Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Nr. 1-26 (2. Januar 1902 - 31. Januar 1902)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.23860#0067
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Samstag, 11. Januar 1902.

Grstes Blatt.

ää. Jahrgang. — 9.

Erschcint täglich, Sonntags ausgenommen. — Preis mit Familtenblättcrn monatlich 50 Pfg. in's Haus gebracht, bei dcr Expedition und den Zweigstellen abgeholt 40 Psg. Durch die Post be-

zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.

Anzeigenpreis: 20 Pfg. die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiestge Geschästs- und Privatanzeiaen ermäßigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen an bestimmt
vorgeschriebenen Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zcitung und den Plakatsäulen. — Fernsprech-Anschluß Nr 82

Knglischer Sotdatenmangel.

Die beständigen Trnppcnnachschübe nach Südafrika
fangen an, in England ein Gefühl des Nnbehagens
hervorzurufen. Die Zahl aller Garnisonen ist beträcht-
lich zusammengeschmolzen. Jn den großen Städten des
Tnlandes legt man dem keine Bedeutung bei, da ge-
tährliche Volksbewegungen ganz außer Frage stehen und
sür den gewöhnlichen Sicherheitsdienst, zu dem ersor-
derlichen Falls auch die Freiwilligen herangezogen wer-
dsn können, ausreichend gesorgt ist. Anders verhält es
sich aber mit den Garnisonen jener Seehäfen, die der
Gefahr einer feindlichen Landung am meisten ausgesetzt
und darum befestigt sind. Eine Kriegsgefahr ist wohl
nicht zu befürchten; ganz dem Landfrieden zu trauen, er-
scheint aber manchen Kreisen, im Hinblick auf die England
leindliche Stünmung auf dem Kontinente, nnvorsichtig,
wenn nicht thöricht, und man findet darum die E n t°
blötzung Englands und namentlich der Hafen-
siädte von regulären Truppen äutzerst bedenklich. Welchen
Grad dieser Garnisonmangel angenommen hat, geht da°
raus hervor, datz in D o v e r, statt der üblichen 5000
Dl ann, nur n o ch 400 M a n n in Garnison liegen,
die bei der grotzen Ausdehnung der Befesügungswerke
einen geradezu anfreibenden Dienst zu verrichten haben.

Dazu kommt, datz ein Ende des Krieges, trotzdem
englische Blätter es fast täglich als bevorstehend bezeich-
nen, noch gar nicht abzusehen ist: so wird ans
Bloemfontcin berichtet, daß Dewet augenblicklich über
^ine stärkerc Truvpe verfügt als je inr letzten Jahre.
Seine Absicht sei, das englische Hauptguartier zu zwiw
8en, alle Kräfte gegen ihn zu konzentrieren, damit
Dewet auf diese Weise Bot h a den Weg nach Na t a l
kreimacht. Im englischen Haupüguartier werde eine
stroße Aktion gegen Dewet vorbereitet.

Wie gestern gemeldet, hat sich das Kriegsministcrium
Senötigt gesehen, einen Aufruf wegen Anwerbung von
b500 Freiwilligen zn erlassen. Für eine kontinentale
^kacht wäre das eine lächerlich kleine Anzahl; aber wer
fveitz, ob England auch nur diese noch aufzubringen ver-
^>ag. Und sollten die 6500 thatsächlich zusammenkom-
jben, so würde Kitchener wahrscheinlich die Hälfte wie-
?er als untanglich zurückschicken miissen. Dergleichen
sit schon dagewesen. Alles in Allem: England steckt in
diner bedenklichen Soldatenklemme.

Deutsches Neich.

-— Der Äaiscr hat auf die Glückwunsch-
r e f f e des B e r l i n e r SN agiftrats zum neuen
^ahre folgendes Antwortschreiben an den Oberbürger-
bieister Kirschner übersenden lassen: ^

^ „Dem Magistrat danke ich vielmals für die trcundlichen
^lückwünsche, wclche mir dcrsclbe zum neucn Jahre ausgespro-
hm, Gernc hadc ich zngleich den Ausdruck des Dankes
^tSegengenommcn, wclchcn 'der Magistrat mir namens dcr
^Eichshaiiptstadt anlätzlich dcr Vollcndung der Denlmalsgrup-
in der Sicgcsallce iu dcr Glückwunschadrcsse dargebracht
Jch freue mich, datz das von mir unternommene Werk
Mrch die hcrvorragende Arbcit Berlincr Künstlcr in einer so
^ürdigen Weise durchgeführt und meine Absicht, mcincr Haupt-
Rcsidenzstadt cinen allscitig bewundcrtcn Ehrenschmiuck
^ stiften, voll erreicht ist. Der Anblick der Ateisterwerke wird,
nne ich hoffe, dcr Berliner Bürgerschaft für alle Zeiten in Herz
wd Gedächrnis cinprägen, was Berlin und das gcsamte Vater-
-^sd der weisen Fürsorge einer solchcn Rcihc von Fürsten ver-
urncdencr Häuser zu danken hat.

StadttHeater.

e- Ro scnmo nt a g.

Harrleben.

HeideIberg, 10. Jan.
Eine Offiziersrragödic von O. E.

^ Von dcm Bismarckdcnkmal, das die Hamburger errichten
wi -si' iad ich heute den mit dcm crsten Preis gekrönten Eut-
^rf in ciner Abbildung. Da war nichts mehr von Bismarck
Kürassicrrock, da staud das machtvolle, ernstc Bild cines
L?drgcpanzorten Ritters, der dic Hände über dcm Griff cines
ruarnbcrgs entschlosscn zusammengefügt hat. Unter den Falten
um, ^^ang herabwalleiiden Mantels habcn zwei Adler rechts
Sw zu den Fützcn des ritterlichsten Propheten ihren

Sefunden. Was macht der Künsrler aus dcr Natur? Zu
^shen Ziclen der Liunstwirkung führt cr sie? Wie bildet
fick?^ Dicse Gcdankcn drängen sich auf und erncuern

steck wir hicr bei Gelcgcnhcit dcs Roscnmontags fest-

^^ei, müsscn, wic manchc Künstler in eincrn entgegengesetzten

thu

s die Natur umbildeu uud dabei gar nichts anderes
? "ls die gcgcbcne Wirklichkcit zu vcrfälschen und umzu-
Tkw chsun es ihncu dadurch nur geliugt, ein effektvolles
st^^terstück zufammenzubaucn. Jus Unwahre hinaufstilisiert
tlcm ^"Pe dicser Hartlebciischen Offiziere. Zwci preutzische
z^4?auts Mjgx eino ganz gemeine Jntrigue an-

daz . Das Opfer ist cin Kamerad. Er licbt ein Mädchen,
der s"^t dic nötige Kaution hat. Seine Vettern ^dcnken,
verdirbt sich mit dicser Sache die Karrwre. Sie bc-
cii^^cn ihn von dem Mädchen „los zu eiseu". Sie „deixeln"
iig^'st^enbruch. Da er auf vier Wochen zur Gewehrfabrik
i»eZ f>I-sil,rt abkommandicrt ist, locken sic, um deu Geburtstag
Hh^si°wescnden zu feiern, das Mädchcn anf dic Wohuung eines
okL?lrden und scbwindcln ibr vor. daü ibr Liebiter ncki ver-.

lckbtund schwindeln ihr vor, datz ihr Liebster sich ver-
^t»iiu Mädchen fällt in Weinkrämpfc, dann in eine

ki»hj-^sht, die in tiefen Schlaf übcrgeht. Morgens erwachend,
-'tze» jkE Offiziere, wie sie noch lachend am Spieltisch
sii -t-em Heirnkehrenden werden dic Vorgängc oieser Racht
lem solchen Lichte dargestellt, datz er annehmen mutz,

— Der Erlaß der Bundesratsverordming zur Rege-
lung der Arbeitszeit in Gastwirtschasten soll demnächst
erfolgen.

Aeutscher Weichstag.

Berlin, 10. Januar.
Fortsetzung der Etatsbcratung.

Abg. Bassermann führt aus: Meiue politischen

Freunde sind damit eiuverstauden», datz eine Einfchränkuug in
den Kommissioiisberatungeu über den Etat eintritt, teils weil
sich gewisse Puukte alljährlich wiedcrholen, tcils wegen der
dicsjährigen Geschäftslage. Die Vcrschlechteruug dcs Etats
beträgl 124 Milliouen. Zweifellos häugt dieselbe zum
Teil mit der allgemeineii Depression der gewerblichen Ver-
hältnisse zusammeu. Jch bin auch der Ueberzeuguug, dah
die Uebcrwindung dieser Krifis längere Zeit beairsprucheu wird.
Weun aber von 59 Millionen Defizit 35 auf eine Auleihe
genommen und uur 24 durch Matrikularbeiträge gedeckt wer-
den solleu, so muh ich sagen, es ist eine unsolide Finauzgebah-
rung, laufende Ausgaben durch Anleihen zu bezahlen. Jn der
Budgetkommission wird die Frage auch nach der ftaatsrechi-
lichen Seite hin zu prüfen sein. Bezüglich des Postetats
werden wir erst dic Wirkuug der Herabsctzung des Zeitungs-
tarifs abwartcu. Wir freuen uns, dah das Zentrum die
Auswcndung gröhercr Allttel zur Aufrechterhaltung der Ehre
Deutschlauds im Auslaudc billigt. Die stark auwachsendeu
Matrikularbeiträge bergen eine ernste Gefährdung der finan-
ziellcu Selbstäudigkeit der Einzelstaaten in sich. Der ueue
Zolltarif soll 192 Milliouen Mehreinuahmen bringeu. Hier
ist dcr richtige Augenblick, dcr Reichsfinanzreform näher zu
treten, wenu auch dem Wunsche des Zentrums gemäh ein
Teil der Mehrcinnahmen aus den ncuen Zöllen für soziake
Zwecke vcrausgabt werdeu soll. Was die Kolouialpolitik an-
belaugt, so hält die Mehrheit der Nationalliberalen daran
fest, datz wir auf dem bisherigen Wege weiterschreiten müsseu.
Mit der Regelung der Chiuaaugelegeiiheit köuneu wir zusrieden
scin; für eine Vermindcrung der Gesandtschaftswache in Chiua
möchten wir nicht die. Vcrantwortuug übernehmen. Auch ich
biu der Nleinuiig, dah durch die sckiarfc Zurückweisung, welche
die Rede Chambcrläins durch den Reichskauzler gesundeu hat,
die Angelegeiiheit erledigt ist. Die Ausbrüche des llnwillens
über die Rede resultieren zum grötzten Teile aus dem UiNvillen
Lbcr den Burcnkricg überhaupt, zumal iu deu letzten Stadien
desselbeu, dic Verbrennung der Farmeu, der Kindersterblichkeit
und der andcreu Mitzstände iu den Kouzentrationslagern. —
Unsere Veziehnngen zu Oesterreich wurden etwas abgekühlt,
dadurch, datz die aimiatzende Kritik der deutschen Verhältuisse
durch dcn Fürsteu Czartoryski im galizischen Landtage keine
sofortige Zurückwcisimg seitcns dcr österreichischeu Regieruug
faud. Trotzdem wird dadurch uuser Verhältnis zu Oesterrcich
nicht berührt. Wir sind bereit, cine kräftige Heimatpolitik zu
uutcrstützen, aber man darf den Bogen auch nicht überspannen,
wie cs von anderer Scitc geschicht.

Kolvnialdirektor Stübel weist die Augriffe dcs Ab-
gcordiieten Richter auf die Usambarabahn zurück.

Abg. Lieberinauu v. S o n u e u b e r g (Refornip.):
Das Publikum müssc durch ein ueues Börscngcsetz geschützt
werden. Jm Kulturkampf zwischeu der Landwirtschaft und
dcr Sozialdemokratie ist cs bedauerlich, datz nicht allc Feiude
dcr letzteren auf unserer Seite, souderu bei dem Brotwucher-
zetermordiogeschrei-Verein stcheu. (Heiterkcit.) Der Redner
koinmt sodann auf die venezolauischeu Differcnzen und auf die
Wegnahme der astronomischen Jnstrumcitte in Pekiug zu
sprecheu. Jm Biireukrieg mutztcn wir streugste Neutralität
bewahreii. Krupp liesert zwar dic bcstcllten Kanoueu nicht,
aber doch ging nach Eugland das Ndatcrial dazu. Die Bemcrkuu-
gcu desReichskauzlers überChamberlaiu kamen zu spät und vcr-
hinderten nicht mehr die Kuudgcbungeu des deutschen Volkes.
Das dcutsche Wcihnachtsfest wurde durch die englischeu Aumaß-
nngcn gründlich vergällt, durch die Frcchhcitcu eincs anrüchi-
geu Bubcn. (Uiiruhe.)

das Mädcheu habe ihm die Treue gebrocheu. Er ist cmpört
und aufgewühlt im Jimersten, stürzt sich iu eiu wildes Leben
uud crkrankt am Nervenfieber. Jnzwischen hat sich die alte
Gcneralin, dic Grohmutter des Unglücklichen, an ihren alten
Freimd, dcn Oberst des Rcgimcuts, gewandt, er möge dcm
Jungen doch ius Gewissen reden. Auf dic Ermahmmgen des
Obersten hiu giebt der jimge Offizier seiu Ehrenwort, dah
dic Sache „tot und begrabe» sci". Ehe cin lauger Erholuugs-
urlaub zu Eude geht, vcrlobt er sich mit eiucr reicheu Kauf-
nmniistochter imd kchrt als Bräutigav zum Regimeitt zn-
rück. Nur zu bald erfährt er, wie er vo» scineu Vettcrn hiuter-
gangen worden ist. Das Mädchcn ist ohue Falsch, ohne Schuld,
die alte Liebe flammt mächtig auf. Und was thut er nuu?
Eiu Offizicr schickte über diescn „Rosenmontag" cinc Beleuch-
tung der Sache von seinem Staiidpimkte aus au eiue Berlincr
Zeitimg. Er betoitte darin: I» diescm Momcnt mutzte der
Leutuant zu seinem Oberst gehen und ihu bittcn, ihn von
jcncm ehrenwörtlichcn Vcrsprcchen zu entbinden. Da die
Bediiigimgcu in Bezug auf welche cs gcgebeu tvorden sei,
sich völlig geändcrt hätten, würde der Obcrst kciiien Uustand
genommeu haben, dieser Bittc zu entsprechen. Auch betonte
diese Zuschrift, daß cs ausgeschlossen sei, datz preuhische Offi-
ziere zu solch eiueui Bubcnstück sick» entwürdigten, wie cs von
Seiteu dicser Veitern geschieht. Ju deu Armen der Liebe
feiert der Leutnaitt den Karnevalssoimtag, bricht damit sein
Ehrcnwort. Die Konseciuenzen zieht cr sclbst. „Am Roscu-
niontag liegen zwei, die Stirnen bleich ..." So schließt das
Drama. Es ist sehr reich a» vielen schöne», gut beobachtete»
uud zum Teil lustigen Zügcn. Manch reizendes Momentbild
aus dem Leben in der Kaserne ist festgehalten. Etwas „Kom-
mißluft" vor sich auf den Bretteru zu haben, wer wäre nicht
gern dabei. Als besonders gchaltvoll crscheiut vor allem
dcr I.Akt, der dic Stimmuug des Wechsels von Karneval imd
Aschermittwoch so glücklich ausmalt. Schön Mcnschlichcs irilt
überall hervor, wo vom Recht der Liebe gegenüber aller Kou-
vention die Rcde ist. Von iiefer Wirkung ist überall, wenn
in dieser Kaserue eine recht ernste Sache erörtert werden oder

Der Präsideut unterbricht deu Redncr: Sie dürfen nicht
deu Minister eincs fremden Staates in dieser Weise beleidigen,
Jcl) rufe Sie hiermit zur Ordnung.

Abg. Liebcrmaun vou Sonenberg (fortfah-
re»d): Einen populäreren Ausdruck kanu ich nicht findeiu
Eine riefe Kluft gähut jetzt zwischen dcm Thro» und dem Em-,
pfinden des deutscheu Volkes m dieser Frage.

Reichsianzler Graf Bülow: Da der Hcrr Präsideitt dis
parlamentarische Zensur verhäugt hat Lber eiue Aeutzerung
des Vorrcdners, gche ich auf die von dieser Rüge getroffene
Bcmcrkung nicht weiter ein. Jch will nur sagen, daß ich glaube»
ich befiude mich im Einklang mit der Mehrheit, der sehr grotzen
Mehrheit dieses hohen Hauses, weim ich der Hoffnung Aus-
druck gebe, daß sich nicht die Gewohnheit einbürgern möge»
vou der Tribüue dieses Reichstags aus fremde Minister M
beschimpfe». (Lebhafter Bcifall.) Es würde das weder derr
Gepflogenheiten des deutschen Volkes, das ein gesittetes Volk
ist, entsprechen (lebhafter Beifall), noch den Jnteressenr unserer
Politik. (Sehr gutl) Jch mutz gleichfalls mein tiefes Be-
dancrn anssprechen über die Art und Weisc, wie sich der
Herr Vorredner ausgesprochen hat über das Heer eines Volkes^
mit dem wir in Frieden nnd Freundschaft leben. (Lebhafter
Beifall.) Wenn wir cmpfindlich sind für jeden Angriff gegerr
nnser eigcnes Heer, so dürfen wir auch nicht fremde Heere be-
leidigen (lebhaftcr Beifall), in denen cs auch Leute giebt, die
zn sterben verstehen. (Beifall.) Nun hat der Abgeordnete
Äassermaim, wie ich höre, scinem Bcfrenrden darüber Aus-
druck gegeben, datz nicht irgend eine autoritative Stimme, datz
beispielsweise nicht die „Norddentsche Allgemeine Zeitung"
früher das Wort crgriffen haite, gewissermatzen um dcr öffent-
lichen Meinnng u»d der Presse die Wege zn weisen. Unsers
Presse und unsere ösfentliche Mcinung müßten auf einer niedri-
gen Stufe stehen, wcim sie in Fragen der nationalen Ehre
dcs Leitmotivs bo» oben, dcr Parole von oben bedürftern,
Der Wert einer grotzen Prcsse und einer nationalen öffcntlicher«
Meinnng besteht ebcn in der Freiheit rhrer Bewegung. Das
Korrelat dieser Freiheit abcr rst das Gefühl der Verantwort-
lichkeit, nnd das habc ich soeben bei dem Vorredner vcrmitzt»
(Lebhaftcr Beifall.) Jch hübe vor einigen Tagen keinen Zweifel
fcl darüber gelassen, datz es dnrchaus berechtigt war, werur
uiisere öfseittlichc Meinung den Versuch, rmd auch nnr deir
«chei», als ob die Ehre nnscrer Armce angetastet werden
könne, mit Entschicdeiiheii znrückgcwiesen hat. Weii» aber diese
Zurückweisung nnr ein Vorwand sein sollte, um nns eine
andere Haltung aufzunötigen gegenüber dern südafrikanischeu
Kriege oder ein Prätext, um cine feindliche Beziehimg herbei-
znsührcn zwischen imserem Volke und einem Volke, dem wir nis
fcindlich gegenüberstanden, mit dem nns zahlreiche und schwer-
wiegende Jntcressen verbinden, so werde ich nicht den mindesteir
Zweifel darüber lasscn, datz rch so etwas nicht mitmache.
(Lebhastcr Beifall links.) Durch Reden in Volksversmnm-
lungcn kaim ich die Richtnng unscrer auswärtigen Politik
nicht vorschrciben lassen. (Lebhafter Beisall links.) Unsere
auswärrigc Polirik wird lediglich bestimint durch die realen
nnd daucrndcn Jnteresscn desLandes, und das weist uns darauf
hin, unter bollcr Aufrcchterhaltung nnserer Selbständigkeift
Würde und Ehre, mit England in friedlichen nnd freundlichcn
Beziehungcii zn schen. Das nnd nichts anderes hat auch den
Botschafter in London sagcn wollen, u»d zwischen dem, was
er, rmd dem, was ich gesagt habe, ist nicht der mindeste
Uittcrschied, keinerlei Divergenz. Datz uns die Aufrechterhal-
rung frenndlicher Bczichungen zu England nicht gerade er-
lcichtcrt wird dnrch Zwischerifälle wic dcr, der uns scit einigen
Tagen bcschäftigt, wcrdcn mit mir alle einsichtigen Kreise nicht
nur in Deutschland, soiidcrn auch in Englaud bcdanern. Jch
kaim nnr die Hofmmg ausgcsprochcn, datz nns r» der Zukunft
solche Zwischcnfälle ersparr werden mögen, die uns cine Hal-
ln»g erschweren, die ebensoschr dcm cnglischen wie dem deut-
schcn Jnteresse cntspricht, wie dem der Aufrechterhaltnng und
Sicherstcllung des Welrfriedens. (Beifall.) Jch kann aber
nichr schlictzcn, oyne nuch noch dem Bedaucrn Ausdruck zu
geben über die Art nnd Weisc, wie dcr Vorredner sich aus-
gcsprochcn hat übcr die iimercn östcrreichischcn Verhältnissc.

geschehen soll, die das Schicksal dieser Menschen angeht, datz
daim die Trommelwirbel nnd Trompetensignale mahnen: hier
ist vor allem die Soldatcnpflicht zu erfüllen. Der große Er-
folgt, den „Roseiimoittag"hrer(wie allenthalben)gefnnden hat,
läßt sich vor allem aus der vorzüglichen Darstellmig erklären,
Das Ensemble war eüiwandsfrci; für das Kasino wäre mehr
Komsort am Platze. Sympathisch berührte Herr Wiegner
als Obcrleutnaiit Herald Hofmami. Charakteristisch war Herr
Rndolph als Grobitsch. Die beideri Vettern spielten die
Herrcn F c l d n e r imd Brandt mit gnter Wirkung. Aus
dern trefflich besetzten Ncbenrollen seien nur die der Herren
Rose >md Winter hervorgehoben. Frl. Herter gewann
das Pnblikum sofort durch Erscheimmg, Haltniig, Geste und
die rührende Schlichtheit, die sie der unglücklichen Traute zu
geben wntzte, alles war einfach nnd gut abgestimmt. Herr
Bernan als Rudorff darf sich mit dieser Darstellung auf
jcdcr Bühnc schcii lassen. Ikeberraschcnder Weisc gelangen ihrn
dic Momcnte, in denen er ganz nur selbstbewntzter,. lebens-
froher Offizier ist, gleich schön wie die Erregnnge» träumcri-
schcr rmd selbstquälcrischcr Stimdeii, am Klavier und in ein-
samcr Bnde zugebracht. Jauchzte dami mitten m die Depres-
sion die gebieterische Fanfare der Jugend hinein: „Noch koste
die letzten Minuten aus", so gelang anch diese aufs Schönste.
Dank dcr Natürlichkeit und Schlichtheit im Tone Herrn
Bcrnaus kmn besonders der vierte Akr, dor bcsonders schweo
in der Stimmimg einheitlich zu haltcn ist» zu einer großen
Wirkung nnd fand vor alle» den wärmsten Bcifall seitcns des
Pnblikums. K. W.

Hheater- und Kunstnachrichlen.

Heidelberg, ll. Januar. Die iür heuie Simstag angekiindigts
Voritkllung von „Feruand's Ehekontrakt" wird nicht
statifinden. Eingetretene Hindernisse haben eine Verschiebung
nötig aewacht.

Heidelberg, 1l. Januar. HerrWilly Schneider, Re-
gisseur und komischer Vatcr hat sich als tüchtiges Glied unseies
 
Annotationen