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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 51-74 (1. März 1902 - 29.März 1902)
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Mitlw-ch, 12. Miirz 1902.

Drittes Blatt

44. Jihrgang. — .4° 80.


>trscheint täglich, Sonntags auSgmomrnen. — PreiS mit Familienblättern monatlich 50

:rteljährlich 1.3
eil« 40 Psg. s.

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Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

Arirrz Kernrich in AmeriLa.

P y i i a ü e l p h i a, 10. März. An dein D i n e r der
Un i o ii e a g u e zii irhren des Prinzerr Heinri ch
hielt diesec riachfolgende Rede: „Ich wünsche Ihnen zu
danken für die freundliche Aufnahme. ivelche ich in den
Pereinigten Staaten gefunden habe. Meine Hevren!
Dies isl wohl die letzle Gelegenheit. welche ich während
des Aufenhaltes in den Vereinigten Ltaaten habe, öffent-
lich zu sprechen. Fch bin sehr betrübt darüber, daß dies
so sein inutz. Was ich jetzt ini Begriffe bin, Ihnen mit-
zuteilen, sage ich vor der Welt. Es war absolut kein ge-
heiiner Zweck. dec rnit ineiner Mission in Jhr Pand ver-
tnüpft war. Sollte irgend jemand von Zhnen etwas
Gegenteiliges lesen vder hören, fo ermächtige ich Sie
hiermit, dies rundweg zu bestrcileu. Atir wurde gesagt,
bevor ich öiese Reise antrat, die Augen und die Ohren
so weit wie möglich zu öffnen und so wenig wie möglich
zu sprechen. In der letzten Beziehung bin ich bange, datz
ineine Mission fehl geschlagen ist. Ich sah bedentenö
niehr Dinge, als viele von Zhnen glauben mögen. Jch
hörte gleichfalls fehr viele Dinge, darunter viele freund-
liche Worte von Personen nnd ebenso die Jubelrufe tau-
seuder Ihrer LandSleute. WaS ich iu Zhrer Gegen-
ivart ausjpreche, spreche ich iu Gegenwart Zhrer Itation
nus, nümlich meinen herzlichsten Dank für die freundliche
Aufnahme und die Sympathien, welckie ich während
des Aufenthaltes in Zhrem Lande fand. Es wird mir
um Herzen liegen, dem ickaiser hiervon Kenntnis zu ge-
ben. Morgen trete ich die Rückreise au. Es wäre nicht
recht von mic, wenn ich sagen würde, datz es mir leid
ist, wieder nach Hause zu reisen, aber gleichzeitig über-
kommt mich ern trauriges Gefühl, ein Land zu verlassen,
in dem ich mit so viel Gütc und Gastfreundschaft aufge-
nommen wurde. Lassen Sie mich, meine Herren, noch
sagen: Lassen Sie unS darnach trachten, Freunde zu sein,
uiid eS auch wirklich sein!"

Newyork, 11. März. Prinz Heinrich ver-
brachte den letzten Abend vor seiner Abreise unter Deut-
sck)en ini Jrving Place Thcater, wo eine Galavorstellung
gegeben wurde. Fast hätte er noch einen Unfall erlitten,
da infolge des gewaltigen Hochrufens des Publikums
vor dem Lheater die Pferde seines WagenS scheuten und
die Stützen eines Sommerdaches umrissen, indessen blieb
der Prinz uuverletzt. Die Vorstellung war gut arran-
giert und während derselben sanden mehrfach Ovationen
sür den Prinzen statt. Viele Amenkaner waren im
Theater.

Korrespondeiiten englischer Blätter, die mit unver-
hohlenem Mitzmut auf den Prinzeiibesuck, blicken, tele-
graphieren, der Prinz habe ein Versehen begyngen, indem
er wegen Ermüdung nicht persönlich einen Kranz auf
das Grab Grants legte und deu Pfarrer der lutherischeu
Gemeinde iu Itew-Vork nicht empfing, dafür aber an
einem Frühstück und an e.inem Mendessen teilnahm.
Das habe ihm sehr geschadet. Man sieht, au welch
kleinliche Dinge die Engländer sich hängen, um an dem
Prinzenbesuch herumzimörgeln, es wird ihnen aber alles
»ichts nützen.

Madischer Landtug.

L.6. Karlsruhe, 11. Mürz. 49. Sitzung der
Ziveiten Kammer. Cingegangen: Petitionen des

Gemeinnützigen Vereins Heidelberg und mehrerer Ge-
meinden der bad. Bergstraße nm Erstellung einer direkteu
Bahn von Heidelberg nach Weinheim, von Ge-
meinden der Bezirke Pforzheim und Bretten um Erbauung
einer Bahn von Pforzheim nach Bretten, der Gemeinde
Worblingen, A. Konstanz, um Aenderung des Jagdgesetzes,
der Gemeinde Kürnbach, betr. Aufhebnng ihrer Sonder-
stellung, und von Beamten der Stadt Lauda um Ein-
reihung in die 3. Ortsklasse des Wohnungsgeldtarifs.

Zur Beratung steht das Budget des Ministeri u m s
des Jnnern.

Abg. Fehrenbach (Centr.) crstattet den (von uns in
der Hauptsache bereits veröffentlichtcn) Kommissionsbericht.

Abg. Dr. Wilckens (natl.) erwartet vom neuen Mini-
ster, datz er in wirtschaftlichen Fragen in den bewährten Bahnen
seines Vorgängcrs wandelt, in politischer Hinsicht aber vor
allem rechi bald die V e r f a s s u n g s f r a g e einer befrie^
digcnden Lösung entgegenfiihre. Sehr zu bedauern sei der
grotzc Verlust, den das Ministerium durch den Tod des Re-
spizienten für Gemcindeangelegenheiten, Ministerialrats
Schlusser, erlitten habe. Zu den nächsten Aufgaben des Mini-
steriums gehöre neben der Revision der Städteordnung die Er-
lassung einer G e m c i n d e b a u o r d n u n g, die dringend
notwendig sei. Dankbar müsse anerkannt werden, was unsere
technischcn Staarsbehörden, namentlich die Kultnrinspektionen,
auf dcm Gebicte der Wasserversorgung leisteti er hoffe, datz
diese Thätigkeit recht bald auf die Gegenden des' Odenwaldes
und der Rheinniedernngen ausgedehnt wird, die einer Wasser-
versorgung ebenfalls dringend bedürfen. Anerkennung vec-
dicne weircr die rege Staatsbeihilfe für Kreisstratzen und
Gemeindewcge; wcnn irgend möglich, sollte die von den Kreis-
ausschüsscn gewünschte Summe von 500 000 M. für diese
Zwecke ins Budget eingestellt werden, denn darin licge ein Stück
sehr wichriger wirtschaftlicher Fürsorge fürs platte Land. Seine
politischcn Frcunde halten cs für dnrchaus wünschenswert,
datz die Avancemcntsverhältnisse dcr Bezirksbeamten ver-
bessert werden; aus diesem Grunde bedanern sie auch dic wie-
derholte Ablehnnng der von dcr Regierung beantragten Auf-
besserung dcr Vorftände grötzerer Bczirksämter. Redner tritt
wcitcr für die Besserstellung dcr Schutzleute und cin rascheres
Tempo in der Erstellung von Dienstwohngebäuden für Schutz-
lcnte ein, damit dcr Zugang zu dicsem Dienst gchoben werde.
Auch bei den Bezirksgcometern sei letztcres zu wünschen. Jm
Allgemeinen dürfe man sich der Hoffnung hingeben, datz der
»eue Minister aus wirtschaftlichem Gebict in die Futztapfen
seines Vorgängers treten wird; er wünsche nur, datz es ihm
gelingen möge, auch auf politischem Gebiet Erfolge zu erzielen,
insbesondere anf demGebiet derVerfass u-n g s r e v i > i o n.
(Bravol! bei den Nationalliberalen.)

Abg. Wacker (Centr.) ist der Ansicht, datz die politischc
Situation heute weniger Anlatz zu Konflikten im Hause gebe,
als früher; auch cr glaube, datz eine gewisse Rücksichr geboten
sei, möchte aber doch nicht so weit gehen, wie der Borredner.
Erfreulicherweise habe sich das ncue Ministcrium bei den
Wahlen eine Zurückhaltung auferlegt, wie wir sie seit Jahr-
zehntcn nicht erlebt hätten. Das sci eine hochbedeutsame Er-
scheinung, die man mit Genugthuung begrützen könnte und
die Einen mit Verrrauen der ferneren Thätigkeit des neuen
Ministeriums entgegensehen lasse. sAllerdings hätten nicht alle
Beamtcn sich Zurückhaltung auferlcgt, was aber nicht verwun-
derlich sei, da eben alte Gcwohnheiten nur schwer abgestreift
wcrden. Zur Wahlrechtsfrage wolle er für heute seinen Stand-
punkt nur kurz dahin präcisieren, datz sich das Ministerium
sehr täuschen würde, wenn es der Meinung Raum geben wollte,
datz, das Zentrum heute mit tveniger Jnteresse und Ueber-
zeugungskraft seine Stellung in dieser Frage vertreten werdc.
Die Wahlrechtsfrage werdc eine Streitfrage bleiben, so lange
die Regierung ihren Standpnnkt nicht wechselt. Der Unter-
schied sei nur der, datz wir einem neuen Ministerium gegen-

üüerstehen. dem man nicht gleich mit den schwerstcn Trllmpfen
rommen Wir derlangen nach tvie bov die Ein^uhrung
deS allgemeinen, gleichen, direkten Wahlrechts ohne alle Kau-
telcn und wir werden nicht eher ruhen, bis ein annehmbarer
Answeg gcfunden ist. Der Zugang zu den Staatsstellen werde
stch in dem Augenblick verbessern, da die Beförderungsaussich-
ten für alle gleich sind. Mit Befriedignng könne er konsta-
tieren, datz die Bezirksbcamten im allgemeinen eine weitgehendc
Bcfähigung im Verkehr mit dem Pnblikum an den Tag legen,
wenn es auch Ansnahmen gebe. So Zum Beispiel verdiene
ein Erlatz, den der Amtsvorstand von Waldshut an den
Bezirksarzt gerichtet habe, die schärfste Mihbilligung. Jn
demselben wurde auf die zunehmenden Niederlassungen von
tatholischen Krankenschwestern und Schulschwestcrn hingewiesen,
die namentlich bei Kinderkrankheiten viel Unheil anrichten.
Der ärztliche Stand habe ein wesentliches Jnteresse daran,
ixttz sich das Feld der Kurpfuscherei durch dic Schwestern
praxis nictst noch mchr crweitert. Zn einer solchen Verdächti
gung liegc doch wahrlich kein Anlatz vor. Man sollte meinen,
datz die Grotzhprzoglichen Amtsvorständc zu denen gehören,
die deni segensreichen Wirken der Krankenschwestern Verständ-
nis entgegenbringen. Er möchte der Regierung Gelegenheit
gebeu zu der Erklärung, dah sie über die Thätigkeit der kath.
Krankenschwestern anders denkt, als der Grohherzogliche AmtS-
vorstand von Waldshut. Was Wilckens über die Förderung
der Gemcindeinteressen gesagt, könne er nnterschreiben. Be
züglich der Beamten sei er der Ansicht, dah der Staat die
Pslicht hat, scine Angestellten nach Verdienst zn bezahlen; er
möchte aber betonen, dah in dieser Hinsicht die Volksvertretung
noch nie Schwierigkeiten gemacht hat nnd dah die Pflichttreue
dcr Beamten nicht aufhören darf, wenn sie nicht genügend
bezahlt sind. Gerade heute hörr man vielfach die Aeuherung,
man könne ohne entsprechcnde Bjezahlung von einem Beamten
nichts erlangen. Dem möchte er entgegenhalten, dah man doch
noch ein ideelles Pflichtgefühl bei unseren Beamten voraus
setzen darf. Zum Schluh gicbt Redner dem Wunsche Ansdruck,
dah, wenn einmal im Hause die großen Streitfragen an die
Reihe kommen, alle Parteien sich mit der Regiernng anf einem
gemeinsamen Pnnkte znsammenfinden mögen. (Beifall im
Zcntrum.)

Abg. Zehnter (Zentr.): Das reich ausgestattcte Bndget
des Ministeriums gebe nicht viel Anlah zur Kritik, zumal
dic grohcn politischen Fragen gesondert bchandelt werden. Der
geringc Zugang zur Verwaltung sei nicht auf die Avancements-
verhältnisse zurückzuführen, die in der Jnstiz auch nicht besser
seien, auch nicht auf die Uöberlastung mit Geschäften, die
nicht übcrmähig sei. Der Hauptgrund liege vielniehr darin,
dah man seit vielen Jahrcn von den Verwaltungsbeamten
politische Thätigkeit verlangte und nnr Leute einer bestimmten
Richtnng annahm. Redner tritt für Erhöhung der Staatsbei
träge an Kreise und Gemeinden ein und üefürwortet speziell
die Gewährnng eines Staarszuschusses zu dem Strahenprojekte
Lichtenthal-Gernsbach. Die Förd.erung der ärztlichen Hilfe
anf dem platten Lande verdiene Anerkennung. Die lieber-
schüsse der Sparkassen sollten unter die Gemeinden des Be-
zirkes verteilt tverden. Redner wünscht weiter Aendernng der
Vorschriften betreffend die Brandmauern.

Abg. Dr. Binz (natlib.) schlieht sich den anerkennenden
Worten an, welche die wirtschaftliche Thätigkeit des Ministe-
riums gcfunden hat. Die Ausübung des AufsichtsrateS
über die Städte lafse im allgemeinen nichts zu wünschen übr,g.
Den ländlichen Gemeinden dagegen sollten die Bezirksbeamtcn
ctwas freundlicher gegenübertreten. Jnsbesondere wäre es
wünschenswert, dah nicht gleich wegen jeder unbedeutenden
Verfehlung mit Polizeistrafen eingeschritten würde. Dah der
Zugang zur inneren Verwaltung in den letzten Jahren ein
mangelhafter war, lasse sich nicht bestreiten. Redner spricht
dem Minister Dank aus für die Mitwirkung bei den Verhandlun-
gen betreffend die Errichtung eines neuen Krankenhauses ,n
Karlsruhe. Seine Partei wünsche auf das lebhafteste, dah
die Frage der Verfassungsrevision noch auf diesem Landtage er -

Kleine Zeitung.

— Hochschulnachrichteu. Von der technischen Hoch-
schule zu Darmstadt wird mitgeteilt: Am Samstag fan-
den hier die ersten D o k t o r - I n g e n i e u r p r o m o-
tionen statt. Der Prüfung hatten sich zwei Kandi-
daten unterzogen: Herr JuliuS Möllinger, geboren in
Osthofen, Oberingenieur der Firma Schuckert iu Nürn-
derg, der seiue gesamteu Studieu au der techuischen Hoch-
ichule iu Darmstadt vollendet und die Diplom-Hauptprü-
lung im elektrotechnischeu Fach im Jahre 1890 „mit
uuszeichnung" bestandeii hat, uud Herr Ernst Vetter-
>ein, geboren in Leipzig, Asfiftent für Bautimst an der
chchnischen Hochschnle in Darmstadt, der die Diplom-
Haiiptprüfung im Hochbaufach an der technifchen Hoch-
ichule in Aachen „mit Allszeichming" bestanden hat.

— Die Unterscheidung des Scheintodrs vom wirk-
iicheii Tod macht trotz der fchier. unzähligen Mittel, die
dafür angegeben sind, noch immer einige Schwierigkeit,
Und so lange nicht ein schnelles und durchaus sicheres
cherfahren dafür zu Gebote steht, wird anch die weit-
derbreitete Fnrcht vor dem Lebendigbegrabenwerden nicht
'lufhören. Alles Mögliche hat mau gegeu den Scheintod
sfwbil gemacht, zuletzt auch die Röntgenstrahlen, die in
d^r That ein fehr wertvollos Erkennungsmittel sein solleu.
^ennoch werden auch sie nicht gerade oft angewandt
fberden, da immer die Beschaffnng eines umständtichen
stbparates nnd auch die Bestreitung erheblicher Kosten
duzu notwendig ift. Fetzt endlich scheint ein Verfahren
futdeckt zu sein, das allen Anforderungen entfpricht nnd

Anerkennnng dessen anch von der Pariser Akademie
^r Wissenfchaften mit einem Preis ansgezeichnet worden
"t. Sein Erfinder ist Dr. Jcard aus Marseilles, zur

Anwendiing kommt der bekannte Farbstoff Fluorescin.
Die Prüfung beruht auf einer wissenschaftlich begründeten
Thatsache. Kein Stoff kann von den Geweben des Kör-
pers aufgenommeii nnd weiter verbreitet werden, wenn
nicht der Säftekreislauf in Thätigkeit ist. Wird ein dazu
geeigneter Stoff, der nnter die Haut des Körpers gespritzt
ist, durch den Körper verb.reitet, so besteht ebeji der Säfte-
kreislanf noch. Man nehme an, der Stoff werde in das
Bein geimpft, nnd einige Zeit darauf in den Geweben
des Armes nachgewiesen, so mus; er dnrch den Blutskrom
dorthin geschafft sein; ist aber Blutstrom vorhanden, so ist
anch noch Leben im Körper. Eine Lösnng von Fluores-
cin, wie sie Dr. Jcard benutzt, besitzt eine ungeheiier
stark färbende Kraft, so daß ein einziges Gramm 45 000
Liter Wasser zn färben im stande ist; dabei ist es nicht
im geringften giftig. Wird etwas davon nnter die Hant
eines lebenden Menschen geimpft, so zeigen schon nach
zwei Minuten die Hant und besonders die Schleimhäute
eine starke Färbung, und der Mensch hat das Ansfehen
als ob er an aknter Gelbsucht litte. Die Gewcbe des
Anges nehmen eine hellgrüne Farbe an, die Pupille
verschwindet nnd das Auge sieht aus, als ob ein Pracht-
voller Smaragd hineingesetzt wäre. Die Thränen, der
Speichel und der Urin sind sämtlich gefärbt und ein
Blutstropfen erzeugt in einem Glas Wasser eine helle
grasgrüne Färbung. Jn eiper Stunde oder zwei slnd
alle diese Erscheinmigen verschwunden, da dann das
Fluorescin durch die Nieren ausgeschieden ist.

— Ein intcrcssauter gcmeinsamcr Wirtschaftsversuch,
zu dem Fran Lily Brann von Gizycki die Anregung ge-
geben hat, wird jetzt in Schlachtensee bei Berlin ver-
wirklicht. Die nene Gemeinschaft hat dort ein in der
Seestraße malerisch gelegenes Grundstück von 35 Morgen

zunächst auf zwei Jahre gepachtet. Es gehort dazu em
Haus mit etwa 30 Zinimern. Die Räume werden von
den Mitgliedern, nnter denen auch Verheiratete sind,
zum Btonatspreife je von 16 bis 20 Bc'ark bezogen. Auch
die Schriftsteller Brüder Hart schlagen dort ihr Heim
auf. Der Einzug beginnt in diesen Tagen. Das Jn-
teressanteste mm ist, daß ein genieinsamer Haushalt, eine
einzige Küche für alle geführt wird. Zur Oberleitung
werden ein Herr und eine Dame jedesmal anf eine Woche
gewählt; die Speisekarte wird schon vorher bekannt ge
geben, damit man etwaige Ansstellnngen machen kann.
Für die gesamte Verpflegung pro Person nnd Tag ist
vorläufig 1 Mark veranfchlagt; es niuß sich aus der
Praris ergeben, ob nian damit znrecht kommt. Man
l,at in dem Hause ein großes Bibliothek- und ArlEits-
zimmer, ein Gemeinschafts- und ein Speisezimmer zur
Versügnng. Drautzen ist u. a. ein groher Spielplatz
nnd ein nmfangreicher Gemüseplatz vorhanden. Das
einem Franksnrter Bankier gehörige Grnndstück diente
srüher als Vegetarierheini, das sich aber nicht rentierte.

— Hübsche Kathederblüten. Jn Wien haben cinige frühere
Schüler des Theresicrnums ein Buch über ihrc Schülzeit drucken
lassen, das unter manchcn andcrcn Dingen auch einige neue
Kathederblüten bringt, darunter folgende: Mancher Mensch
legt sich gesund nieder und steht tol wieder auf. — Zu Rom
wurden die Gebeine der Mrtyrcr gesammelt nnd bon wilden
Tieren zerrissen. — Du sollst Niemand stehlenl — Die Men-
schen hörten auf, auf allen vier Fühen zn gehen nnd gingen
anf den hinteren. — Gott richtet langsam, aber schnell. —
Vom heiligen Ambrosius nehmen Sie mir die Hälfte — Han-
nibal stand mit einem Fuhe in Spanien, mit dem anderen
winkte er die Truppc herbei. — Die Strafe Gottes folgt anf
dem Fnhe, nach zehn Jahren nämlich ...
 
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