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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0524
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Mahnungen begannen die Briefträger die Arbeit nicht,
worauf der Unterstaatssekretär ihnen ankündigte, daß er
eine Antwort auf ihre Forderungen herbeiführen werde.
Die Ausständigen zeigen eine sehr ruhige Haltung. Die
zweite Abtheilung, etwa gleich stark, gesellte sich zu den
Kundgebenden. Die Leute behaupten, keiner Aufreizung
gefolgt zu sein, sie seien zu ihrem Entschlüsse ganz von
selbst nach Kenntnißnahme der Mittheilungen im Amts-
blatt gekommen. Infolge des Ausstandes konnte heute
Vormittag die Briefbestellung nicht ausgeführt werden.
Zahlreiche Kaufleute erschienen im Postbureau, um sich
über das Ausbleiben der Briefe zu beschweren. Eine An-
zahl Postunterbeamten schloß sich dem Ausstande der Brief-
träger an, sodaß die Zahl der Ausständigen etwa 4000
beträgt. — Natürlich wurde wegen dieses Streiks auch
sofort in der Kammer interpellirt. Die Regierung trat
dabei sehr energisch auf. Der Handelsminister Delombre
erklärte, der Dienst sei zur Stunde durchaus sichergestellt
und werde fortan keine Unterbrechung erfahren. Es gäbe
keine Unordnung im Postdienst. Offen sei noch die Frage,
ob cs zulässig sei, daß ein öffentlicher Dienst der Gnade
einer Anzahl von Beamten preisgegeben werde. (Bravo!)
Die republikanischen Kammern hätten das Postpersonal
immer begünstigt, soweit die vorhandenen Mittel es er-
laubten. Wir werden niemals zugeben können, daß ein
öffentlicher Dienst so auf's Spiel gesetzt werde und daß
man sich anmaße, der Kammer und der Regierung eine
Entscheidung aufzuzwingen. (Anhaltendes Bravo!) Und
der Ministerpräsident Dupuy fügte hinzu, die Regierung
könne nicht zulasten, daß Beamte streiken. Wir sprechen
nicht für das gegenwärtige Kabinet, sondern für jede
andere Regierung. (Beifall.) Der Postdienst ist sicher
gestellt. Wenn die Briefträger ihren Dienst nicht wieder-
aufnehmen werden, werden sie einfach durch andere ersetzt
werden. (Anhaltendes Bravo im Centrum.) Die Regie-
rung werde vor keinem Zwang kapituliren. (Anhaltender
Beifall im Centrum, Widerspruch auf der äußersten
Linken.)
Paris, 18. Mai. Der Voltaire veröffentlicht heute
den Wortlaut beider Depeschen von Dreyfus, vom
8. und 19. Januar d. I., in denen er die Fragen der
Kriminalkammer beantwortet. Er bestreitet darin formell,
sich schuldig bekannt und erklärt zu haben, daß er Ur-
kunden ausgeliefert hätte, um dafür andere zu erhalten.
Er habe immer und überall seine Unschuld betheuert.
Asien. Die Times melden aus Peking vom 17. d.:
Der russische Gesandte lehnt es ab, die Weigerung der
chinesischen Regierung, den Weiterbau der russischen Eisen-
bahn nach Peking zu gestatten, entgegenzunehmen.
China werde, wenn es bei keiner anderen Macht Unter-
stützung finde, bald dem Drucke Rußlands nachgeben. Das
Ergebniß der britischen Politik, die britischen Interessen im
Norden fallen zu lasten, werde ein baldiges Vorrücken der
russischen Militärbahn nach Peking sein. Die Chinesen
seien ungewöhnlich beunruhigt.
Afrika. Der Londoner Standard schreibt: Die soge-
nannte Johannesburger Verschwörung scheint
ziemlich zu einer Schwindelei zusammenzuschrumpfen. Man
solle nicht zulassen, daß ein solches lokales Ereigniß die
Verhandlungen zwischen der britischen Reichsregierung und
der Südafrikanischen Republik störe.
Universität und technische Hochschule.
Bei der Einweihung der Neubauten der technischen Hochschule
in Karlsruhe hat Prof. Osthoff, der derzeitige Prorektor der
hiesigen Universität, sich in sehr beachtenswerther Weise über das
Äerhältniß von Universität zu technischer Hochschule in folgender
Rede ausgesprochen:
Königliche Hoheiten!
Hochzuverehrender Herr Rektor!
Es ist mir der ehrenvolle Auftrag geworden, im Namen der
beiden Landesuniversitäten des Großherzogthums. Heidelberg und
Freiburg, der Karlsruher Schwesterhochschule Gruß und Glück-
wunsch darzubringen, ihr unsere aufrichtige Mitfreude aus-
zudrücken, daß sie durch festliche Tage in schöner Maienzeit die
Fertigstellung stattlicher Neubauten inauguriren, somit eine an.
sehnliche Vervollkommnung ihrer Lehrmittel und gesammten Ein-
richtungen von heute dattren darf. Der Schwesterhochschulc, sage
ich. Es könnte wohl sein, daß ein weniger moderner Mann
unserer Zunft, hier an meiner Stelle redend, etwa das Gefühl
hätte, sich reservirter ausdrücken zu müssen, daß er eher an eine

Stiefschwester zu denken versucht wäre, wenn auch vielleicht des
Sängers Höflichkeit gerade dies Wort nicht dem Gehege der
Zähne entfliehen lassen würde. Denn scheint es nicht noch eine
Doktorfrage, und zwar eine brennende, zu sein, ob den näheren
oder aber den entfernteren Blutverwandtschaftsgrad bildlich an-
zudeuten das Richtigere wäre, dann, wenn man eben das Ver-
hältniß von Polytechnikum und Universität zu berühren hat?
Mir nun kehrte in den letzten Tagen, als ich mich vor die Auf-
gabe gestellt sah, hier heute das Sprachrohr der Universitäten
sein zu müssen, unwillkürlich ein alter Gedankengang wieder, zu
dem ich vor jetzt einem Jahrzehnt bei einer ganz bestimmten Ge-
legenheit angeregt wurde. Es war dazumal, als in der Ent-
wickelung unserer Heidelberger Hochschule die Umwälzung vor
sich ging, daß die alte philosophische Gesammtsakultät bet uns
sich spaltete, um hinfort in einer Zweiheit, ajs philosophische
Fakultät im engeren Sinne und als naturwissenschaftlich-mathe-
matische weiter zu leben. Da sagte ich mir: Hie Geistes-, hie
Naturwissenschaften! Ist nicht diese zeitlich letzte Fakultätcn-
theilung diejenige, welche der Idee nach die allererste
hätte sein niüllen, welche s priori als die einzig rationelle ge-
geben war? Ja, bei Aufrechtcrhaltung des starren logischen
Eintheilungsprinzrps hätte es überhaupt, so scheint es, nicht zu
mehr, als eben diese Zweizahl der Fakultäten kommen dürfen.
Da sind die sogenannte» drei „oberen" Fakultäten, historisch
ebenso alt oder gar älter als die philosophische, vollends ehr-
würdige Jubelgretsinnen im Vergleich mit dem Kind unserer
Tage, dem modernen, auf Naturforschung gerichteten Ableger der
ehemaligen Philosophen- oder Artistenfakultät. Meint mau nicht,
daß, wiederum beim Walten des streng logischen Prinzips, die
theologische und die juristische Fakultät von der jetzigen, a»s
der Verbindung mit der Naturwissenschaft losgelösten philo-
sophischen, die medizinische aber von der jungen und aufstrebenden
naturwissenschaftlichen Schwester aufgesogen werden müßte? Was
rechtfertigt es logisch, daß heute der Lehrer und Vertreter des
römischen Rechts nicht mit dem Professor der römischen Geschichte
in einer und derselben Fakultät sitzt? Ist nicht der Mediziner
nur ein Zoologe, und zwar ein auf ganz eng begrenztem Gebiet
der Zoologie thätiger Forscher, er, der es lediglich mit der
einzigen Thiergattung des llomo supious, ja im Grunde sogar
nur mit llomo sapisns ssgrotus zu thun hat? Aber die Noth
ist die Erzeugerin und Lehrmeisterin der Künste u»d der Wissen-
schaften, nicht die vcrstandesmäßige und schematisirende Berech-
nung. Indem die lebhaftesten Interessen der Menschen zu frühest
auf ihr ewiges, ihr bürgerliches und ihr leibliches Wohl gehen,
entspringt das Bedürfniß, für Ausbildung des Priesters und
Geistlichen, des Rcchtserfahrenen, des Arztes Sorge zu tragen.
Darnach wird erst sehr viel später gefragt, wie diese einzelnen
Wissens, und Lehrzweige, im gemeinsamen Rahmen der Hoch-
schulwissenschaften, in dem Fachwerk der uotvsrÄtss littsrsrum
nebeneinander geordnet und durch etwa uachgewachsene Disziplinen
vermehrt, sich gegenseitig für die zusammenfassende Gesammt-
betrachrung gruppiren- Auch die Wissenschaften und Künste, die
mit der modernen Technik in Beziehung stehen, sind ihrer histo-
rischen Entwickelung gemäß nicht dort etngegliedert, wo sie
logischerweise ihren Platz haben würden. Bei unseren natur-
wissenschaftlichen Fakultäten können sie allein schon aus dem ein-
fachen Grunde nicht untergebracht sein, weil das ein Anachronis-
mus wäre. Scheint es doch gerade im Gegentheil, als ob die
relativ späte Seldständigwerdung der Naturwissenschaften an den
Universitäten erst im Gefolge des mächtigen Aufblühens der ihr
geistig nahe verwandten Bestrebungen an den Technischen Hoch-
schulen stünde. Vielleicht aber wird man doch eine Wesensverschieden-
heit zwischen dem Betrieb der naturwissenschaftlichen Studien
hier und dort, an den Polytechniken und an unseren Universitäten,
in einem anderen Punkte erkennen wollen. Pflegt denn nicht,
könnte man fragen, die Universität die Naturwissenschaften doch
im Großen und Ganzen mehr ohne Rücksicht auf die praktischen
Zwecke des Lebens, im allgemeinen streng theoretisch, mehr dem
reinen und selbstlosen Trieb der abstrakten, von Nebeninteressen
und Sonderabslchtcn freien Naturerkenntniß hingegebcn? Und
betont nicht demgegenüber die Technische Hochschule schärfer den
Gesichtspunkt der Naturbeherrschung, mit dem Ausbretten und
Befestigen des Naturkundlichen Wissens einer besseren praktischen
Ausbeutung die Wege bahnend, hierin entschiedener die Erbin
Bacons und des von ihm ausgehenden Grundsatzes, daß Wissen
Macht ist? Ich vermag, hochansehnliche Festversammlung, auch
nach dieser Seite hin einen prinzipiellen Unterschied nicht zu er-
kennen. Das Praktische, wovon das Technikum seinen Namen
hat, ist ja doch durchaus nicht von der Universität und ihrer
Art und Weise, die Wissenschaft zu lehren und zu pflegen, aus-
geschlossen. So abstrakt, so vornehm aristokratisch war die deut-
sche Universität, trotz ihres hoch hinaufreichenden Adels, niemals,
daß sie, mit ihrem Wissenschaftsbetriebe sich in ein Wölkenkuckucks-
heim verlierend, die Ziele und Bedürfnisse des praktischen L ebens
zu irgend einer Zeit aus den Augen gesetzt hätte. Ist denn
nicht die Theologie au unseren Hochschulen technisch und prak-
tisch angewandte Religionswissenschaft? Und die Medizin, stellt
sie jr doch die wissenschaftliche Erforschung des Organismus des
menschlichen Körpers und seiner Lebensbedingungen bewußterweise
in den Dienst einer Kunst, der Heilkunst, will also auch ihrerseits
Kunstfertigkeit sein. Kurzum, durchlauchtigste und hochgeehrteste
Anwesende, wie ich die Sachen auch drehen und wenden mag:
ich finde immer, mögen auch andere meiner Univeisitätskollegen
anders darüber denken, daß die Technische Hochschule entschieden
und zweifellos Fleisch von unserem Fleische und Blut von unserem
Blute ist: Das spricht sich, meine ich, auch darin aus, daß die
neue Welt, Nordamerika, in der günstigsten Lage, sich unsere Er-

„Nein, nur Gesellschafterin. Du würdest sogar daS Glück
haben, ganz ohne Schwiegermutter zu heirathen."
Bruno lachte: „Na, so weit sind wir noch nicht."-
Wenn Bruno bei Steinberg's verkehrte, meinte er eS
ehrlich mit der alten Freundschaft. Er war ihnen aufrichtig
dankbar für alles, was sie ihm an Güte und Rücksichtsnahme
erzeigten und fühlte sich bei Vater und Tochter, deren stei-
gendes Wahlwollen für ihn er empfand, durchaus behaglich.
(Fortsetzung folgt.)

Wie Kronprinz Rudolf von Oesterreich starb.
Immer wieder taucht aus der Vergangenheit das ungelöste
Räthsel der Tragödie von Meyerling empor, von deren schreck-
lichem Geheimniß vielleicht niemals der Schleier ganz gelüftet
werden wird. Ein soeben unter dem Titel »Mrs mart^räom ok
su swprsss" (Das Martyrium einer Kaiserin) in London er-
schienenes Buch gibt neue Aufklärungen über die Frage, die mit
Rücklicht auf die Person, von der sie angeblich ausgehen, einer
Hofdame der Kaiserin Elisabeth, Beachtung verdienen. In dem
Buche wird von der Katastrophe von Meyerling und den ihr
vorausgegaugenen Ereignissen eine Darstellung gegeben, deren
Hauptinhalt im Auszug wie folgt lautet:
„Nach der Londoner Jubiläumsreise sandte Kronprinz Rudolf
durch einen Kurier einen vertraulichen Brief an den Papst, ihn
inständig bittend, seine Ehe aufzulösen und vom Vater, dem
Kaiser von Oesterreich, die Genehmigung zu erlangen, daß er,
Rudolf, auf die Thronfolge verzichte. Der Papst sandte den
Brief umgehend an den Kaiser. Der Kaiser berief sofort den
Erzherzog Karl Ludwig und den Fürstbischof von Wien und
theilte ihnen den Brief des Papstes mit. Eine schreckliche Scene
folgte nun. Kronprinz Rudolf weigerte sich vor ihnen, den
Grund seines Schrittes mttzutheilen. Erst später, als er mit
dem Kaiser allein war, gestand er ihm seine Liebe zur Komtesse
Vetsera in ergreifender Weise. Das Gespräch mit dem Vater
^ dauerte die ganze Nacht. Rudolf reiste dann am Morgen nach
Meyerling, und in einem Briefe berief er auch die Vetsera dort-
hin. Am nächsten Morgen fanden der Lakai Löschet, Prinz
Coburg und Graf Hoyos beide todt im Schlafgemach Rudolfs.

Die Vetsera hatte sich während einer kurzen Abwesenheit Rudolfs
aus dem Salon mit Strychnin vergiftet. Rudolf lag gegen sie
gelehnt mit einem Kavallerie-Revolver in der Hand, mit dem er
sich erschossen hatte. Auf dem Tisch lagen vier Briefe Rudolfs,
daneben auch folgender Brief der Vetsera: „Liebe Mutter, ich
werde für Rudolf sterben, wir lieben einander zu tief, um eine
Existenz getrennt von einander ertragen zu können. Das grausame
Geschick, welches nichts ändern kann, hat es unmöglich gemacht,
daß wir je einander angehören. Er hat seinem Vater das
Ehrenwort geben müssen, mich nie wieder zu sehen. Da Um-
stände vorliegcn, welche unsere Vereinigung verhindern, Umstände,
die ich am allerwenigsten mit Dir besprechen kann, macht es mich
glücklicher, zu sterben als zu leben. Vergib mir. Deine unglück-
liche Marie." Der Schluß des Briefes war mit Thränen be-
netzt. Rudolfs Brief an den Herzog von Braganza lautete:
„Lieber Freund! Ich muß sterben, ich weiß, ich kann nicht
anders handeln. Lebe wohl! Gottes Segen sei mit Dir.
Rudolf." Der Schluß des Briefes Rudolfs an den damaligen
Sektionschef im Ministerium des Aeußeren Szoegenyi lautete:
„Lieber Szoegcnyi! Sie finden hierin etngeschlossen ein Kodizill
zu meinem vor zwei Jahren gemachten Testament. Sie werden
in meinem Studierzimmer in der Hofburg die Mehrzahl meiner
Papiere finden, und ich überlasse es Ihrer Diskretion zu ent-
scheiden, welche davon zur Veröffentlichung geeignet scheinen.
Diese Papiere sind in dem Schubfach des Tisches eingeschlossen,
welcher beim Sopha steht. Und so schließe ich auch den kleinen
goldenen Schlüssel ein, um es damit zu öffnen. Wenn Sie
diese wenigen Zeilen erhalten, werde ich nicht mehr sein, ich muß
sterben. Geben Sie allen Freunden meine herzlichsten Grüße.
Möge Gott unser geliebtes Land segnen. Rudolf." Außerdem
hinterließ Rudolf Briefe an den Kaiser und die Kaiserin. Die
Verfasserin des neuen Buches behauptet, Rudolf habe sehr
unglücklich mit Stephanie gelebt; vor der Londoner Reise gab
es eine heftige Szene zwischen Beiden, weil Stephanie gehört
hatte, daß die Vetsera mit ihrer Mutter ebenfalls nach London
gehe. Stephanie gebrauchte dabei verletzende Ausdrücke über
die Vetsera und erklärte, sie werde nun nicht mit nach London
kommen. Rudolf sagte, er würde ihr nie diese Worte vergeben,
es sei aus zwischen ihnen."

fahrungen, die mühsam und in jahrhundertelanger Entwickelung
errungenen Kulturergcbnisse der alten Hemisphäre ohne Umschweif
zu Nutze zu machen, bei ihren Neugründungen höherer Bildung« -
anstalten die technischen Disziplinen vielfach schlankweg dem
Körper ihrer Universitäten angliedert uns einverleibt. Hat
es also bei uns die Geschichtsentwickelung nicht so gefügt,
daß die technische hohe Schule auf unserem, dem Uni-
versitätsholze erwachsen sollte, was wollen wir uns ver-
messen, mit der Geschichte zu rechten, ihr nachträglich ihren Lauf
zu korrigiren? Es war der Thor, der Besserwisser im Lehr-
gedicht, dem es einfiel, daß er „solchen Kürbis hätte wollen lassen
prangen hoch am stolzen Eichenbaume". Gerade mit dieser tech-
nischen Hochschule aber, deren Fest wir heute feiern, verknüpft
uns, die zwei Universitäten, noch ein anderes und ganz besonderes
Band. Wir dienen demselben deutschen Lande und Staate. Wir
erfreuen uns gemeinsam der fördernden lande sväterlichen Huld
des erlauchten Fürsten aus dem Zähringerstamm, sowie der
Opferwilligkeit des für sein- Kulturaufgaben immer Herz und
Verständniß zeigenden badischen Volkes. Wir wollen — das sei
dafür zum Danke unsere Losung — selbander gehen im edlen
Wettstreit, Universität und Technische Hochschule, um eine' jede
an dem Platze, an den uns die Geschichte gestellt hat, Kultur,
Wissenschaft und Kunst sorglich zu hegen und kräftiglich zu
fördern, zu Badens Wohl, zum Segen des deutschen Volkes, zum
Heil der gesammten Menschheit. Das walte Gott!

Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 19. Mai.
88 Von der Universität. Bei der gestrigen 3. und letzten
Jmmatriculation wurden eingeschrieben: in der theologi-
chen Facultät 2, in der juristischen Facultät 21, in der medi-
zinischen Facultät 15, in der philosophischen Facultät 10 und
in der naturwissenschaftlich-mathematischen Facultät 19, zusammen
67 Studierende. Vorgemerkt sind noch weitere 14. Der Besuch
der Universität im laufenden Sommerhalbjahr gestaltet sich wie
olgt: Der Stand im vorigen Semester betrug 1142 Studirende,
der Abgang 356, bleiben 786 Studirende aus dem Winter-
halbjahr; der Zugang im Sommerhalbjahr beträgt an immatricu-
lirten Sludirenden 663. davon sind zurückgetreten 3, bleiben
660 neu immatricnlirte, wozu noch weitere 14 vorgemerkte
kommen; es sind also 674 neu immatriculirte Studirende. Der
Gesammtbestand ist sonach 1460 Studirende. Hiezu kommen noch
90 Hospitanten und 13 Hörerinnen, zusammen 103. Die Ge-
sammtsrequenz beträgt 1563 gegen 1503 im vorigen Sommer-
Halbjahr.
Unser Bataillon, welches zur Vorstellung 2 Tage in Mann-
heim weilte, stattete Dienstag Nachmittag vor seiner Rückfahrt
dem dortigen Panorama einen Besuch ab. Es braucht wohl kaum
besonders betont zu werden, daß dar Rundgemälde „Gefecht her
Nuits" bei den Grenadieren das lebhafteste Interesse wach rief,
umsomehr, als sie hier das Gefecht, von dem sie in ihrer ruhm-
reichen Regimentsgeschichte schon so oft hörten, jetzt thatsächlich
vor Augen zu haben glaubten und solches, namentlich unter der
sachkundigen Erklärung, beinahe bis in die minutiösen Details zu
verfolgen vermochten. Namentlich hielten auch die meist in
porträtähnltcher Naturtreue wicdergegebenen einzelnen historischen
Persönlichkeiten und Führer des damaligen Treffens, wie Prinz
Wilhelm von Baden, General v. Werder, Generalleutnant v.
Glümer u. s. w., nicht zum Wenigsten aber der unvergeßliche
tapfere Kommandeur des Regiments, Oberst v. Renz, die Blicke
der jungen Vaterlandsvcrtheidiger gefangen, und gerne wären
dieselbe» noch länger im Panorama verweilt, wären sie nicht durch
den Pfiff der Lokomotive an die Heimfahrt gemahnt worden.
X Vesttzwechsel. Frau Anna Möser Wittwe, gcb. Fath,
verkaufte ihr Haus, Hauptstraße 176, an Herrn Isidor Blum-
berg, Metzgermeister, um den Preis von 88000 Mk.; derselbe be-
absichtigt eine Metzgerei mit Feinwurstlerci darinnen zn betreiben.
Uebernahme des Hauses 1. Oktober 1900. Der KaufabschluS
erfolgte durch Agent I. Löbmann, hier.
O Aus de« Stadttheil Neuenheim. D ie Vertretung unserer
ev. Kirchen gemeinde hat den Beschluß gefaßt, der inzwischen
die Genehmigung der zuständigen Behörden gefunden hat, die
für dieses Jahr erwachsenden Kirchenbaukosten in der Höhe von
60 000 durch die Ausgabe von Schuldverschreibungen von st
50, 100 und 500 Mk. aufzubringen. In den nächsten Tagen
wird den ev. Gemeindegliedern eine Zuschrift des Ev. Kirchen-
gemeinderaths mit der Bitte zugehen, sich an diesem Anlehen
freundlich betheiligen zu wollen. Da die Kirchengemeinde für die
Schuld haftet, so bilden diese Papiere eine Geldanlage, die zwar
nur 3 trägt, dafür aber unbedingte Sicherheit bietet. Durch
den Verzicht auf einen höheren Zinsenertrag werden die Abnehmer
der Schuldverschreibungen ihrer Kirchengemeinde eine dankens-
werthe Beihilfe für den Kirchenbau leisten, der, wie wir mu
Sicherheit vernehmen, in Bälde begonnen werden soll. Wrc
haben zu dem bewährten kirchlichen Sinn der Neuenheimer
ev. Gemeindeglieder das Zutrauen, daß sie gerne bereit sein
werden, das Werk des Ktrchenbaus auch auf diesem Wege zu
unterstützen. Die fertigen Pläne werden demnächst in der Kirche
öffentlich ausgestellt werden.
Es Schösfengerichtssitzung vom 18. Mai. 1) Barbara Windisch,
Dienstmagd dahier, erhielt wegen Diebstahls einen Verweis,
2> Friedrich Lochner, Schiffer in Schlierbach, wegen Beleidigung
eine Geldstrafe von 30^. 3) Johann Adam Hemmerich, Zimmer-
mann, Maurer in Wieblingen, wegen Körperverletzung 1 Monat
Gefängniß, der mitanaekiagte Friedrich Wolf daselbst wurde
f eigesprochen. Jakob Rühle III., Rudolf gen. Johann Wiest und
Valentin Riegler, alle Maurer in Eppelheim, sind wegen Körper-
verletzung angeklagt; Rühle erhielt 14 Tage Gefängniß, die
anderen wurden freigesprochen. 5) Jakob Kirchgäßner. Cigarren-
macher in Kirchhetm, erhielt wegen Körperverletzung eine Geld-
strafe von 30 ev. 6 Tage Gefängniß. 6) Wegen Körper-
verletzung erhielten Karl Konrad Bauer, Schneidergeselle in
Frankfurt a. M., Otto Witzemann. Mechaniker dahier, Alexander
Hörner, Schreiner dahier, und Michael Brunnemer, Cigarrenmacher
in Sandhaufen, eine Geldstrafe von je 20 ev. 4 Tage Gei-,
Carl Christian Frank, Schneidergeselle in Sandhausen, eine solche
von 30 ev. 6 Tage Gef., und Michael Herzog, Taglöhuer M
Sandhaufen, eine solche von 10 ev. 2 Tage Gef. 7) Heinrich
Liunebach V., Steinbrecher in Mückenloch, erhielt wegen Unter-
schlagung eine Geldstrafe von 20 ev. 4 Tage GefängMö-
8) Die Verhandlung gegen Paul Reinhardt, Taglöhner, und
Karl Kollmar, Gypser, beide dahier, wegen Körperverletzung
wurde vertagt. 9) Karl Bäcker, Steinbrecher in Rainbach, erhielt
wegen Bedrohung und Körperverletzung 2 Wochen Gefängniß-
— Polizeibericht. In vergangener Nacht kamen 11 Studenten
wegen Ruhestörung und Unfugs zur Anzeige. — Ein Hausburscht
einer hiesigen Privatheilanstalt, der von dem Besitzer derselben
vierhundert Mark zur Begleichung von Rechnungen erhalten hatte,
ging, statt die Rechnungen zu bezahlen, mit dem Geld- flüchtrg-
Karlsruhe, 18. Mai. Die Festlichkeiten zur Einweihung
der Umbauten der technischen Hochschule wurden heute um
10 Uhr Vormittags durch den Festakt in der Aula zur Ein-
weihung des elektrotechnischen und botanischen Instituts fortgesetzt-
Während der gestrige Festakt mehr eine repräsentative Feier >»
großem Stil darstellte, trug die heutige Aulafeier mehr eine»
internen wissenschaftlichen Charakter. Wieder hatte sich in her
Aula eine glänzende Versammlung eingefunden, und auch die!-
Feier erhielt ihre Weihe durch die Anwesenheit des erlauchte»
Fürstenpaares und Seiner Großherzoglichen Hoheit des Prinzen
Karl. Den Inhalt des Festaktes bildeten zwei wissenschaftlich
Vorträge aus den Gebieten der beiden Wissenszweige, denen vc
neu errichteten Institute dienen sollen. Gleich nach dem 0^"
scheinen Ihrer Königlichen Hoheiten begann, nach einer kurze
Begrüßungsansprache des Herrn Geh. Raths Prof. Engler, H-e
Hofrath Prof. Arnold, der Leiter des elektrotechnischen JnstUUtS'
seinen Vortrag über die „Entwickelung der elektrotechnischen rl»'
dustrte Deutschlands". Als zweiter Redner bestieg darauf V"
 
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