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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 27-50 (2. Februar 1902 - 28. Februar 1902)
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https://doi.org/10.11588/diglit.23860#0253
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nicht so oberflächlich gearbeitet habe. Die Kommission berech-
nete die Ausgaben höher als die Regierung. Derarlige
Vorschläge könnten nicht als unabünderlich hingestellt wer-
den. Die chincsischen Wirren seien nicht vorauszusehen ge-
wesen. Sie wirkten wesentlich auf die Kosten der Jndienst-
haltung cin. Wir haben sehr gründlich in der Kommission ge-
arbeitet und wurden nicht getäuscht. Die Voranschläge haben
sich als durchaus richtig erwiesen. Wir hatten sogar auf den
meisten Gcbieten Minderausgaben. Zum Schluh weist Redner
uochmals den Vorwurf der Täuschuug zurück.

Staatssekretär von Tirpitz: Die verbündeten Regie-
ruugen licßcn keinen Zweifel darüber, daß Auslandsschiffe
nachgcbaut wcrden müssen. Ein Mehrbedarf liegt eigenrlich
auch heute noch nicht vor.. Die Vorlage war von dcu ver-
bündeten Regierungen vertagt worden.

Abg. Richter (freis. Volksp.): Die Ausführuugen des
Staarssckrctärs und des Abgeordneten Müller köuuen die
Thatsachc nicht bemänteln, daß in dcr Kommission thatsüchlich
von der Regierung andere Sätze angegeben worden sind, um die
Vorlage besser durchzubringen. Dcr Erlaß enthält ein Ein-
gcständnis cines Mangels an Offeuheit, den wir leider nicht
zum crstenmale an dem Staatssckretär erfahren. Wir könuen
ihm daher nicht dasselbe Vertrauen eutgegenbringen, wie den
andcren Lüaatssekretären.

Staatssekrctär von Tirpitz: Der Abgeordnete Richter
habe den spriugenden Punkt der Frage noch nicht verstanden.
(Hsitcrkeit.- Es wurden nicht gcringere Summen eingestcllt,
sonderu die von uns als zutreffend crachteten.

Abg Graf Or iola (natlib.): Die Veröffentlichung des
Erlasses im „Vörwärts" rief allcrdings Erregung hervor,
aber daiübcr, daß man in den Ministerien nicht mehr ruhig
arbeitni köunc, ohne bcfürchten zu müssen, daß Aktenstücke
gestohlen werden. Es sei erstaunlich, daß eine so zahlreiche
Partei sich gestohlener Dinge bediene. (Lärm bei den Sozial-
demokraten. Glocke des Präsidentcn.) Eine Täuschung liege
absolut nicht vor. Wir hatteu iu der Budgetkommission den
Eindruck, daß der Staatssekretär mit voller Offenheit verfahre.
Mcine Partei wird sich dcr Vermehrung der Auslandsflotte
nicht widersetzen, sobald sie nötig wird, zur Ehre Deutschlands
und zur Wahrung des Friedens.

Abg. Dr. v. Levetzow (Kons.): Nach dem Erscheinen des
Erlasses im „Vorwärts" habe cr sich sofort bei dem Reichs-
marineamt Auskunft geholt. Man habe ihm volle Einsicht
in die Akten gewährt und er habe nichts dort gesehen, was
auch nur den Verdacht aufkommen ließ, daß der Staatssekretär
die Absicht hatte, dem Reichstag in der Kommission etwas vor-
zumachcn odcr sie zu täuschen. Er begreife nicht, wie hier von
Täuschung die Rede sein könne. Er habe sich überzeugt, daß
der Staatssekretär sich Mühe gegebcu habe, in den Grenzen
des Flottengesetzes zu bleiben und zu sparen. Was mir an
dem Erlassc nicht gcfällt, ist das Wort „geheim". Stände
dieses nicht darauf, so wäre cr auch nicht gestohlcn worden.
Jm übrigen sei der Hehler ebcnso schlecht wie der Stchler.

Abg. Dr. Barth (fr. Vg.): Wenn der Erlaß nicht äls
geheim bezeichnet worden wäre, hätte niemand von dcr Ver-
offentlichuug des „Vorwärts" Notiz genommen. Der Vorwurf
der Zuuschung sei nicht aufrecht zu erhalten.

Abg. v. Tiedemann (Reichsp.): Die freisiunige Volks-
partei und die Sozialdemokraten haben arg Fiasko gemacht.
Jhr Versuch, den Staatssekretär in Mißkredit zu hringen,
sei gründlich gescheitert.

Abg. Bebel (Soz.) : Es bleibt die Thatsache bestehen,
daß der Staatssekretär Dinge verschwiegen hat, die er hätte
mitteilen müssen. Der Diebstahl des Erlasses sei nicht wahr.
(Singer ruft: Gemcine Verleumdungl und erhält eincn Ord-
nungsruf.) Bebel fährt fort: Der „Vorwärts" veröffentlicht
solche Schriftstücke, die noch niemals einen Pfennig gekostet
hätten und im Jnteresse der Allgemeinheit liegen.

Abg. Graf Roon (Kons.) : Es licgt keine Täuschung
vor. Der „Vorwärts" veröffentlicht gestohlenes Gut. Es
ist unerhört, ein Verfahrcn zu verteidigeu, das die ganze Welt
mit Verachtüng betrachtet. (Großer Lärm bei den Sozial-
demokraten). Spionage verachten wir. (Großer Lärm bei
den Sozialdemokraten.)

Abg. Richter (freis. Volksp.): Der Staatssekretär hat
schwarz auf weiß eingestanden, daß vorläufig niedrigere Jn-
dienststellungen gerechnet worden sind. Es ist nicht das crste-
mal, daß wir so etwas an Tirpitz erleben.

Staatssekretär von Tirpitz: Er könne sich die große
Erregung des Vorrcdners nur aus dessen gründlichcm Jrrtum
erklären.

Darauf wird Titel 1, Gchalt des Staatssekretärs, bewil-
ligt. Das Haus nähm sodann die von der Kommission beantrag-
ten Abstriche und die Resolution betreffend Beihilfen an einige
oldenburgische Gemeinden, ebenso den außerordentlichen Etat
und den Etat für Kiautschou an.

Morgen 1 Uhr: Etat des Reichsschatzamtes und klemere
Etats. _

AMscher Landtag.

— Ueber die Kammersitzung vom 6. ds. schreibt der
„Veobachte r": Sonst war es hente sehr unterhaltend
im hohen Haus — wenigstens unterhielten sich die Ab-
geordneten ganz vorzüglich miteinander, während eiu-
zelne Redner sich abmühten. Hie und da ging es auch
recht klassisch zu. So redete z. B. Zehnter den Abgeord-
netcu Friihauf als „Gretchen" im Faust an. Frühauf
war damit nicht zusrieden nud wollte lieber „Faust"
sein. Er hatte ganz Recht, denn zu einem „Gretchen"
paßt schon seine Stimme sehr wenig. Muser verun-
glückte sast bei einem Versuche, Erinnerungen aus der
Geschichte Athens zur Zeit der Perserkriege aufzufrischen.
„Herr, gedenke der Danaer", lietz er den Perserkönig
Darius sagen. Mnz brachte sich als Praktikant in
Emmeiidingen beinahe ins Gefängnis, wenigstens begann
er einen Satz etwa folgendermatzen: „Als ich noch im
Gefängnis in Emmendingen war" — allgemeines Halloh
-— worauf er erklärte, er sei bloß als Praktikant dort an-

gelassen hat, sitzen die Führer, manchmal ihrer vier oder fünf,
vor dem Thoreingang auf einer hölzernen Bank, welche mitunter
von der Last zusammenbricht. Dann wird das Publikum,
welches sich dem Schloßeingaug nähert, mit kritischen Blicken
gemustert. Mit dem Vorrücken der Jahreszeit wird es all-
mählich stiller und ruhiger auf dem Schloßberg. Hin uud
wieder taucht cin neuvermähltes Paar auf, das im Sonucn-
schein des Glücks seine Hochzeitsreise nach Heidelberg
unternommen hat. Aber auch solche Personen, dcncn das
Leben durch allerlei Schicksalsschläge verleidet ist, suchen auf
dcm Schloßberg Zerstreuung. So kam im Spätjahre ein
alter Mann in äußerst niedergeschlagener Stimmung in die
Bergbahnwirtschaft. Er hatte bci dem Gewerbebankkrach in
Hcilbronn cinen großen Teil seincs Vcrmögens verloren. Jm
Laufe der llnterhaltung meinte der Betrogene, es wäre am
Ende besser gewesen, wenn er seine Ersparnisse bei einer
hiesigen Bank angelegt hätte. „Wer weiß, was gut istl" er-
widerte einer der Gäste in scherzhafter Weise. „Gestern ist
die Fremdcnführerbank auch zusammengekracht." — „So, so",
sagte der alte Mann, der dcn Scherz nicht vcrstand, „auch
hier hat es einen Bankkrach gegeben. Ja, ja, man darf heut-
zutage niemand mehr trauen l" Der Manu giug etwas getröstet
den Schloßberg hinunter.

gestellt gewesen. Auch Goldschmit verteidigte die großen
Städte gegenüber Zehuter, der ein großer Freund des
Landes ist, mit einein variierten Zitat aus „Faust":
„Wir (die Städte) habeu bereits so viel gethan, datz uus
zu thun sast uichts mehr übrig bleibt." Fast übel wurde
es dem Justizmstüster vom AbgeoiHneten Binz und
Pfefferle genommen, daß er sich in der letztlln Sitzung mit
Bezug auf Pfefferle ebensalls des klassischen Zitats be-
dieiü hatte: „Dem Manne kann geholfen werden." So
klassisch geht es hie und da im Landtag zu.

Prcußen.

B e r l i n, 7. Februar. Bei der ersten Beratung des
Gesetzentwurfes über die V o r b i l d u n g der Iuri-
st e n wurde gestern im Abgeordnetenhause begreiflicher-
weise viel über die Zulassung der Realgymnasial- und
der Oberrealschulabiturienten gesprochen. Diese Zulas-
sung erwies sich als eine Quelle für allerlei Besorgnisse
verschiedencr R'edner. Von einer Stellungnahme der
Parteien als wlcher konnte uatürlich uicht gut die Rede
sein und so kehrte die Formel immer wieder.
Jeder Redner mntzte für und gegen sich selbst
spuecheu, wodurch die Besprechung nicht gerade sehr
übersichtlich und unterhaltsam wurde. Gleichwohl ist
eine überwiegende beifällige Stellungnahme zu dem Eut-
wurf zu verzeichuen.

Aus der Karlsruher Zeitung.

— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben dem
Direktor Schröder der Schlafwagengesellschaft in Brüssel das
Kommandeurkrenz zweiter Klasse mit Eichenlaub des Ordens vom
Zähringer Löwen verliehen und dem Jngenieur Erasmus Caem-
merer in Berlin eine etatmäßige Professorenstelle an der Großh.
Baugewerkeschule in Karlsruhe übertragen.

— Der mit der Stelle des Grenzkontrolleurs im VI. Grenz-
kontrollbezirk betraute Revident Josef Scholl wurde znm Grenz-
kontrolleur ernannt.

Karlsruhe, 7. Febr. Der Großherzog empfing
heute Vormittag 11 Uhr dcn Finanzminister Dr. Buchen-
berger zur Vortragserstattung. Gegen 1 Uhr nahm Seine
Köiügliche Hoheit die Meldung des Majors Strautz vom
Jnfanterie-Regiment Nr. 29 entgegen. Die Prinzessin
Wilhelm nahm an der Großherzoglichen Frühstückstafel
teil. Nachmittags besuchten die Höchsten Herrschaften die
Professoren, Dill, Weishaupt und Ritter in ihren Ateliers.
Später hörte Seine Königliche Hoheit den Vortrag des
Präsidenten Dr. Nicolai,

Ausland.

Jtalien.

R o m, 6. Februar. Cardinal Ciasca ist heute
gestorbeu. Agostino Ciasca war geboren zu Polignano
a Mare ani 7. Mai 1835. Zum Cardinal hatte ihn
Papst Leo der Dreizehnte ain 19. Juui 1899 ernannt.

Asien.

— Der „Times" wird aus Pekiug gemeldet:
Die Verhandlungen, wodurch Deutschland aus-
schließliche Minenrechte iu großen Teileu der Pro-
vinz Schautuug erlangen will, sind beiuahe abge-^
schlossen. Deutschlauds Haltung in Tientsin, wo es allein'
der Verringerung der Garnison und der Uebergabe der
Zivilverwattung Tientsins an China Widerstaud bot, hat
die gewünschte Wirtüng gehabt. Die Verhandlungen
werden in Tsinanfu, der Hauptstadt Schantungs, zwt-
scheu dem deutschen Konsul und dem chinesischen Gouver-
neur und in Peking zwischen dem deutschen Gesan^ren
und dem chinesischen Auswärtigen Amte geführt. Durch
bas Kiautschon-Abkommen vom Januar 1898 erhielt
Deutschland das Recht, innerhalb zehn Meilen von der
Schantung-Eisenbahn Kohlen usw. zu graben. Jm
Jahre 1900 bewarb si-ch ein Berliner Syndikat
um das Recht, Diamanten, Gold, Kohlen usw. innerhalb
von fünf Zonen, die einen großen Teil des mineral-
haltigen Gebietes der Provinz decken, zu»graben. Die
Borerimrnhen unterbrachen die Verhandlungen und dte
letzte Note Kettelers an das Tsungliyamen vom 16. Mai
1900 wurde nie beantwortet. Diese Forderungen sind
jetzt so gut wie bewilligt. Ileber die Höhe der Abgabö
und die Daner der Konzession ist man noch nicht einig.
China verlangt dieselbe Abgabe, wie sie das Pekinger
Syndikat für die Schansi-Konzessionen giebt, nämlich
ungefähr 10 Prozent: Deutschland will 6 Prozent geben.
Die Dauer der Konzession will man einerseits auf 25,
andererseits auf 99 Jahre festsetzen. Darüber kann man
sich einigen. Me Konzession wird vom Juni ^90d
wirksam sein. _

Aus Stadt und Land.

Heldelb erg, 8. F-brrar.

Bon der Univerfität. Jn der medizinischen Faknltät der
hiesigen Hochschnle hat sich Dr. H. Steudel, Assistent am Phy-
siologischen Jnstitnt, anfgrund der Abhandlung: „Eine nene
Methode znni Nachweis von Glnkosanin und ihre Anwendung
auf die Spaltnngsprodukte der Mncine" habilitiert. — Das
zahnärztlicheStaatsexamenbabenan hiesiger Universität
bestanden: OSkar Väth aus Heidelberg, Hermann Lott aus
Karlsrnhe, Adolf Heinsheimer ans Brnchsal nnd Nikolaus
Eyer aus Frankweiler (Pfalz). . ^

Bom Stadtwald. Durch den anhaltenden Ostwind vom 1.
ds. M. wnrden im hiesigen Stadtwalde nicht unerhebliche
Beschädigungcn vcrursacht. Abgesehen davon, daß in allen
Ostlagen Stämmc einzeln und in kleineren Nestern entwnrzelt
wurden, wnrden an zwei Orten größere Stellen kahl gebrochen.
Die eine kleinere befindet sich dort, wo der Stadtwald zwischen
Schlierbach nnd Kümmelbacherhof an die Odenwaldbahn heran-
tritt und erstreckt sich von dieser bis an den Linsenteich-Au-
weg. Die größere kahl gebrochene Nciche ist ober dem
Kümmelbachcrlwf von dcm Linsenteichauwcg bis zum Pfalz-
grafenstein. Das großartige Bild der Zerstörung kann be-
qucm geschen werdcn bei einem Spaziergange vom Schlier-
bacher Bahnhof über den Linsenteichauweg nach dem Linsenteich-
eck und von dort nach dem Pfalzgrafenstein, von wo aus man
den Fußweg abwärts nach Schlierbach zu oder aufwärts
nach dem Hohkreuz und Hohlenkästenbaum gehen kcmn, wenn
man nicht wicdcr denselben Weg zur Rückkehr benutzen will.
Beschädigungcn in dicsem Umfange durch Ostwind sind im All-
gemeinen selten chon der am meisten beschädigtenBergwand prallt
aber der Ostwind, der vom Katzenbuckel her keinen Widerstand
findct, mit ungcminderter Kraft an und dreht sich dort dem
Zug des Ncckarthales folgend, gegen Nordcn, wo er an der
borspringendcn Ecke vor Schlierbach nochmals die erwähnte
Beschädigung bernr'sachte. Die am meisten Windbeschädigungen

ausgesetzten Süd- und Westlagen blieben diesesmal fast gvE
lich verschont. Die Gesamtmasse des jgeworfenen
beträgt gegen 2000 Festmeter. ^

0. Heidclberg, 8. Februar. (S t r a f k a m m e r - S j
u ng) vom 7. Febrüar. Vorsitzender: Landgerichtsdirekio
Dr. West. Vertreter der Grostherzoglichen Staatsbehöro°'
Staatsanwalt Dr. Sebold.

1. Zigarrenfabrikant K. M ü l l e r in Waldangelloch
statte auf einer Postkarte an die Gendarmerie eine Strafanzriö
gegen einen Konturrenten und versah dieselbe mit einer WÜ
schen Unterschrisr. Wegen Urkundenfälschung wird er zu du
Tagen Gefängnis verurteilt.

2. Die Verhandlung gegen Landwirt Josef Waibel
gen Urkundcnfülschung wird behufs Erhebung weiterer BewrÜ
vertagt.

3. Viehtreiber Friedrich Rauen und dessen Eheftw
beherbergten in ihrer Wohiiung in der Amselgasse in Ha»^
schuhsheim mehrere Dirnen und gewährten denselben Unte^
schlupf zur Ausübung der Unzucht, wofür sie einen Teil
unsaubercn Verdienstes erhielten. Das Urteil gegen den ElÜ)
mann Raucn lautet auf fünf Monate, gegen die Ehefrau a"j
sechs Monare Gefängnis wcgen Kuppelei; außerdem wurde gf'.
geu beide auf Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf dn
Dauer von drei Jahren erkannt. Beide Angeklagten sind wegfst
der verschiedensten Gesetzesüberschreitungen vielfach mid teu^
weise schwer vorbestraft.

1. Karl Fischer, Wagner, Ehefrau Cäcilie, gevoreü
Werncr von Dilsberg, benutzte die Zeit des GottesdienM
in der letzten Neujahrsüacht abends zwischen 8 und 9 lllst'
während welcher der dortige Pfarrer und seine Angehörige's
sich in der Kirche befanden, und schlich sich in das Pfarrho"^
ein, wo sie aus einer mwerschlossenen Kommode einen GeldbeiöO
mit 102 Mark entwendetc. Die wcgen Diebstahls Augetlag"
wird zu fünf Monaten Gefängnis abzüglich vier Wochen Unter^
suchungshaft verurtcilt. Ein Teil des gestohlenen Geldes 'c
wieder bcigebracht worden, während der andere Teil
60 Mark) von der Angeklagten verimutlich noch <versteckr
gehalten wird.

6. Taglöhner Jakob Groß von Beerfelden, ein arbest^
scheuer zu Gewaltthätigkeiten und Exzessen geneigter nnd dcü
halb bereits 48 mal vorbestrafter Mensch, wurde kürzlich
Sulzfcld wiederum beim Betteln betroffen. Bei seiner Vor-
füyrung vor dcn Bürgermcister erging er sich in gröblichst»"
Belcidigungen und ließ /sich Sachbeschädigungen zu schuldeU
kommcn. Vom Schöffengerichte Eppingen wurde er deshau'
wegen Bettelns zu vierzehn Tagen Haft und wegen BeleidigunS
und Sachbeschädigung zu drei Wochen Gefängnis verurte'U-
unb der Landespolizeibehörde überwiesen. Mii seiner Bc/
rufung gegen dieses Urteil hntte er insofern Erfolg, als dü
Ueberweisung an die Landespolizeibehörde aufgehobcn wurdc-
da der Augeklagte seit seiner Entlassung aus dem ArbeitshaU^-
Ivo er neun Monatc zugebracht hatte, erst einmal wcgen Betteli'?
bestraft sei; dre Strafe aber wcgen Bettelns wurde durch
Strafkammer aufrecht crhalten.

O Kaiser-Panorama. Von morgen Sonntag ab gelarge"
hochinteressante Gefech'sszenen u. s w. des Burenkrieges (nU'
Naturaufnahmen) zur Vorführung, auf welche wir unsere Lem
besonders aufmerksam machen.

si-Ziegelhausen, 8 Febr. (Evang. Pfarrwahl.) Dck
Bericht tn Nr. 29 der „Heidelb. Ztg." über die NichtbestätigUNS
dcr bekanntlich cinfiimmig vollzogenen Pfarrwahl ist dahin riL>'S
zu stellen, daß nicht eine unerlaubte Wahlbeeinflussung, sondekN
nur ein kleiner Fehler, der unbewnßt dnrch den Besu-b des Her'"
Pfarrers begangen worden ist, die wahre Ursache war. Bet de'
in Bälde bcvoistehenden zweiten Wahl wird die evang. Geweind'
durch Einmütigkeit wieder dcn Bewets liefern, daß sie nicht E
einen Pfarrer der liberalen Richlung wünicht, sondern auch §
dem Treiben von gewisser orthodoxer Seite, wic versuchte vk
einflussung, Herabsetzung liberaler Gelfllicher und endlich die A"
zeige nach der Wahl, nicht einverstanden ist. z

Weinheim, 7. Febr. (Un g lücks fall.) Jakob Fo ntiN«
sen. von Heddeshetm, wurdc vorgestcrn Abend um 7 Uhr obeü
halb der Main-Neckar-Bahn, anf der Straße nach Großsachst?
von einem Automobil überfahren und derart schwer verE'
daß er sofort nach Ueberbringung in seine Wohnung. verstn",
Der Verletzte hatte betde Beine gebrochen, mehrere Rippen w
kntckt und hattc außerdem etnen Schädelbruch erlitten. ^,

L H. Eberbach, 7. Febr. (I e l bstmo rd.) Ein freoibk
gut gekleideter Herr im Altcr von 60-65 Jahren hat sich gesttk"
oberhalb des Frtedhofs hiec erhängt. Man fand bei ihm
goldene Uhr und 161 Mk., jedoch nichts, wodurch der Na>"
hätte festgestellt werden können. Auf Grund etner bet thm vo>z
gefundenen Heidelberger Pferdebahnkarte vermutet man, daß
aus Heidelberg stammt. (Der Selbstmörder ist der Grabarbette"
unternehmer Franz Müßtg in Heioelberg. Red.)

Strümpfclbrunn, 5. Febrnar. (Protestvers a w '")
l u n g.) Heute fand hier unter dem Vorfitze des Bürgermeist^
Dr. W e i ß - Eberbach im Gasthause zur „Pfalz" eine
zahlreich besuchte Versammlung statt, um nochmals Stellu""
zu nehmen gegen den Bahnbau Mosbach-Buchen-Mudau,
über bcreits der Zweiten Kammer von der Regierung
ein Gesetzentwurf vorliegt. Zu dieser Versammlung war a"
Landtagsabgeordneter Ockonomie-Rat Schmitt-Freiburg
schienen. Bürgermeister Dr. Weiß-Eberbach schilderte cy
gehend, energisch nnd zielbewußt die ganze Art und
wie es erst mit vieler Mühe gelungen sei, ein Gutachten i>"^
das Projekt vom Ministerium aus zu Gesicht zu bekoHimen
bczweifelte, ob man überhanpt ein vollständiges, klares >»' ,
Lber die Sachlage erhalten habe. Es sei von der Regieri"^
aus bedeutet worden, daß nur eine Privatgesellschaft mit
Ausführring des Baues, der hohen Kosten wegen, bctrw.
werden könne. Das Publikum würde bei Staatsbahnen höhe
Ansprüche an die Ausführnng derselben stellen. Er bcto>»^
ferner, daß dem Projekte Eberbach-Mudau keine genügcnde
achtung geschenkt wurde. Trotzdem das Projekt Mosbach-Mud",^
von dessen Jnteressenten als bereits angenommen betraE.
wird, seien in letzter Zeit Momente zutage getreten, die dai"
sprechcn, daß die Kommission im Landtage ihre ZustimM'" "
nicht so ohne weiteres zur Ausführung des von der Regieri» "
vorgeschlagenen Projektes geben würde. LandtagsabgeordneO
Schmitt betonte, es sei zu hoffen, daß die Kommission und
die Kammcr das Projekt einer gründlicheren Prüfung,
es bisher geschehen ist, unterziehenyverden. Er gab zu, daß d
Kammer gründlich üüerrascht war) als ein Projekt MosbmV
Mudau vorgelegt wurde. Er habe sich bemüht, einen BerchQ
erstatter für unsere Sache in der Person des Herrn Grc'p-
Wiesloch zu finden, der die Angelegenheit für unseren DcZj',
wohlwollend behandeln werde. Man dürfe wohl crwarM '
daß die Kommission zn der Ansicht komme, keine Mittel > ,
eine Schmalspurbahn zu bewilligen, weil man damit sck)"
schlechte Erfahrungen gcmacht habe. Solle der Odenwald V
schlossen wcrden, so müsse auch dafür gesorgt werden, daß^O
Produkte glatt weiter befördert werden könncn. Jnge»'?
Gütschow-Eberbach, der schon seit Jahren sich mit der Hstn
stcllung günstiger Projekte für die Bahn Eberbach-Mudau
großem Eifer in dankenswerter Weise beschäftigt hat, 'l z
hervor, daß die beranschlagte Summe für die Herstcllung "sK
jenseitigen Projekts eine biel zu hohe sein, dazu noch."§
Schmalspurbahn, und wies nach, datz trotz der ungünst'S--
Terrainverhältnisse sich das diesseitige Projekt ganz gut ast^
führen lasse. Mit Rücksicht auf die wirtschaftliche Lage der ' „
teressierten Orte, namentlich im Hinblick auf den ungeheUO
Holzversandt, habe die Linie Gberbach-Müdau viel
Berechtigung auf Erbauung, als diejenige von Mosbach " ü
Mudau. Löwenwirt Hemberger-Oberscheidenthal erklärte, >"1,
bereits mit dem Fürsten Leiningen über das Projekt EVO
bach-Ntndau Verhandlnngen gepflogen worden seien, der ^
 
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