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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 1-26 (2. Januar 1902 - 31. Januar 1902)
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https://doi.org/10.11588/diglit.23860#0125
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unbedingtes. Jm Großen nnd Ganzen sei Deutschland auch iu
der Lage, den Fleischbedarf im Jnland zu erzielen. Bon grotzer
Bedeutung sei es aber, datz die Regierung das Dtittel der
Fleisch- und Viehzölle in der Hand habe, denn man dürfe nicht
vertennen, datz bei der Viehzucht die Verhältnisse ähnlich lie-
gen, tvie bei dem Getreide. Des iveitcren rechtfertigt der
Minister gegenüber den Ausfiihrungcn Schülers den geringen
Zoll auf Quebrachoholz. Der hohe Zoll bon 10 ja 15 Mark,
den Schüler verlange, würde weiter nichts bedeuten, als eine
überhohe Prämie für die Schälwaldbesitzer; unsere Gerbereien
bedürfen des Ouebrachoholzes, denn unsere inländischen Gerbe-
mittel seien in keiner Weise ausreicl>end und ein hoher Zoll
würde eine unheilvolle Wirkung auf die Gerbereien und Leder-
fabriken haben. Bei dem gewähltcn Zoll von einer Mark
seien die Jnteressenten nicht geschüdigt und die. Schältvald-
besitzcr hinlänglich geschiitzt. Anch einer weiteren Erhöhung
des Gcrsteltzolles möchte er nicht das Wort redcn, mit Rücksicht
auf die Einführung von Futtergerste und auf die Braugerste.
Was seüte Rede in Lahr betreffe, so habe er den Schutz dnrch
Zölle auch befürtvortet, doch beigefügt, die Erhöhung müsse eiite
mätzige sein; auf der anderem Seite habe er allerdings auch
darauf hingetviesen, dah eine weitere grohe Aufgabe sei, die
Produktion rationeller zu gestalten. Der Abgeordnete Greiff
habe die Abmachungen mit dcr Rheinischen Hypothekeichank
bemängelt und ausgeführt, dieselben ftinktionierten nicht mehr
Dem gegenüber möchte er doch mitteilen, dah die Rheinische
Hypothekenbaiik seit dem Bestehen der Abmachung von 1892
1014 Millionen Darlehen gegeben habe, wie auch die Spar-
kassen schon recht erhebliche Amortisationsdarlehen gegeben hät-
ten in Höhe von über 9 Millionen Mark. Man könne auch nicht
nachweisen, datz von der Hypothekenbank gerechtfertigte Dar-
lehensforderungen zurückgewiesen worden seien. Was die Be-
aufsichtigung der sozialdemokratischen Volksversammlungen be-
treffe, so sei an die Bezirksämter der Erlah ergangen, nur
ausnahmsweise eine Ueberwachung zu veranlassen. Der Ton
in dcr sozialdemokratischen Presse rechtfertige aber doch manch-
mal solche Ueberwachungen. Jn der Fabrikinspektions-Bericht-
erstattung sei alles beim alten geblieben, bor allem die volle
Bewegungsfreiheit, nur habe man eine gewisse Berkürzung
angestrebt. Was endlich die Wahlrechtsfrage betreffe, so bilde
dieselbe durchaus nicht denAngelpunkt derPolitik der Regierung.
Das Wahlrecht gebe jetzt schon jedem Gelegenheit mitzusprechen,
doch hoffe die Regierung, datz auf einem der kommenden
Landtage auch eine Verständigimg in dieser Frage mit der
Volksvertretung stattfinden wcrde.

Montag halb 4 Uhr. Fortsetzung der Debatte.

Württemberg.

Stuttgart, !8. Jan. Jn der volkswirtschaftlichen
Kommission wurde mitgcteilt, daß die Einnahmen der
Staatsbahn im vergangenen Jahre um mehr als zwei
Millionen hinter dem Etatsansatz zurückgebliebert'
sind. — Die Steuerkommisston hat mit großer Mchrheit
unter entschicdenem Widerspruch des Finanzministers die
progressive Einkommensteuer bis zu 6 Prozent
festgelegt. — Der Minister für die auswärtigen Angelegen-
heiten verfügte die Verwendung weiblicher Personen im
Eisenbahndienst und zwar für den Schalterdienst,
Gepäckabfertigungs- und Bureaudienst.

Bahern.

— Wie Dr. Sigl Bayern 1886 bei Einsetzung der
Regentschast vor einer Revolution rettete, das
wird in der „Pfälz. Rdsch." folgendermaßen erzählt: Jn
der damaligen gefährlichen Bedrängnis war thatsächlich
guter Rat selbst da teuer, wo man gemeiniglich mit über-
legenem Lächeln und glatten Redensarten über brennende
Fragen hinwegzuhuschen weiß. Es mußte cines Tages
wirkiich kein Ausweg anders mehr gefunden worden sein,
sodaß man sich zu dem letzten Mittel entschloß und —
den Herausgeber, Verleger und verantwortlichen Redakteur
des „Bayerischen Vaterlandes", Dr. jur. Johann Sigl,
dringend bat, all seinen Einfluß aufzuwenden, um drohen-
des Unheil zu verhüten l Thatsache ist, daß an jenem
Tage ein königlicher Hafwagen vor dem Hause an der
Damenstiftstraße hielt, in dessen Erdgeschoß die Gerber'sche
Druckrcei und Setzerei des „Bayer. Vaterlds.", in desscn
drittem Stock Dr. Sigl wohnte, und daß diesem Wagcn
der damalige Fiügeladjutant des Prinzregenten, Freiherr
Freyschlag v. Freyenstein, in voller Uniform entstieg, um
sich zu Dr. Sigl zu begeben, den er mit den Worten um
Hilfe bat: „Jetzt müssen Sie uns hclfen, Herr Dr. Sigl,
sonst —" rc. Und Dr. Sigl half! Von da an kamen
die Beschwichtigungsartikel nich der Reihe, und nach und
nach war wieder Friede im Lande. Der genannte Flügel-
adjutant hatte den ihm gewordenen Auftrag allzu wörtlich
genommen und, in der Hof- und Diplomatensprache noch
ein vollkommener Neuling und eine gerade ehrliche Natur,
hatte er gar nicht weiter darüber nachgedacht, ob es wohl
im-Jnteresse seines Auftraggebers sein könne, daß er mit
allem Glanz seiner Würde diesen Kanossa-Gang that. . . .
— Wer das „Bayr. Vaterland" zur Zeit des Selbstmords
des König Ludwigs II. gelesen hat, muß bestätigen, daß
diese Schilderung den Thatsachen sehr wohl entsprechcn
könne. Das „Bayr. Vaterland" hatte bis in die letzten
Tage für dcn unglücklichen König Partei genommen; als
dann der Thronwechsel kam, trat es mit ganz auffallender

Jahre durch Aufnahme der Herstellung von Holzmodellen
für Unterrichtszwecke die Modelltischlerei eine wesentliche
Erweiterung erfahien, während die Abteilung für Elektro-
technik einc wertvolle Ergänzung dadurch erhalten hat, daß
durch die Beschaffung einer großen Zahl von Ankerrnodellen
für Gleich- und Wechselstrom die Erlernung der Wicklung
aller wichtigen Ankertypen ermöglicht wurde. Die Auf-
nahmebedingungeu stnd auf Anfrage zu erfahren.

— Graz, 18. Jan. Der Schädel Hammerlings
ifl heute auf dem St. Bernhard-Friedhof beigesetzt
worden. Die Gerichtskommission ließ erst durch Zeugen
die Jdentität des Schädels feststellen, worauf letzterer in
den Sarg gelegt wurde.

— Madrid, 18. Jan. Heute früh wurde in Manresa
bei Barcelona das Etablisscment Vilamara von einer ent-
setzlichen Katastrophe heimgesucht. Ein Kessel platzte
und die ganze Fabrik wurde zertrümmert. Der Direktor,
der gerade d!e Zeitung las, wurde in Stückeu bis auf den
Gemeindeplatz geschlcudert. Bisher sind 16 Leichen aus
den Trümmern befördert. Man schätzt die Zahl der Opfer
auf 100. Einzelheiten fehlen noch.

Entschiedenheit för die Anerkennung der thatsächlichen Ver-
hältnisse cin. Manche Nummer des „Vaterland" wurde
tn einer ungeheuren Auflage gedruckt, so daß die Maschine
der Drnckerei Tag und Nacht lanfen mußte.

Preuße«.

Berlin, 18. Jau. Abgcordnetenhaus. Jnter-
pellation Savigny betreffend das Eisenbahnunglück
bei Altenbeken. Unterstaatssekretär Fleck erftärt,
wenn ulles ordnuitgsmäßig gemacht werde, sei jeder Zug
vollständig gedeckt. Das sei aber bei Altenbekcn nicht ge-
scheheu. Dcr Wärter habe sich Verfehlungen zuschulden
k mmen lassen. Was die Verhütung solchcr Unglücksfälle
betreffe, so beabsichtige man, den Zug selbst die Entblockung
ausführen zu lassen; außerdem sollen Dampfnebelhörner
eingeführt werden. Ministerialdirektor Schröder erklärt,
die Verwaltung thue alles, um die Verkehrsstcherhcit zu
gewährlcisten. Bei richtiger Durchführung drr Vorschriften
sei das Unglück unmöglich gewescn. Daß, wenn der
Kaiser oder der Kronprinz reise, besondcre Vorkehrungeii
getroffen würden, sei selbstverständlich. Es bestehe nicht
die Absicht, das System der O-Wagen aufzugeben.

Aus der Karlsruher Zeitung.

— Seine Königlichs Hoheit der Großherzog haben dim
Babnwärter der Hauptbahn Wilhelm Basler die kleine goldene
Verdienstmedaille, dem Rechnungtrat Ludwtg Diemer bei der
Generaidirektton der Staatseisenbahnen das Ritterkreu; zweiter
Klasse des Ordens vom Zähringer Löw.m verliehen und dem
Dr. Philipv Bender in Fretburg die Erlaubnis zur Annahme
und zum Tragen des ihm veritehenen Königlich Preußischen
Roten Adler-Ordens vierter Klasse ertcilt.

— Es wurden dle Strtionskontrolleure August Finga d o und
Paul Herrmann bei der Großh. Generaldirektion der Staats-
cisenbahnen zu Betrtebskontrolleuren ernannt. Zugleich wurde
Hcrrmann dem Großh. Betriebsinspektor in Mannheim als Htlfs-
beamter zugeteilt.

— Betriebsassistent Friedrich Knecht in Waldshut wurde
unter Ernennung zum Betricbssekretür zur Zentralverwaltuug
versetzt.

Karlsruhe, 18. Jan. Der Großheizog empfing
heute Vormittag 11 Uhr den Contreadmiral a. D. Baran-
don, welcher die oberste Leitung der großen Schisfb ruwerke
des Geheimerats Krupp iu Essen führt. Derselbe war von
Geheimerat Krupp beauftragt, cin großes Schiffsmodell des
von der Großherzogin getaustcn Linienschiffes „Zähringen"
denr Großherzog zu. übergeben. Die Uebergabe geschah uach
11 Uhr in dem Ausstellungssaal der Kunstgewerbeschule in
Gegenwart der Grotzherzogin und der Kronprinzessiir
Viktoria, wobei Contreadmiral Barandon alle Einzelheiten
dieses feiu ausgearbeiteten Modells erklärte. Der Großherzog
hat angeordnet, daß das wertvolle Schiffsmodell bleibend
in"der Kunstgewerbeschule öffentlich aufgestellt und der Be-
sicht^gung überlassen werden soll Um 12 Uhr cmpfing der
Großherzog eire Abordmmg der Universilät Heidelberg, be-
stehend aus dem Prorektor Geheimen Kirchenrat Dr. Haus'
rat, dem Hofrat Dr. Schöll und dem Geheimerat Dr.
Bekker, welche erschienen war, um die Höchsten Befehle für
die auf das Jahr 1903 fallende Jubelfeier der Universität
entgegenzunehmen. Hierauf meldeten sich eine Anzahl Offizlere.
Nachmittags hörte Seine Königl. Hoheit die Vorträge des
Geheimen Legationsrats Dr. Freiherrn von Babo und des
Legationsrats Dr. Seyb. Abends 7 Uhr empfängt Seine
Königl. Hoheit den Königlich Großbritanmschen Geschäfts-
träger Johnstone. Darnach findet große Hoftafel statt, zu
welcher zahlreiche Einladungen ergangen sind.

Ausland.

Amerika.

Mexiko, 17. Jan. Der Panamerikanische Kongrcß
erklärte heute einstimmig seinen Beitritt zu den Beschlüffen
der Haager Konferenz bezüglich des Schieds-
gerichts, ohne zu der Frage des Vertrags betr. obliga-
torische schiedsrichterliche Entscheiduiig, welchen neun Repu-
bliken unabhängig von ihrer Teilnahme an dem Kongreß
unterzeichneten, Stellung zu nehmen. Dieses Ergebnis
entspricht den Bestrebungen der chilenischen Regierung, einen
eiustimmigen Beschluß zu Gunsten der Haager Konvention
herbeizuführen.

Aus Stadt und Land.

Heidelberg, 20. Januar.

* Evangelische Gemernde. Die Jahreschronik über dre Cr-
eignisse des Jahres1901 ln dcr hiesigen evangelischen Gemeinde
ist soeben erschienen und für 10 Pf. bei den Kirchendienern
zu haben. Die darin niedergelegten Mitteilnngen nach ern-
zelnen Gruppen geordnet —- die Feier der Grundsteinlegung
der Christuskirche, die neue Orgel der Heiliggeistkirche, die Ge-
meindekrcmkenpflege, die Vereinsthätigeit, der Stand des Ber-
mögens — sind von allgemeinen Jnteresse, weshalb tvir auch
hier auf dieselben hinweisen. Die Rede des Herrn Stadt-
pfarrers Dr. Hönig ist wie die Urkunde, die in den Grund-
stein der Christuskirche gclegt Ivurde, bei der Beschreibung
der Grundsteinlegung der Weststadtkirche im Wortlaute wieder-
gegeben.

III Schöffengerichtssitznng vom 18. Jannar. Vorsitzender: Hr.
Oberamtsrichter Frhr. v. Laroche. 1) Die Anklagesache gegen
Valentin Schreck Ehefrau iu Neckargemünd wegcn Beleidigung
der Schiffer Martin Müsstg Ebefrau in Neckaroemünd wurde
durch Vergleich erledigt; 2) Johann Braun, Stuhlmacher in
Wieblingen, erhielt wsgen Beleidigung der Suianna Berger
Ehefrau in Wieblingen 1 Monat Gefängnis und 10 Mk. Geld-
strafe oter 3 Tage Haft; 3) Polizeidiener Bühler in Wieblingcn
wegen Beleidigung 10 Mk. Geldstrafe; 4) Polizeidiener Johann
Wernz in Handschnbsheim erhielk weaen Beleidigung des prakt.
Arztes Herm. Herbig in Dossenheim 14 Tage Haft; 5) die An-
klagesache gegen Gust. Jul. Zimmermann. Schmied in Wieblin-
gen, wegen Beleidigung des Fuhrmanns Heinrich Lindner I. in
Wieblinaen wurde durch Vergleich erledigt

^ Ein Mann unterm Bett. Jn der Nacht von gestern auf
heute nm 10 Uhr 15 bemerkte das Dienstmädchen einer
Fmnilie, welche eine Villa in der Klosestraße allein beivohnt,
als sie ihr im ziveiten Stocke gelegenes Zimmer betrat, dah
cin blasser, grotzer Mcmn unter ihrem Bett lag. Derselbe
blickte das Mädchen unheimlich mr und streckte seinen Arm wie
zum Sprung bereit mst gekrümmten Fingern vor. Das Mäd-
chen erschrak sehr, beherrschte sich jedoch und ging anscheinend
den Mann nicht bemerkend Ivieder zum Zimmer hinaus und die
Treppe hinunter, um ihre Herrschaft zu wecken. Die Dame
des Hauses rief sofort um Hilfe, während der Herr nach seinem

Revolver suchte. Unterdessen ivarf der Cinbrechet eimg^
Fedcrbetten auf einen in der ersten Etage befindlicheii Balkön
und sprang in die Bettdecke gehüllt, vom Fenster des zweiten
Stockcs anf den Balkon und von da stieg er anf den Ladeii
eines Parterrezimmers, von welchem er einen Sprung in deN
Garren machte, ohne sich zn beschädigen. Die Dame, welche
gcrade in dem Balkonzimmer am Fenster stand, glanbte in
dem Einbrecher einen Mann wieder zu erkennen, welcher arN
Sonntag um zwei Uhr an die Hausthür kam und bettelte unb
ihr einen so uicheimlichen Eindruck machte. Man ist der Mei-
nung, dah es hier auf ein Vcrbrechcn abgesehen war, es wnrde
dcshalb sogleich ein wachsamer, scharfer Hund angeschafft. SollE
bieser Maiin nicht idemisch sein mit dem Obdachlosen, Ivelchek
Samstag in der Nacht das Gartenhaus in der Ladenburger'-
stratze als Nachtlager üenützte, das in der Frühe abbrannte?

" Polizeibericht Lieden Ärueüer w»,den iveqen Beueln?,
ein Mcvger wegen Diebstalst-, ein Zimmernann zur St ast
ersteyung und zw.i Personen wcgen forig s.FNr Ruh-stöiura
verhaftet. Wegen llnftias k'wen 16 Perioncn -nr Änieiae.

Sada Jacco im Saalbau in Mannheim. Wie wir hören,
ist es der Direktion dcs Mannheimer Saalbaues gelungen-
die japanische Schauspielergesellschaft Sada Jacco und ibrcs
Gatten Kawakami zu eineni zweimaligen Auftreten (am 23.
und 24. Januar) in Mannheim zn gewinnen. Seitdem die
Sada Jacco im Vorjahre anf der Pariser Weltausstellung
sich dem europäischen Piwlikum zeigte, ist unendlich viel übec
die eigenartige Kunst dieser ostasiatischen Schauspieler geschrie-
ben worden. Jhr selbst hat man den Ehremmmen der japani-
schen Duse beigelegt nnd des Aufsehens und Rühmens »vcir
kein Ende, tvohin sie auch kam. Sie spielt in Mannheün
die zwei berühmten Stücke „Die Geisha und der Ritter" und
„Kesa", zwei klassische Dramen der japanischen Thcaterlittera-
tnr. Die Aufführungen sind außerordentlich intereffant. Fran
Sada Jacco ist eine ganz hervorragende Künstlerin. Jhr Ge-
bärdenspiel ist nicht nur stets angemessen und bezeichnend, sie
ist in thren Bewegungen von einer erstannlichen Gclenkigkert
und Behendigkeit. Datz sie auch eine graziöse Tänzerin ist-
das hat sie vor unsercn Tragödien voraus, die höchstens einmal
als Preciosa, ehe sie von Madrid Abschied nehmen, einige
schüchterne Bälletversuche machen. Die japanische Sprache w
den Stücken stört nicht, man ist doch auch an die italienische nrw
frarrzösische auf der Bühne gewöhnt, und auch von der letzteren
verstehen neun Zehntel des Publikums und manche trotz
langjährigen Ghmimsialkursus so viel oder so Nwnig wie von
dcm Japanischen.

* Wnlldorf, 19. Jan. (Der Gesangverein Gec-
m a n ia) veranstaltete gesrern Abend im Gasthaus zum Adler
cine Unterhaltung mit nachfolgendem Tanz, die rechl zahlreicki
besucht war. Dre Chöre kamen rein und in guter Auffassnng
zum Vortrage. Die kvmischen Stücke fanden lebhaften Bei-
fall, den die Darsteller für ihre vielen Mühen im reichen
Maße verdrent haben. Ein Tänzchen bildete den Schluß der
gelungenen Abendunterhaltung.

Mannhcim, 18. Jan. (I n s I r r e n h a u s verbracht.)
Der kürzlich wegen Unterschlagung Verhaftete Rechtsanwalt W-
Engler wurde heute in die Jrrenklinik verbracht.

Udl. Karlsrnhe, 19. Jan. (Zur Feier) des üOjLhrigen
Rcgierungsjubiläums des Grotzherzogs sind, abgesehen von
den Veranstaltungen des Militärs, des Hoftheaters, der Vereine
usw., fvlgcnde Feierlichkeiten in Aussicht genommen:: Freitag-
den 29. April, nachmittags: Eröffnung der Jubiläumsaus-
steÜung auf dcm Festplatze und der Landesgartenbanausstell-
ung in der städtischen Ausstellungshalle beim Stadtgarten,
abends Festbankett im grotzen Saale der Festhalle; Samstag
den 28. April, abends: Einlänten des Festes mit allen Glocken-
fcstliche Belenchtung der Stadt; Sonntag, den 27. April,
morgens: Festgeläute und Kanonenschüsse, Choralmusik auf
dem Rathausturm; vormittags: Festgottesdienst, sodann lleber-
reichung der für eine Grotzherzog Friedrich-Jubiläumsstiftnng
gcsammelten Summe; nachmittags 4 Uhr: Aufstellung der
Schulen nnd Vereine in den festlich geschmückten Stratzen der
Stadt und Rundfahrt Sr. Kgl. Hoheit des Grotzherzogs
durch letztere; abends: Festspiel und Huldigungsakt im grotzen
Saal der Festhalle, daran anschlietzend Stadtgartenfest rnit
Beleuchtung des Lanterbergcs. Während sämtlicher Festtage
Volksbclustigungen auf dem Mctzplatze.

Baden-Badcn, 18 .Ian. (K n r d i r e k t o r.) Der Siadt-
rat wählte henre den Grafen Lndwig Vitztnm v. Eckstädt zuw
Kurdirektor von Baden-Baden.

Ans Badcn. Ein kostspieliges Futter hat ein Dienstknecht
in Jhringen am Kaiserstuhl dem seiner Obhut anver-
trauten Vieh bereitet. Als ihm scin Dienstherr seinen Jahres-
lohn von 350 Mark in Papierfcheinen auszahlte, nahm er
sich nicht die Zeit, jenen ordentlich zn verwahren nnd legte die
Papierscheine einstweilen in die Fntterschneidemaschine? Jn-
zwischen wnrde es Nacht nnd beim Einlegen des Futters rn
die Maschine bemerkte er das Geld nicht mehr und lehteres
wurde samt dcm Futter „kurz geschnitten". Erst als das
Vieh an dem kostüaren Futter fratz, dachre der Knecht wieder
mit Schiecken on ieinen Jahreslolin, jeioch zu spär. — Der zu
gunsten des Hoftheater-Pknsioiislonds in der F.stballe in
Karlsruhe veranstaltets soa, Gesindedall wac nur mäßil
beiücht, der Hos und die llants voles felilteu gänzlich. Die
hoh:n Eintriitskosttn wiikten offenbnr anf d'e Henenwelt, ins-
besondeie auf die Stndenten abschreckend sodaß dte „Mauer-
blümchen" überwogeu nnd unter der Dawerwclt k-.in ucht'ger
Karnevalshumor auskam.

Heidelberger Vereinsangelegenheiten.

c>, Heidelberger Militärvercin. Am Samsiag abend hielt
der Militärverein seine Monatsversammlung verbunden mit
Belfort-Gedenkfeier ab, an welcher die Mitglieder regen An-
tcil nahmen. Nachdem der erste Vorstand Landgerichtsrat Dr-
Bauer die Anwesenden begrützt nnd den beiden Ehrenmitglie-
dcrnt Sr. Exzellenz von Winning und Herrn Oberst Thieme
seinen Dank für ihr Erscheincn ausgesprochen hatte, nahm die
Feier ihren Anfang. Oberst Thieme schilderte in beredtcn
Worten die Kämpfe bei Nuits und an der Lisaine, sodann
die Belagerung von Paris und den Ausfall am 19. Januar,
ivelcher aber von dem fünften Armeekorps zurückgeschlagen
wurde. Besonders erwähnte er, ^dah auch bei Paris Excellenä
von Winning mitkämpfte. Zum Schlutz forderte er die Kame-
raden, welche mit ihm an der Lisaine gekämpst hatten, auf, sich
von dcn Plätzen zu erheben und waren es 13 Mann, tvelche
diesem Aufrufe Folge leistcn konnten. Herr Frisch gedachte
sodmnr in warmen Worten des Generals Werder nnd schilderte
insbesondere die Belagcrnng von Belfort. Mit einem Hurrah
anf das Blühen des Militärvereines schlotz er seinen Vor-
trag. Amtsvollzieher Ketzler gedachte der fruheren Kämpfe,
welche das Deutsche Reich zu bestehen hatte. Ein Gedicht übec
die Kämpfe bei Belfort, Ivclches von einem Mitgliede vorge-
tragen wurde, fand großen Beifall. Ikachdem Oberst Thicme
den Kameraden für die Anfmerksamkeit, welche sie bei seineM
Vortrage an den Tag legten, gedankt hatte, fand die offizielle
Feier ihren Abschluh und der unterhaltende Teil nahm seinen
Anfang. Bei den lustigen Weisen des Orchestervereines und
hnmoristischen Vorträgen bliebcn die Anwesenden bis spät nach
Mitternacht beisammen.

o. Turnverein. Jn der Turnhalle am Klingenteich ent-
wickclte sich am verflossenen Samstag abend ein heiteres, frohes
Treiben. Das Fest, das der Turnverein hier arrangierte, hatte
zahlreiche Tleinehmer angelockt nnd Mitglieder wie Anhängev
der edlen Turnerei amnsierten sich aufs beste. Anßer Vertretern
der Stadt waren auch das Ehrenmitglied des Vereines Medi-
zinalrat Dr. Mittermaier nnd der Bezirkskommandenr Oberst-
 
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