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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0150
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Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 9. Februar.
* Städtischer Voranschlag. (Schluß aus deu Bemerkungen
zum Voranschlag für 1899.» Dem Archilekten Schaevler soll mit
Rücksicht darauf, daß er von dem Garten seines Nachbars Sington,
insoweit dieser Garten an die Scheffelstraße stößt, auf die ganze
Länge dieser Straße 2 m abgekauft und der Stadtgemeinde zu
der im öffentlichen Interesse gelegenen Verbreiterung fraglicher
Straße unentgeltlich zu Eigenthum überlassen, sowie auch die betr.
Gartenmauer auf seine Kosten in die neue Grenze zurückversetzt
hat, aus städtischen Mitteln eine Beihilfe in der Höhe von
1200 „44 geleistet werden. Der besfallsige Geländecrwerb hat
Herrn Schaepler 4500 „44 gekostet. Der Aufwand für Zurück-
setzung der Gartenmauer beträgt etwa 1000 „44 — Behufs Er-
möglichung der Weiterführung des Gehwegs an der
Ziegelhäuser Landstraße über den Haarlaß hinaus soll
auf Gemarkung Ziegelhausen gelegenes, dem Herrn Gerberei-
besitzer Pirsch gehöriges Gelände erworben werden. Das Gelände
kostet 2400 „44 Je ein Drittel dieses Betrags übernehmen der
Kreis und die Gemeinde Ziegelhausen. Das letzte Drittel soll
die Stadtgemeinde tragen. Der Gemeinnützige Verein hat sich
aber in dankenswerthrr Weise bereit erklärt, die Hälfte dieses
Drittels der Stadt wieder zu ersetzen. Die betreffenden 400 „44
erscheinen unter Z 7 t' Ziff. 9 in Einnahme. — In der Märzgasse
soll längs des Gebäudes der höheren Mädchenschule behufs
thuulichster Abschwächung des Lärms, welcher durch das Vorbei-
fahrcn von Fuhrwerken verursacht und wodurch der Unterricht
häufig gestört wird, ein Versuch mit Herstellung eines Holz-
pflasters auf der Fahrbahn gemacht werden. Die Kosten be-
laufen sich bei Verwendung von schwedischem Holz, welches hiefür
besonders geeignet ist, pro Quadratmeter auf 17 „44 — Die
jetzige Treppen an läge auf der Westseite der neuen Brücke
im Stadttheil Neuenheim ist derart schlecht, daß ihr Umbau als
erforderlich erscheint. Bei dieser Gelegenheit soll vom Brücken-
ende aus ein Treppenarm angelegt weiden, damit der Weg nach
der Uferstraße von der Brücke aus wesentlich gekürzt wird. Die
Treppenstufen sind in Granit angenommen. — Auf Ostern d. I.
soll wegen Ueberfüllung der Mädchenklassen des 7. Schuljahrs
eine wettere, die 42. H auptleh re rst eile errichtet werden. An
freiwilligen Zuschüssen zu dem gesetzlichen Diensteinkommen der
Hauptlehrer an den hiesigen Volksschulen sind im Rechnungsjahr
1899 weitere 1100 „44 fällig. Die von der Stadtgemeiude in
dieser Beziehung übernommenen Mehrleistungen belaufen sich
auf z. Zt. rund 26000 „44 pro Jahr. — Für die Volksschul-
brausebäder ist die außeretatsmäßige Bestellung eines beson-
deren Dieners erforderlich geworden, welcher mit seiner Ehefrau
die desfallsigen Geschäfte besorgt und mit derselben eine Ver-
gütung von 1100 „44 bezieht. — Für das Auf- und Abschlagen
des Blum'schen Freibades, für den Hierhertransport seines
Unterbaus, welcher jeweils im Mannheimer Floßhafen über-
wintert, im Frühjahr hierher, sowie für deu Rücktransport des-
selben im Spätjahr nach Mannheim und für Anschaffung von
Gerälhschaftcn und Unterhaltung 2500 „44 Weiter für Anschaffung
von 3 schmiedeisernen Cylindern für das Schlierbacher Bad
1200 „44, sowie für Unterhaltung, Reparatur und Anstrich dieser
Badeanstalt 500 „44 — Die Stadt hat im letzten Jahre den in
einer großen Anzahl werthvoller Bilder, Stiche und Platten be-
stehenden Nachlaß des Grafen Graimberg zum Preise
von 2500 „44 angekauft, wovon 1000 „44 alsbald bezahlt wurden,
während 1500 „44 erst im laufenden Jahre bezahlt werden sollen.
Für weitere Anschaffungen find 1700 „44 vorgesehen. — Es ist
beabsichtigt, im Laufe dieses Jahres in verschiedenen Punkten die
Bezüge der Orchester-Mitglieder neu zu regeln. Es
wird Hiewegen dem Bürgerausschuß besondere Vorlage zugehen.
Um den Beginn der Realisirung der betreffenden Pläne, die sich
in ihrer finanziellen Wirkung auf mehrere Jahre verlheilen sollen,
schon im laufenden Jahre zu ermöglichen, hat der Stadtrath den
Betrag von 1500 „4t in fürsorglicher Weise eingestellt.
** Die diesjährige Generalversammlung der Wahl-
berechtigten zur Handelskammer wurde gestern Abend bei nicht
sehr zahlretcher Betheiligung im Gartensaale der Harmonie ab-
gchalten. An Stelle des durch Unwohlsein am Erscheinen ver-
hinderten 1. Vorsitzenden der Handelskammer, Herrn C. Weidig,
leitete der 2. Vorsitzende, Herr Karl Pirsch, die Verhand-
lungen. Zunächst erstattete Herr W. Cuntz Bericht über die
Rechnung für 1898 und theilte den Voranschlag für 1899 mit.
Die Einnahmen einschließlich des Saldos aus 1897 betrugen im
vorigen Jahre Mk. 6354.91, die Ausgaben Mk. 5436.91, so daß
sich ein Kasseuvorrath von Mk. 918 ergab. Der Voranschlag
für 1899 bewegt sich in ähnlichen Grenzen wie der vorjährige;
es ist eine Einnahme von Mk. 6480.71 und eine Ausgabe im
gleichen Betrage vorgesehen. Der Voranschlag wurde genehmigt.
Die Umlage bleibt die gleiche wie im Vorjahr, nämlich 1 Pfg.
aus 100 Mk. Steucrkapital. Auf Antrag des Herrn Bankdirektor
Dünkel wurde dem Rechner Entlastung für die 1897er Rech-
nung ertheilt. Die bisherigen Mitglieder der Rechnungs-
Prüfungskommission, die Herren Dünkel und Benno Wolfs, wurden
wiedergewählt; der Vorsitzende sprach ihnen den Dank für ihre
Mühewaltung aus Aus dem gedruckt vorliegenden „Kurzen
Bericht über die Thätigkeit der Handelskammer" theilte der
Vorsitzende sodann diejenigen Punkte mit, die in den bereits
veröffentlichten Sitzungsberichten noch nicht erwähnt worden sind.
Es betrafen diese zunächst die Erstellung einer Industriebahn-
Anlage beim kiesigen Güterbahnhof sowie Verlegung der Zoll-
niederlage nach dem Bahnhofe. Betreffs des ersterwähnten
Gegenstandes schweben gegenwärtig Unterhandlungen zwischen
der Großh. Generaldirektion und dem Stadtrath, welche, wie die
Handelskammer hofft, zu einem befriedigenden Ergebnisse führen
dürften; auch die zweite Frage dürfte in absehbarer Zeit die von
dem Handelsstande Heidelbergs gewünschte Erledigung fiudeu.
Zu der gegenwärtig im Reichstage zur Verhandlung stehenden
Novelle zum Bankgesetz hat die Handelskammer dem Reichstags-
abgeordnelen unseres Bezirks, Herrn Oberamtmann Beck-Eberbacb,
reichhaltiges, diesen Gegenstand betreffendes Material eingesandt
und denselben gebeten, für die Erhaltung der Bank als Aktien-
gesellschaft und für Erweiterung des Grundkapitals und der
steuerfreien Notenausgabe wirken und stimmen zu wollen. Im
Anschluß hieran berichtete der Vorsitzende über die jüngst in
Karlsruhe gepflogenen Verhandlungen des 11. badischen Handels-
tages, wovon das Wesentlichste in diesem Blatte bereits mit-
getheilt worden ist. In Folge der inzwischen perfekt gewordenen
Abänderung des Handelskammergesetzes können die im Bezirke
bestehenden Zweigniederlassungen auswärtiger Firmen, auch wenn
sie nicht in die diesseitigen Handelsregister eingetragen sind,

und dauerhafteren Spenden heimführen. Werthvoller wird die
Erinnerung sein, die er mitnimmt an seine unbegrenzte Popu-
larität bei den Heidelbergern.
Die romantische Oper mit ihrer ehrlichen, schlicht-schönen
Musik war von Hrn. Musikdirektor Radig unter bester Ver-
wendung des vorhandenen Materials zu reifer Vorführung
wacker vorbereitet. Einen besonders glücklichen Abend hatte der
Chor, bei dem sich das „gute Gewissen" in reiner Intonation
verkündete.
Frl. Mascha, die Partnerin in dem zweiaktigen Beinah-
Liebes-Duett hatte sich recht sorgsam ihrer Partie gewidmet und
war durchaus sicher darin. Ihre Stimme hat an Stärke noch
etwas zugenommen und klingt im Piano recht hübsch, während
sie im Forte oft schwach wird. Sie singt brav, aber ziemlich
einförmig und reizlos.
Als Gomez hatte Herr Gabelmann einmal wieder Ge-
legenheit, seinen Tenor auszunutzen. Er ist jetzt sehr ökonomisch
geworden und hält ängstlich mit seinen Mitteln Haus, was ihm
und dem Publikum zu gut kommt. Seine Leistung war daher
auch recht annehmbar, da seine Fehler weniger stark heroortraten.
Die drei Hirten-Banditen thaten mit Kehle und Messer
schneidig ihre Schuldigkeit. Or. 8.

wenigstens für ihre im Handelskammerbezirk veranlagten Ge-
werbesteuerkapitalien zum Handelskammerbeitrag herangezogen
werde». Die Bestimmungen über das Wahlrecht haben eine
kleine Abänderung, diejenigen über die Befugnisse der Handels-
kammer eine Erweiterung in dem Sinne erfahren, daß mit Zu-
stimmung der Wahlberechtigten und Genehmigung der Regierung
Anstalten, Anlagen und Einrichtungen, die die Förderung von
Handel und Gewerbe, sowie die technische und geschäftliche Aus-
bildung der Gehilfen und Lehrlinge bezwecken, begründet, unter-
halten und unterstützt werden können. Schließlich wurde noch
Mittheilnng über den den der belgischen Kammer zugegangenen
Gesetzentwurf gemacht, der auf Umwegen eine bedeutende Zoll-
erhöhung durchzuführen beabsichtigt Die Handelskammer hat
sich, da auch aus diesseitigem Bezirk nicht unerheblicher Export
nach Belgien stattfindet, an die zuständige deutsche Behörde mit
der Bitte um Intervention gewendet. Bei der fick, hieran an-
schließenden Besprechung wies Herr O. Sch epp auf das immer
mehr umsichgreifende Erstehen von Waarenbazaren hin; da sie
sämmtliche Bedarfsartikel in ihren Bereich ziehen, schädigen sie
die kleineren Handels- und Gewerbetreibenden aufs Schwerste,
namentlich diejenigen der kleinen Städte und auf dem Lande.
Einen Nutze» bringen die Waarenbazare nicht, auch nicht der
Industrie. Das Steuerergebniß für die Stadt werde durch den
den kleinen Geschäftsleuten entstehenden Ausfall ebenfalls schwer
geschädigt, denn die Bazare behaupten oftmals, daß sie trotz
großen Umsatzes nichts verdienen. In mehreren bayerischen
Städlen sei eine Umsatzsteuer für Waarenbazare eingeführt wor-
den. Er frage, ob sich die Handelskammer schon mir der Ange-
legenheit der Einführung einer solchen Steuer befaßt habe und
wie dieselbe festgesetzt werden solle. Der Vorsitzende er-
widerte, daß die Frage allerdings schon von der Handelskammer
erörtert worden sei; eine Anfrage wurde an das Ministerium
gerichtet, doch ergaben sich große Schwierigkeiten, so daß die
Handelskammer noch nicht in der Lage war, zu der Angelegen-
heit bestimmte Stellung zu nehmen. Sollte die Sache für hier
dringlicher werden, so werde die Handelskammer dieselbe weiter
erörtern. Es kamen dann noch einige weitere Anträge zur
Sprache. Hr. Sch epp erwähnte der strengen Strafen, die, auch
im Falle lediglich eines Veilchens, auf die Beförderung eines in
geschlossenem Umschlag befindlichen Begleitbriefes zu einer
Waareusendung bei Beförderung der Sendung durch einen Boten
gesetzt sind. Hr. L. Goos ersuchte die Handelskammer, sie möge,
wenn es sich s. Z. um die Ordnung des Ladenschlusses handeln
werde, die Angelegenheit in die Hand nehmen. Herr Julius
Otto theilte mit, daß, wenigstens vor kurzer Zeit noch, den
betreffenden Babnbeamten von der Einrichtung der vorüber-
gehenden Aufbewahrung von Maaren am Bahnhof noch nichts
bekannt war. Der V o rs i tz e n d e sagte zu, daß alle vorge-
brachten Wünsche und Anregungen in der Handelskammer er-
örtert werden sollen. Die Frage des Ladenschlusses dürfte viele
Schmierigkeiten bereiten, da es sich hier um verschiedenartige
Interesse» handle. Die Angehörigen der verschiedenen Handels-
zweige würden jedenfalls vorher gehört weroen. Nachdem den
Mitgliedern der Handelskammer noch der Dank der Versamm-
lung für ihre Thätigkeit ausgesprochen, auch mit Dank des Bei-
trags der Handelskammer zur Fortbildungsschule des Kauf-
männischen Vereins erwähnt worden war, wurden die Verhand-
lungen gegen 10 Uhr geschlossen.
5 Der akademisch-theologische Verein veranstaltete am
8. Februar im Bremeneck eine Gedächtnißfeier für seinen großen
geistigen Gründer Richard Rothe. Eine stattliche Anzahl
von alten Herren und Ehrenmitgliedern waren erschienen; u- Ä.
Herr Kirchcnralh Bassermann, die Herren Professoren Troeltsch,
Deißmann, Grützmacher, Dr. Thoma aus Karlsruhe u. s. w.,
die Vertreter der Kartellvereinc Bonn, Straßburg und Marburg.
Nach einer kurzen Begrüßung des Vorsitzenden stimmten die Ver-
sammelten ein in das Lied „Hehr und heilig ist Ne Stunde".
Dann hielt Herr Stadtpfarrer Dr. Bauer aus Frankfurt a. M.
die Festrede. Referent, selbst ein begeisterter Schüler Rothes,
schilderte denselben als akademischen Lehrer. An der
Hand eingehender Studien und unter dem Eindruck persönlicher
Erinnerungen beschrieb er die Vorbereitung zum akademi-
schen Lehrer, die Jahre des inneren Werdens und Kämpfens, bis
er in Rom wurde, was er geworden ist: ein moderner Christ,
welcher dem idealen Christenthum des historischen Christus zw
strebt, die Berufswahl, die Auffassung des Be-
rufes. Der Referent wies bei diesem Punkte auf die
Prorektoratsrede Rothes am 22. November 1845 hin, die Aus-
übung des academtschen Lehramtes, wie Heidelberg
der geeignete Boden war zum Ausbau seiner Ideenwelt, die
Vielseitigkeit seiner geistigen Thätigkeit. Referent schilderte dann
in den charakteristischen Linien die Ethik, das Hauptwerk des
Meisters, und schoß, indem er in warmen Worten auf das
Vermächtuiß Rothes au die Nachwelt hinwies. Nach
Schluß des Vortrags sangen die Versammelten das zu diesem
Festact gedichtete Nothelicd von Pastor v. Mehlhorn aus Leipzig
Im Laufe des Abends sprachen noch: Pfarrer Lüdemann, Prof.
Deißmann, Prof. Troeltsch, Prof. Dr. Thoma.
* Von der Universität. Herr Prof. Osthoff ersucht uns,
die Mittheilung, daß er einen Ruf nach Wien erhalten habe, in
aller Bestimmtheit zu dementiren, da an der Sache thatsächlich
nichts sei.
§ Vom Landgericht. Zum Präsidenten des hier neu zu
errichtenden Landgerichts ist Oderlandesgerichtsrath Sch Lin-
ker ausersehen. Schember ist 1835 in Adelshofen geboren
und bekleidet seit 1884 die Stelle eines Oberlandesgerichts'
raths. Er ist aua, Mitglied des CompelenzgerichtShofes.
Früher war derselbe als Amtsrichter in Pforzheim, als Kreis-
gerichtSrath in Waldshut und als Landocrichisrath in Kow
stanz und >n Freiburg thätig. LaudgerichtSdireklor soll Land-
gerichtsrath Dr. W est -Mannheim werden. Als Nachfolger
Schernber's im Oberlandesgericht wird Landgerichtsrath
G r i ni m - Karlsruhe genannt und an Fieser'S Stelle soll
Landgerichtsrath Rüdt v. C o l l en b er g - B öd igh e im
zum Direktor beim Karlsruher Landgericht ernannt werden,
*»* Ortskrankenkasse. Bei der gestrigen Ersatzwahl von 12
Delegirten aus dem Kreise der Arbeitnehmer machten 166 Per-
sonen, darunter 5 weibliche, von ihrem Wahlrecht Gebrauch. Ter
Vorschlag der vereinigten Gewerkschaften ging glatt durch und
nur wenige Stimmen zersplitterten sich. Gewählt wurden fol-
gende Personen: Friedr. Baßler bei Blank. Friedr. Böhm bei
Bacmeister. Valentin Dörsam bei Hofstetter, Cyr. Heckmann bei
Getsendörfer. Lorenz Hofmeister bei Heinstein, Jakob Ihrig bei
der Aktienbrauerei vorm. Kleinletn, Jean Josbächer bet Hamm,
Josef Müller bei Aisenpreis, Karl Paule bei Pfeffer, Adam
Schubach bei Walter. David Spiegel bei Pfeffer, Hermann Wust
bei Hamm. Das Wahtresultat zeigt hiernach ein anderes Bild,
als es nach dem Vorschlag der öffentlichen Versammlung der
Versicherten zu erwarten war.
* Gewerbeverein. Im Aufträge des Gewerbevereins hielt
gestern Herr Gewerbelehrer Notzinger aus Mannheim im
Prinz Max einen Vortrag über das Acethlen. Der zahlreiche
Besuch des Vortrags bewies, daß das zeitgemäße Thema in den
hiesigen Gewerbekreisen interessirt. Näherer Bericht folgt.
A Der Petersburger Arzt Bismarcks, Dr. Walz, von dem
in letzter Zeit anläßlich der Bismarcksertnnerungen in diesem
Blatt mehrmals die Rede war, ist, wie wir in der Vossischen
Zeitung lesen, am letzten Samstag in Frankfurt an der Oder im
Alter von 78 Jahren gestorben. Er betrieb dort seit 1874 eine
ausgedehnte Praxis als Homöopath.
O Besthwechsel. Herr Karl Philippe verkaufte sein Haus,
Leopoldstraße 39, um den Preis von 74 000 „44 on Herrn
Chr. Haeberlein. — Ferner ging das zur Verlassenschaft der
Frau Elise Müller Wittwe gehörige Haus Leopold st raße 11
um den Preis von 105000 „44 in den Besitz von Herrn Hofrath
Knaufs über.

ÜH Lchöffengerichtsfihrmg vom 8. Febr. 1) Andreas König,
gen. Kumps von Schönau, erhielt wegen Uebertretuug des
Z 361* R.-St.-G.-B. 3 Wochen Haft. 2) Adam Pfeiffer, Gast-
wirth von Altenbach, wegen Hausfriedensbruchs, H 123 R.St.G B-,
eine Geldstrafe von 10 „44. 3j Die Klage gegen Michael Kovv
von Heidelberg wegen Uebertretung des Jmpfgesetz-s wurde
zurückgenommen. 4) Louis Reiß von Heidelberg erhielt wegen
Uebertretung der Gewerbeordnung in vier Fällen eine Geldstrafe
von 200 „44 5) Die Klage gegen Landwirth Georg Wernz H-
von Handschuhsheim wegen Beleidigung des Bernhard Frey-
Bäcker von da, wurde durch Vergleich erledigt.
— Polizeibericht. Gestern Vormittag wurde am Wolfs-
brunnenweg in Schlierbach ein Mann in hilflosem Zustande
aufgefunden und ins akademische Krankenhaus verbracht; dort
stellte sich heraus, daß er geistesgestört ist, worauf er im Männer»
armcnhause untergebracht wurde. Die Persönlichkeit des ManneS
ist noch nicht festgestellt.
6.0. Adelsheim, 8. Febr. Herr H. Schöpf, Aufseher der
Cigarrenfabrik L. Alexander hier, wird sich Anfangs Juni nach
Ksautschou begeben, um die Leitung einer deutschen Cigarren-
fabrik zu übernehmen. Herr Schöpf gedenkt einige deutsche Ar-
beiter mitzunehmen.
O Waldmichelbach, 9. Febr. Für das vierte und letzte Loos
unseres Bahnbaues sind bei der zweiten Ausschreibung sieben
Offerten eiugelaufen und fordern die Herren: Friedrichs-Elber-
feld 151000 „44, Ernst Becker-Siegburg 149000 „44, Kunz-
Wiesbaden 147 000 „44, Jans-Darmstadt und Petzold.Salzhausen
je 142000 „44, Helfmann-Frankfurt 141000 ^4 und Schädel u.
Babilotte-Lahr 139000 ^4 Die definitive Vergebung ersolgt in
vier Wochen.
ch Mannheim, 7. Februar. (Strafkammer.) Am
27. November v. I. unterhielten sich im „Ochsen" in Neulußhcinr
verschiedene Gäste über die Orientreise des Kaisers und Einer
stand auf und gab seiner Freude über die Rückkehr des Kaisers
durch ein Hoch auf denselben Ausdruck. Der Einzige, der sich
bei diesem Toast nicht erhob, war der 28 Jahre alte Taglöhner
Andreas Weber. Als ihn ein Fabrikaufseher deßhalb zur Rede
stellte, that er eine Aeußerung, worin er den Besuch des Kaisers
beim Sultan Saladin, dem „Christcumörder", tadelte, und aus-
drücklich diese seine Ansicht als Grund angab, warum er nich-
aufstehe und sich am Hochrufen betheiligt habe. Zu berücksichtigen
ist dabei, daß der Mann sünfzehn Glas Bier bewältigt halte-
Der Verlheidtger Webers wies deshalb auch darauf hin, das
dem Weber in seiner Trunkenheit Dinge im Kopf sich verdreht
hätten, die er in der Zeitung gelesen, und wenn er halb bewußt-
los diese Lektüre wiedergekaut habe, so könne man ihn nicht
dafür bestrafen. Das Gericht war auf Grund einer Zeugen-
aussage der Ansicht, daß Weber durch sein Nichtausstehen bei dein
Hoch nicht dem Kaiser, sondern der Gesellschaft, die es ausbrachte,
seine Verachtung bezeugen wollte. Die Aeußerung, die er daran
geknüpft habe, sei allerdings beleidigender Natur, allein der An-
geklagte habe in seiner Betrunkenheit nachgeplappert, was er m
den Zeitungen gelesen habe, und damit die Grenzen oer erlaubie"
Kritik überschritten. „Das nächste Mal seien Sie vorsichtiger
mit Ihren Aeußerungenl" Mit dieser Mahnung entließ der
Vorsitzende den Angeklagten.
Mannheim, 8. Februar. Ter Gen.-Anz. schreibt: Eine hoch-
erfreuliche Mittheilung können wir heute der Mannheimer Bürger
schaft machen. Wie einem Freunde unseres Blattes, der >»
unserer Stadt eine hervorragende Stelle einnimmt, von militäri-
scher Seite auf das Bestimmteste versichert wird, kommt das
gegenwärtig in Mülhausen garnisonirende 3. badisch eDra
goner - Regiment Nr. 22 „Prinz Karl" (die sogenannte"
schwarzen Dragoner) wieder nach Mannheim in Garnison-
Bekanntlich war das Regiment schon früher vor seiner aus str?'
tegischen Gründen erfolgten Verlegung nach Mülhausen V
Mannheim domizilirt. Wie wir weiter hören, haben wir diel
Vermehrung der Garnison in erster Linie den unausgesetzte'
eifrigen Bemühungen des Herrn Reichstagsabgeordneten Er»>
Bassermann mit zu danken, der dadurch bewiesen hat, daß er sw'
auch fernerhin noch als Vertreter der Interessen Mannheims!
seiner Vaterstadt, fühlt, wenn die Mehrheit der Wählerschaft N
den letzten Reichstagswahlen es auch vorzog, einem Manne d
Stimme zu geben, vone dem man bis jetzt im Reichstag noch nicht du-
Geringste gesehen und gehört hat. Wenn die Vertretung/^
Interessen Mannheims nur in den Händen des Herrn Dreesva»'
liegen würde, — daun gute Nacht!! — ..
6.0. Karlsruhe, 7. Februar. Durch die großentheils wen-
günstigen Witterungsverhältnisse im Monat Januar wurden o
Arbeiten im Rhein hafengebiet, namentlich hinst«
lich der Herstellung der Dämme und Kunstbauten, zeitweise ^
einträchtigt. Nach Wiederinbelriebnahme der in der Arbeitspan
zwischen Weihnachten und Neujahr ummontirtcn beiden BallS^
im Stichkanal und Mittelbecken wurde vornehmlich kiesig-^
Material gefördert, das zur Auffüllung des Hafenplanums lä>>^
der Ringdämme auf der Westseite, sowie zum Einbauen e>»
Kieskerns als Untergrundsoerstärkung am linken Ufer der
verlegten Alb Verwendung fand. Jnsgesammt wurden im r „
stoffenen Monat ca. 64000 Cbm. Masse gefördert, im Gast» ,
seit Beginn des Baus 295000 Cbm. An der Bahn und StraE,
brücke über die Alb ist nach beendeter Fuudation auch das lw ^
seitige Widerlager auf 3 Mtr. Höhe aufgemauert, sowie an .
neuen Stauwehr die Spundenwände und Betonirung der Fu»^s
mente, wie der Abfallpritsche fertiggestellt. Endlich sind ^
der untersten Strecke der Kanalisation des Hafengebiets
Rohre auf beiläufig 300 Mtr. Länge verlegt und die Sch""
begonnen. jp
6 0. Karlsruhe, 8. Februar. Kaufmann Fritz Reck, der z
der Lutsenstraße (Ecke Rüppunerstraße) ein ziemlich bedeuten^
Lolonialwaaiengcschäft betrieb, ist seit einigen Tagen spu'„,-
versa wunden. Wie verlautet, wollte er sich i» einem würbest
belgischen Badeorte einem Kurgebrauch unterziehen, ist aber ° ^
nicht eingetroffen. Man befürchtet allgemein, daß ihm ein
glück zugestoßcn ist. hst
6. dl. Triberg, 8. Febr. Gestern Vormittag durcheilte ^ ^
>nde von einem Raubmord im benachbarten Schnürst
unsere Stadt. Ueber das schreckliche Verbrechen erfahren^
Folgendes: Am Sonntag Vormittag begab sich der Lalldw eS
und Milchhändler Joos mit seiner Frau zur Hochzeit e^r
Anverwandten nach Hornberg, sein Anwesen und sein iVr ^ ist'
altes Kind der Obhut der seit ihrer Schulentlassung bei ih^el'
diensteten ledigen 23 Jahre allen Erhardine Joos
lassend. Sein Hofgut liegt einzeln, etwa 10 Minuten vow Ac>
Schonach, auf der nordöstlichen Höhe, unmittelbar am
Als Joos und dessen Frau 'Nachts 11 Uhr von Hornbcrg j->
Triberg zurückkehrten, bot sich ihnen beim Betreten de^sL
unteren Stockwerke neben dem Wohnzimmer gelegenen
zimmers ein schauderhafter Anblick. Die Erhardine lag
mend im Blute, mit zerschmettertem Schädel todt am F
Neben ihr lag ein abgebrochener Hammer, eine Axt lw"„ ds!

Stemmeisen, sowie ein Milchgläschcn, mit dem sie kurz v ^
That das kleine Kind bedient haben muß. In der Hand . „,
ein Büschel Kopfhaare gehabt haben, wie auch Blulspure»' §>>>
in den angrenzenden Wohnräumen wahrgenommen wurde»' ^
einen Kampf mit dem Mörder schließen lassen. Ein Kast°',^
gewaltsam erbrochen. Joos hatte einen größeren, Tag» "sckb
eingenommenen Betrag für Milchlieferungen bei sich in der FS
.- - - - - - - - -p sucht--
Gericht begab sich alsbald an den Thatort und wurde tz. t

weshalb der Räuber im Hause umsonst nach Geld smA^'
M ' '.. " ' - ' »rde tz. I»,
«-"K-K

Nachmittag schon die Obduktion der Leiche unter
Bezirksärzte von Triberg und Villingen vorgenommen
ergab, daß der Mörder durch 13 schwere Schläge sein --("Ächi'A
Tode überlieferte. Es wird vermuthet, daß die ersten
auf den Kopf mittelst eines Hammers vollsührt wurden, HAi
beim dritten Ausholen vom Stiele absprang. Die
Schläge rühren von dem scharfen Theile einer Axt her, ,«als,,
dem Mädchen der Kopf und die Schulter förmlich ^
wurde, überdies trug dieselbe am HalseZ Stranguliru»»
 
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