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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 27-50 (2. Februar 1902 - 28. Februar 1902)
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https://doi.org/10.11588/diglit.23860#0245
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Wadischer LandLag.

L.6. Karlsruhe, 6. Februar. (34. Sitzung der
Zweiten Kammer.) Präsident Gönncr eröffnet die Sitzung

run Uhr.

Eingegangen: Petitionen von G.meinden deS Amts-
Lezirks Eberbach belr. das Grundbuchwesen, der Städte
Rastatt und Endingen um V.rsctzung in eine höhere Orts-
klasse des Wohnungsgeldtarifs, des Rechtsagenten Franz
von Molitor um Zulassung zu dcn mnndlichen Verhand-
llungen des Amtsgerichts Mosbach.

Der Gesetzentwurf betr. die Landwirtschaftskammer wird
Äner Kommission von 11 Mitglicdern überwiesen; die Ge-
setzentwürfe betr. Abänderung des Gebäudeversicherungs-
gesetzes und belr. Entwurf eineS Fahrnisversicherungs-
gesetzes gehen an eine Kommissiou von 13 Mitgliede:».

Die Beratung über den Justizetat wird fortresetzt.

Abg. Eder ift mit Frühaufs Aussührungen über unsere
Strcrfrechtspflege nicht einverstanden. Das Grundbuchwesen
weise erhebliche Mängel auf und verursache grofte Kosten, so
Latz eine Steuererhöhung zu befürchten sei. Er bitte daher
Lie Grundbuchorganisation schleunigst abzuändern und wo-
rnöglich das gute alte Gesetz wieder einzuführen. (Heiter-
keit.) Redner tritt für dic Errichtung cines Amtsgerichts in dcr
alten guteu Stadt Ladenburg ein. Die Stadt sei an und
für sich loyal in allen Beziehungen (Grohe Heitcrkeit), sie
besitze höhere Schulen ünd alles, was man wünscht, nur keln
Amtsgericht. Für Schwetzingen wünscht Redner ein Amtsgc-
richtsgebäude.

Abg. Mampel (Antis.) ist mit der neuen Organisation
des Grundbuchwesens cbenfalls nicht zufrieden. Redner tadelt
die strenge Untersuchungshaft, in der Wcipert gchalten wurde,
und tritt für die Errichtung eines Amtsgerichts in Neckar-
gemünd ein.

Abg. Birkenmeyer (Zentr.) konstatiert, dah die
Stimmung über das Grundbuchwesen heute anders ist, als vor
zwei Jahren. Früher habe man gesungcn: O bleib' bei mir
und geh' nicht fortl Jctzt heiht es: O Grundbuch jung, o Grund-
buch schön, ach hätt' ich nimmer dich geseh'nl (Heiterkeit.)
Er müsse sich nur wundern ,dah Frühauf ein Reichsgesetz
besprochen und den Justizminister zum Eingriff in die Rechts-
fprechung aufgefordert habe. (Frühauf: Nein!) Er könnte
fich länger mit Frühauf unterhalten, aber es nützt doch nichts.
'(Heiterkeit.) Wenn man gegen den badischen Richterstand
uicht mehr vorbringcn könne, dann stehe es gut um unsere
Rechtspflcge. Wir können doch wahrlich jeden Vergleich mit
anderen Ländern aushaltenl

Abg. Zehnter (Zentr.) findet die Mihstimmung über
Lie neue Grundbuchordnung erklärlich, weil jede Neuordnung
llnzufriedenheit hervorrust. Die Mihstimmung würde auch
nicht schwinden, wenn die Grundbücher am Sitze des Grr;nd-
buchbcamten wären. Viclleicht lassen sich mit dcr Zeit die
Befugnisse der Ratschreiber crweitern, eventuell könnte man
auch die Grundbuchführung für kleinere Gemeinden den Ge-
richtschreibern übertragcn. Unter allen/Umständen müssen die
Grundbücher in dcn Gcmcinden vcrbleiben, schon weil die
Verlegung in die Amtsgerichte ungeheure Kosten verursacheu
tvürde. Der Staat könne mit Recht einen Teil der Grundbuch-
einnahmen der Städte für sich beanspruchen. Damit könnte
inan die Ratschreiber aufbessern. Er impfinde es als eine
Ungerechtigkeit, dah man dcm Land, sobald es etwas verlangt,
immer zuruft: Was zahlst du? Bezüglich des Strafverfahrens
habe er es auch schon als Mangel empfunden, dah das Gericht
nicht wie die Staatsanwaltschaft ein Organ wie die Kriminal-
polizei besitzt, mit dem man vorher Erkundigungen einziehen
kann. Ein solches Organ wäre auch für das Armenrecht und
die Zwangsvollstreckung sehr zweckmähig. Redner polemisiert
sodann gegen die Ausführungen des Abg. Frühauf, die teils
nnwahr seien, teils in unzulässiger Weise generalisieren und
subjektiven Empfindungen entspringen. Dah das Verfahren
verbesserungsbedürftig ist, sei allgemein anerkannt; doch seien
die Vorwürfe gegen die Richter nicht berechtigt. Als Ver-
teidiger hätte er sie vor Gericht vorbringen sollen. Redner
weist schließlich auf die ucue preuhische Verordnung betreffend
Lie Vorbildung der Juristen hin, wonach künftig auch Abi-
turienten der Realghmnasien und Oberrealschulen zum Rechts-
studium zugelassen werden. Er könne sich nicht denken, dah
Leute, die kein Wort Latein verstehen, die Rechtsquellen studie-
ren könncn und möchte daher die Regierung fragen, wie sie
sich zu der neuen Verordung stellt. Zum Schlutz betont Redner,
dah die Vermehrung der Richterstellen am Mannheimer Land-
gericht mit dem Wachsen des Geschäftsstandes in keinem Ver-
hältnisse steht. Jn die Kanzleien der großen Gerichte sollte nur
boll arbeitsfähiges Personal geschickt werden. Die innere Ein-
richtung des Mannheimer Gerichtsgebäudes lasse zu wünschen
iibrig.

Ministerialpräsident Freiherr v. Dusch ist der Ansicht, dah
bei Gewährung des Armenrechts nicht gcgeizt werden sollte.
Der Vorschlag, den Gerichten ein besonderes Organ zur Vor-
nahme von Erhebungen zuzuweisen, würde auf grohe Schwie-
rigkeiten stohen. Eine Personalvcrmehrung könne jeweils
nur bei Aufstellung des Etats in Erwägung gezogen werden.
Bezüglich des neuen preuhischen Erlasses betreffend die Vor-
bildung der Juristen habe sich die Regierung wohl auch schon
Gedanken gemacht, aber noch keine bestimmte Stellung einge-
nommen. Die Regierung sehe die humanistische immer noch
für die einzig richtige Vorbildung der Juristen an (Bravol).
Uebrigens gcwähre die Ergänzungsprüfung, von der in den
letzten fünf Jahren nur ein Schüler Gebrauch gemacht hat, den
Realabiturienten die Möglichkeit, das juristische Studium zn
Lrgreifen. Von der Gestaltung in Preußen hänge es ab.

ob eme besondere Vorschrift erlassen wird. Von der Zwischen-
prüfung halte die Regiernng nicht viel; eine andere Frage
ser. ob man nicht ein Ztoischenzeugnis einführen soll, doch
wolle cr anf die Frage nicht näher eingehen.

Abg. Muser (Dem.) tritt für die Erhöhung des Litte-
ratnr-Aversums des Offenburger Landgerichts und für den
Neubau eines Landgerichtsgebäudcs in Offeuburg ein.

Abg. Dr. Binz (natlib.) glaubt, datz Frühauf nicht
die Absicht hatte, zu generalisieren, wenn auch seine Ausfüh-
rungen den Eindruck erweckten, als ob er dies gethan hätte.
Seine Ausfiihrungen hatten einen berechtigten Kern. Werm
er (Redner) auch der Meinung sei, datz die Justizverwaltung
in die Unabhhängigkeit der Rechtspflege nicht eingreifen soll,
so schcine ihm doch, dah sie sich manchmal scheut, den Gerichten
in rein äuherlichen Verwaltungssachen Jnstruktionen zu geben.
So habe in Karlsruhe der Gerichtsvorsitzende Jahre lang allc
Cvntnmacialsachen an den Schlutz der Tagesordnung gesetzt,
und die contradiktorischen zuerst verhandclt. Trotzdem die
Anivaltskammer energisch gegen den heillosen Zustand prote-
sticrtc, habe die Justizverwaltung ein Eingreifen abgelehnt.
Anch die Vorwürfe, die Frühauf gcgen die Staatsanivaltschaft
crhoben hat, seien unberechtigt und treffen nie die Beamten,
sondern stellen nur dem Anwalt ein schlechtes Zengnis aus,
dcr sich Solches gefallen lieh. Den Fall Weipert solltc man
eudlich ruhen lassen. Er stehe der Angelegenheit völlig ncu-
tral gegenüber und begreife wohl, dah Frühauf als Verteidiger
Wciperts etwas voreingenommen sei, aber wenn er Weipcrt
wäre, würde er sich sagen: Du bist schuld an so vicl Unheil,
an so viel unsagbarem Elendl und würde alles Mögliche auf-
bictcn um die Diskussiou über den Fall von der Tagesordnung
abznsehen. Redner bedauert, dah der Justizminister die Dar-
legnng des Karlsruher Landgerichts über das Grundbuchwesen
als „optimistisch" bezeichnet hat.

Ministerialpräsident Freiherr v. Dnsch erklärt, dah er
dcn Bericht des Karlsruher Landgerichts für durchaus sach-
lich halte und mit dem Worte „optimistisch" nicht andcuten
wollte, dah der Bericht gefärbt sei. Für das Amtsgerichts-
gefängnis in Emmendingen werde>.n Nachtagsetat keine Posi-
tion cingestellt, auch wenn die Matrikularbeiträge sich ermähigen
sollten.

Abg. Pfefferle (natlib.) bedauert, dah Ler Ge-
fängnisneuban in Emmendingen so lange hinausgeschoben wird.
Redner klärt einige Mihberständnisse bezüglich seiner letzten
Rede auf.

Abg. Obkircher (natlib.) hat sich zum Wort gemcldet,
um gcgeu die Ausführungen Frühaufs Widerspruch zu erheben.
Nachdem dieses bereits von mehreren Redncrn geschehen ist,
könne er sich nur diesen Bemerkungen anschliehen. Redner
polemisiert sodann gegen die Ausführungen Birkenmcyers.

Abg. Dr. Wilckens schlieht sich der Erklärung Obkirchers
an und wendet sich dagegen ,dah den Städten die Grundbrich-
gebühren genommen werden. Der Staat streiche ohnehin die
Liegcnschaftsaccise ganz ein, von der die fünf größten Städtc
mehr als die Hälfte aufbringen. Gegenüber Zehnter bemerke
er, dah die Stadt Heidelberg schon grohe Opfer für die Universi-
tät gebracht habe. Gegen die Zulassung der Oberrcalschulabi-
tnrienten zum juristischen Studium habe er keine prinzipiellen
Bedenken, sofern sie die nötigen Kenntnisse im Latein aufweisen.
Mit dem unglücklichcn Wcipert habe auch er Bedanern, noch
mehr aber mit dcn Opfcrn der Katastrophe. Wenn die Sympa-
thicn für Weipert in weiten Kreisen der Bevölkerung abge-
nommen haben, so trug Weipert selbst uicht wenig daran
Schuld. Statt die geringe Strafe anzutreten, hat er Revision
eingelegt. Gegen die Auffassung, als ob Weipert ein Opfer
der Justiz sei, müsse anch in diesem Hause Widerspruch erhoben
werden, sonst werde das Pflichtgefühl der Eisenbahnbeamten
erschüttert. (Brahol)

Abg. Dr. Goldschmit (natlib.) betont gegeuüber
Zehnter, dah die Städte für das Land schon viel gethan haben.

Abg. Frühauf (freis.) verwahrt sich gegen die Unter-
stellung, als ob er die Justizverwaltung zum Eingriff in die
Rechtspflege aufgefordert habe. Seine Nusführungen haben sich
gcgen Ucbergriffe der Staatsanwaltschaft gerichtet. Beweise
stehen genug'zur Verfügung. Die Schuldfrage im Falle Wet-
pert wurde bis jetzt nur vom Standpunkte der Anklage cr-
örtert. Damit sei sie noch lange nicht erschöpft; bcim Be-
triebsbudget werde er noch eingehend anf die Frage zurück-
kommen, ob auch noch andcre eine Schuld treffe.

Staatsrat Freiherr v. Dusch und Abg. Obkircher
erläutern, warum dcm Verteidiger Weiperts die Akten des
Landgerichts Freiburg über das Hugstetter Eisenbahnunglück
verwcigert worden sind.

Geh. Oberegierungs-Rat Bccherer legt die Gründe dar,
ivelche die Zurückstellung der Ausgaben für den Ncubau der
Amtsgefängnisse in Emmendingen und Brcisach und des
Amtsgerichts in Stockach veranlaht habcn. Jm Nachtrag können
die Anfordcrungen nicht eingestellt werden, werl derselbe ohnehm
schon stark belastet ist durch die ersten Raten für den Neu-
ban eines weitcren Lehrerseminars und einer dritten Taub-
stummcnanstalt. An gröhere baulliche Aenderungen sjim
Mosbachcr Landgerichtsgebäude könne in der nachsten Zert nrcht
herangetrctcn werden. Weit dringender seren dre Neubauten
der Ämtsgefängnisse in Mehkirch, Engen und Trrberg, sowie
der Amtsgerichtsgebäude in Wolfach, Waldkirch, Triberg und
Eberbach. Abgesehen von den Erweiterungsbanten der Land-
gerichte Offenburg und Freiburg erfordern drese dringendcn
Neubauten einen Gesamtaufwand von Ntillionen Mark.
Diese Summe könne man unmöglich auf ernmal rns Budget
einstellcn, man müsse vielmehr, wie seither, nur dre dring-
endstcn Bauten nach und nach vornehmen.

Abg. Fehrenbach (Zcntr.) findet es ganz begrerflrch,
dah Frühauf die Akten eines analogen Falles studrcren wollte.
Ein Grund, sie ihm nicht auszufolgen, lag nrcht vor. Jeden-
falls liegt in der Verweigerung der Akten kern Ansdruck ernes

Verhältnisses. wie es zwischen Gericht und Barreau bej)ehe1

Berichterstatter Dr. Binz rekapitulicrt in seinem Schlutz'
wort noch emmal kurz die in der Beratung hervorgehobeneN
Gepchtspunkte. ^

Schluh der Sitzung halb 3 Uhr. Nächste Sitzung: SarN^
tag 9 Uhr. Tagesordnung: Spezialberatung des Justizetat^


^etre

Aus der Karlsruher Zeitnng.

- Dem hilsskirbeitcr D- P'iil'vv Baucr beim Stali-'tis»-«
Landcs-mt wurde die elatwästqe Amtsslellc ciueL wissenschastl'S
gebllveten Asystenten daselbst übcrtragen.

Karlsruhe, 6. Febr. Der Großherzog empstllö
heute Vormittag den Präsidcnien des Ministeriums d-S
Jnnern Geheimerat Dr. Schenkel zur Vortragserstattung-
Darnach meldeten sich eiulge Offiziere. Nachmittags be-
suchten die höchsteu Herrschaften die Professoren Schöb'
leber und Keller sowie Frln. Stromeycr in ihren Ateliers-
Später hörte der Großherzog die Vorträge des Geheimen
Legationsrats Dr. Freihcrrn von Babo und des Legations'
rats Dr. Seyb.

N-tst



L

Aiisland.

England.

London, 5. Februar. Ein von Smuts all
Louis Botha gerichteter uud aus Ermelo deu 2. SE
tember 1901 datierter Brief, der aufgefangen wurde m
heute amtlich veröffentlicht worden. Dieser Brief ift dle
Antwort Smuts auf ein Schreiben Bothas, woriu dieftl'
Smuts von seinem Posten als Assistent des Generast
kommandanten absetzt, weil er die von Smuts fnr dft
Einäscherung von Bremersdorp anqegebenen Gründe ftzt
nngenügend hielt. Smuts verteidigt in dem Briefe die
Einäschernng von Bremersdorp unL sührt damr atft'
daß das Vcrbrennen außerhalb der Burengrenzen geleg^
ner, vom Feinde sür seine Zwecke benutzter Häuser gereäft'
sertigt fti; jeder Kriegfnhrende würde dasselbe'getha'l
haben. Smuts erklärt dann in dem Briefe des weiterelll
er habe Bothas Befehl erhalten. die Burenfrauen fortzU"
schicken, und er sei, werm die Cngländer deren Uebec-
nahme verweigern, dafür, die Frauen über die englisäftl'
Linien abzuschieben. Schließlich erhebt Smnts in deNl
Briefe energisch Widersprnch gegen seine Absetzung. ..

London , 5. Febrnar. Das Unterhaushät nw
246 gegen 125 Stimmen wieder einmal die Gesetze?'
vorlage angenommen, nach welcher die Ehe mit dek
Schwester der verstorbeiten Eheqattin für gesetzmäßig ek'
klärt wird. Bis jetzt hat das Oberhaus die ZustimrmMS
zn dem Gesetzentwnrf imnier abgelebnt.

Türkei.

K o n st a n t i ii^o p e l, 6. Febrnar. D a m a d M a lp
! d Pascha, der Schwager des Sultans, wurde in coR

mn

tumaciam zum Tode

v e r n r t e i I t.

Afrika.

— Lord Kitchener telegraphiert aus Pretorim
Oberst Kekewich berichte, eine englische Truppe nntel
Major Leader tötete 7 Mann von Delareys Kommandll
nnd machte 131 Gefangene, darnnter den Kommandantell
Sarel Alberts, Landrost von Potgieter und Fan Jlltz'
lessis. Die Verlnste der Engländer srnd qerinq, niemaN-'
ist gefallen.

gefunden, es wnrde tüchtig gezecht nnd der Assessor be-
fand sich bald in sehr animierter Stimmung.

Da erklang dcks Signal znr Demaskierung und
alles eikte in den Saal. Auch der Assessor. Jetzt mnßte
ja das Rätsel sich lösen! Fetzt würde er erfahren, wer
seine kleine reizende Enipiredame war, und jetzt wollte er
doch einmal sehen, ob sie noch zu leugnen wagte, daß er
sie aus dem Corps de Ballet-Balle gesehen, mit ihr ge-
tanzt, ihre Lippen geküßt .... Dann wollte er sich
spöttisch lächelnd verbeugen nnd sagen: „Meine. Gnädige,
es ist sehr unvorsichtig, ein und dasselbe Kostün; zweimal
und bei zwei so grundverschiedenen Gelegenheiten zu
tragen" .... nnd dann wollte er sich knrz abwenden,
das sollte seine Rache sein.

(Schluß folgt.)

Stadtlheater.

§ Heidelberg, 7. Februar.

Siebente Aufführung der Operette „Geisha" von Sidney Jones.

Es gehört zu den grötzten Unannehmlichkeiten im Leben
eines Tbeatcrdirektors, wenn ein Haus ausverkauft ist und
plötzlich dre Möglichkeit der Darstellung )tiner Hauptrolle
in Frage gestellt ist; in dieser Lage befand sich Herr Direktor
Heinrich gestern, als er zum siebenten Male die Operette
„Geisha" aufführerr wollte. Die Darstellerin der Mollh ivar
durch Krankheit am Auftreten verhindert und es galt rn kürze-
ster Frist einen Crsatz zu schaffen.

Das Publikum bringt im allgemeinen einer solchen Jmpro-
visation ein gewisses Mihtrauen entgegen, namcntlrch wenn
dicsclbe durch den „Mann im Frack" crst rmmrttcwar vor
dem Beginn der Ouvertüre zu seiner Kenntnis gebracht wird.
Allein rnan muh sagen, daß man in Anbetracht dcr kurzen
Spannc Zeit, die für Frl. Wurm zwischen dem Entschluh ern-
zuspringen und sciner Umsetzung zur That lag, recht zufrreden
sein konnte. Frl. Wurm fand sich mit überraschender Lerchtrg-
keit in die nicht unschwere Partie der Molly, die nrcht nur eme
Schauspielerin, sondern arrch eine Sängerin rrnd sogm, eine
Tänzeri» crfordcrt. Vor allem erfreute die musikalrsche Srcher-
heit, die kanm je ins Wanken kam. Die Mittel, welche die
Natur ihr gegeben, weitz Frl. Wnrm durch rhren Vortrag
irr angemessener Weise zu verweudcir, vhne der Versuchung
anhcim zu fallen, mehr geben zu wollen, als sie hat. Unter-
stützt wird ihr Spiel durch ein graziöses Figürchen, das ihre
Molly recht glaubhaft macht. Kurzum, es ist Frl. Wurm sehr
zn danken, daß sie sich mutig an die nicht leichtc Arrfgabe machte,
sie lvacker durchführte und so dem Publikum den Slbend rettete.
Ntan erkannte das übrigcns auch an durch den frermdlichen
Beifall, rnit dcm man die Dame lohnte. Dr. M.

— Verwandlung. Bräutigam: »Jch sage Dir, ich bin ictzt
unbändig glückli» ..." — Freund: „Warle nur: bald bist Du
alückltch gebändigt!"

— Eine liebe Freundtn- „Liddi, der Baron will nichts wehr
von mir wissen." — „Er wird jedenfalls zu viel von Dir
wissenl"

Aus Stadt und Land.

Heldelb erg, 7. Febrvar.

* Von der Universität. Seit dem Tode des Hofrats SteNg-'
sind an hiesiger Universrtät landwirtschaftliche Vol'
tesungen nicht mehr gehalten worden. Jm nächsten SomN-ü
semester nuu werden dieselben wieder aufgenommen und zN^
wird Landwirtschaftsinspektor K u h n in Ladcnburg vierstüiww
über „Wirtschaftslehre des Landbaues" leseu. — Eine neü,
Verbindung ist an imserer Hochschnle gegründet worde>>'
die „studeutisch-wissenschaftliche Verbindung Bavaria". ZA
Satznngen haben die Genehniigimg des Engeren Senates
halten. ,

m. Elektrische Bnhn nach Handschuhsheim. Jn unsctt
Stadt werlt zur Zeit ein Vertreter von Siemens und Hals'f!
Berlin, welcher Messrmgen zu einer elektrischen Bahn t-N?
Hauptbahnhof nach Handschuhsheim vornimmt. Dieselbe
nach dem dieser Firma patentierten Verfahren ohne Untcrb^
angelegt werden, so datz die Stromleitung und die dell
Wagen die Richtung gebende Schrene als Oberbau hergesteb
sind.

Marmheim, 6. Februar. (Jm Karnevalszb.
des „Feuerio" für das Jahr 1902) ft-z
folgende Fe stw a g e u vorgcschen: 1. Festhalle, d»
Millionengrab oder der grüue Frosch; 2. Lohengrüner Suh:?-!
prinz im Schwaneu mit Gefolge usiv., Ueberkulturwagen
Kaiserin Mß-D-Si; Licht, das Europa aufging; 3. FriedeU^
Ivagen; 4. Floraivagen mit Blnmenmädchen; 5. Trebertrost)
nungsgesellschaft; 6. Wie FLrst Reuh als Volkserzieher
marrisiert; 7. Nachttmdgebungswagen für unseren Frew^
Pottchamberlain; 8. Hoffnungsvolle Köngrn Draga-MaE
von Serbien; 9. Modcrne Kunst, Fuhtruppe rm Ucberbrem)
und Befriedigurrgswagcn arn Paradeplatz; 10. Blaues Kr-jj,
»nd Habereck; 11. Fasaneninsel, Ueberhochwasser mit Jäg-^
begleitung in altdeutschcr Tracht; 12. Wagen zur lustig-j
Waldschnecke; 13. Markthalle mit der neueu MarktordirwNj
14. Prinzengarde mit Prrnzenmusrk; 15. Wagen des PrüE«
Karncval; 16. Wagen des Iler-Rats. Jm Ganzen wrrd d-
Zug sich aus 50 Gruppen zusammensetzerr.

8.6. Karlsruhe, 6. Fevr. (Eirr betrübender Ü j!,
glücksfall) eretanete sich gestern Nachmittag ouf dem Bavd
hof in Moxau. Beim Ueberschreiten der Geleise wurde d-
Weichenwärter Johann Schellhammer von einer Rangierabtetluu^
ersaßt und getötet. Der Unglückliche hinterläßt eine Witwe uu
2 Kinder. — Am 27. v. Mts. trank ein 23 Johre alteS
chen in selbstmörderischer Absicht eine Sublimatlösung.
sofotttger ärztlichcr Bshandlung ist die Arme gestcrn U''
gestorben. ,,,,

Aus Baden. Jn der Jllenau ist gestern dcr Schauspi->>
Emil Drach, ein geborener Heidelberger, gestorben. Er ?
ein Alter von nur 46 Jahren erreicht. __




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Heidelberger Bereinsangelegenheitett'

--- Der Arbeiterbildungsverein hielt gestern Abend ftjjl

^_c__ ..- /.

Generalversammlung in seinem neuen Lokale, Sandgasse < -
Der erste Vorstand, Hauptlehrer Herrigel, begrühte die Ettw ^
nenen, gab seiner Freude darüber Ausdruck, datz der V^^,

wieder cin eigenes Heim habe und forderte die jüngeren
glieder auf, mit eifrigem Stteben nunmehr wieder ^
ihrer geisttgen Weiterbildung zu arbeiten. HerzU-A
Dank spract, er dem Oberbürgermeister Dr. Wilkens
Bürgermeister Dr. Walz aus, deren läugstbewährter »c H
Fürsorge der Verem es danke, wenn er wieder unter ^
 
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