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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 75-100 (1. April 1902 - 30. April 1902)
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Samstaa. 26. Avril 1902. Zrweites Blatt. 44. Iaüraanll. — ^r. 97.

Erscheint täglich, Somttags auSgenommen. — PrciS mit Familienblättern uionatlich 50 Pfg. in's HauS gebracht, bei der Expeditiou und den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch die Poft de-

zogen bierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zusteilgebühr.

A nzeigenprei s: 20 Pfg. siir die Ispaltige Petilzeile oder deren Raum. Reklamezeilc 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von Aiizeigen an bu'timmt
vorgeschriebenen Tagen wird keine Veraiitwortlichkelt übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeituug und den städt. Anschlagstellen. Fernsprech-Anschluß Nr. 82

Wtte der Dereine Att-Keidelverg und West-
Keidetöerg. den Wau einer direkten Woll-
öahn Weint-eilN -Keidetöerg öetr.

Hoher Äammer der Laudstünde beehreu wir uns aus Aulaß
der Srliritte, welche die Verwaltuuc; dcr Nebeubahn Mauu-
heim—Weiuheim—Heidelbcrg—Mauuhcim Zwecks Erlauguug
eiuer Erweitcruug uud Abäuderuug der im Jahre 1889 er-
ieilten .stouzessiou bei dcr Großh. Regieruug gethau hat,
nameus der vou uus vertreteueu Vereine „Alt-Heidel-
b e r g" uud W e st - H e i d e l b e r g" dic Bitte zu uuter-
brciteu, eiuerseiis deu Mißstäudeu, welche durch deu Betrieb
dieser Bahu sich fiir gauz Heidelberg herausgestellt habeu,
Jhre Aufmerksamckit zu schcukeu uud audererseits die Be-
strebuugen, eiue deu moderucu Auforderuugen eutsprechende
Verkehrsvcrbiudung für Heidelberg durch eiue direkte Vollbahu
Weiuheim—Heidelberg zu erlaugeu, Jhre Wohlwolleude uud
thatkräftige lluterstutzung augedeihcu zu lasseu.

Als vor ettva 12 Jahren die Nebcubahn Weiuheim—Heidel-
berg gebaut wurde, wurde dieses Iluteruehmen mit Freuden be-
grüßt, wcil mau dadurch weuigstcus einen teilweisen Ersatz
der durch die Rivalität dcr Maiu—Ncckar—Bahu uud deu
Widerspruch der beteiligteu andereu Staäten immer iu Frage
gestellteu Vollbahuverbinduug Wcinheim—Heidelbcrg uud
einc Erschließuug der Schvuheiten der badischen Bergstraße
auch für dcu Fremdeuverkehr erwartcte uud die sichere Hoff-
uuug hegte, daß unsere, den Wert Heidelbergs als Fremden-
stadt immer wohlwollend beriicksichtigende Regicrung iu der
Kouzession und der Handhabuug ihrer Aufsichtsrechte dafür
sorgen loerde, daß Hcidelberg in seiner Schöuheit uud An-
uehmlichkeit keineu Schadeu leide.

Mau stellte sich iu erster Reihe eine Bahu fiir deu Per-
sonenverkehr vor, dio die beriihrten Teile der Stadt uicht be-
sonders in Mitleideuschaft zieheu würde.

Aber die Verhältuissc habcu sich durchaus anders eut-
wickelt. Die Bahu ist iu allererster Reihe eine Materialbahn
gewordeu, die in laugen Wagenrcihen den Porphyr aus den
alten uud immer neu erschlosseuen mächtigen Steinbrüchen
von Schriesheim uud Dossenheim durch die Hauptverkehrsadern
vou Haudschuhsheim, Neuenheim uud Heidelberg und zum
großeu Teil durch die besten und sehönsten Villenstraßen führt.
Tie behiudcrt durch die aiißergewöhnlich große Zahl der Züge
den Verkehr: der uuuuterbrocheue Lärm dcr schweren Steiu-
wagen uud der Dampfpfeifen und Damvfglocken, die sich fast
ohne Nuterbrechung wiederholende Erschütterung der Häuser,
der Ruß und Staub, der häßliche Anbli'ck der schmutzigen
Zuge belästigeu die Aulvohuer, erschweren dns Vcrmicten^der
Wobnuugeu iu hohem Grade und halten das bessere Publikum
ab, nch anzubauen oder anzukaufen.

Die Führuug der Bahnlinie über die eiserue Neckarbrücke
ist das Haupthindernis gewordeu, daß der Stadtteil Ncuen-
heim eine orhentliche Verbinduun mit der Altstadt bekommt.
Noch schlverivtegender werden dieNachteile für dieStadt Heidel-
delberg durch die Analiederung von Handschuhsheim, dessen zu-
kuustsreichstes Baugelände ebeufalls von der Bahnliuie durch-
schnitten wird. Ueberdics gefährdet der außerordeutlich starke
Betrieb der Bahu mit eiuem Personal und mit Material, die
beide nicht als mustergiltig bezeichuet werden können, Leben
und Eigentum auf den beuüüten Straßcn, uud eiue ganze
Reihe von ltnfällen mit ungliicklichem Ausgaug, die sich gerade
ietzt in letzter Zcit häufen, geben dieser Klage eiuc traurige
Bestätiguug.

Vorteile als Fremdeustadt hat Heidclberg dicsen schwer-
wieaendeu Nachteileu aegenüber uur in aanz geriugem Maße
gehabt. Weder das Waaeumaterial noch der Fahrplan sind
besonders geeignet, zn Ausflügen uach der Bcrgstraße auf
dieser Liuie einzuladcu.

So hat denn in uuserer Stadt eiue iveitgebenSe Ent-
tciuschung deu Hoffunugen Platz gemacht, mit welchen man
der neueu Bahnverbinduna enigeacusah, uud die llnzufrieden- >

^ Auf abschüsfiger Bayn.

Romau von B. C o r o u y.

1. Kapitel.

(Nachdruck verboten.)

Die Oberförsterei, imregelmäßig und winkelig gebaut
wie eine atte Rittcrburg uahm sich mit ihrem Turm und deu
Spitzbogenfeusterrn, zwischeu Ivelcheu gewaltige Hirschgeweihe
augebracht waren, sehr istattlich aus. Eiue movsbewachseue,
Kim Tcil vou Schliuggewächsen übcrwucherte Mauer um;
schloß deu großen Garteu, der außer majestätischen Eichen,
Tanneu uud Fichten auch viele Obstbüume enthielt, und jetzt
äur Frühlingszeit im hcrrlichsteu Blütenschmuck praugte.

Heute war das alte, finstere Haus mit Tauuenzwcigeu
vud Guirlaudeu geziert, deuu dcr Oberfürster Gregor vou
Werther, der sich zum zweitenmal verheiratet hatte, wurde
Nebst seiner jungen Gemahliu daheim erwartet.

Aus seiuer ersten Ehe stammte Herbert, ein schüuer, jetzt
icchsjähriger Knabe, der sich mit kiudlichcw llugeduld auf die
Neue Aäutter freutc. Jm nelkeubrauuen Sammetröckcheu, mit
vor Erwartung geröteten Waugeu, staud er da, blickte bald
Nach dem Feuster, batd auf einen großen Blumeustrautz uud
^ilte endlich mit dem Fubelruf: „Sie kommeul Sie kommenl"
^ic Treppe hinab.

Ein lautes „Hochl" der Jagdgehilseu, Diener uud Die-
Neriunen begrüßte die heimkchrende Herrschaft, uud der Knt-
!ck)er Jouas, der uicht ohue Mühe die feurigen Rappeu zum
Ttehen zwaug, lächelte so vergnügt, als wolle er sagen:
^chaut nur, Ivas ich euch bringcl Scheint es nicht, als ob's
Nuu endlich wieder lustig hergehen sollte iu der Obersörsterei?
cist doch auch lauge geuug trübselig gewesen."

Die juuge Frau, schlank, zierlich, mit großeu, kohlschtvar-
Se» Augen und purpuruem, lachendem Mimd, sah wirklich aus,

heit mit dcu oücu geschildcrten Slöruugcu macht sich, oft iu
Lrastischer Weise, iu dcr allgemciueu Iluterhaltuug und iu deu
Versammluugen der Vereiue, welche sich bie Förderuug Hei-
delbergs als Fremdeustadt augelegeu sein lasseu, Luft.

Wir glaubeu, daß hiutcr uuserem Wuuschc uud uuserem
Verlaugeu, dcu l ä st i g e u M a t k r i a l vc r k. e h r der
Ncbenvahn Weiuheim — HcideIberg —
Ni a n u h e i m, so wie ersi ch a u sg e w a ch s e n ha t,
aus deu Straßeu der Stadt iu absehbarer
Zeit üeseitigr z u sehe u,
uicht btoß die Mitglieder uuserer Verciue, sonderu die gauze
Bürgerschaft der Stadt Heidclberg mit verschwiudend wcuig
Ausnahmcn stcht.

Hat die Eiuwohuersckiaft mit dcr Nebeubahu Mauuheim—
Weinheim—Heidelberg—Manuheim. eine Euttäuschung erlebt,
so wird sie mit uoch schwcrereu Besorguisseu crfüllt durch die
Gerüchte, die iu immer bestimmtererForm auftreteu und bereits
iu der Diskussiou der hoheu Kammer greifbare Form augcuom-
rneu habeu, daß die Absicht bcsteht, die I)- und Luruszügc, die
mehr und mehr in Aufuahme kommeu, überhaupt uicht über
Hcidelberg zu siihren, souderu uns abjeits liegeu zu lasseu.
Es ist wohl uicht zu viel gesagt, wenu mau fcststellt, daß
nicht nur in Deutschlaud selüst, souderu in dcr ganzeu Wclt,
Heidelberg au einer der ersten Stellen genanut toird, weuu
mau von schöneu Städteu und Reisezielen spricht.

Dics giebt uns das Rccht, zu velangen, daß mau uuserc
Stadt, die übcrdies der Größc uach deu vierteu Raug iu uu-
serem eugcreu Vatertaude eiuuimmt, nicht vom Verkehr ab-
schneide.

Fst vor etwa süufzig Jahreu, als man die Eutwickeluug des
Eiscubahuverkehrs uoch uicht zu übersehen vermochtc, aus
Ersparuisgrüudeu der bedauerliche Fehler gcmacht worden,
die Maiu-Neckarbahn auf ihre jetzige Richtuug festzulegeu,
anstatt sie schon damals gerade durchzuführeu und für Maun-
heim eine zweite Linie vorzusehen, so ist es jetzt, wo ohnehiu
eiue ttefgreifeude Verüuderung der gauzeu Eiseubahuverhält-
nisse Heidclbergs durch die Verlegung des Bahuhoss iu sicherer
Aussicht steht, die beste Zeit und Gelegenheit, deu Fchler
wieder gut zu machcn.

Dies um so mehr, als die direkte Linie Weiuheim—Hei-
delberg den Weg schr abkürzt uud eine Reihe großer und
wohkhabender Orte, ivie sie sonst uirgends im Laude eiuer
normalspurigeu Bahu eutbehreu, mit nicht uubedeutendcm
Hinterland dem größereu Verkehr anschließt.

llnsere Stadt wird als Fremdcnstadt besonders von dem
Reisepublikum aufgesucht, das auf der großen Noute uach dcm
Süden, der Schweiz, Jtalicu und der Riviera eiuen odcr
wenige Tage Zwischeustation machen wiü, und hat-iu Badeu
überhaupt die höchste Fremdenfrequcnz aufzuweiseu.

Nuu reist aber gerade das zahlimgsfähige Publikum,
welches diese Fahrten macht, mit besouderer Vorliebc iu dcn
bequcmen, schnclleu O- uud Luxuszügcn, uud wird — schou
ivegen des unbequemeu und zeitraubendeu ltmsteigeiis —
vielfach Heidelberg abseits liegen lassen, iveuu es nicht un-
mittelbar auf der großeu Reisestraße Fraukfurt—Basel zu
erreichen ist.

Es ist eiu Lebcusiuteresie für uusere iu deu letzten Jahr-
zehnteu im krüstigen Aufblühen befindlühe Stadt, daß dieses
uicht gcschieht, daß bielmchr der Verkehr noch diretter, als
bisher, nämlich durch eiue Vollbahu Weiuheim—Heidelbcrg,
hicrhcr gcleukt wird.

Dieses Jntcrcsse ist gleichzeitig eiu solches deS ganzen rei-
senden Publikums uud des badischeu Staates, dessen Bahn-
uetz dadurch um eiue sicherlich sehr gut rcntierende Strecke
erweitert wird.

Die Koukur^euz wird dcr Main-Ncckarbahu, die sich ohue-
hin nach INaunheim zu wender uud der durch dic direktc
Strecke Maunheim—Schwetzingcn—Karlsruhe—Rastatt gmiz
weseutlichc Vorteile zugewaudt ivurdeu, uicht sehr erheblich
schaden uud sie, bezw. die auderu Staaten, die darau be-

als briuge sie Freude und Lebcnslust mit sich. Sie nickte

einem jedeu freuudlich zu, sprang leichtfützig aus dcm Wagen
und hob Herbert empor, küßte ihu herzlich uiid rcichte dauu
deu Leuten die schmalen, elegaut behaudschuhteu Häiidchcn,
vbgleich Werther uuzufricdeu murmelte:

„Nicht gar zu güttg, Negiua! Nur immer dic Herriu
zcigeu."

„Ach, laß mich doch! Fch bin ja so unendlich glücklich uud
kauu es uur bleibcn, iveuu ich immcr frohe Gesichter um mich
sehe," erwiderte sie teisc, „das liegt mir nun cinmal im Blut.
Eiu trauriger Blick, eiue finstcre Micue kaim mir meine
gauze Freude verderben. Alles soll jnuchzen und jubeln uud
so froh sein, wie ich selbst es biu."

„Ja, wo du hinkommst, da füugt die Souue zu scheiueu
aul Nuu wird es wiedcr hcll in dicsen düstcrn Rnumeii
werdeu."

„So hell uud sonnig, !vie es iu meiner eigcneu Seelc ist,
Gregor."

„Ach du meiu Lieb, mein tostbarer Schatz!"

Als sie das Haus betrateu, umschlaug er sciu junges
Weib uud trug es auf seinen starken Armeu durch die blu-
meugeschmückte Halle und führte. es dann die breite Marmor-
treppe empor, die mit weicheu Teppicheu belegt und mit Tan-
nen- und Myrtheuzweigeu bestrcut war.

Auf der obersten Stufe trat dem ueiwcrmählteu Paare
eine in lange, dunkle Gewüuder gekleidete Fraueugestalt ent-
gege». Es war Fran bon Felsing, des Freiherru Schwä-
geriu, die dcm Hochzettsfestc nicht beigewohut hatte, weil sie
iu strenger Zurüitgezogenhcit lebte und das weltliche Treibcu
haßte.

„Gesegnet sei deiu Eiuzugl" sagte sie uud küßte Regiua,
die plötzlich, wie von Eiseskälte durchschauert, erzitterte uud
uur eiuige uuverstäudliche Worte stammelte.

„Was war dir vorhin, mein Liebling?" fragte Gregor,
als sie sich später alleiu befanden.

„Jch weiß es selbst nicht," erwiderte sie beklommen.

teiligt siud, um so wcuiger berührcu, als die gauze Strecke
Weinkeim—Heidelberg auf badisckx'M Gebiet liegr.

Selbst weun abcr die geivünschte ucue Strecke von doriher
Widerspruch erfahreu sollte, so ist sie vou ciuer solchen Wichtig-
keit, daß auch dieser Widerspruch uicht schwcr gcuug in's Ge-
wicht falleii tömike, ihren Bau zu unterlassen.'

Deshalb vermögcn wir auch uicht die Grüude als zu-
trcffeiid anzuseheu, welche die Mauuheimer Handelstammer
iu ihrer am 9. April l. I. au beide hohe Kammeru eiuge-
reichte Vorstelluiig gegen die ueue Bahustrecke dargelegt hat.

Wir sprecheu dahcr, wi'c cin grotzcr Teil der hiesigen Bür-
gerschast cs bercits gethan, die ehrcrbictigc und iuständige
Bitte aus:

Hohe Kammcr wolle im Jnteresse H e i-
delbergsuuddesgauzenLaudesdieGrotzh.
is t a a ts r e g i e r u u g e r s u ch e u, den Bau der
Vollbahn Wcinhcim—Heidelberg so bald
irgend thuulich i n Ungriff zu u e h m e n, uud
dieVerleguug des Bahnhofs Hcidelberg
gleichzeitig d u r ch z u f ü h r e n, sowic die O-
u n d Lu x u s z ü g e ü b e r H e i d c l b e r g z u l e i t e n.

Jn ehrcrbietigstcr Ergebenheit
verharreu

H e i d e l b e rg, 21. April 1902.

Tie Borstiinde der Bercine
Alt-Heidelbcrg: West-Heidelberg:

H. Bilabest L. G a m e r,

Oberbürgermeister a. D. Oberiugeuicur a. D.

AusLand.

Oesterreich-Ullnar».

Wien, 23. April. Die Allüeutsche Vereinigung
hnt nlle deutschen Abgeordneten nnsgefordert znr Unter-
zeichnnng des Antrage» nuf gesetzliche F-estlegung der
dentschen StnntSsprache.

Holland.

Loo, 25». April. Der heute frtih verossenllichte
Krant'heitsbericht besngt: Die K ä it i g i n hat in der ver-
gangenen Nncht Vvn Zeit zn Zeit geschlafen. Der Grad
des F-ieberS lnßt fnrtgesetzt erkennen, daß die Krankheit,
die jetzt in die dritte Woche getreten ist, einen regel-
innßigen Verlniif nimint.

England.

— Jm Dnbliner Stndtrnt kiindigte nm Mittwoch
der Lord P, n y n r (Biirgerineister) der Stndt unter
stürinischem Beifnll deS PubliknmS nn, dnß er wohl
znr Krönung eingelnden worden sei, dieS nbe>r nbge-
lehnt I>nbe. Dublin werde dnher bei der Krönnng „des
englischen Königs" unvertreten bleiben. (Allgemeiner
Beifnll nnd Nnse: „Keine Kriecherei mehr!") Der Lord
Pinyor begründete seine Haltnng dninit, datz die Ein-
lndnng nnr nn ibn (nebenbei beme'rkt geschah dies nnch
im F-nlle vnn Edinbnrg, GlnSgow, Livcrpool nnd allen
nnderen Großstndten) nnd nicht an den ganzen Stadtrnt
gerichtet worden sei. Die loynle Bevölkernng Dubiins
ist vb dieser demonstrntiven Hnltnng des Bürgermeisters
entrüstet und vernnstnltet ein Entrüstnngsmeeting, was
nber nn der Thntsnche nichtS nndern wird, dnß diö irische
Lnndeshnnptstndt bei de-r Krönnng nnvertreten bleiben
wird.

Rußland.

PeterSbnrg, 26. April. Der „Rcgiernngsbote"
veröffentlicht ein Rest'ript des Knisers an den Gene-
rnlndintnnten Wannowski, in dein der Kaiser die Bitte

„Deiue Schtvägerin sicht so finster und unfreuudttch aus.
Sie hat mich erschreckt. Mir war, als schwede eiu unheil-
vcrküudeiides Phautom auf mich zu."

„Liebes Herz, Melitta ift mit ihrcu uiischöneu, mäimlich-
strciigeu Zügeu u»d ihrer hartklingeudeu Stimme ist nicht ge-
schaffeu, eineu freimdlicheii Eiudruck zu macheii. Man mutz
sich an ihr avstotzendes uud unsympathisches Wesen gewöhiieu.
Das tluglück hat sie zu dem gemacht, was sie ist. Flir Gatte,
Hcrr vou Felsiug, iveilt scir Jahreu in einer Frreiiaustalt."

„O Gott, wie eiitsetzlichl Daiiu begreifc ich wobl —"

„Nicht wahr? Uebrigeus werdcn die uiiliebeiismürdigen
Eigeuschaften Melittas doch vou guteu uud wirklicb sckiätzeus-
werten übcrwogeu. Sie ist fromm uud eiue Christin im besren
Sinne des Wortes. Nie wird sich eiu Hilfsbcdürstiger ver-
gebeus an sie loendcu. Freilich speudet sie ihre Wohlthaten
talt, ohue jedcs herzlichc Wort, ohne ein üußeres Zeicheu der
Tciluahmc. So erfüllt sic eben ihre Pflichteu. Die Sckwer-
geprüfte thut mit sclreuer Gcwisseuhaftigkeit, was sie muß,
ja mchr als das. Sie ist ciner Selbstverleuguuug sondcr-
gleicheu fähig, das crfuhr ich während meiner Kraukheit, die
ich mir infolge eiucr Erkältimg auf der Jagd zugezogen hatte.
Damals lcistete fie fast Ueberme»schtiü)es uud bürdete sich
eiue Last auf, uuter der manche Andere zusammeiigebrocheii
wärc. Sie ist — wie soll ich sageu — eiue Ausuahme-
natur. Weichheit wird mau stets vergebens bei ihr suchen —
thatkräftigeu Beistand uicmals."

„Die Aermstel Hat sie deim keiue Kiuder?"

„Eiu bierjähriges Töchterchen. Jch hoffe, Du wirst Me-
litta, die manchmal einige Wochen in der Oberförsterei ver-
lebt, trotz ihres wcnig auzieheudcn Weseus doch noch lieb
gewinueu."

„O ja, gewitz —" erwiderte Rcgiua, atmcre aber doch
crleichtcrt auf, als Frau von Felsing weuige Tage später ab-
reiste. Es kam der juugeu Frau Vvr, als ziehc eiue duickle
Wolke vou danueu, und als erstrahle der Himmel erft jetzt
in uugetrübtem Glauze.
 
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