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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0601
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Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

Xr. 133. Zimtes statt.

Samstag, den 1V. Im

1889.

Ausschreitungen bei den Arbeitskämpfen der
letzten Jahre.
I.

Als ergänzende Begründung zu dem Gesetzentwurf über
den Schutz des gewerblichen Arbeitsverhältuisses ist dem
Reichstage eine Denkschrift zugegangcn. Dieselbe
macht auf 108 Oktavseiten, gestützt auf die in sämmtlichen
Bundesstaaten vorgenommenen Erhebungen, nähere Mit-
theilungen über Umfang nnd Art der Ausschreitungen,
welche bei den Arbeitskämpfen der letzten Jahre vorge-
kommen sind, und erörtert im Schlußabschnitt die Unzu-
länglichkeit der bestehenden Strafbestimmungen zur Ver-
hütung und Abwehr solcher Ausschreitungen.
Dem in der Denkschrift enthaltenen Material sind
nachfolgende Angaben und Hinweise entnommen.
1. Häufigkeit und Schwere der Aus-
schreitungen.
Die Arbeiterwegung der letzten Jahre hat, wie aus
den Antworten auf die amtliche Umfrage sich ergiebt, in
beträchtlichem Maße strafbare Ausschreitungen im
Gefolge gehabt. So sind bei der Staatsanwaltschaft I
Berlin seit 1896 etwa 124 Untersuchungen unter Berufung
auf Z 153 der G.-O. anhängig gemacht worden, die in
82 Fällen zu Verurtheilungen geführt haben, bei der
Staatsanwaltschaft II Berlin etwa 45. Aus den allge-
meinen Aeußerungen seien nachstehende aufgeführt: Der
Oberstaatsanwalt in Breslau bemerkt, der Zwang zur
Koalition nnd zuin Streik sei nach den amtlichen Er-
hebungen oft sehr weitgehend und geeignet, „Zustände
herbeizuführen, welche an Anarchie grenzen"; aus Erfurt
wird berichtet, daß bei allen Ausstünden seitens der Aus-
ständigen auf die Arbeitswilligen mit allen erdenklichen und
widerrechtlichen Mitteln eingewirkt wird, um sie zu Ver-
bindern, „Streikbrecher" zu werden; in dem Berichte aus
Altona heißt es, daß die Belästigungen Arbeitswilliger
„größtentheils sehr arger Natur waren"; der Bericht des
Regierungspräsidenten zu Lüneburg bekundet, daß Be-
lästigungen und Einschüchterungen der Arbeitswilligen durch
Ausständige die regelmäßige Begleiterscheinung der Ausstände
gewesen wären; desgleichen berichtet der Regierungspräsident
zu Wiesbaden von dem widerrechtlichen Zwang, der fast
bei jedem Ausstande auf die Arbeitswilligen ausgeübt wird;
aus Arnsberg wird bemerkt, daß die Arbeitswilligen „stets
Beschimpfungen und Schmähungen, Drohungen und Miß-
handlungen ausgesetzt sind"; in Bayern haben die Ver-
suche Ausständiger, „das Eintreten von Ersatzmannschaften
mit allen, auch verwerflichen Mitteln zu verhindern, eine
ganz bedenkliche Ausdehnung gewonnen"; in Baden wurde
festgestellt, daß der Streikterrorismus neuerdings stetig
wachse und der bisherige Schutz der Arbeitswilligen nicht
ausreichend sei.
Die bei den einzelnen Ausständen verübten Verfehlungen
bestanden in Beleidigungen, Drohungen und Gewaltthätig-
keiten der verschiedensten Art; von einfachen Ehrverletzungen
und Kundgebungen der Mißachtung steigern sie sich bis zu
den niedrigsten und gröbsten Schmähungen, gefährlichsten
Drohungen, rohesten Mißhandlungen und schwersten Ver-
brechen. Bei den Mißhandlungen der Arbeitswilligen
wurden vielfach Stöcke, Knüttel, Steine als Werkzeuge ver-
wandt; verschiedentlich spielte auch das Messer bei Ueber-
fällen eine verhängnißvolle Rolle. Während der letzten
großen Bergarbeiterausstände im rheinisch-westfälischen
Kohlenrevier und im Saar-Revier wurden wiederholt
Lynamitanschläge gegen die Häuser von „Streikbrechern"
ausgcführt; auch wurde versucht, ihre Häuser zu demoliren
und anzuzünden. Bei dem Ausstande im rheinisch-west-
fälischen Revier 1892/93 wurden 7 Dynamitanschläge,

darunter 3 auf Eisenbahnzüge, verübt. Ter Umfang der
strafbaren Ausschreitungen in einzelnen Orten und bei ein-
zelnen Arbeitskämpfen und der Charakter der in Folge
dessen erhobenen Anklagen und erfolgten Verurtheilungen
wiro in der Denkschrift an einer Reihe von Beispielen
dargelegt, gleichzeitig wird aber darauf hingewiesen, daß
ein sehr erheblicher Theil der Verfehlungen nicht zur amt-
lichen Kenntniß gelangt, da die Betroffenen aus Furcht
vor weiteren Verfolgungen und Gewaltthätigkeiteu sich
scheuen, Anzeige zu erstatten. Auch für die Beweisführung
bei Strafsachen, welche mit Arbeitskämpfen Zusammenhängen,
erwachsen außerordentliche Schwierigkeiten aus der Furcht
der Zeugen vor Behelligungen durch die Ausständigen.
Aus vielen Orten wird auch von strafbaren Aus-
schreitungen gegen Arbeitgeber (Sachbeschädigungen,
Beleidigungen, Hausfriedensbruch, Bedrohungen, Mißhand-
lungen, Erpressuugsversuchen) berichtet. Wiederholt ist es
auch vorgekommen, daß dritte Personen, die zu den
Ausständen selbst in keiner unmittelbaren Beziehung standen,
z. B. die Hauswirthe Arbeitswilliger, unter Behelligungen
durch streikende Arbeiter zu leiden hatten oder von Gewalt-
thätigkeiten der lchlimmsten Art betroffen wurden, abgesehen
davon, daß durch die Zahl und die Art der Ausschreitungen
die ganze Einwohnerschaft einzelner Ortschaften oder Ge-
genden geraume Zeit hindurch in Unruhe und Bestürzung
versetzt wurde. Daß die zur Aufrechterhaltung der öffent-
lichen Ordnung und Sicherheit berufenen Beamten aus
Anlaß von Arbeitskämpfen in ganz erheblichem Maße be-
leidigt und verspottet, bedroht, angegriffen und verletzt
wurden, wird mehrfach berichtet und durch die Darstellung
roher Massenausschreitungen näher beleuchtet.
Wie sehr in den Kreisen der Handel- und Gewerbe-
treibenden das Bedürfniß nach einer Verstärkung des
Schutzes gegen die bei Arbeitseinstellungen vorkommenden
Ausschreitungen empfunden wird, kommt namentlich in den
Jahresberichten derjenigen Handelskammern zum Aus-
druck, welche während des Hamburger Hafenarbeiteraus-
standes von 1896/97 aus nächster Nähe Erfahrungen zu
sammeln Gelegenheit hatten. Einige markante Stellen aus
den betreffenden Jahresberichten werden in der Denkschrift
wiedergegeben.
Aus Stadt und Land.
— Weircheim, 7. Juni. Der Bürgerausschuß hat die
neulich erwähnten Vorlagen genehmigt, darunter auch die Er-
richtung eines Progymnasiums auf Herbst nächsten Jahres mit
einem Mehraufwand von ca. 10 000 Mk. jährlich, nebst Erstel-
lung eines Schulgebäudes. Zur Bestreitung dieses Postens
wurde zugleich die Einführung einer Verbrauchs st euer auf
B i er beschlossen, deren Ertrag bei einem jährlichen Verbrauch
von 15—16 000 Hectolitern sich auf ca. 8000 Mk. beziffern
dürfte. Ebenso wurde mit Rücksicht auf die in Aussicht genom-
mene Errichtung einer Handelsschule die Hilfslehrerftelle an der
Gewerbeschule in eine zweite Hauptlehrerstelle umgewandelt. —
Bezüglich unserer früheren Mttthetlung über das Aussehen der
Obstbäume sei bemerkt, daß in Folge des Ungeziefers, der
Raupen und der Blutlaus, namentlich die Zwetschgenbänme leider
ein recht trauriges Aussehen haben und zu befürchten steht, daß
die Bäume auf Jahre hinaus ertragsunfähig oder mehr oder
weniger in nächster Zeit schon dürr werden. Auf Zwetschgenertrag
ist gar nicht zu rechnen. Erfreulicher sieht es mit dem Stande
des Getreides aus; allerorten steht insbesondere der Roggen
sehr schön. Auch an Futter fehlt es nicht, weshalb die vorge-
nommenen Heugrasversteigerungen für die Verkäufer keine be-
friedigenden Preise erfuhren. — Wie wir nachträglich erfahren,
wurden im vorigen Monat hier 2469 Liter Maikäfer gefangen
und abgeliefert; aus der Stadtkasse wurden dafür 124 Mark
ausbezahlt.
X Patentbericht für Baden vom 30. Mai 1899, mitgethetlt
von dem Internationalen Patentbureau C. Kl eher in
Karlsruhe. (Auskünfte ohne Recherchen werden den Abonnenten
dieser Zeitung bei Einsendung der Frankatur gratis ertheilt.)
s. Patent-Anmeldungen: L 11814. Sammelmappe.

Karl Gladitz. Oos. Vom 29. September 1897 ab. — Voll. 14085.
Schutzhüllen aus vulkanisirtem Gummi für Eier oder Früchte.
Fritz Dippel, Heidelberg. Angemeldet am 11 October 1898. —
b. P a t en t - Erth e i l u ng e n: Nr. 104 679. Bügeleisen mit
lösbarem Handgriff; Zus. z. Pat. 74762. Emil Reis. Pforzheim.
Vom 1. October 1898 ab. — o. Gebrauchsmuster-
Eintragungen: Nr. 115650. Rechen-Lerw Apparat mit auf
einer horizontalen Stange verschiebbaren, von zehn zu zehn in
der Farbe abwechselnden, fingerähnlichen Stäbchen, welche nach
vorn auf Gestelltheile aufgelegt bezw. zurückgeschlagen werden
können. Gustav Knödel, Holzhausen t. B. Vom 10. April 1899.
— Nr. 115 556. Bleistifthalter, bestehend aus drehbar über-
einander gehaltenen, mit geraden und schraubenförmig ansteigen-
den Schlitzen versehenen Hülsen zum Vor- und Zurückbewegen
des Bleistifthaltestückes. Otto Unglenk, Pforzheim. Allgemeldet
am 1. Mai 1899. — Nr. 115 430. Feststellmechanik für vor-
und zurückfallende Holz- oder Metallbleistifte durch mittelst
Daumendruck bewirkte gegenseitige Verschiebung zweier ver-
schiedenartig geschlitzter Hülsen. Andreas Daub, Pforzheim. Vom
27. April 1899.

LiterarisckeS.
—Z Technologie der Schlosserei von Julius Hoch
Lehrer an der kgl. sächsischen Baugewerkschule mit Tiefbauschule
in Zittau. Erster Theil. Beschläge, Sckloßkonstruktionen und
Geldschrankbau. 446 S. mit 256 Abv. In Origiualleinenband 6
Zweiter Theil. Die Bauschlosserei. 432 S. I. I. Weber in Leipzig,
mit 288 Abbildungen. In Origiualleinenband 6 „tL Die
Technologie der Schlosserei behandelt das umfangreiche Gebiet
der Schlosserei in der Weise, daß sich der 1. Theil mit den Be-
schlägen, den Schloßkonstruktionen und dem Geldschrankbau be-
schäftigt, während der 2. Theil der Bauschlosserei, insbesondere
den Eisenkonstruktionen gewidmet ist. Ein demnächst erscheinender
3. Theil wird hauptsächlich die Kunstschlosserei und die Ver-
schönerungsarbeiten des Eisens enthalten und für einfache stil-
volle Entwürfe Grundlagen schaffen. Bisher fehlte es fast ganz
an einem Buche, das ausschließlich der Schlosserei gewidmet war
und auch die in dieses Gebiet gehörenden Neuigkeiten ausführlich
und eingehend bis auf die jüngste Zeit behandelte. Bei der
großen Zahl der zu berücksichtigenden Neuigkeiten wurde darauf
großer Werth gelegt, von den Vertretern der einzelnen Gruppen
jedesmal besonders charakteristische Beispiele nicht nur namentlich
anzuführen, sondern auch zu beschreiben. Außerdem wurde der
ganze Stoff möglichst systematisch gegliedert, so daß es Jedem
verhältnißmäßig leicht werden wird, sich nicht nur einen lleber-
blick über das ganze Gebiet zu verschaffen, sondern auch schnell
jene Kapitel herauszufinden, denen der Betreffende augenblicklich
seine Aufmerksamkeit zuwenden will. Den zur Erläuterung des
Textes dienenden Abbildungen (oer erste Theil enthält deren 256,
der zweite 288), unter denen sich zahlreiche Originalzeichnungen
befinden, wurde ganz besondere Sorgfalt geschenkt, um das Buch
auch nach dieser Richtung hin möglichst brauchbar zu gestalten.
Der Inhalt der beiden Theile gliedert sich in folgende Haupt-
abschnitte: Erster Theil: Beschläge. Schlösser. Der Geldschrank-
bau. Zweiter Theil: Das Eisen als Baustoff und dessen Ver-
bindungselemente. Das Eisen als Baustoff. Die elementaren
Eisenverbindungen. Anwendungen der elementaren Eisenverbin-
dungen und Hilfsverbindungen für andere Baustoffe. Verbin-
dungen der verschiedenen Handelseisensorten untereinander. Rohre
und Rohrverbtndungcn. Anwendungen des Eisens im Bauwesen.
Im 2. Theile ist vor allem auf die elementaren Eisenverbindungen
Rücksicht genommen, weil sich in der eigentlichen Bauschlosserei
dem auf der Höhe der Zeit stehenden Schlossermeister ein Feld
der Thätigkeit eröffnet, auf dem er wirksam den Kampf mit der
Großindustrie aufnehmen kann, um sich einen neuen Wirkungs-
kreis zu verschaffen, nachdem die Anfertigung der Beschläge und
Schlösser größtentheils an den Fabrikbetrieb übergegangen ist.
Die Technologie der Schlosserei eignet sich nicht nur für den
Lehrling und Gehilfen, wie auch für den jungen Meister als
Handbuch, das ihn befähigt, den Ansprüchen der neueren Zeit
vollständig zu genügen, sondern auch als Prämie für gewerbliche
Schulen.
Für die Redaction verantwortlich: F. Montua in Heidelberg.
/nIiii-4i/> llülx-iff«?
8prve88tim<1vii: 9—3 Uli?.
Hierzu Heidelberger Familienblätter Nr. 46.
Inhalt: Hineingeschneit. Humoristische Erzählung von E. Merx.
(Fortsetzung.) — Vom Trachtenfest zu Haslach. — Verschiedenes.
— Vom Büchertisch.

hierbei herrschende feucht-fröhliche Stimmung kam auch in einigen
Trinksprüchen zum Ausdruck, darunter unter allgemeinem Jubel
auf den Senior der Gesellschaft, Herrn Fuchs, der trotz seiner
74 Jahre die nicht unbeschwerliche Marschleistung mit bewun-
dernswerther Ausdauer und Energie gemacht hatte. Man schied
mit den besten Eindrücken nicht nur vom Schlosse, sondern auch
von dem gastlichen Hotel „zur Post" und damit von Auerbach,
um freundliche Erinnerungen an eine durchaus gelungene und
in voller Harmonie verlaufene Festlichkeit reicher.
— Mainz. 5. Juni. Eine Commission von Fachleuten aus
Preußen, Bayern, Baden und Hessen, sowie Mitgliedern des
Reichsgesundheitsamtes befuhren voriges Jahr den Rhein, den
Main und den Neckar, um Proben des Wassers an vielen
Stellen zu entnehmen zur chemischen und bakteriologischen Unter-
suchung. Bevorzugt wurden hauptsächlich die Stellen vor Ort-
schaften und Städten sowie vor Fabriken, welche ihre Abwässer
in die Flüsse leiten. Das Ergebntß der Untersuchung ist jetzt
in einer umfangreichen Denkschrift des Reichsgesundheitsamtes
niedergelegt, welche an die Behörden nnd Kommnnalverwaltungen
übersandt wurde. Die Denkschrift kommt zur Schlußfolgerung,
daß die Verunreinigung der Flußwässer durch die Abfallwässer
der Fabriken eine wesentlich bedeutendere sei als durch die
Fäcalien und daß dem Einlassen dieser, wenn sie vorher sach-
gemäß gereinigt worden seien, keine (I) Bedenken (!)
entgegenstehcn.
— Strahburg, 6. Juni. Im großen Saale der Aubette tagte
am Samstag die Hauptversammlung des badischen,
des elsaß-lothringischen und des pfälzischen
Zweig Vereins für das höhere Mädchenschul-
wesen. Wie wir einem längeren Berichte der Str. N. N.
entnehmen, drehten sich die Ausführungen in der Hauptdebatte
um die gemeinsame Ausbildung der Elementarlehrerinnen und
der höheren Lehrerinnen, die bereits vom allgemeinen deutschen
Verein für das höhere Mädchenschulwesen eifrig befürwortet
wird, denen von dem Vorstande des elsaß-lothringischen Zweig-
vereins aber entgegengetreten wurde. Direktor Dr. Thorbecke-
Heidelberg trat als erster Referent für die gemeinsame Ausbildung
ein, Direktor Fischer- Mülhausen vertheidigt das reichsländische
System, indem er u. A. darauf hinweist, daß durch eine gemein-
same Ausbildung die Würdigung der Elementarlehrerinnen noth-

letden könne, ba die Schülerinnen, welche sich für das höhere
Examen zu schwach fühlten, beantragen würden, das niedere
machen zu dürfen. Der Direktor, der sie dann da durchfallcn
lasse, müsse ein Herz von Stein haben, und da so diese Carrisre
häufig als ein Nothbehelf angesehen werde, würde ihr Ansehen
darunter notyleiden. Direktor Schröder- Speyer schildert in
längerer Rede die Lehrerinnenbildung in der Pfalz. Dort könne
jeder Elementarlehrer und jede Elemeutarlehrerin in höheren
Mädchenschulen unterrichten. Die fremden Sprachen würden von
Damen gelehrt, die ein besonderes Examen dafür gemacht haben
müßten. Es werde dabei gar nicht darauf geachtet, was sie für
eine andere Ausbildung hätten. Auch er tritt trotz dieses Miß-
standes für eine gemeinsame Ausbildung ein. Gegen diese wendet
sich der Direktor Dr. Rieden, für diese der badische Geh.
Hofrath v. Salwürk. Er tritt für die gemeinsame Ausbildung
ein, um so mehr, als in Baden alle Candidatinnen für den
Elementarlehrerstand aus der höheren Mädchenschule hervor-
gingen. Zur Erleichterung der Prüfung befürwortet er eine
Zwischenprüfung. Mit großem Interesse und Beifall wurden die
Ausführungen des Straßburger Oberschulraths Dr. Schlemmer
entgegengenommen, der, auf die Organisation des elsaß-
lothringischen Schulwesens verweisend, die getrennte Ausbildung
der Elementar- und höheren Lehrerinnen vertheidigt. Herr
Richter weist aus die Organisation unseres Schulwesens hin,
die sich wohl bewährt habe, und erinnert daran, daß wir, im
Gegensätze zu Baden, fast ebenso viele Volksschullehrerinnen
haben, wie Volksschullehrcr, während in Baden nur ein geringer
Prozentsatz der Unterweiser der Jugend Lehrerinnen sei» dürfen.
Im weiteren Verlaufe der Debatte wendet sich der elsaß-
lothringische Vertreter gegen die Zwischenprüfung und wird darin
von Direktor Dr. Luthmer mit großem Erfolg unterstützt, der
als warnendes Beispiel an die neueingeführte Einjährig-freiwilligen
Prüfung in den Schulen erinnert, gegen welche wohl alle Schul-
männer des Landes wären. An den Debatten betheiligten sich
Direktor Schröder- L>peyer, Thorbecke - Heidelberg, Geh.
Hofrath S a l w ü r k - Karlsruhe, Dr. Rieden, Direktor
Dr. Keller- Freiburg und Fräulein Lindner - Straßburg,
welche für die Commissionsprüfunqen warm eintritt. Die nächste
Versammlung wird im nächsten Jahre in der Pfalz stattfinden.

Kleine Zeitung.
b'. Auerbach a. d. B„ 5. Juni. Ein zahlreiches Publikum
hatte am 3. und 4. ds. Mts. die geräumigen Säle und den
großen Garten des Hotel „Zur Post" bis auf den letzten Platz
gefüllt, um einigen von verschiedenen Sommergästen veranstalte-
ten und von denselben ausgeführtcn Festlichkeiten beizuwohuen.
Eine Reihe zufällig hier weilender Kurgäste stellte ihr Können zu
musikalischen und deklamatorischen Vorträgen zur Verfügung.
Von den umliegenden Städten und Ortschaften waren beson-
ders Darmstadt, Worms, Frankfurt nnd Jugenheim vertreten.
Auch ein Pensionat von Friedrichsdorf hatte einen Ausflug nach
Auerbach unternommen. Das Hotel „zur Krone", das Hotel
„Bauer" und die sonstigen Restaurants waren gut von Ausflüg-
lern besucht. Im Hotel „zur Post" fand der übliche Festcommers
des I-. 8. 0. während drei Tagen, 3 , 4. und 5. ds. Mts.
statt, der von den activen und inactiven Mitgliedern besucht war.
Eingeleitet wurde der Commers in dem festlich mit Wappen, >
Fahnen und Guirlanden geschmückten Saal durch das Lied: I
„Willkommen hier, vielliebe Brüder u. s. w." An dem Commerse j
nahmen Theil: die Herren vr. msä. Gerger, Bürgermeister j
Traiser; Herr Pfarrer Dr. Etgenbrodt, der am Erscheinen ver-
hindert war, ließ sich dankend erschuldigen. Anwesend waren: ^
„Starkenburgia" von Darmsladt, „Saxonia" von Stuttgart und j
„Nhenania" von Karlsruhe. Am Samstag fand der Empfang !
der Gäste statt, worauf gemeinsames Mittagsmahl und des !
Abends halb 9 Uhr der Commers stattfand unter dem Präsidium >
des Hrn. O. Daub von Darmstadt. Zunächst wurden Reden ;
auf Kaiser und Reich, den Landesfürsten, Großherzog Ernst Lud-
wig, sowie die in stattlicher Anzahl erschienenen Damen u. A.
ausgebracht. Den Ansprachen folgte stets ein donnernder Sala- ^
mander, der herrlich klappte. Des folgenden Tages wurde das i
Aucrbachcr Schloß besucht, dessen Räume die Fahne der Lands-
mannschaft „Starkenburgia", hlau-weiß-gelb, zeigte. Der Sonn- !
tag galt abermals dem Besuche des Schlosses, dessen säinmtl. Räume i
bis auf den letzten Platz gefüllt waren. Ein vaterländisches Lied :
ertönte und begeisterter Beifall lohnte die Sänger. Vor dem Abstieg i
vom Schlosse wurde noch eine Ananasbowle kredenzt, die Dank der ,
Geschicklichkeit der Schloßwirthin vortrefflich mundete. Die j
 
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