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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 75-100 (1. April 1902 - 30. April 1902)
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https://doi.org/10.11588/diglit.23860#0618
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rnyeint räglich, Sonntags ausgenommen. — Preis mit F-amilienblättern monatlich 50 Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition nnd den Zweigstellcn abgeholt 40 Pfg. Durch die Post be-

zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.

^ nzeigenpreis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile odcr deren Raum. Reklamezeilc 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- nnd Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen an bcstimm.
i>orgeschriebcnen Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und den städt. Anschlagstellen. Fernsprech-Anschluß Nr. 82

Mittwoch, 2. April 1902.

Zweites BLsrtt.

44.

76.

Deutsches Reich.

— Bei der Kolonialverw altung besteht z. Z.
iwuier nocheinMangel anAnwärtern für den höhercn
3ustiz- und Verwaltungsdienst in den Schutzgebieten, obgleich
"ie AuZsichten im Verhältnis zu den heimischen recht günstig
IMd. Die Betreffenden werden alsbald nach bestandenem
Staatsexamen zu ihrcr Lorbereituug bei dcr Kolonial»
^bteilung des Auswärtigen Amtes 1n Berlin beschäftigt.
Sie erhalten nach drei Monaten Diäten in Höhe von
uwnatlich 180 Mk. oder die in der heimischen Verwaltung
ettvu schon erreichten höheren Bezüge und werden in der
Regel schon innerhalb Jahresfrist in die Kolonien entsandt.

Badcn.

K a r l s r ii h e, 31. Pcärz. TaS ultrauwntane
--Täck. Bolksblatt", dosson Verleger kürzlich megen AuS-
^eutnng der Arbeitskraft der Lehrlinge vom Säckinger
^chöffengericht zn einer Geldstrafe von 130 Atark ver-
^tteilt worden ist, wird fetzt wieder von den Rockschoßen
Zentrnms geschüttelt. Ter „Badische Beobachter"
bezeichnet das Blatt als ein
vollftändig privates llnternehmen, welches sich 'eine
Abhängigkeit von derZcntralleitung derZentrnmspartci
anfs allercntschiedenste szt. verbeten hat. Die ZentrumS-
Partei hatte gar keincn Einsluß und eben deshalb war
inan schon mehr als einmal daran, dem Blatt ein
Gegenblatt gegenüberznsetzen. Das„S8ck.Nolksbl." war
einige Zeit ein Schmerzenskind sür jedcn besonnenen
Politiker.

Tieses Gestündnis kommt zwar etwas spät, ist aber
suiinerhin wertvoll genng, mn registriert zn werden. Han-
»elt es sich doch nm ein Blatt, das seit langer Zeit als das
sblizielle Lprachrohr des Zentrnmsabgeordnetcn Pfarrer
^chuler gilt, dessen politische Anschannngen mit dencn
Hcrrn Wacker bekanntlich nicht ganz harmonieren,
"us aber auch sonst mit Vorliebe von gewissen Hetzkaplänen
"ls Ablagernngssrätte ihrer giftigen Ansfälle gegen die
Aeüakteure liberaler Zeitungen beniitzt wird und das
l'ch namentlich beim Onartalswechsel in den Abonne-
^entseinladungen gerne als Generalpächter des allein
^chten Katholi'zismnS anfspielt. Man dars gespannt
. urauf sein, wclche Wirkung der Bannstrahl anf die politi-
lchv Haltung des BlatteS ausüben wird.

dc. Narlsru>>c, 1. März. Während dcs vicrtcii Oilartals
^01 si„p im Grohhcrzognim Baden 39 706 Personcn gcstorbcn
°dcr auf je 1000 Einwohiier. llmcr dcn Gestorbcncn
^Aindc» fich 14 432 Kinder von 0—1 und 3910 von 1—löJah-
?»> Faft dic Hälfte der Säuglingstodcsfällc hatte ihrcn
, Uiiid in Erkrcmkungcn dcr Verdauungsorganc, währcnd die
A'kannten übertragbaren Kinderkrankheiten Mascrn, Scharlach,
sstuchhnstcn nnd Diphtcrie mit Croup zusarmncn 2202 Todcs-
ttllle vcrursachtcn, von wclchcr Ziffcr wicderum dic Mascrn
A'N Läwcnantcil mit 1074 Stcrbefällcn bcanspruchtcn. Die
^idauungsstörunqen mit ihrcr Sterbeziffcr von 5272 über-
j,Alcn dahcr nm mchr als das Doppelte die Srerblichkeitszahl
sL' sogcnaniucn Kindcrinfcktionskrankhcitcn insgesamt und sind,
bishcr immcr schon, als Hanptnrsachc dcr gcsamten
^mtiv hohcn Sänglingsstcrblichkeit anzusehcn. Gcgcnübcr dcm
iggg fjndcn wir dic Gesamtsterblichkcit etwaS vernnndert
sAl> gmnr bctrifft dicse Mindcrung in erstcr Linic die Süug-
-"'tzsstcrblichkeit. Jn gcringcr Abnahme bcgriffen sehen wir
^»'tter dic Todcsfällc an Typhus nndPuerpcralficbcr, cinen klei
crfreulichcn RLckgang anch wicdcr bci Lnngenschwindfucht
^ -21 gcgenübcr 0,23 auf 1000 Einwohncr dcs Jahres 1900).

2)

Das Zirluskind.

Roman von E iii ni a Me r k.
lFortsctzung.)

„Las ist ja famosl Das ist ja die schöne Aufregung, die
nbgeht l Die mir hicr gefchlt hat l Einc schüne, reiche
Aücr find denn die Kameraden hier alle Klötzel Die
AxPj.ist gewiß sommerslang hier gewesen und soll wieder
— als Witlve? Warum macht sich dcnn keiner an

hat's mancher vcrsucht, ohne Glück, wie es scheintl"

tzy^>tt frivoler Zug huschte um die vollen firmlichen Lippen
^ttcn' er Ett' schwarzen Schnurrbart drehend, mit
tt^kurzen, kecken Lachen sagte:

^^"Haben es wohl alle dumm angefangcnl Das Weib, das
h>ä,.H^nigem Geschick und einiger Praxis nicht zu erobern
ists das lebt nickitl ^cb danke 5^bnen. .L>err Rittmeiitcr.
'HBeg ^

A^^lldenau biß die LiPPen anfeinander; er fühlte, datz ihn

nä?»3egnimg hat meiner Laune merkwürdig aufgeholfen."
scj^^üdenau biß die Lippen anfeinander; er fühlte, datz ihi
fsts -stuhe verlassen wollte ,und als ihm nun plötzlich auf-
klesl hübsch der Mensch an seiner Seite war, wie er jene
PstsPslllcifAichkeit des Ausdrucks, jene Lebendigkeit des Mienen-
die bon jcher Frauen zu täuschen und zu blenden
Ze a -, toar's ihm einen Moment, als müsse er fich auf
Rri^ÄttMieidige, zicrliche Gestalt losstürzcn, sic in den Flutz
!tt an dem sie nnn hinschritten. Abcr wie es auch

Attno,. seine Züge bliebcn unbeweglich. Er sollte noch

^tt. g^ttlegenheit haben, sich in der Selbstbcherrschung zu
üe n»n dcw si-eie'- Pttu-- v-r d<-i F'Oiffe sich
lchlug ihnen dic schrille Musik eines Karufsels, der
^ Küchelbäckereicn entgegen. Marktbudcn waren hier
cin s ^ Aufbrüllen eines toildcn Tieres, das Krei-
^TNpagei mischte sich mit den heisercn Stimmcn der
^Acc,, .' »15 aus Leibeskräften dem spärlichen Publikum zu-
- „Herein! Hcrein, meine Herrschaftcn!"

AusLand.

Türkei.

— Der „Trieste" berichtet aus Skutark, daß !n
Albanien stellenwcise anarchistische Zustände
herrschen. Die Miriditen durchziehen bewaffnet und banden»
weise das Land und machen die Straßen unsichcr. Eine
Militärabteilung, die die zerstörte Telegraphenleitung
Skutari-Prizrend wiederherstellen wollte, wurde gefangen
genommen. Die „Polit. Corresp." meldet über einen
Zusammenstoß zwischen Türken und Albaniern
bei Philates (Südalbanien), der Gerichtsbeamte, Dami
Bcy habe cinen angesehenen Albanesen gefangen gesetzt,
angeblich, um Lösegeld zu erhalten. Bei dem Versuch,
ihn zu befreien, kam es zu einem wilden Kampf, wobei
fünf türkische Soldaten getötet und vier verwnndet wurden,
während die Albanier drei Vcrwundete zählten. Ferner
wird bestätigt, daß im Bereich der Divisionen Uesküb,
Monastir und Salonik die Ersatzbataillone — Jlaweh —
zur Waffenübung einberufen wurden, um in den von der
bulgarischen Propaganda bevrohten Bezirken die Nizams
zur Verwendung freizuhalten.

Asicn.

— Es verlantet, daß die r u s s ische nnd die f r a n-
zösisch e Regiernng in nach schärferer Betonung der
Solidarität ihrer Znteressen nnd ihrer Aktion in Ost-
asien eine genieinsame Ossiziers-Erpedition in die Mant-
schnrei entsenden ivürden, nm gewisse Bezirke dieseS für
Rnßland so wichtigen nnd interessanten nordchinesischen
GebieteS genaner zu erforschcn.

Aus Stadt und Land.

4. Eincn recht cigenartigcn Aprilscherz crlaubte sich cin
Schreincr in eincr Fabrik an der Häusserstratzc, indem er cincn
Kollcgcn auf die srcrnwarre schickre, wo nach seinen Angabcn
eine Ltclle als Hausmelsrer- zu besetzen sei. Der Angcsühi-re
machtc sich schlcunigst anf den Wcg nach der >ster-iiwar-re, wo
er im Schweitz gcbadet ankain und sich als Bewerber um dic
Stclle mcldcte. Natür-lich wnrde ihm der Bcscheid, datz cine
derartige Stellc uicht zu besctzen sei und mit schwerem Hcrzen
mutzjlc er sich wieder zur Rückkchr iu die Fabrik entschlietzen,
wo er mit cinem stürmischcu Hohiigclächtcr vou seineu Kollegeii
empfmigcu wurde. Nuu erst mcrkre er, datz mau sich eiiieu
Scherz mit ihiu crlaubtc uud die Folgc davou war, datz er um
de» Neckereicn zu enrgehen, sich sofort nach Hause begab und
sich eineu Tag laug iu dcr Fabrik uicht sehcn lictz. Wer den
Schadcu hat, braucht für den Spott uicht zu sorgen.

Ein bedcutittigsvolles wcsetz ist am 1. April dicscs JahrcS
iu Kraft gctreten. Es betrifft die Arbeitszeit im Gast- nnd
Schaiikwirrschasrcii, dic Gehilfcu uud Lchrliugcu cine rägliche
unuutcrbochene Ruhczcit vou mindestcus achr, bcziehuugsweise
ueuii Stunden eiuräumr. Bci deu grotzcu Schwicrigkcilcu,
mit dcuen das Gastwirrsgcwerbe zu tämpscu hat, wurde aufaugs
die ueue Ordnuug der Diuge stark bekämpsr, es ist jedoch
zu hoffen, datz das Gcsctz in vcrsöhucudem sozialcm Siiinc
zum Segeu weitcr Kreise wirlen wird.

m. Eppingcn, 30. März. (I ubil ä u m d c r UIcin -
k i u d c r s ch u l c.) Auf Aurcguiig der ßlemciudebehörde als
Vcrwaltungsrat dcr Klcinkindcrschule wurdc hcute das Fest
des 50jährigen Bestehcus dicser Anstalt gcfciert. Die Kinder
- dic Knabeu mit Vcrgitzmciunichrsträutzchcii am Rockc, dic
Mädchcu mit weitzen Schürzeu uud Vcrgitzmciuuichtsträuhchcu
anf dcm Kopfe — versammclren sich nachmiirags 2 Uhr im
SchnUokalc. von wo sic in Bcglcitung dcs Vcrwaltnngsratcs

„O dort, sehen Sie — vor dem Zirkus hält der Wagen

der schönen Frau!" rief Stzezanek lebhaft rmd legte seincm
Begleiter die Hand auf den Arm. Sie blickt zu uns herüber!
Bemerken Sie denn nicht, Wildenau, datz die Damc angesprochen
sein will! Auf diese Wcise kann ich ihr auch gleich vorgcstellt
werden!"

„Jch bin im Jagdkostüm, wie Sie seheu, uud nicht präsen-
tabel sür Damen!" entgegnete Leo, nun mit kaum verhehlter
Uugeduld. Doch als sie nun an dem Wagen vorüberkamen und
er grüßend den Hut zog, nickte die Frau in der That mit einer
so deutlichen Aufforderung sich zu uähern, datz es geradezu un-
ritterlich gewesen wäre, derselben nicht Folge zu leisten. Er trat
daun näher und erkundigte sich nach Frau von Lockhards
Befinden. Es blieb ihm auch nichts anderes übrig, als sie
mit seinem Begleiter bekannt zu machen, der sich eifrig vor-
drängte und die schöne Frau mit seinen feurigen Augen bewun-
dernd anstarrte. Es war ein feines, weiches Gesicht, das sich
vor den Offizieren verueigte. Um die Augcu lag frcilich ein
Schatten der Traucr, auch wcnn die Lippeu lächelten; aber
dicscs Lächcln war deuuoch von eiuem ganz sützcn Reiz und die
dunklen Bänder des Hütchens umschlossen eiu entzückend an-
mutiges Kinn, sanstgernndete Wangen und kleine wachsbleiche
Ohrcn, an die sich welliges dunkelblondes Haar in reizvoller
Linie anschmiegte. Adelc von Lockhardt war nicht mehr in
dcr crsten Jugendblüte, aber sie besatz cine Weichheit der
Linicn, eine Liebcnslvürdigkeit des Ausdrucks und eine Grazie
iu dcu Bewcgungcu, dic cinc dreihigjährige Frau bezaubernder
macheu köunen, als das jüngstc, rosigste Mädcheu.

„Sie köunten mir einen Gesallen thun, meine Herren,"
waudtc sie sich an dic beiden Offiziere mit jeuem sichercn Ton
verwöhntcr Francn, dic wisscn, datz man ihnen gerne cinen
Dienst erweist. „Hier vor dem Ztrkus stand eben ein wunder-
kiebes kleiues Mädchen mit braunen Locken und grotzen, scheucu
Augeu. Jch möchte zu gerue wisscn, ob es zu der Truppe ge-
hört, möchte es zu gcrue in der Nähe sehcn."

Stzezanek, raschcr uud gewandter iu deu Bewegungeu äls

und ctwa zwauzig hicrzu ciiigeladcucu Kiudcrschivestcru der
tlmgcgcud im fcicrlichen Zuge zur evangclischeu Kirche gingen.
Hier hielt HerrStadtpfarrerRcimold eine gcdicgcneBegrützungs-
ausprache, worauf dic Kinder sangen uud dcklamierten. Nach
ihrcr Entlassung crhicltcu dic Schülcr autzcrhalb der Kirche
grotzc Brctzel. Zum Schlusse wurde Gotiesdicust, bestehend im
Vortragc vou Gcsäugeu dcs Kirchenchors uud dcr Schulschwestern
imd L-estprcdigt dcs Stadtpfarrers Dr. Wurstcr aus Heil-
broim abgehalteu. Dcr Tcxt dcr Prcdigt war dem Psalm
115 Bcrs 12 und ff. entnommen. Der Redner lvarf einen ge-
schichtlichcn Rückblick der Klcinkinderschnlcn im allgcmemcn,
äls dcr in Baden insbcsonderc und betonte, datz im Grotzherzog-
tmn Baden die crsten dicscr Anftalten in Deutschland warcn.
Ihrc Königl. Hoheit die (Ärotzherzogin gratnlicrte heute zu
dicsem Feste in cinem Telcgramm an dcn Verwaltungsrat.

dn. LchwebiiiKcii, 31. März. (V c r s ch i c'd c n e s.)
Dcr Landwirt Abraham^Kolb 1. in Plankstadt ficl vom Heu-
bodcn uud crlitt eineii Schädclbruch uud sonstige Verletzimgen,
die dcu sosortigcu Tod hcrbciführten. — Am Domierstag Abcnd
wurdc eiue Frau nus Speycr in dem um 7 tlhr uach Hcidelbcrg
abgchcndcn Zug währcnd dcs Aiifenkhaltcs aus dcm hiesigen
Bahnhose bon cinem Mädchen cntbunden. Eine anivcsender
Dragonerwachtmcistcr imd Bahnbcdieiistete lcisteien die ersten
Ammcndienste. I» Heidclbcrg crwaricle eine von dcr Station
Schwctzingcn tclcphonisch bcordertc Droschke dic junge Arutter
und Kind und brachte bcidc in die dortigc Frauciiklinik.

dn. Pforzheim, 31. März. (Ein schwerer Un-
g l ü ck sfall) trug sicy Frcitag Nachmittag an der Lokalbahn
Pkorzhcim-Brötziiigen zn. Der Fnhrmann Gotrlob Pflüger
von Gershemi bei Vaihingcn, der heutc Hochzeit feiern wollte,
Nihr mit cmcm mit zlvei Pserdcu bcspaimtcu Wagcu dic
westlichc Karl Fricdrich-Stratze entlang. Beim Herabkommcn
dc» ;>uges schcnten dic Pscrde. Dcr beladene Wagen stürzte um
und Fuhrmauu sowie eiu Pferd wurdcii uuter dcu Zug gc-
schleudcrt. Ler erste erliti schwerc Verletzimgen, wic anch'beide
Pferde. Der Unglücklichc wurde sofort in das Krankenhaus vcr-
dracht.

dn. Koiistnnz, 28. März. (Handwerts k a m m e r.) Auf
der lctzteu «itzuug dcr Haiidwerkskammer, welchcr die Herrcn
Laudcskommissar vou Bodman und Amtmami Zerenneö bci-
wohnteu, uud Herr Emele präsidierte, wurdc dcr Haushaltsplan
der Kammcr, welcher mit 18000 Mark balancicrt, gcnchmigt,
desgteichen dic Gcscllcii-Prüsnngsordnimg für dcn Kammcr-
bczirk. Znr Uusführnng dcssclben wurdcn 32 Ausschüsse gcwählt.
Die Bestimmimgen bczüglich dcr Rcgclung dcs Lchrlings-
lvcsens nud der Prüfimgsordiiimg werdcn mit einigen uuibe-
deutcudcn Aeiiderimgcu augcnommcu. Abgelchut wurde die
Eruennuug von Beauftragtcu zur Ueberwachung der Ausfüh-
ruug der Lehrlingsbestimmuugeii.

. Dienstnachrichten l Bersetzurgen urid Ernennungen auS
dem Bereiche der Großh. Bad. Staatseisenbahnen: Heinrich
V e t e r s, Stationsverwalter in Heitersbeim, nach Neckarsteinach,
Adolf Hertlein, Stationsverwalter in Neckarsteinach, unter
Ernennung zum Güterexpedltor nach Jaastfeld, Jobann Schil-
ling, Expeditionsassistcnt in Mannheim, nach Eberbach, Ernst
Krapp, Werkführer in Karlsruhe, nach Heidelberg, August
Schaar. Telegraphenmeister in Offenburg, nach Heidelbera.
Walther Schneider, Telegraphenmeisisr in Hetdelberg, zur
Zentralverwaltung, Martin Lauer. Lokomotivführer in Heidel-
berg, nach Konstanz, Jakob Ober, Reserveführer in Mannheim,
nach Heidelberg.

Heidelberger Bereinsangelegenheiten.

Heidrlberger Nudcrklub e. V. Nach dcm Jahrcsbericht für
1901 zählte der Klub in dicscm Jcihrc 6 Ehreumirglicdcr,
127 aktive, 39 iuaktive, 154 untcrstützeude — zusammcu
326 Mitglicder odcr 25 mehr gegeu das Vorjahr. Die Anzahl
der Atiiven, Jnatiivcii, Uiilerslützenden sowie die Gcsamtzahl
der Alitglieder ist die höchstc bisher errcichtc. tlutcr dcn aktiveir
Mitglicder warcu 42 Studierciidc und 32 Glimiiasiastcn. Der

der Ritlmeister, spraug sofort dicnsteifrig die paar Stuseu zu

dem Zirkusciiigang cmpor und rief dem Dircktor, eiuem breit-
schultrigcn Mann mit rotaufgeduusencm Gesicht und weit--
vorstehenden wasserblaucu Augcn, der im eugen, schäbigen
Frack, mit dem Cylinder auf dem Kopf, vor der Bude staud,
die Frage zu.

„Das Kind gleicht auffallcnd meiner armen, kleinen Elly,"
sagte Adele zu dem Rittmeisier, der noch vor dem Wagen
verweiltc. „Es muß im selben Alter sein, in dcm mein ber-
lorner liebcr Schatz nun wäre —"

„Ein bedauerliches Geschöpf, wenn es hicr im Zirkus auf-
wachscn muß", bemerkte Wildenau. „Ah, ba kommt die Kleine
ja! Wie mager sie ist! Das arme Dingft'

Der Direktor ücr Seiltänzergesellschaft zog mit grotesk ge-
schwungcuem Arm den Hut vor der Damc, und flüsterte dcm
Kind ein paar Worte zu, ehe es sich dem Wagen näherte. Die
Klciuc trug ein sehr verwaschenes, nür bis an die Knice
reicheudes buutes Fähnchcn; ^>ie dünneu Acrmchen und flctsch-
loscn Schulteru wareu rötlich augehauchi vor Kälte; die zier-
licheu Bcine steckteu iu verblatzten rosafarbeuen Strümpfen
uud ehemals weißen, nuu von dcr Nässe des Bodeus und dem
Staub der Stratzc ergrauten Atlasschuhcn. Das massige
dunkle Haar war mit bunten Bändern durchflochten, um den
Hals hatte sie eine vielreihige Kette falscher Korallen und in
den Ohren baumelteii grotze Halbmonde von dünnem Goldblech.
Der Knix, das Kutzhändchen, mit dem das Kind vor dic Dame
hintrat, bewiesen deutlich genug, daß dasselbe schon gelernt
hatte, sich vor eincm Publikum zu verneigen. Aber die grotzcn,
klarcn Kiudcraugeu wußten uichts von Dressur und Routine.
Scheu, vcrlegen, in eiucr rührcudcn Angst sahen sie iu das
traurige Fraucngcsicht, das sich zu ihm yerabbeugte, um dessen
Lippen es leise zuckte, in schmerzvoller Erinnerimg an den ver-
lorcuen Liebkiuci, an dcu das Gauklerkind mit seiuen feinen,
blasseu Zügen pie gemahnte.

„Wie heitzt Du, Kleine?" frug sie dcmn gütig, die schlanken
Fiugerchcn mit ihreu in perlgraueu Glacehandschiihen steckenden
Häudcii licbkosend. i
 
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