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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 27-50 (2. Februar 1902 - 28. Februar 1902)
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MLtlwoch. 19. Februar 1902.

Grstes Blatt.

44. Jahrgaug. — ^r. 42.

^rscheint täglich, Sonntags ausgenommen. — Preis mit Familienblättern monatlich 50 Pfg. in's Haus gcbracht, bei der Expedition und den Zweigstelleu abgeholt 40 Pfg. Dnrch die Post be-

zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zuste.'lgebühr.

Anzeigenpreis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen an bestimmt
vorgeschricbenen Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommm. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeituug und den Plakatsäulen. Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

HelegrapHen iu uuferen Kolonie».

Die B u d g e t k o m m i s s i o n des Reichstags
verschließt sich in dieser Session bedauerlicher Weise gerade
den berechtigtsten Wünschen und Forderungen auf k o l o-
nialem Gebiet. Hatte sie sich neulich geweigert, die
Kosten für eine amtliche Auskunftsstelle für das A u s -
w a n d e r u n g s w e s e n dauernd zu bewilligen, son-
dern sich nur mit einer einmaligen Gabe von 30 000 M.
begnügt, so machte sich die Mehrheit der Kommission einer
geradezn lächerlichcn Halbheit schuldig, als sie sür die
Weitersührung der Telegraphenlinie
von Mpuapna nach Tabora in Ostafrika — eine
Länge von 480 Ktlometer — statt der geforderten
602 000 M. nur 300 000 M. bewilligte! Die Weiter-
siihrung dieser Telegraphenlinie nach Tabora und dann
später nach dem Seengebiet stellt sich als eine unbedingte
wirtschaftliche Notwendigkeit heraus; die.Engländer sind
Uns mit ihrem Telegraphennetz in Ostasrika schon längst
uberlegen; die Belgier haben keinen Angenblick gezögert,
Telegraphen von der Küste bis tief ins Jnnere des Kongo-'
siaates anzulegen. Und die leider so verspätet gebaute
deutsche Linie, die jetzt von dem Küstenpunkt Dar-es-
Salaam über Kilossa nach Mpuapua geht und unbedingt
über Tabora nach den Seen fertig gebaut werden muß —
diese Teilstrecke bis Tabora soll nun nach denr glorreichen
Beschluß der Budgetkommission erst zur Hälfte angelegt
werden! Das ist ein Abderitenstückchen sonder
Gleichen. Hossentlich besinnt stch das Plenum eines Besse-
ren und stellt die Regierungsvorlage ivieder her. Bei
der sämmerlichen Besetzung des Hanses am Sonnabend
konnte über diese wichtige Frage kein Beschluß gefaßt
werden. Deshalb erscheint uns die Aussetzung der Ab-
stimmung über diesen Gegenstand beim. Postetat durch-
uus berechtigt; vielleicht erkennt später ein beschlußfähiges
Haus die Thorheit der Bcehrheit der Budgetkommission
Und annulliert deren Beschluß, der sonst für das Reich
ostspieliger werden wird, als jetzt die sofortige Bewilli-
ung der ganzen Teilstrecke bis Tabora.

Deutfches Reich.

cr

^ - Prinz Heinrich hat die Vertreter ameri-

wnischer Blätter in Berlin veranlaßt, sestzustellen, daß
r kcrnen Entschuldigungsbricf wegen des Verhaltens
es deutschen Admirals Diederichs vor Manila an den
werikanischen Admiral Dewey geschrieben habe.

— Der „Königsberger Allgem. Ztg." wird geschrie-
ven: „Wie man hört, wird der nationalliberale Abgeord-
Uete Sieg doch den agrarischen Lkonchromißantyag
Unterzeichnen. Der llnterschied zwischen der Stellung-
'whme des Abgeordneten von Heyl und des Abgeord-
eten Sieg besteht darin, daß ersterer den Zoll von 6 M.
r Weizcn, von 5,5 M. für Roggen u.s.lv. als Aliiidest-
für notwendig hält, während Sieg diese Zollerhöh-
zwar als wünschenswert bctrachtet, aber jedcr Zeit,
Forausgesetzt, daß die Regierung fest bleibt, bereit ist,
uch auf den Boden der Regierungsvorlage zn stellen. Jn
er nationalliberalen Reichstagsfraktion sind etwa 14
. itglieder, die geneigt sind, für die angegebene Zoller-
öhung zu stimnren. Die Mehrzahl dieser vierzehn ist
vdoch bereit, sich auch mit der Regierungsvorlage zu
egnügen, und nur der kleinere Teil dieser vierzehn steht
us dcm Standpunkt des Freiherrn von Heyl, daß die

waß

dng

r.ori

Mch

angegebene Zollerhöhung unbedingt notwendig sei. Die-
sen Verhältnissen in der nationalliberalen Fraktion will
Sieg dadurch Rechnung tragen, daß er in der Kommission
den eingebrachten Antrag unterzeichnet.

— Eine Bcrlincr Zuichrift der „Süddeutschcn Reichs.
corrcspondenz" stellt fest, daß kein sachlicher Anlaß vor-
liegt, auch nur dem Gedankcn an eine Auflösung des
Reichstags Raum zu geben.

Deutfcher Hteichstag.

Berlin, 18. Fcbruar.

Jn 3. Bcraiung werden die Gesetzentwürfe betrcffcnd d!e
Kontrollr des Reichshaushaltsetats, des Landeshaushaltsetats
für Elsaß-Lothringen und dcs Reichshaushaltsetats für die
Schutzgebiete auf Grund der in 2. Lesung gefaßten Be-
schlüsse ohne Erörterung erledigt.

Die Beratung des Militäretats wird fortgesetzt.

Abg. Faltin (Zentr.) tadelt auf Grund eines Vorkommnisses,
daß dic Gerichtssekretäre nicht zu Reserveoffizieren ernannt würden,
während dies bei Steucrsekretären geschehe.

Gcneralmajor v. Einem: Es sci cin Jrrtum, daß der be-
treffcnde Herr nicht gewählt worden sei aus dem Grunde, weil er
Gerichtsschreiber war. Der Bezirkskommandeur habe nach den
Vorschriften der Heeresordnung nur auf die Lebensstellung des
Bctreffenden zu sehen. Von einer Ausschließung der G-richts-
schreibcr odcr einer anderen Beamtenkategorie könne keinc Rede sein.

Abg. Dr. Kösicke (Bund der Landwirte) verlangt bei
Ansctzung der Pferdemusterungen möglichste Berücksichtigung der
landwirtschaftlichen Bedürfnisse, die Proviantämter mühten un-
mittelbar von den Produzenten kaufen. Das Militär könne
rücksichtsvollcr bei Forderungen von Vorspannleistungen in
Manövern vorgehen, ebenso in der Vorausbestimmung nber
Verpflegung und Einquartierung. Die Flurschäden würden
häufig zu gering entschädigt. Wie stehe es mit der Statistik
über die Verwendbarkeit der Rekruten aus den einzelnen Be-
rufsarten?

Generalleutnant von Heeringer: Die Proviantämter
kauften möglichst aus erster Hand, mützten aber auch den
fiskalischen Gesichtspunkt im Auge behalien. Die Vorspann-
leistungen seien von vornherein genau sixiert; die Gepäcksbe-
förderung im Manöver sei auf ausdrückliche Anordnung des
Kaisers gering. Der Vorspann solle möglichst durch Ver-
dingung aufgebracht werden. Unkosten in der Vorbereitung
der Berpflegung würden bei einer Absage stets vergütet. Auch
komme es kaum vor, datz man einen Quartiergebcr bis zum
letztcn Augenblicke in Zweifel lasse, ob die Einquartierung mit
oder ohne Verpflegung einrücke. Auf der Flurentschädigung
hätte die Militärbehörde wenig Einflutz.

^ Generalmajor v. Einem: Bereits in diesem Febuar sei
Stand und Gewerbe der Rekruten in die Stammrolle einge-
tragen worden. Das verarbeitete Material dürfte im näch-
sten Jahre vorgelegt wcrden können.

Abg. Graf Oriola (natlib.) spricht sich gegen die Maga-
zinverpflegung in den Manövern aus. Redner wendet sich gegen
den polnischen Abgeordneten Chrzanowski. Wenn ein Haupt-
mann seine Soldaten ermahne, gute Deutsche zu sein, so thue
er nur seine Pflicht. Als Deutsche sehen sie sich doch selber
an. (Zuruf des polnischen Abgeordneten: Nein!) Dann doch
ivenigstens als Angehörige des deutschen Reiches.

Abg. Bebel (Soz.) tadelt die Militärverwaltung, weil
sie für die durch die Niederlegungen in Posen obdachlos
gewordenen zwei Bataillone nicht längst Fürsorge getrosfen
habe. Jetzt komme sie plötzlich mit der Verlegung nach Wreschen
und Schrimm. Graf von Roon bezeichnet uns als staats-
feindlich, wir sind nur dcm herrschenden Shstem feindlich.

Auf eine Anfrage des Abg. v. Strombeck (Zentr.)
erklärt

Generalleutnant v. Heeringor, dem Plane, den Trup-
penübungsplatz des 11. Armeekorps nach dem Eichsfcld zn

verlegen, hätten sich mannigfache Schwierigkeiten entgegen-
gestellt. Der Plan fei unmöglich durchzuführen und sei daher
endgiltig aufgegeben worden.

Abg. Lenzmann (freis. Volkspart.) kritifiert das neue
Militärstrafgesetzbuch an der Hand des Prozeffes Krosigk. ES
seien da grobe Verstöhe gegen Ärs Fundament der Rechts-
pflege begangen ivorden. Das Jnstitut des obersten Gerichts-
herrn sei nnhaltbar.

Abg. Bassermann (natlib.): Jmmerhin seien in der
neuen Militärstrafprozehordnung grohe Fortschritte. Allerdings
sei ihm das Jnstitut dcs Gerichtsherrn ebenfalls nicht sym-
pathisch.

Geh. Kriegsrat Rohmer: Wie wenig fich die Offiziere
dnrch den Gerichtsherrn hypnotisieren lassen, beweise gerade der
Prozeh Krosigk. Beide Gerichtsherrn erklärten sich durch den
Haftbefehl gegen Hickel und beidemale wurde er freigesprochen.
Uebrigens sei die Wiederverhaftung Hickels erfolgt, wcil neues
Beweismaterial vorlag. Allcrdings hätte der neue Haftbe-
fehl genauer gefatzt werden können. Die Bestimmungen der
bürgerlichen Strafprozetzordnung über den Hastbefehl wur-
den absichtlich nicht in die Militärstrafprozetzordnung aufge-
nommen. Das Reichsmilitärgericht fprach fich dagegen aus,
datz die Richter ad hoc ernannt würden. Die Militärjuristen
seien keineswegs die Leute, die stets den Rücken vor den
Vorgesetzten krümmten.

Nach persönlichen Bemerkungen vertagt das Haus die
Weiterberatung auf morgen 1 Uhr.

Berlin, 18. Februar. Die Z o l I t a r i f k o m-
mission des Reichstages wählte einsttmmig
Rettich (Kons.) znm Vorsitzenden.

Bade».

, — Ein Mitarbeiter des „Mannh.Tgbl." spricht sich sehr
scharf gegen den Entwnrf eines neuen Feuerversicherungs-
gesetzes aus. Er führt unter anderem aus:

Zunächst wird in dem Gesetz immer noch an dem Schreckge-
spcnst der Ueberversicherung festgehalten nnd deren und der
Doppclversichermig Verbot ist eigentlich dcr einzige Jnhalt des
Unglücksentwurfs.

Gcgen die Doppelversicherung kann sich am Ende jeder
schützcn, dah er aber der Ueberversicherung berfalle, dagegen
nicht, und der bravste Familienvater, der harmloseste Spieß,
der Kaufmann und Fabrikant kann hiernach eingesteckt werden.

Was heitzt nun Ueberversicherung? Es ist das auf keins
juristische Konklusion gestützte künstliche Polizeidelikt, daß.man
zur Zeit des Vertagsabschlusses oder während der Dauer einer
Versichcrung seine Habe über den sogenanntcn gemeinen Wert
gedeckt hat. Was ist aber Schätzung zum gcmeinen Wert?
Darüber kann man sehr verschiedener Meinungsi'einl Man denke
nur zum Beispiel an die Abschützung durch Waisenrichter.

Das Gelungenste ist, datz nach der Fassung des Paragraph
2 sogar die Warenlager und ähnliche, dem raschen Wechsel
herauf und hernnter unterworfene' Sachen dem Joch der
Ueberversicherung unterliegen sollen, währeird doch jeder vor-
sichtige Kaufmarm nnd jeder pslichtmätzige Vorstand einer Ge-
scllschaft, will er sich vor Verantwortung bewahren, gar nicht
anders darf, als dcn höchsten Stand zu versichern, den nach
menschlicher Voraussicht die geführte Ware erreichen kann;
auch der Lmidwirt mutz es für seine Ernte so machen, will er
sich vor Schaden bewahren.

Aadischer Landtag.

8 0. Karlsrvhe, 18. Februar. (39. Sitzung der
Zweiten Kammer. Prästdent Gönner eröffnet die Sitzung
um ^10 Uhr.

Zur Beratung steht dcr Gesetzentwurf betr. die Auf-
lösung der Gemeinde Handschuhsheim und deren
Bercinigung mit Heidelberg.

VI. Machvereinskonzert.

„Faust's Verdam mung" von Hektor Berlioz.

ili Heidelberg, dcn 18. Febrnar.
II.

. Durchaus eigenartig, wie die so merkwürdige Persönlich-
sit des französischen Tondichters selbst, ist auch die Komposition
Lsiies „Faust", ein getreues Abbild ihres Schöpfers mit all
i ^Wen Vorzügen und all seinen Schwächen. Aber der elementa-
Kn Gxztzx, pw diesem Werke iimewohnt, wird sich keiner ver-
Aietzen köniien, welcher Kunstrichtung er auch immer angehören
ENag. EZ ist die hochbedeutende Schöpfung eines hochbe-
^Menden Geistes, der zielbewutzt und siegessicher seine Bahn
^ndelt, die Bahn, wclche cr stch selbst gewählt, wie es nur
^ echte Genius im Stande ist.

. Berlioz ist in erster Linie Jnstrumentalkomponist und wis
>sii Abgott Beethoven so hat auch er auf diesem Gebiete sein
^pßtes geleistet. Deshalb sind auch in seinem „Faust" die-
Nigen Teile, welche ganz oder hauptsächlich vom Orchcster aus-
siuhrt wcrden, die weitaus bedeutendstcii. Stücke Ivie der
l'achtige Ungarnmarsch, das prickelnde Sylphenbalett, der Jrr-
^ltertanz und di« grauenvoll ergreifende Höllenfahrt kann
an getrost dem Größten an die Seite stellen. Wie er im
^rlaufe des ganzen Werkes den gewaltigen Orchesterkörper
„ Ninterbrocheii verwendet, wie er bald mit einfachen, bald
sj ^ den kompliziertesten Mittcln koloriert, wie er durch Jn-
^Mnentierungskünste jeder Art zu illustrieren weiß, das ist
ppBunlichl Kein Wunder, daß der nüchterne Klavierauszug
fähig ist, von all dicsem Glanze nur das Geringste
E°n zu'lassen; es ist bckamitlich ein üußerst zweifelhafter
'str^ntz, Berlioz am Klavier kennen zu lernen. Da klingt
;matt und trocken, Mid es kostet fast Ueberwindung, sich
chdnrchzuarbeiten. Und damit sind !vir bei der Haupt-
ch^üchx hxZ Meisters angelaugt: dem Mangel an ursprüng-
^eni, melodiösem Empfiiiden. Die Folge hiervon ist wohl
R der Umstand, daß die Vokal-K«mposition bei Berlioz

lange iiicht auf gleicher Höhe steht wie die Jnsttumentalmusik,

zumal die Musik für das grotze Orchester. Auch in dem vor-
liegenden Werke wird dies fühlbar, wenn auch die darin ver-
wendeten Chöre teilweise von sehr schöner Wirkung sind wie
z. B. der Traumchor. Häufig abcr stört eine deutlich wahr-
nehmbare Steifheit und Gezwungenheit im Aufbau mid man
kann sich des Gedankens nicht erwehren, datz dem Koniponisten
die Sache recht sauer gewordcn ist, wie bei dem im doppelten
Kontrapuntk gesetzten Soldaten- mid Studentenchor oder der
Fugentravestie in Auerbachs Keller, welche lange nicht so ko-
misch wirkt als der Komponist wohl erwartct hat.

Nicht viel anders steht es mit den Sologesängcn. Auch
hicr cmpfindet man, sehr oft besonders in den lhrischen Par-
ticn, statt eines voll und ungetrübt flietzenden Melodienquelles
mühsame und gekünsteltc Phrasen mid nur selten entsteht ein
durch sich selbst wirkendes iimerlich erwärmendes Tongedicht,
wie dies namentlich bei dem empfindungsreichen Liede Grctchens
am Spmnrade der Fall ist. Glücklicher ist der Meister im
Maleu bizarrer oder humoristischer Stimmimgcii, obwohl ich
auch den Vertonungen der Lieder von der verliebten Ratte
mid dem Floh nicht allzu viel Geschmack abgewinnen kami. Doch
all das siud Dinge, die man bei Berlioz mii in den Kaus
nehmen mutz mid diese Mängel werden mehr als genug auf-
gewogeu durch den immensen Stimmungsgehalt, von dem das
Werk crfüllt ist, diirch die unzähligen L-chöiiheiten, roelche
es fast auf jeder Seite der Partitur enthält, durch den Feuer-
geist, der aus demsclben zu uns spricht mid uns von Anfang
bis zum Schlusse fesselt und uns das Gefühl zurückläszi, welchcs
wir immer dann empfindcn, wcmi wir wahre ekMch gemeinte
Kunst genossen haben.

Die Aufführmig war, wie bcreits kurz erwähnt, eine vor-
treffliche. Das Orchester, diesmal gcwitz mit das Hauptele-
meiit, löstc seine schwierige Aufgabe ganz mcistcrhaft und
jcdes einzelne Mitglied desselben kann stolz auf seine Leistung
zurückblicken. Nicht weniger mustergiltig war dcr Chor (Bach-
vercin und Mademischer Gesaugverein). Die mühevolle Arbeit

des Winters hat goldene Früchte getragen, es war eine Freude,

zu sehen, wie sicher und fest da alles sunktionierte. Wohl wäro
zu wünschen, datz der Mänerchor an Quantität dem Frauenchor
allmählich gleichkomme. Sollte dies in der „Musikstadt"'
tzeidelbcrg nur cin frommer Wunsch bleiben?

Als Solisten hatte man bewährte Kräfte gewonnen. Ma-
riella P r e g i, die bei uns seit geramner Zeit so geschätzte
Künstlerin, sang die Margarethe mit jener, einzigartigen
Jnnigkeit, mit der sie uns schon früher manche Berliozsche
Wcise vertraut gemacht hat. Jhr Spinnlied wird uns noch
lange in Ohr und Herz nachkliiigen. Den Faust hatte Herv
Pichler aus Frankfurt a. M. übernommen. Er verfügt
nicht mehr über den Glanz und die Frische, welche die überaus
schwerc Partie vcrlangt, doch führte er dieselbe mit dem
guten Vortrage und der sicheren Routine durch, welche diesem
trefslichen Bühnensänger eigen ist. Noch immer ein gewalttger
Sänger bor dem Herrn ist Joseph Staudigl, der mit
seinem wunderbar klangvollen Stimmmaterial den Mephisto-
phclcs fast etwas zu schön sang. Ebenbürtig stand den Ge-
namiten miser einheimischer Baß, Musikdirektor Weidt, als
Brander zur Seite.

Mit diesem inieressanten Abend schlotz der Bachverein
seine diesjährigen Konzerte. Wie immer waren es Anregun-
gen mid Äcnüsse von hohcm Werte, welche das Publikum ihm
zu daiikcn hat und wir scheiden heute von ihm mit dcin Wimsche,
dah dies sür das Wohl unseres Musiklebens so wichtige Jnstttut
küiiftighin noch cine viel allgemeinere und einheitlichere Würdi-
gung sindcii mögc. O. S.

— Zweierlei. Vater: „Hört, Mädeln. jetzt fft's aber höchste
Zeit, daß Jhr Euch nm Männer umschaut! . . . Und von Euch,
Buben, will ich hoffen, daß keiner so dumiil ist und heiratet!"

— Dir zwei Trinker. „Sonderbar! Jch kann kein volles
Glas von mir sehen!" — „Bei mir ist's nmgekehrt! Jch kann
kein leeres Glas vor mir sehen!"
 
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