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Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

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Nr. 229 - 254 (1. Oktober 1898 - 31. Oktober 1898)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42070#0368
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Konstanz, 8. October. Die Großherzogin hat sich
heute nach achtwöchigem Aufenthalt auf der Insel Mainau nach
Baden-Baden begeben.
Preußen. Vermuthlich wird die allgemein- Einführung
des lateinlosen Unter bau es für alle Arten höherer
Schulen, wie er in den Reformschulen besteht, nach einer
Meldung des Hannov. Cour, in Preußen noch früher er-
folgen, als man bisher annahm. Der gegenwärtige Kul-
tusminister Dr. Bosse steht der Frage günstig gegenüber,
insbesondere aber gilt dies von der allerhöchsten Stelle.
Aus der Karlsruher Zeitung.
— Amtsaktuar Josef Zins meist er in Bretten wurde zum
Amtsregistrator in Ettenheim und Amtsaktuar Eugen Klans-
mann zum Polizeikommissär beim Bezirksamt Karlsruhe
ernannt.

Ausland.
Frankreich. Paris, 8. Octbr. Frau Zola theilte
einem Mitarbeiter des Temps mit, daß Zola in der letzten
Zeit ein schweres Magenleiden hatte, sich aber wieder besser
befindet. Die am Dienstag angesetzte Versteigerung
dürfte, auch wenn Octave Mirbeaus Einspruch verworfen
wird, verhindert werden. Die Freunde Zola's beabsichti-
gen für den ersten ausgebotenen Gegenstand 30 000 Frcs.
zu bieten, so daß die Forderung der drei Experten des
Esterhazy-Kriegsgerichts gedeckt ist.
Palis, 8. Oct. Die wiederholt genantsten Briefe
Kaiser Wilhelms an Dreyfus (!) spielen im gegen-
wärtigen Stadium der Dreyfus-Angelegenheit wieder eine
bedeutende Rolle. Clemenceau schreibt darüber in der
Aurore, diese Aktenstücke des Dreyfusbündels seien Photo-
graphieen von angeblichen Originalbriefen
des Kaisers an den Grafen Münster über, nicht
an Dreyfus, die Hanotaux mit 27 000 Franken bezahlt
hat. Hanotaux habe nicht gewußt, daß es eine Leichtigkeit
ist, solche Fälschungen herzustellen. Der Berichter-
statter der Straßb. Post ist in der Lage, die Angaben
Clemenceaus zu bestätigen und aus zuverlässiger Quelle
durch folgende Nachrichten zu ergänzen. Die Photographieen
tragen als Kopf die Worte : „Cabinet S. M. des Kaisers
von Deutschland und Königs von Preußen" und sind unter-
zeichnet mit „Wilhelm 1. k." Der Kaiser erwähnt in
ihnen die Dienste des Dreyfus für Deutschland und sagt,
er solle den Dienst in der französischen Armee nicht auf-
geben, sondern bei dem Ausbruche eines Krieges zwischen
Frankreich und Deutschland indendeutschenGencral-
stab übernommen (!) werden. Die Stücke erscheinen
als äußerlich sehr geschickte Fälschungen. Der Generalstab
hat dem Cassationshof nur die Akten des Prozesses von
1894 ausgehündigt, die Briefphotographieen aber zurück-
behalten. Der Cassationshof fordert sie augenblicklich vom
Ministerium, und dieses wieder von der Militärbehörde,
letztere jedoch weigert sich, sie herauszugeben, mit der
Begründung, daß sie nicht zu deu Akten des Prozesses von
1894 gehörten und, wenn sie veröffentlicht würden, einen
Krieg mit Deutschland heraufbeschwören könnten. Obschon
der Minister des Aeußern Delcassö im Ministerrathe die
beruhigendsten Versicherungen abgegeben hat, bleibt die
Militärbehörde bei ihrer Weigerung. (Man muß in der
Thät den französischen Generalstab bemitleiden, der auf
solche Fälschungen hereingefallen ist. Red.)
Dänemark. Kopenhagen, 8. Oct. Der Kaiser
von Rußland traf heute Nachmittag 1 Uhr an Bord
der kaiserlichen Jacht „Polarstern" in Bellevue bei Klam-
penborg ein und wurde vom König Christian, der Kaiserin
Marie Feodorowna, Königin Olga von Griechenland und
den königlichen Kindern empfangen.
Italien. Rom, 6. Oct. Der Kronprinz beabsichtigt,
demnächst dem Madrider Hofe einen Besuch abzustatten,
und es sind hierüber bereits Verhandlungen im Zuge. Am
13. d. M. begeben sich der König und der Prinz von
Neapel nach Venedig zum Empfang des deutschen
Kaiserpaares. Der Minister des Aeußern, Admiral
Canevaro, wird dem Empfange der deutschen Majestäten
beiwohnen. Ende des Monats wird die ganze königliche
Familie in Turin dem feierlichen Schlüsse der National-
ausstellung beiwohnen, zu welcher Feierlichkeit sich auch
sämmtliche Minister nach Turin begeben.

Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 10. October.
X Aus dem Vezirksrath. Die Tagesordnung für die am
8. October abgehaltene Bezirks rat Hs sitzung wurde wie folgt
erledigt:
Die Verhandlung der Klage der Gemeinde Neckargemünd
gegen den Mühlenbesitzer Wilhelm Scheid und Bernhard Kling-
mann Ehefrau in Neckargemünd wegen Forderung wurde vertagt.
Genehmigt wurde das Gesuch 1) der Konrad Brox Wittwe
um Erlaubniß zur Errichtung einer Schlachtstätte in Dilsberg,
2) des Bruno Gimpel um Erlaubniß zum Betrieb der Schank-
wirthfchaft ohne Branntweinschank in dem Hause Nr. 6 der
Leyergasse in Heidelberg, 3) des Jakob Reinhard um Erlaubniß
zum Betrieb der Schankwirthschaft „zum Löwen" in Handschuhs-
heim, 4) des Johann Jakob Baust um Erlaubniß zum Betrieb
der Realgastwirkhschaft „zum Hirsch" in Nußloch, 5) des Kochs
Franz Wilhelm Schell um Erlaubniß zum Betrieb der Real-
gastwirthschaft „zur goldenen Rose", Hauptstraße 2» in Heidel-
berg, 6) des Ludwig Heuser um Erlaubniß zum Betrieb der
Schankwirthschaft mit Branntweinschank „zur Eintracht" in Hand-
schuhsheim, 7) des Portland-Cementwerks Heidelberg um Er-
laubniß zum Umbau des Turbinenhauses an der Uferstraße in
Heidelberg; ferner wurde genehmigt das Gesuch 9) um Errich-
tung einer Betriebskrankenkasse für die Arbeiter der Firma
N. Heßler, Malscher Kalkwerke in Heidelberg, 10) um Statuten-
änderung der Betriebskrankenkasse der Firma Carl Freudenberg,
G. m. b. H. in Schönau, 11) um Statutenänderung der Orts-
krankenkasse Rohrbach. 12/16) Die Entschädigung für eine an
Milzbrand umgestandene Kuh des Johann Feurer I. in Nußloch,
des Martin Kühner in Neckargemünd, des Karl Spieß in Kirch-
heim, des Georg Berner in Kletngemünd und des Karl Ebert in
Kleingemünd bezw. die Gebühr der Schätzer wurde festgesetzt.
Von der Universität. Der außerordentliche Professor der
Geschichte Dr. Graf Du Moulin-Eckart hat einen Ruf als
ordentlicher Professor an die Technische Hochschule in München
erhalten und angenommen.
O Der Stistungstag des Heidelberger Gymnasiums wurde
diesmal, da der neunte auf einen Sonntag fiel, Samstag, den 8.

Oct. gefeiert. Vormittags um 11 Uhr versammelten sich Lehrer,
Schüler, Angehörige derselben und Freunde der Anstalt, darunter
Herr Oberbürgermeister Dr. Wilckens und Herr Bürgermeister
Dr. Walz, in der Turnhalle. Ein Largo von Händel, vor-
getragen von der kleinen Gymnasiastenkapelle, leitete die Feier
ein. Sodann verlas Herr Prof. Maler im Auftrage des leider
noch durch Unwohlsein verhinderten Herrn Geh. Hokrath Uhlig
warme und treffend charakterisirende Gedenkworte desselben über
frühere Zöglinge der Schule, die im Laufe dieses Jahres ge-
storben sind. Der zuerst Genannte war der Pfarrer August
Treiber, welcher 1879 das Gymnasium absolvirt hatte und seit
1888 Pfarrer der Gemeinde Richen bei Eppingen gewesen war,
ein Mann» den gleicher Weise Gaben des Geistes und Herzens
auszeichneten und der mit tiefem Ernst glücklichen Humor ver-
band. Wie alle diese Eigenschaften schon in seiner Schulzeit
hervortraten, führte der Nekrolog aus und berichtete dann, wie
standhaft und klaglos der Verstorbene in den letzten zwei Jahren
die Leiden getragen, die seinem Leben ein so frühzeitiges Ziel
setzten. — Noch bevor er die ersten Schritte in dem von ihm
gewählten Berufsleben gethan, mußte ein Anderer scheiden, der
einzige Sohn des Herrn Accisors Georg Müller in Ziegelhausen,
ein durch Eifer hervorragender Schüler, dem seine mit der
strengsten Pflichterfüllung verbundene Befähigung eine glückliche
Wirksamkeit zu sichern schien. Doch ein schweres Lungenleiden
hemmte nicht nur seine Fortschritte, sondern ließ ihn zusammen-
brechen, nachdem er den schriftlichen Theil des ersten juristischen
Examens gut bestanden hatte, ein Bild des treuesten Strebens
bis zum letzten Athemzug, und darum doch kein trauriges, sondern
ein erhebendes Bild. — Es folgten Worte der Erinnerung au
den vor wenigen Wochen verstorbenen Consul Carl E. Weber, der
das hiesige Gymnasium, bis er in die kaufmännische Laufbahn
eintrat, besucht hatte und der Anstalt stets mit warmer Anhäng-
lichkeit zugethan blieb. — Endlich wurde des herben Schmerzes
gedacht, welchen der Tod des einzigen von Dr. August Herth
hinterlassenen Sohnes gebracht hat, der trotz schweren körper-
lichen Hemmnisses mit seinen Kameraden Schritt gehalten hatte
und bis in die drittoberste Klasse des Gymnasiums gelangt war.
— Angeschlossen wurden an diese nekrologischen Bemerkungen
noch einige andere Mittheilungen, die von Interesse für die
früheren Schüler der Anstalt sein konnten, über den Plan eines
(mit dem Andenken an Bismarck zu verknüpfenden) jährlichen
Redewettkampfs von Primanern, wie ein solcher seit vielen
Jahren am Karlsruher Gymnasium in Folge der Fichtestiflung
besteht, ferner über neue Ausschüttungen, die das Innere
des Gymnasiullisbanr erfahren, und über den der Freigebigkeit
früherer Zöglinge und der Opferwilligkeit der städtischen Ver-
waltung verdankten Spielplatz in Neuenheim, der hoffentlich im
nächsten Frühjahr wird in Benützung genommen werden können.
Es folgte jetzt, von Herrn Reallehrer Menges dirigirt, der Vortrag,
der von Kremser bearbeiteten altniederländischen Volkslieder, deren
Vorführung durch hiesige Gymnasiasten uns schon einmal erfreut
hat, diesmal aber, wie uns schien, noch besser gelang; ferner die
Wiederholung - und die ebenfalls verbesserte Wiederholung - von
Scenen aus Goethes Götz, die den Darstellern nnd ihrem Ne-
gifseur, Herrn Professor Rösiger, reichen Beifall eintrug. —
Der Nachmittag war gymnastischen Uebungen gewidmet. Zunächst
turnten zwei obere Klassen unter Leitung des Herrn Menges mit
Stab und Keule, am Barren und Reck. Die Uebungen der
zweiten und dritten Art wurden mit Musik ausgeführt, alle mit
sicherer Gewandtheit. Hieran schloß sich, wie in früheren Jahren,
ein Fünfkampf, diesmal bestehend aus Gerwurf, Weitsprung (der
bestgelungen- betrug 6 Meter), Schleuderball, Stemmen (mit
einem Gewicht von 80 Pfund) und kurzem Wettlauf. Ein kräf-
tiger Sekundaner siegte in allen Stücken mit Ausnahme des
Wettlaufs, wo er sich offenbar zurückhielt, um auch einem seiner
Kameraden einmal den Ruhm des Ersten zu lassen. Den Ab-
schluß dieser Uebungen bildete um 5 Uhr ein Wettrudern von
Schülern oberer Klassen, die von Herrn Proffcssor Ullrich trefflich
eingeübt waren. Zweimal kämpften miteinander zwei Vierer
(mit Steuermännern), einmal zwei Zweier (ohne Steuermann).
Dieses hübsche Schauspiel hatte, wie natürlich, eine große Masse
von Zuschauern auf die neue Brücke gelockt. — Am Abend aber
versammelten sich die Lehrer der Anstalt und zahlreiche ältere
Schüler im Hotel zum Adler und blieben inangeregter, fröhlicher
Unterhaltung mehrere Stunden beisammen. Herr Medizinalrath
Mittermaier, als ältester dec hiesigen Zöglinge des Heidelberger
Gymnasiums, begrüßte die Anwesenden mit einer Ansprache, in
der er seiner Freude über das wohlgelungene Fest und zugleich
feinem Bedauern darüber Worte lieh, daß es Herrn Geh. Hof-
rath Uhlig diesmal nicht möglich gewesen, daran theilzunehmen;
dafür aber, daß derselbe sich entschlossen habe, Heidelberg treu zu
bleiben, gebühre ihm der wärmste Dank. Im Namen des Lehrer-
kollegiums hieß Herr Prof. Maler die in so großer Zahl erschienenen
alten Schüler herzlich willkommen und drückte den Wunsch aus,
daß diese Feier der Anstalt immer mehr Fuß fassen und das
Verhältniß zwischen den früheren Zöglingen der Anstalt und den
Lehrern immer inniger werden möge. Herr Privatdocent Dr.
Vulpius endlich, einer dieser Zöglinge, gab dem Gefühl der
Dankbarkeit gegen die Schule in sehr ansprechender Weise Ausdruck.
V. Kaufmännischer Verein. Gestern eröffnete der Kaufm.
Verein seine Veranstaltungen für das Winterhalbjahr 1898/99 im
großen Saale der Harmonie durch eine Recitation des Herrn
Emil Milan aus Hamburg: „Ernste und heitere Dichtungen
frei aus dem Gedächluiß". Bei seinem Erscheinen wurde Herr
Milan, der vom früheren Auftreten her hier sehr beliebt und ge-
schätzt ist, von dem sehr zahlreich erschienenen Publikum durch
Beifallklatschen begrüßt. Der Recitator begann mit der allen
Hörern zu Herzen gehenden „Nordsee-Erinnerung" — „Inge" von
Reinh. Fuchs. Dem folgte eine Ballade von Fontane „Brücke
am Tay", welcher der Einsturz der Taybrücke und die da-
durch herbetgeführte Verunglückung "des Edinburger Schnell-
zuges zu Grunde liegt. Hierauf kam eine Dichtung von Archi-
bald Douglas zum Vortrag. Nach einer kleinen Pause recitirte
Herr Milan das heitere Gedicht von Heinrich Seidel: „Der gute
alte Onkel" und erntete damit nicht endenwollenden Beifall. Es
folgte noch ein Gedicht von Baumbach: „das Häslein", womit
der genußreiche Abend, welcher den Hörern noch lange in Er-
innerung bleiben wird, seinen Abschluß fand. Herrn Milan wurde
nach jeder Pioce wohlverdienter, reicher Beifall zu Theil.
(j Geistliches Concert. Der Kapellenchor Heidelberg
veranstaltete gestern Nachmittag in der ev. Kapelle wieder ein
Concert, dessen Reinertrag für das Diakonissenhaus nnd den
Kapellenchor bestimmt war. Sopranistin Frl. Klara Siebold und
Pianistin Frl. Maria stern aus Karlsruhe, sowie Violinist
F. Wilhelm Jung aus Offenburg hatten die Güte mitzuwirken.
Aus früheren Veranstaltungen des rührigen Vereins sind wir
gewohnt, daß nur Vorzügliches den Besuchern der Concerte ge-
boten wird, und mit Freude nahmen wir deßhalb die Gelegenheit
wieder wahr, uns das Herz erbauen zu lassen von all dem
Schönen, was das zehn Nummern umfassende Programm zu
bieten versprach. Daß sich diese Concerte überhaupt eines guten
Klanges zu erfreuen haben, bewies wieder zur Genüge die große
Zahl der Besucher. Der Chor „Herr, ich habe lieb" von Fr.
Silcher leitete das Concert ein und versetzte durch seine schöne
gefühlvolle Wiedergabe die Hörer in rechte Wethestimmung.
Athemlos lauschte die Menge den Vorträgen. Frl. Klara Siebold
entzückte durch ihren klangvollen, glockenreinen Sopran, und
speziell die beiden Arien „Engel ewig licht und schön" aus
Händel's „Theodora" und „Mein gläubiges Herze frohlocke"
aus der Pfingstkantate von I. S. Bach, sprachen wunderbar an.
Frl. Maria Stern bewies ihre Meisterschaft als Pianistin durch
die glanzvollen Vorträge von Kompositionen der Klassiker Beethoven
und Bach; auch Herr Violinist Wilh. Jung entledigte sich seiner
ebenso schönen als schwierigen Aufgabe mit der anerkennens-
werthesten Virtuosität. Das Chorlied „Herr Gott, dich loben
wir" endete das alle Theilnehmer hoch befriedigende Concert.
l Besten Dank dem unermüdlichen Kapellenchor und seinem treff-

lichen Dirigenten, Herrn Hauptlehrer Gebhard, für deu gesierU
wieder dargebotenen Kunstgenuß.
— Städt. Arbeitsnachweisanstalt Heidelberg. Monats-
bericht. Nach amtlicher Zusammenstellung wurden im Monat
September im Ganzen 1011 Gesuche eingetragen und zwar 518
von Arbeitgebern, (290 für männl- und 288 weibl.), welche 705
Arbeitskräfte verlangten (455 männl, und 250 weibl.) und 584
Arbeitskräfte zugewiesen erhielten- Arbeitnehmer waren es,
insoweit dieselben einen Eintrag verlangten, 493 (368 männl, und
125 weibl.), von welchen 458 sofort Arbeit nachgewiesen wurde
(345 männl, und 113 weibl.). Befriedigt wurden im Ganzen 655
und zwar: 247 Arbeitgeber (214 männl, und 83 weibl.) und 368
Arbeitnehmer; darunter 285 männl, und 83 weibl. Zu den
angeführten 665 Befriedigten dürfen auch in diesem Monat noch
12—15 Gesuche als befriedigt hinzugerechnet werden, von denen
die Anweisungsscheine nicht mehr an die Anstalt zurückgebracht
wurden. Außerdem haben noch 206 Arbeitnehmer bei der Anstalt
um Arbeit nachgesucht, welche, da ihnen nicht sofort passende
Arbeit nachgewiefen werden konnte, auf einen Eintrag verzichteten.
Der Rückgang von Arbeitnehmern in diesem Monat, namentlich
von Bauhandwerkern aller Art, dürfte in der günstigen Witterung
zu suchen sein.
L Neue Diemerei. Das E rö ffnu n g s e s s e n in der
Neuen Diemerei am vergangenen Samstag war von einer
'tattlichen Anzahl Theilnehmer besucht und nahm in animirtester
Stimmung den schönsten Verlauf. Es wurde in der Zeit von
Abends halb 9 bis gegen halb 12 Uhr eine reiche Fülle wohl-
schmeckender Speisen servirt, denen die Gäste wacker zusprachen.
Herr Sauerbeck, der Direktor der Badischen Brauerei,
childerte in einer humoristisch gehaltenen Ansprache die Ge-
chichte der Herstellung des Neubaus und brachte auf die Bau-
irma Karg uno Kögler in Mannheim ein Hoch aus. Herr
Architekt Karg dankte und pries die Heidelberger Bauhandwerker,
die ihm als tüchtige und arbeitsfreudige Geschäftsleute w wacker
an die Hand gegangen seien. Die Zeit schwand nur allzu rasch
dahin und alle Theilnehmer spendeten bei ihrem Abschied der
Wirthsfamilie Ktllguß, die in Speisen und Getränken das Beste
geboten halte, wohlverdientes Lob.
Eifenbahnunfall. Am Freitag früh 2 Uhr stieß der in die
hiesige Kurve einfahrende Güterzug 702 auf eine dort befindliche
Wageuabtheilung. Die beiden letzten Wagen wurden sammt In-
halt total zertrümmert, etwa 7—10 Wagen mehr oder weniger
beschädigt. Die Schuld an dem Unfall trifft nach dem Pfälzer
Boten den Fahrdienstbeamten der Kurvenstation, welcher dem Zug
702 die Erlaubniß zur Einfahrt ertheilte, ohne sich verlässige
zu haben, ob die Kurve auch frei sei. Glücklicherweise wurde
vom Personal Niemand verletzt, dagegen ist der verursachte
Materialschaden bedeutend.
* Theater. Den Bericht über die gestrige Vorstellung können
wir erst morgen bringen.
-- Polizeibericht. In der Nacht von Samstag auf Sountag
kamen 6 Personen wegen Ruhestörung zur Anzeige; drei Frauens-
personen wurden wegen Fmherziehens verhaftet und ein Arbeiter
wegen Diebstahls, sowie eine Schlossers Wittwe wegen Kuppelei.
In verwichener Nacht kamen hier sechs und in Neuenheim zeh"
Personen wegen Ruhestörung zur Anzeige; eine Frauensperson
wurde wegen Landstreicherei und ein Nadelmacher wegen Betteln-
verhaftet. Gestern Abend zwischen 7 und 8 Uhr stürzte in der
Nähe des Bismarckplatzes ein Radler; derselbe erlitt eine Ver-
letzung am Kopfe sowie eine starke Gehirnerschütterung und
mußte in's akad. Krankenhaus verbracht werden.
Von der Vergstratze, 9. Oct. Die Kartoffelernte
längs der Bergstraße ist beinahe so ziemlich vorüber und die den
ganzen Sommer über gehegte Befürchtung, als würde es sU
Folge der vielen und schweren Regengüsse im Frühjahr, wcnig
oder gar keine Kartoffeln geben, hat sich nicht verwirklicht. E-
gibt Kartoffeln genug, ja einzelne Sorten geben einen sehr reicht
Ertrag, und von Fäuluiß, die so sehr befürchtet wurde, ist keine
Spur zu entdecken. Nur das Ausmachen geht sehr schwer, d"
in Folge dieser schweren Regengüsse das Feld iotal fest, wie zer-
stampft, daliegt. Somit wäre für das Hauptnahrungsmittel der
Bevölkerung hinreichend und ausgiebig gesorgt und für dst-
jenigen, die die Kartoffeln kaufen müssen, ist der Preis auch nilm
allzu hoch. Dec Zentner gilt bis 2,50 Ganz flau und tron
los sieht es mit dem Herbst aus, ja in den einzelnen Ge-
meinden resp. Gemarkungen der Bergstraße getraut man sich kaum
1 Faß zu machen. In Folge der geringen Aussichten ist daher
der Preis für den 97er sehr rasch in die Höhe gegangen »»"
geht mau auf Umschau nach demselben aus, so erhält man übeca»
zur Antwort, es ist alles ausoerkauft. Obst gibt es, wie scho"
berichtet, gar keines.
A Vom Odenwald, 10. Oct. Dank des so schönen Spm(
jahrswercers ist nun auch bei uns vis Kartoffelernte be-
endet. Es gab auf unseren Bergen nicht nur sehr gute, sonder»
auch so viele Kartoffeln, daß manche Bauersleute mit der Unter'
bringung derselben ihre Nsth haben. Hie und da sind auch bj'
reits Verkäufe abgeschlossen worden und wurden für den Doppel'
zentrier auserlesene Eßkartoffeln vier Mark bezahlt.
Diedesheim, 7. Oct. Heute Nachmittag gerteth ein 36 Iahst
alter italienischer lediger Arbeiter beim Abräumen von Gru>st
beim hiesigen Cementwerk zwischen zwei Wagen. Derselbe
wurde derart zerdrückt, daß ec nach fünf Minuten seine»

Geist aufgab.
L. kl. Schwetzingen. 9. Oktober. Bei der heute unter
Vorsitz des neueu Bürgermeisters Häfner vorgenommeneu G?
meiuderatyswa hl wurde von deu ausscheidendeu Gemeinde-
räthen keiner wiedergewählt. Die Sozialdemokraten find g""°
unterlegen, ihr Kandidat erhielt 2l Stimmen. „
— Aus dem Weschnitzthal, 10. Oct. Da die zweite He")
ernte schon vor 14 Tagen und länger glücklich unler Fach m
bracht ist und wir seitdem nur warmes Wetter hatten, so sielst"
die Wiesen abermals in neuem, saftigem Grün, so daß allenlhm
ben wieder Grünfutter gemacht und verfüttert wird. Davurw
können die ganzen Heu- und andern Futtervorräthe für df
Winter aufbewahrt werden, so daß wir im Frühjahr keine"
Futtermangel zu erwarten haben.
Mannheim, 9. Oct. Tagesordnung des Großh. S ch w"^
gerichts Mannheim für das IV. Quartal 1898. MaiMI
10. October. Vormittags 9 Uhr: 1) Schreiner Georg Beck
von Heidelberg, wegen versuchten Mords. Vormittags 11 »ist'
2) Landwirth Joseph Hettenbach von Ballenberg, wege
Verbrechens wider die Sittlichkeit. Nachmittags 3 Uhr: 3) Leh^'
Kilian Weiß von Gerchsheim, wegen Meineids und BelM '
Dienstag, 11. October. Vormittags 9 Uhr: 4) Bohrer Ludst"
Achtstätter von Rittersbach bei Mosbach, wegen Meinest i
Vormittags 10 Uhr: 5) Tüncher Franz Josef Grämlich ",
Hainstadt, wegen Verbrechens wider die Sittlichkeit. Nachmnlad
3 Uhr: 6) Expeditionsgehilfe Michael Busch von GaukönigshNA'
zuletzt in Eubigheim, wegen Unterschlagung im Amte. Mw
mittags Uhr: 7) Taglöhner Jakob Metzger
Neckarburken, wegen Verbrechens wieder die Sittlichkeit, -lw
woch, 12. October. Vormittags 9 Uhr: 8) Landwirth Karl LU
wig Beck und Katharina Elyabethe Beck, beide von Lohrbast
wegen Todtschlags. Vormittags 11 Uhr: 9) Kaufmann Helm
Gustav Nutzinger von Mosbach, wegen Urkundenfälschung
Nachmittags 3 Uhr: 10) Bäcker Berthold Du ffneraus PsohZ
und dessen Ehefrau, Katharina geb. Freitag von Micheli
wegen betrüg. Baukerotts und Beihilfe hierzu. Donnerst»
13. October. Vormittags 9 Uhr: 11) Schneider Johann Val
tin Walter von Waldmichelbach, wegen Nothzuchtsversuch-^
Karlsruhe, 8. Oct. Die von den Volksschullehrern angele §
Neuregelung der Lehrergehälter aus Anlaß des Gest«„
vom 17. September d. I. soll, lt. Bad. B., nach Benehmen
den übrigen Städten, die der Städteordnnng unterstehen, m .
sicht genommen werden. Dazu bemerkt die Bad. SchE^
„Davon ist uns nichts bekannt, wohl aber, daß Karlsruhe
Mannheim von sich aus fchon an der Arbeit sind, den Lehr
 
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