auch durch die Liberalität früh!/
Schüler und der städtischen Verwaltung Sorge getragen Wo//
die dem Gymnasium einen in der Ebene gelegenen Spiel/"
zur Verfügung gestellt hätten. Vielleicht werde derselbe iE
beim nächsten Stiftungsfest eingeweiht werden können.
Direktor schloß seine Rede mit der Verkündigung der (im GaM.
als sehr günstig zu bezeichnenden) Promotion und der Entlaß«
der Abiturienten, die diesmal in der stattlichen Anzahl von
und darunter 6 mit der Note „sehr gut" die Schule verlaß/
„Deutschlands Jubellied" beendete die Feier, eine Compost''
von A. Steinbrenner, ein Abschiedsgruß des Scheidenden. ,
88- Die Schlutzfeier der höh. Mädchenschule wurde dr/
Jahr beionders festlich begangen, da es das erste Mal >'//
daß sie in den erweiterten Räumen abgehalten werden ko»r/
Aber selbst die neue Turnhalle hätte nicht Raum geboten /
alle Schülerinnen und deren Angehörigen. So wurde
am Donnerstag Nachmittag eine Schlußfeier für die unlE
Klassen abgehalten, bei welcher der Direktor mit einer g,
Geiste der Kleinen angepaßten Ansprache der Kinder ,
die Ferien verabschiedete. Bei der Hauptfeier am San//
ergriff Herr Direktor Thorbecke in seiner Rede die GelE
beit, auszuführen, wie die höh. Mädchenschule der neue!/
Frauenbewegung gegenüber eine abwartende Stellung ern/
nehmen habe, sie habe die Aufgabe, die Mädchen nicht für
Fachstudium, sondern allgemein für das Leben vorzudere/,,
Nachdem er für eine Moltkebüste, welche die erste Klasse",
Schule zum Andenken schenkte, unter Hinweis auf die
raktertugenden des großen Feldmarschalls verdankt und/
schiedsworte an die anstretenden Schülerinnen gerichtet //
begann eine Aufführung von Schillers Glocke, in Musi" /
setzt von Rauchenecker. Das Tonwerk, das unter Leu/
des Herrn Reallehrers Stein von den drei oberen KW)
der Mädchenschule und den drei Seminarklassen mir cst«,
Fleiß eingeübt worden war, fand eine sehr würdige WE,
gäbe. Zwei ehemalige Schülerinnen und Fräulein W/j,
von hier, die schon wiederholt bei Schulfeiern der AnM/,
dankenswerther Weile ihre Unterstützung geliehen, hatten /
Sologesänge und die Klavierbegleitung übernommen. .
verbindenden Stellen zwischen den Gesangstheilcnwurden/
zwei Schülerrinnen der ersten Klasse gesprochen. Der//
Vortrag des Geibelschen Gedichtes zur Schillerfeier 1859
des Goetheschen Epilogs zur Glocke durch zwei Schülerin/
der obersten Seminarklasse erhöhte die weihevolle Stimr»/
in welche die Aufführung die Zuhörer versetzte. Für,,
Sonntag Vormittag war eine Wiederholung der »Glocke ,
absichligk. Aber auf die Trauerbotschaft aus Friedrich! /
wurde davon Abstand genommen und mit den erschien/,
Schülerinnen eine kurze Trauerfeier veranstaltet, wobei
Direktor Thorbecke der Stimmung des Augenblickes
ergreifende Worte Ausdruck verlieh. ,
* Pädagogium-Neuenheim. Aus dem soeben erschien/
Jahresberichte des hiesigen P S da go g lums entnehmen,
daß die Schule im verstossenen Schuljahre von 61Sch u/j
besucht wurde. Der Unterricht wurde in den Klassen
bis Secunda gemäß dem Lehrpläne der Realschulen ,,
Gymnasien in 10 Abtheilungen ertheilt. Den Ausla»/
(Russen, Spanier, Amerikanern! und Schülern der 3-U«
war durch Wahlfächer Gegelegenheit geboten, sich das WE
lichste aus der Fachbildung der Handelsschule anzuetS/
An der Anstalt wirken 5 ordentliche, 2 Hüiss. und 2 /
gionslehrer. — Dank treuer Lehrcrarbeit und gewissen»/
Schülerarbeit erhielten auch in diesem Schuljahre //
Sekundaner den „Einjährigen Berechtigungschein"; fervW
standen alle 3 Primaner die Aufnahme in die,//
eines Gymnasiums und endlich gingen noch 4 Schul!
Realschulen oder technische Lehranstalten über' .r
/X Der Badisch-Unterländer Fischereiverein hielt gestern/
mittag im Gasthaus zum Schiff in Neuenheim seine Ge>,
Versammlung ab. Auf derselben kamen mehrere Gegeui §
zur Sprache, die den Verein schon seit langem beschäftigen../,
wurde die Beschaffenheit der von der Anstalt Selzenhof gE/
F-orelleneier zur Sprache gebracht und es wurde dabei von «//<,
Seiten festgestellt, daß in den letzten Jahren keine g//
Erfahrungen mit diesen Lieferungen gemacht worden sind-
leite dies davon her, daß die besagte Anstalt nicht mehr /.z
Gewässer bewirthschaftet, also auch nicht Brut von Wild»,
liefert, sondern vielfach solche — auch zusammengekauste
von Mastforellen stammt. Man sprach den Wunsch
für die hiesige Gegend die Brut aus Anstalten hiesiger
mit Staatshtlfe, wie sie für Selzenhof ausgesetzt ist, /<
werden möge. Sodann beschäftigte sich die Versammlung
den Bachkorrektionen, die von ihr als ein großes Uebel aUg Ä
werden. Herr Bürgermeister Wittmann von Waibstadt ,
über diese Angelegenheit und stellte fünf Punkte auf, in
diese Korrektionen ungünstig wirken. Es soll nun positives
 
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