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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 51-74 (1. März 1902 - 29.März 1902)
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https://doi.org/10.11588/diglit.23860#0470
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Dienstag, 11. Miirz 1902.

AweLteS Blatt.

44. Jahrgang. — 59.

^scheint täglich, Sonntags ausgenommen. — Preis mit Fawilienblättern monatlich 50 Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition nnd den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post be-

zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.

»zeigenpr eis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigcn ermäßigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen an bestimm
dorgeschriebenen Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitnng nnd den Plakatsäulen. Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

Deutscher Akottenverein

. Vergebung v o n F r e i st e l l e u auf

deutschen Schulschisf „Großherzo-
b..in Ekisabeth". Es sind am 20. Februar 1002
; 5 ^ Freistellen auf dem Schulschifs „Großherzogiu Eli-
^beth" vorgeseheu 1800 M., sie sind dem Deutscheu
^chulschiffverein überwieseu nnd ist dabei der Antrag
?Usgesprochen worden, es inöge ausuahmsweise siir die-
Jahr zugegebeu werdeu, daß der Deutsche Flotteu-
die Anmeldung fiir diese >stellen erst Ende März
^Ureicht, während nach den Bestimmungen der 1. März
Schlußtermin für Anmeldungen gilt.

. Ter Deutsche Schutschiffverein ist auf dieseu Wunsch
^Ugegangen.

- Das Präsidium des Deutschen Flottenverems ersucht
Unentsprechend diejenigeu Blitglieder des Deutschen
Aotten-Vereins, die für ihre Söhne auf eine der 5 er-
Uhnteu Freistelleu ^AnsPjruch evhebell, ihre Anträge
Mleuniqst und spätestens bis zum 20. d. Mts. an die
^räsidialgeschäftsstelle, Berlin NW. 7, Dorotheenstr. 42
^ richten.

Aufnahme finden in der Regel nur Mabeu im Alter
?Mschen 14 und 16 Jahreu. Als Bedingungen für die
mld nach Ostern stattfindende Einstelluug sind vorge-
lchrieben und durch Zeugnisse zu belegeu:

eine durch den volleudeten Besuch einer Volksschule
^worbeue oder auf einer Privat-, Biirger- oder höheren
^chule erlangte mindestens gleichwertige Bildung,

b. Unbescholtenheit, körperliche Tauglichkeit und Ge-
chudheit sowie uormales Seh- uud Farbenunterschei-
^ngsvermögen.

(Die Dauer der Anstellung und Anmusterung als
Ichifssjuuge beträgt ein Jahr; während desselben werden
^suzfahrteu in Nord- und Ostsee, später in südlichen
dewässern gemacht. Besonders tiichtige Knaben können.
-!°ch weitere drei Jahre auf dem Schulschiff bleiben und
"ch auf den Besuch der Navigationsschule vorbereiten.)

. Da bei Nuswahl für die 5 Freistellen ueben der in
Nter Linie stehenden Geneigtheit der Knaben auch die
^rhältnisse und die Würdigkeit der Eltern eutscheidend
A die Wagschale fallen, ist es nötig, daß das Gesuch sich
^ diesen Beziehungen genau ausspricht. Bescheiniguug
Urch die Vorsitzenden oder die Ortsbehörde erwünscht.

Präsidium des Deutschen Flottenvereins.

I. A.: Menges.

Lange's UeichswaHkveröand.

Die „Nationalliberale Korrespondenz" schreibt:
Herausgeber der in Berlin erscheinenden „Deutschen
Zritung", Herr Dr. Fr. L a n g e, hat sich seit längerer
M persönlich bemüht, datz in einer größeren Zahl von
Mdten „Ortsgruppen" gegründet würden, die einem,
Herrn Dr. Lange ihnen dargelegten politischen Zwecke
^siien sollten. Wir haben schon Mitte Oktober v. Js.
Kf diese Thätigkeit des Herrn Dr. Lange hingewiesen.
^Uie erste geheime Zusammciikiinft von Vertretern sol-
fsbr Ortsgruppen hat im November iu Hauuover, eine
^?fite am vorigeu Lwnntag in Berlin stattgesunden. Jn
^jer zweiten Versammlung soll die Begrüudung eines
sv e i ch s w a h l v e r b a n d e s" beschlossen worden
^jn, dec nächsteus mit einem Aufruf vor die Ocfsentlich-
^jt treten will. Herr Dr. Lange hat dem Vernehmen

; nach vor dieser zweiten Versammlung es versucht, einem
und dem anderen Abgeordneten der konservativen uud der
freikonserativen Partei den Zweck seines Vorgehens t'lar-
zulegen. Er hat sich auch mit einigeu Mitgliedern der
nationalliberalen Partei dieserhalb in Verbindung gesetzt.
Doch ist sein Vorhaben fo nnpraktisch und verwirrend, daß
seitens der natianalliberalen Parteileituug dem Plane
des Herrn Dr. Lange überhaupt nicht näher getreteu zu
werden brauchte. _

Zur Iiätenfrage.

Bekanntlich hat der Abg. Basser m a^n n un-
längst ausgeführt, daß der Zolltarif nicht zu Stande zu
bringen sei, wenn nicht die Verbündeten Regiernugen sich
dem Antrage der Mehrheit des Reichstages, Anwesen-
heitsgelder zu bewilligen, willfährig zeigten. Wenn die
„Nat. Corresp." zntreffend unterrichtet ist, stehen auch
von den gegenwärtig amtierenden leitendeu Persoueu
einzelue anf dem Standpunkt, was den Einzellandtagen
recht sei, konne auch für deu Reichstag nur billig er-
scheinen. Die Verbündeten Regierungeu habeu bis jetzt
zu dem Antrage des Reichstages keiue Stellung genom-
men. Vielleicht nehmen sie in Bälde Veranlassung dazu,
uachdem sich das Centrimi dazu anschicken zu wollen
scheint, die Gewährung von Präsenzgeldern ei^istlich
zu betreibeu. Ein Artikel der „Germania" deutet darauf
hin. Ein gewiegter Staatsmann sagte einmal, eine
Negicrung schädige sich iu ihrem Ansehen, die sich eine
Forderun'g, die zeitgemäß sei, abtrotzen lasse.

Deutsches Reich.

Prcuße«.

Berlin, 8. März. Die Konservativeu beabsich-
tigen, im preußischen Laiidtag einen Antrag einzu-
bringen, worin erklärt werden soll, daß die Haltung der
prenßischen Bevollmächtigten im Bundesrat nicht der
Auffassung der Mehryeit der Volksveriretuug entspreche.

— Die konservative Fraktion des Abgeordnetenhauses
wird den Antrag einbringen, die Königl. Statsregierung
aufzufordcrn, für die von der Zolltarifkommission des
Reichstags gewünschte Verstärkung der l a n d-
w i r t s ch a ft l i ch e n Schutzzölle über die Vor-
lage hinaus einzutreteu. Die nationalliberale Fraktion
des Abgeordnetenhauses hat die Unterstützung des An-
trages durch die gesamte Frat'tion oder auch uur durch
eiuzelne Fraktionsmitglieder einstimmig a b g e-
Iehnt. __

Ausland.

Türkei.

K o n st a n t i n o P e 1, 10. März. Die Prinzen
Lontfullah und Sebah-Eddin, die Söhne Damad-Mah-
mud-Paschas, ferner Haidar-Bep, Oberst Zek-Bep und
Abdurrahniau-Bey, früher Direktor des Vilajets Smyr-
na, die nach Europa geflüchtet sind, wurden in coutuma-
ciam zu lebenslänglicher Festungshaft perurteilt.

Afrika.

— Der „Daily Mail" wird aus K a p st a d t brief-
lich über die am 12. Februar abgehaltene Versannnlung
der Deutschen berichtet, die zusammenberufen wordeu war,
> um gegen die Beschuldigungen zu protestieren, welche ge-

^ Sneewittchen.

^ Roman von A. I. Mordtmann.

(Aortsetzung.)

Zarnow war in freudigster Erregung. Nicht mehr die
.— nein, djx reiche Juanita mutzte es heitzenl Nun
ja alle Not für das Madchen ein Endel Schön, reich,
Itzji^rzjg, künstlerisäi vcranlagt, was blieb ihr nun uoch zu
P Rchen übrig.? Und er, Zarnow, sollte der Bote sein, dem
„^oie Wandlung in ihren Geschicken vevdanken und der das
Sneewittchcn Juanita von der boshaften Verfolgung der
umutter Cäcilie befreien würdel
ü llm das Vertrauen des Seemanns zu belohnen, erzählte
ljch Aarnow Alles, was er von Joanitas Erlebnissen wutzte.
etjch es war eigentlich recht wunderlich, 'datz keiner von Beiden
Anffallendes in dem unbegrenzten Vertrauen fand, däs
lgs ^ine ohne Weiteres dem andereu schenkte, uud das Jeder
Aivas Selstverständliches hinnahm.

TE-chch wunderlicher war es vielleicht, datz der Gedanke, die
Vg-che könnten am Ende Juanita gar nicht gehören, dem
Zaruow so weuig kam, wie er Jürgen gckommen war.

15. Kapitel.

Eine schlimme Nacht.
war an einem windigen und regnerischen Frühlings-
öwischen Ostern und Pfingsten; graues Gewölk zog in
rütglchnen Fetzen über dem Himmel und dazwischen lugten
w'gelbe Farbenstreifen, die letzten Sendboten der unter-
llaa llenen Sonne hervor. Die Herren schlugen lyre rmantel-
ig Un auf, nnd die Damen hülltcn sich fröstelnd dichter
ihr^^e Shawls und Tücher, wenn sie vor dem Stadttheater
Aals «"öen entstiegen, denn ein unbehaglicher Luftzug, oft-
strzll,,Regen und halbgeschmolzeuen Schnce mit sich sührend,
Pe erkältend durch die Dammthorstratzc.

"nter den vielen anmutigen und schönen Erscheinungen

der vornehmcn Damenwelt Hamburgs, dic hcute dic Rünge
des Thcatcrs crfüllte, uM ciner Vorstellung von Meycrbeers
„Afrikanerin" beizuwohnen, war keine von strahlenderer Schön-
heit als die junge Gattin des reichen Gerard. Wie sie in
ihrer kostbaren und geschmackvollen Toilette in der vordersten
Reihe ihre Loge satz, schien sie in ihrer gleichgültigen und
stolzen Art nicht eimgal das Bewußtsein der vielen bcwaffneten
und unbewaffneten Augen, die sich auf sie richteten, zu haben,
weder von den bewunderden Blicken der Männer. den neidischen
der Frauen noch von den mancherlei Bemerkuugen, die über
sie ausgetauscht wurdcn, etwas zu ahneu. Sie selbst machte
von ihrem Opcrnglasc nur sehr spärlichen Gebrauch und
höchstens konnte hier und da eine besonders auffallende Toilette
sich rühmen, ihre Aufmerksamkeit errcgt zu haben.

Mehr noch als die stolze Schönheit der Frau wurde von
deu Habituees untcr den Theaterbesuchcrn die Anwesenheit
ihres Gatten besprochen. War es doch bekannt, dah Gerard
als eifriger Verehrer der Wagnerschcn und der klassischen dcut-
schen Musik ciuen unüberwindlichen Abscheu gegeu die „char-
latauischer Mache" des Deutsch-Franzofen Meycrbeer hatte.
Weder der „Prophet" uoch die „Hugenotten", weder „Robert
der Teufel" noch „Diuorah" hatien ihn jemals ins Theater
gelockt. Wer den Gefprächen in der vielbetrachteten Loge zn-
hörte, wurde über den Gruud dicser wunderlichen Ausnahme
aufgeklärt.

„Cigentlich schäme ich mich bis in den Mittelpunkt der
Erde hinein, dah ich da bin!" sagte Gerard brummend zu
seiner anmutigen Frau. „Schau uur, Cilli, wie die Leute
mich ansehen, es ist mir, als hörte ich sagen: was fällt denn
dem alten Esel, dem Gerard, ein, datz er sich die erbärmliche
Psuscharbeit ausicht, die je em elender Blcchpfeifer verbrochcu
hat?"

Cäcilie lachte. „Nun sieh, Philipp, was für ein gutes Werk
du thustl" sagte sie neckend. „Es sollte mich gar nicht wundcrn,
wenn es morgen in deu Kritiken der Zeitungen hictze,^ die
„Afrikanerin" könnte doch keine untergeordnete Arbeit sein,

geii die englischen Truppen erhoben worden sind. Die
Versainmlung, sagt der Kwrrespondent, endigte niit einem
tranrigen Fiast'o. Von dem Augenblicke an, da der Jn-
halt der Resolution mitgeteilt wurde, begann die tollste
Verwirrung. Weniger als ein Viertel der Anwesenden
iintcrstützte die Resolution, die übrigen drei Viertel der
Anwesenden, meist Kellner, Schreiber, kleine Ladenbe-
sitzer, und Arbeiter, waren dagegen. Die Unznfriedenen
stegten numerisch, die Veranstalter der Versanunlnng
glaubten aber, daß die Aiinderheit das deutschs Em-
Pfinden genngsam znm Nusdriicke bringe und sie daher
byrechtigt seien, die Resolution dem Premierminister
vorznlegen. Von etwa 400 Anwesenden haben nur 72
für die Resolntion gestimmt.

— Die Fran eines englischen Soldaten, der in süd-
afrika dient, hat an „Reynolds Newspaper" folgenden
Brief gerichtet, der das Datum des 24. Jannar trägt
nnd von ihrem Mann aus Grans Reinet (Kapkolnie) ab-
gefchickt worden ist: Jch habe ain Samstag nm 3 Uhr
der Hinrichtnng des Komniandanten ScheePe rs bei-
gewohnt. 9Nan brachte ihn auf einer Tragbahrc aus der
Stadt, mit Musik, hinter der die zur Füsilierung kom-
niandierte Abteilung niarschierte. Als inan ihn zu der
Stelle gebracht hatte, bat er. anfstehen imd so den Tod
empfangen zu dürfen. Mau setzte ihu darauf aist eiuen
Stuhl und verband ihm die Angen. Fünszehn Mann
der Coldstrecnn Guards standen 10 Schritte.von ihm
entsernt und feuerten nun. Fast der ganze Körper wnrds
ihm durch die Schüsse zerschmettert und es war eiu eut-
setzliches Schauspiel. Er muß eiu tapferer Mann ge-
wesen seiu. Er zuckte uicht und erblaßte auch uicht. Vstiu
begrub ihn, so wie er war, und warf die Stücke des
Stuhles nuf seiueu Leichuam. — Der irische Abgeordnete
Mae Neill brachte den Fall im llnterhause zur sprache,
doch erklärte der Kriegsmiiüster Brodrick, daß ihm diese
Vorgäuge unbekanut seien.

Aus Stadt und Land.

ili Schöffengerichtssttzung vom 8. März. 1) Johann Rötb,
Steinhauer in Stedelsbrunn, erhielt wegen Körperverletzung vier
Wochin Gefängnis; 2) Heinrich Bender Ehefrau in Mückenloch
wegen Forstdiebstahls 2 Tage Gefängnis; 3) die Verhandlung
gegen Karl Hobermaier, Taglöhner hter, wegen Uebertretung des
ß 7l P.St.G.B. wurde veitagt; 4) Sedastian Junghans, Tag-
löhner in Ziegelhausen, wurde non der Anklage wegen groben
Unfugs freigefprochen; 5) Chrtstian Ziein, Steinhauer hier, cr-
hielt wegen Ruhestörung 3 Mk. Geldstrafe oder 1 Tag Haft;
6) Ludwig Neistg, Fabrikant hier, erhielt wegen Beleidigung des
Kaufmanns Adolf Atzler hier 100 Mk. Geldstrafe oder 10 Tage
Hast

LC. Karlsruhe, 9. März. (D i e nächste Verbesse-
rung der drahtloscn Telegraphie), die von
den Forschern angestrebt wird, bestcht nach einer von dem
Stratzburger Professor Braun in seinem Vortrage gemachten
Mitteilung darin, datz man die abzusendenden Wellen in eine
bestimmtc Richtnng bringt. Bis jetzt verbrciten sich die Wellen
vom Ausgangspunkte nach allen Seitcn im Raum und werden
darum im umgekehrten Verhältnis dcs Ouadrats der Ent-
fernmig schwücher. Es wäre ein bedentender Fortschritt, wenn
man die Wellen bündelförmig ähnlich wie das Licht eines
Scheinwerfers, auf eincn bestimmten Punkt richten könnte.
Die Energic würde dann besser vereinigt bleiben und sich auf
größere Entfernung noch bemerklich machen. Näheres übcr
die bezüglichen Bestrebungen teilte Professor Braun jedoch nicht
mit.

8L. Lahr, 9. März. (A u s I o h a n n e s b n r g.) Eine

da sogar der bekaniite Musikfrennd Gerard fich die Mühe
genommen hätte, fie anzuhören."

„Ja, das fehlte gerade nochl" zürnte Gerard. „Da wcrde
ich heute abend noch einen Brief an alle Redaktioncn der Erde
schreibcn, datz blotz die fortgcsetzten Lockungen der verführe-
rischen Sirene den ergebenst Untcrzeichneten zu der grützten
Narrhcit seines Lebcns verkeitet haben."

Er warf einen verliebten Blick auf das lcicht gerötete Ant-
litz nnd den vollendet schönen und weitzen Hals seiner
Gattin, was sie mit einem frcundlichen Nicken erwiderte.

Cäcilie war stolz auf ihren Einfluß über dcn vicl ältercn
Gatten, aber mit einer einzigen Ausnahme mitzürauchte sie
ihn nicht, und das schärfste Auge, die boshafteste Zunge
hätte an ihrcm Benehmen in iind aiitzer dcm Hause, in Gegen-
wart oder tn Abwcsenheit ihres Gatten nicht den leisesten
Makcl zu entdecken oder irgend ctwas zn tadeln vermockit. Die
einzige Ausnahme aber betraf die verkasscne Waisc, die fich
drautzen in Bergedorf in Schnsucht nach eincm verlorenen
Heim imd nach ihrer geliebten Musik verzehrte.

Die Onverture begann und Gerard horchte mit dem Ver-
ständnis des gewiegten Muslkkenners, aber häufiges Kopf-
schütteln bewies, datz das Tonwerk nicht seinen Beifall finde.
„Was das für ein spektakelhaftes Brimborinm ist!" rief er
einmal unmutig. „Das macht ja ein Kapellmeifter bei den
Botokuden iind Hottcntotten bcsser! Das ncniit sa ein
von Gott verlassencr Dudlcr Orchestriermigl Jch möchte wohl
wissen, was Juanita zu dem Zeuge sagen würde!"

Die Lippcn der jungen Fran kräuselten sich verächtlich.

„Juanital Als ob die einen anderen Geschmack habcn könnte
wie dul" antwortcte sie scharf. „Ein eigenes Urteil hat sie
doch nicht! Wenn du ihr einrcdest, das lväre die Ouvertüre
zn Rienzi, sv würde sie es auch glaubenl"

Kaum hatte Cäcilie diese gehässigen Worte gesprochen, als
sie fie auch schon bereute. Denn sie wußte bereits ans wieder-
holten Erfahrungen, datz Gerard zwar ihren Anordnimgen
bezüglich Juanitas keinen Widerstand entgegen setzte, es aber
 
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