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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 75-100 (1. April 1902 - 30. April 1902)
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Frcitag, 25. April 1902._Zweiles Blatt._44. Jahrgmg. — ür. 96.

Erschcint tüglich, Sonntags ausgenommen. — Preis mit Familienblättern monatlich 50 Pfg. in's Haus gcbracht, bei der Expedition und den Zweigstellcn abgeholt 40 Pfg. Durch die Post be-

zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.

A nzeigenprcis: 20 Pfg. sür die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiestge Geschästs- und Privatanzeigen ermätzigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen on besttmmt
vorgeschriebenen Tagen wird keinc Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag dcr Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und den städt. Anschlagstellen. Fernsprech-Anschluß Nr. 82

AinanzpoMiL und Staatshaushatt im Kroß-
Herzogturn Aaden.

Als simiige Gabe zu öem ^ubiläum, das selten van
eiuem Fürsten gefeiert, unserem Grotzherzog in rüstiger
Frische zu begehen vergönnt ist, hat der Finanzminister
Dr. Adols Buchenberger eine dem hohen Jubilar
gewidmete Schrist (Karl Winters Universitätsbuch-
handlung, Heidelberg 1902) erscheinen lassen, welche die
Finanzpolitik und den Staatshaushalt
im Großherzogtum in der Periode von 1850—1900,
also im wesentlichgsn der bisherigen Regierungszeit
Grotzherzog Friedrichs darstellt.

Es ist nicht die erste Arbeit, welche sich mit diesem
Thema besaßt, schon mehrfach haben Vertreter 'der
Wisscnschast die leicht übersehbare und doch in jeder
Hinsicht mannigfaltig gestaltete und darum wissenschast-
lich in hervorragendem Maße verwertbare Finanzge-
barung unseres Landes zum Gegenstand ihrer Erörte-
rungen gemacht; wir erinnern an E. von Philippovich
und neuerdings auch van Calker. Was aber bei dem
vorliegenden Werk eigenaLtig reizt, ist der Umstand, daß
der derzeitige leitende Finanznünister das Facit aus
seiner und seiner letzten Vorgänger Thätigkeit zieht, die
Gegenwart aus der Vergangenheit erklärt und aus dem
naturgemäß reichen Schatz seiner Erfahrungen Leit-
Nwtive für die nächste Zukunft anschlägt, die ni-cht voll-
tönend und aufdringlich, sondern schmiegsam und ruhig
unser Ohr erreichen, denn überall ist betont, daß man
nirgends weniger starre Grundsätze, womögli-ch zu
wissenschaftlichen Gesetzen gestempelt, aufstellen soll, als
gerade in der Finanzpolitik, die mehr als andere Ge-
biete der Politik der „Zciten ewigen Fluß" ausgesetzt
lind.

Das Werk, dcm leider ein seinen Gebrauch erleichtern-
des Sachregister sehlt, ist in 17 selbständige Abschnitte
geteilt, die sich aber leicht unter vier Gruppen subsum-
nüeren lassen.

Fn der ersten Gruppe werden Fragen einleitender
allgemein sinanzpolitischcr Natur behandelt. Wir er-
kennen, daß die Regierung entschieden für die Beibehal-
tung der zweijährigen Finanzperiode ist, bis aus Weite-
res auch sür das im Gegensatz zu den meisten anderen
Staaten und öffentlichen Körperschasten am 1. Januar
beginnende Rechnungsjahr. Auch die strittige Frage der
Ausgabe-Jnitiative wird berührt. Jm Gegensatz zu der
Aussassung der Budgetkommission des Landtags 1899-
1900 verneint Buchenberger die Verpflichtung der
Aegierung, Ausgaben unbedingt zu machen, welche ohne
ihren Willen von der Kammer einseitig ins Budget ein-
gestellt sind. Jhm ist daS Budget nur Verwal-
tungsnorm, nicht G e s e tz, wie rechtsirrtümlich
die Kommissioii meint.

Die Stellung, welche der Minister zum Reichs-
iinanzwescn einnimmt, zeigt sich in dem 4. Abschnitt. So
änd nicht anders aber kann die Stellung des Finanz-
leiters eines EinzelstaateS sein, dem die „P umpe des
M a t r i k u l a r b e i t r a g s" das Wasser von seiner
-Rühle nimmt. Wenn er aber dies System als Vorzug
t>oni Stnndpunkt dcr Reichsverfassung oder des Reichs-
wgs hinstellt, so dürfte er wohl nur die Reichsverwal
nuig und den Reichstag nieinen, welche einer momentan
^eguemen Finanzwurstelci den zwar mühevollen, aber

auf die Dauer einzig betretbaren Pfad einer organischen
Jnbeziehungsetzung und Abgrenzung der Reichsfinanzen
gegenüber den Einzelstaaten vorziehen.

Weiter wendet sich Buchenberger in der 2. Auflage
dem spezielleren Gebiet des badischen Ausgabeetats zu.
Aus den nackten Zahlen, welche darthun, daß in deni
Zeitraum von 1820—1900 die Ausgaben von 16 Bkil-
lionen aus (abzüglich der Summen, welche seit 1871
das Reich mehr erfordert) 58 Millionen gestiegen sind,
ergiebt sich, daß auch bei uns das von A. Wagner und
S. Schmoller forMulierte Gesetz der wachsenden Staats-
ausgaben wirksam ist. Der Verfasser erblickt mit Recht
den Grund dieser Erscheinung darin, daß die liberal-
individualistische Richtung der Lehre vom Staat und
seinen Aufgaben einer Auffassung gewichen ist, welche,
in Anknüpfung an die ältere Wohlfahrtsstaatstheorie,
deml Staate ein erweitertes Maß von Aufgaben zumißt.
Der Minister teilt diese Auffassung; er will, daß mlan
sich sogar an dem Wort „Staats- oder Agrar-
Sozialismus" nicht weiter stoßen soll, sofern nur
nüttelst des staatlichen Vorgehens ein wirtschaftlicher
Fortschritt angebahnt, oder einem sür die Allgemeinheit
abträglichen Niedergang des Wohlstandes bestimmter
Erwerbskreise vorgebeugt werden kann. Er beugt aber
gleichzeitig einem Ansturm vor, der infolge dieses Be-
kenntnisses auf den Staatssäckel zu erwarten steht; er
betont die Notwendigkeit v o r s i ch t i g st e r Abwägung
und Prüfung gegenüber allen neuen Forderungen,
deren Erfüllung man in das dem Staate zugewiesene
Thätigkeitsgebiet einbezogen wünscht. Die solgenden
Abschnitte dieser Gruppe bes-chäftigen sich mit detaillier-
teren Angaben über die Ausgaben bezw. ihr Anwachsen
in den einzelncn Verwaltungszweigcn. Wir greifen nur
die Nachrichten über die Verwendungen für die höchsten
Lehranstalten des Landes heraus. Während im Jahre
1850 die Staatsdotationen für Heidelberg, Freiburg
und Karlsruhe 312 000 M. betrugen, erreichten sie
1880 die Hähe von rund 1 070 000 M.; dagege» im
Jahre 1900 waren 1 855 000 M., d. i. 6,1 Prozcnt des
gesamten Staatsaufwandes, nötig; auf den Kopf der
Bevölkerung entfielen 0,99 M. Jnsgesamt betrugen in
dem 30jährigen Zeitraum von 1870—1900 die Ge-
samtausgaben:

für Heidelberg 6 930 700 Mk.

„ Freiburg 3 726 300 „

„ 51arlsruhe 2 654 600 „

Wir Heidelberger können uns also nicht beklagen!

Ten steigenden Ausgnben, mit steigenden Einnahmen
zu begegnen, mußte die Finanzverwaltung eifrig bc-
müht sein. Der Vetrachtung der Mittel und Wege,
welche bcnutzt wurden und sich für die Zukünft zur Be-
nutznng eignen, ist die dritte Gruppe von Abschnitten
gewidmet. Von höchstem Jnteresse ist es natürlich, die
Anschauungen der leitenden .Küeise über die Gestaltnng
der ösfcntlich-rechtlichen Abgaben, der Steuern, syste-
matisch zusanimengestellt und von momentanen, realpo-
litischen Erwägungen ungetrübt kennen zu lernen. Wir
sehen da, daß man sich dort wohl bewußt ist, daß ein
System direkter Steuern das Jdeal ist, aber auch nur
ein Ideal. Ein Verzicht aus die indirehlen isteuern
würde heute noch jedenfalls mit cinem Stillstand
in der Fürsorgeolitik auf dcn verschiedensten Gebieten
des staatlichen Lebens gleichbedeutend sein. Dazu


Ein Glückskind.

-kizze von Adele Osterloh.
(Schluß.)

Jetzt hatte cr cs längst crlcrnt und in gutcr Schule.
Seinc hcihestc Bewundcrung hatte nicht dcn Männcrn
Moltcn, sondern dcn vornehmcn Fraucn. Da war besonders
stiie! Es überlicf ihn immer bald heih, bald lalt, wenn sic
F dcn Salon trat. Einc junge Gräfin, der Thpus der nord--
?sutschen Aristokratin, groß, schlank, kräftig, rosig nnd blond:
Ze vollendctste Vcrschmelzung von Anmut und Würde; abcr
Würde war vorherrscheiw. Er dräugte stch heimlich in
Fke Nähe, nur um ihre Stimme zu hören; Stimme und
Mgen paßten zusammen, beidc klar, hell, rcin, kühl.

. Sclbst mit ihr zu sprechen, so meintc er, würdc er nic-
^älZ wagcn. Da kam sein grohcr Erfolg, dcr ganz großc,
den Grund legtc zu allem künftigcn Rühm, das Kaiscr-
^nkmal. Alles nmdrängte ihn glückwünschcnd, anch sie kam
^Nd rcdcte ihn an, dcn sie war kunstsinnig. Und wicder ver-
;N>IU dic Zeit und wieder ward zur Wirklichkeit. was ihm
Ä groß, zu unmöglich erschicnen wäre, um Wunsch zu scin.
M große blonde Aristokratin war seine Frau.

^ „Dem bcrühmicn Manne" standcn alle Thnren offen;
F hatte die Wahl untcr den Töchtern/des Landcs, er ürauchte
dic Hand auszustreckcn, und er strecktc sic ctwas hoch. Sie
r.ün auch recht glücklich mitcinander. Zunächst war es von
^üicr Scite eine anbctcndc, vgrehrendc, bewunderndc Liebc,
mehr angcnommen als crwidert wurde. Das Gcfühl, daS
seine schönc vornehme Frau und scine schönc vornchmc
^üislichkeit einflößtcn, ähnelte cin klcin wenig dcmjcnigen,
^ er beim ersten Eintritt in dic Gcscllschaft cmpfundcn,
ganze Menge Glücksgcfühle der verschiedcnsten Art, ver-
üsiidcn mit einem kleinen Mangel an Behaglichkcit. Er war
"^issermaßen von früh bis abends im Frack, auch zn Hansc.

Seinc Gcmahlin hatte nach dcm jiodex der guten Sitlc
gelernt nicht nur, was man thut und sagt, sondern auch, ivas
man denkt und fühlt, und wenn diesc wohlerzogcncn Gefühle
auch einmal mit kühnem Schwungc über die Schranken hin-
wcggcfegt waren, als die Komtessc sich entschloß, dcn bürgcr-
lichc» Künstler zu heiratcn, so warcn sie doch nachher ganz
artig wicder in die vorgcschricbene Bahn eingclenkt und crlanb-
ten sich keine zn heftigen Bewegungen mehr. Die Gräfin
hatte sich durch ihre Heirat keincswcgs in seine Sphäre hcrab-
gelasscn, sondern sic ließ es sich angelegcn scin, ihn in dic ihrc
zu erhcben. Anfangs fühlte cr sich trotz scincr Künstlcr-
trone untcr den Grafenkronen ihrcr llmgcbnng nicht recht
heimisch, und besonders die Vettern von dcr Garde lictzcn
ihn die lleberlegenhcit ihres Standes von Königs Gnadcn
ziemlich deutlich merken. Mit der Zeit besscrtc sich das, bc-
sonderS als er selbst geadclt wurde und Titel nnd Orden be-
kam. Man merkte ihm im gewöhnlichcn Leben den Künstler
kaum noch an; er war viclmehr der Gchcimrat Profcssor
von —

Jetzt war scin Sohn selbst Lcutnant bei der Garde, und
scine Tochtcr war mit eincm Rittmcister verlobt.

Er hatte ailch bald gelernt, was cr seincr Familie und
seincm Ruhmc schuldig war und sich im Handumdrehcn cinc
Mznge Bedürfnisse angeeignet, die er vordem nicht cinmal
dem Namcn nach gckannt hatte. Da war scinc luxuriös cin-
gerichtete Stadtwohnung, die Sommcrvilla auf dcm Dorfc,
die aussah, als sei es ländlich und cinfach darinncn, Wagen
und Pferde, cin Diencr, dcr auf dcm Bocke satz, wenn der
Proscssor mit seiner Frau spazieren fuhr, und dcr sich hintcr
scincm Stuhle zu schaffcn machte, wenn dcr Profcssor mit
seiner Familie zu Mittag aß; dazu dic Loge im Theater,
Plätze zu den Konzerten und Rennen, von der Unzahl Mcinig-
keiten ganz zn schweigcn, die ihm alle im Lanfe dcr Jahre
zn Notlvcndigkeiten gcwordcn waren, so datz cr längst aufgehört
hattc, sie als Annchinlichkciten zu cmpfindcn. Npr dah alle
diese Dinge viel Geld kosteten, blicb ihm klar bewutzt, und

koimnt, dyß die Anspannnng der direkten Steuer in
Baden schon jetzt ini Vergleich zu anderen Bundes-
staaten, eiue sehr hohe ist; sie beträgt 8,73 M. Per Kopf,
gegenüber 5,40 M. in Preußen, 5,51 M. in Bayern,
7,71 M. für Sachsen und 7,84 M. sür Württemberg. Aus
diesen allgemeinen, aber auch aus andereu spezielleren
Gründen widerspricht Buchenberger einem Ausgeben der
Fleisch- und der Weinsteuer. Besserungen des gegen-
wärtigen Systems verspricht er sich von einer baldigen
Katasterrevision, die außer ini steuerlicheu und im allge-
niciuen Gerechtigkeitsinteresse auch im Jnteresse einer
e r st dann möglich werdeudeu Berücksichtigung des
>LchnIdenabzugs im System der Ertragssteuern liegt.
Unter deu gegenwärtigeu Verhältnissen wurde die Gs-
stattung des SchuldcnabzugS sich als eine Begünstigung
der Besitzer verschuldeter Objekte auf Kosten der übrigen
Steuerpslichtigen charakterisiereu.

Daß der Minister die vou ihm betriebene Umbil-
duug der sämtlicheu, seither uuter dem Namen „Er-
tragssteuern" figurierenden Objektsteuern zu partiellen
Vermögenssteuern nüt laufenden Verkchrswerten
besürwortet und so dem Mangel der Nubeweglichkeit
des Steuersystems zu beheben hofst, ist klar.

Die letzten Abschnitte befassen si-ch mit Darlegungen
über das Staatsvermögen, insbesoudere das Dominal-
vermögen, seinen Bestand und die Art und Weise, wie
damit gewirts-chaftet worden ist. - Wir ersehen daraus,
daß man einerseits eine Politik der Abstoßung des
Grundbesitzes, möglichst in kleiuen, eine Familie uäh-
rende Parzelleu getrieben hat, audererseits, namentlich
im Schwarzwald, auf Erwerb verschuldeter (durch Erb-
abfindung uamcntlich!) Bauernhöfe ausgegangeu ist.
Der Mnister verteidigt uamdntlich das letztere,
was vielsach nugegrisfen worden ist. Es er-
scheint uns jedenfalls gegenüber der Abstoßung u priori
auch richtiger. Der Erwerb von Grund und Boden
durch deu Staat ist jedcnfalls um so viel zu erleichteru,
als die Abstoßung ärarischen Grundbesttzes zu er-
schwereu ist.

So bietet das Werk, das wir in seinen Grundzügen
hicr besprochen haben, in der That eine Gabe nicht nur
für deu Fürsten, sondern auch für deu Teil des badis-chen
Volkes, der Interesse an einer zusammensasseuden
Keuntuis der Entwickeluug seiucs Wirtschaftslebeus hat.
Nnr aus eincr solchen Kenntnis aber ergeben sich friw
bare Anregungen für die Gestaltung der Zuknnft.

Deutsches Reich.

— Das „Wicsbadener Volksblatt" ist unangenehm
berührt, daß seine Mitteilungen über das Aemter-
angeLot. an Dr. Lieber zum Teil bestritten oder
wenigstens skeptisch aufgenommen worden sind. Jn
einem längeren Artit'el salviert es zunächst sein Partei-
gewissen durch den Hiuweis, üaß die Enthülluugeu uicht
vou der Zeutrumspresse, sondern von einem Berliuer
Lotälblatt ausgegaugen seien, schreibt dann aber weiter:
„Ueber die Thatsache des Augebots' hoher Staatsämter
an Dr. Liebcr besteht keiu Zweifel. Die Frage, wer
hat das Angebot gemacht, ist unseres Erachteus überaus
müßig, weil kein Reichstänzleir, kein 'Minister, 'keiu
Staatssekretär ein hohes eiuflußreiches Staatsamt an-
bieten wird, ohne daß die allerhöchste Stelle davon

ani Monatsletztcn sah eö häufig in scincr Kasse aus wie wei-
land im Geldtäschchen deS armcn KunstjüngcrS. Freilich
hatte cr jetzt immer die Möglichkcit, der Ebbe abzuhelfen.
Katürlich galt es zu arbcitcn, fleitzig zu sein, nicht mäkelig in
der Annahmc von Anfträgen; kleinen Privatlieblingsplänen
nachzuhängcn, ging nicht an. Wann hättc er auch dazu Zeit
gcfundcn? Ein grohcr Künstler mutz schon ein recht uncm-
gcnchmcr Mcnsch zu sein, wenn es ihm gelingen soll, die Tra-
dantcn seines Ruhmes' sernzuhaltcn.

Dcs Professors Atclicr wnrde nie lcer. TagSübcr kamen
die Kunstlicbhaber und Kunstkcnncr mit und ohne Cmpfeh-
lungcn, dic die Hauptstadt nicht verlasscn wollten, ohne das
berühmte Atelier des bcrühmten Künstlers gesehen zu haben;
die Kunsthändlcr, die sich um seine embryonalsten Studien
risscn, dic Kritikcr und Rcporter, dic ihrc liebenswürdig-in-
diskrctcn Notizen in die Blätter lanziertcn und dazu ciniger
Anhaltspunkte bcdurften; dic jungcn Kollegen, dcncn er allzeit
mit Rat und That, liebcr mit dcr letztcren — bcistand; seine
Schülcr — er hättc sic gar nicht zu nennen gcwutzt die hnn-
dcrte und tausendc, die im Laufe dcr Jahrc an seine Thüre
pochtcn, die ihm dcn Rühm ins Haus brachtcn und dic Ruhe
mit daraus fortnahmen. Der Abcnd gehörtc dann den Ser-
nen, abcr wicdcr nicht im traulichcn Familicnkrcise; man
war cs scincr Stellung schuldig, offnes Haus zu haltcn, osfnes
Haus für allc dic Vcrwandtcn und dcn grotzcn Krcis in-
timcr Bekannter, dcnen es schmcicheltc, im Hause eines be-
rühmtcn und vornchmcn Künstlcrs zn vcrkehrcn.

Rücksichtcn! Rücksichtcn an allen Ortcn nnd Endcnl

Es war, als habe ihm cinc Fce, um seine Blütze zu dcckcn»
cinen goldnen Mantel gcschcnkt. Cr hiclt warm und erfreuts
das Augc, abcr bci jcdem Schritt hindcrtc cr die frcie Be-
wcgung. Früher in seinem dünncn Röckchcn war cr ge-
sprungcn vor Frcudc, cr hattc sich zu Bodcn gcworfcn in
Schmcrz und Vcrzwciflung, dic Hände gegcn das wildklopfcnde
Herz gcprcßt, die Arme jubelnd gc» Himmcl gestrcckt. Das
war nun alles nicht mehr möglich. Nllcr Augen rnhten auf
 
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