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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 75-100 (1. April 1902 - 30. April 1902)
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Fächer sel durchaus notwendig. Hinsichtlich der Ueberbürdung
sei es üvrigens in neuerer Zeit erwas bester geivorden. Um
nicht eiue küustlische Ueberburdung hervorzurufeiu sollre mau
dic eiuzclnen Lchulgarrungen rein erhalreu, insbesouSere die
humanistischen Gymuasien in Ruhe lassen mir ueueu Üehr-
plänen. Dem Bildungsrrieb der Arauen sollte man möglichsi
weir entgcgeukommeu durch Uuterstützuug des Madchengym-
nasiums und Zulassung der MLdchen au alleu Änabeumirtel-
schulen, welche die Jüuglinge nur güustig beeiuslusseu köunre.
(Sehr richtigl) Ein Lehrermaugel au Sen Mittelschnlen sei
eigentlich jetzt schou vorhanden, wenn das so weiter gehe,
werde iu eiuigen Jahren ein Noistaud eintreten. Allerdiugs
sei in üeu letzren Jahreu viel geschehen; abcr, iudem mau deu
derechtigteu Beschwerdcu abhilfr, köuue mau die Uuzufriedcn-
heit so wcir als möglich zurückdämmen. Nahezu die Hälfre
aller Stelleu sci zurzeit mit Hilfsträftcn besetzt, auf die Dauer
sei durch die ueucu Stellcn auch uicht geholfeu, mau müsse auch
fernerhin auf Stellenvermehrung bedachr seiu. Redner giebr
seiuem Befremdeu darüber Ausdruck, dasz gegen cinen Uarls-
ruher Professor cine polizeiliche Uutersuchuug einge-
leitet, austatr dasz der Direktor der berreffeuden Anstalt mit
der Diszipliuaruurersuchuug betraut wurde. Den Stadträteu
sollte bei der Stellenbesetzung ein gröszerer Eiufluß eiugerüumt
werdcn.

Abg. Frühauf (freis.) ist dcr Ansicht, daß die Mah-
nung, gewisse Uebelstände zu befeitigeu, iu erster Liuie au die
Gemeindcu gerichtet werden muß. Eiu Hauptmißstaud sei
die Praktikantenwirtschaft; die grotze Differenz könue aller-
dings nicht iu einem Jahre ausgemerzt wcrden, aber die Re-
gierung sollte wenigstens erklären, daß sie deu Willeu hat, für
eine weitere Vermehrung der etatsmäszigen Stellen Sorge
zu trageu. Bei der Gehaltsrevision müssen die Mirtelschul-
lehrer deu übrchen akademisch gebrldeteu Bcamteu gleichge-
stellt werdcu. ?luf Griechisch und Latein werde in deu Gym-
nasien zu viel, auf Englisch uud Französisch zu wenig Zeit
verweudet; auch die Unterrichtslnethode sci verfehlt. Der Äe-
brauch der Uebersetzuugen schade absolut uichts, mau sollte
sofort mit der Lektüre beginuen, nicht die Schüler jahrclang
ausschließlich mit Grammatik plagen. Einen Antrag auf
Aufhebung des Mütelschulgeldes wolle cr nicht stellcn, äber
man sollt'e die Frage nicht aus dem Iluge lassen und wenig-
stens teilweise mit der Slnfhebung vorgehen. Den Mangcl
an Disziplin im -Oberschulrat gegenüber den Lehrern finde er
ganz erwünscht; die Lehrer mußten notgedrungen zur Feder
greifen, weil dic Unterrichtsverwaltung ihren Klagen zu
tvenig Bcachtung schenkte. Ein disziplinüres Einschreiten wäre
nngcrechtfertigt, denn die Lehrer haben so gut wie andere
Stände das Recht, sich der Presse zu bcdicnen. (Wacker: Das
wird nicht bestrittcnl). Die Oberschulaufsicht übcr das Schul-
wesen solltcn nur Fachmünner führen. Daß der Obcrschulrat die
Jnteressen der Lehrer nicht geuug wahrnimmt, beweisen
außer dem Vorgang im Lehrerseminar Mcersburg die Fälle
von St. Roman und Buch a. Ahorn. (Rnfe: Ohol die sind
abgethanl) (Abg. D i e t e r l e (Zentr.): ,,Wenn Sie sonst
nichts beibringen können, dann ists nicht weit herl"). Diese
beiden Fälle bewcisen, daß die Unterrichtsverwaltung nicht mit
der nötigen Energie für die Lehrer eintritt. Derartige Vor-
gänge müssen so lange besprochen werden, bis eine Aenderung
im System eintritt. Der Oberschulrat kenne offenbar die Zu- .
stände nicht, sonst würde er besser für die Lehrer sorgen. Der
Notstand sci bereits dcrart geworden, daß die Lehramtsprak-
tikanten aus Verzweiflung die Flucht ergreifen.

Ministerialpräsident Frhr. v. Duscy will Frühauf nur
deshalb keine schärfere Ilntwort geben, wcil derselbe der Trag-
weite seiner ?leußcrungen nicht bewußt ser. Der Ober-
schulrat habe schon lange mit allem Nachdruck eine Vermehrung
der Stellenzahl verlangt. der Grund der Verzögerung waren
lediglich finanziellc Erwägungen. Nicht aus Verzweiflung
haben die-Lehramtspraktikanten das Land berlasscn, sonderu
aus matericllen Gründen, weil sie in Prenßen einen höheren
Gehalt bekommcn, den wir nicht bieten könncn, ohne ?lende-
rung des Gchaltsetats. Es sei ihm unbegreiflich, lvie man den
Oberschulrat so angreifen könne. ?luf die Fälle St. Romau
und Buch a. Ahorn wolle er nicht näher eingehen, sondcrn nur
die Thatsache hcrvorhebcn, daß der Oberschulrat sich in wärm-
ster Weise des Lehrers Brunn angciwmmen hat. Dieser
war übrigens nicht so ganz unschuldig, wie ihn die Lehrer-
pressc hinstellt, und wurde nur versetzt. weil er darum nach-
juchte. Er müsse dagegen Verwahrung einlegen, datz wegen
solcher Fälle so scharfe Angriffe gegen einen anwesenden Be-
amten gerichtet werden. Frühauf habe sich gefreut, daß es
dem Oberschulrat an Disziplin mangle. Er meine, ein Mangel
an Disziplin könne nur bedauert werden. Wer öhne Vorein-
genommenheit in der letzten Zeit dic „N. Bad. Schulztg.
gelesen, müsse gestehen, daß der Z 193, die Wahrung berech-
tigter Jnteressen, zu sehr in Anspruch genommen und der
Lch.eestano in tenoenzröser Weise geaen d'.e Ober;ck,uloeyorde
aufgehetzt wirs. Es iei'irn h-chsteu Maße bedauerlich, wenn
im Hausc Worte fallen, welche die Verbitterung der Lehrer
noch crhöhcn. Zu den übrigcn Ausführungen der Vorredner
übergehend, betonte dcr Minister, daß die ÄNädchen in Baden
ganz allgcmein zu den Mittelschulen zugelassen sind. Der Fall
mit dem Karlsruher Lehrer liege so, daß ein Lehramtsprakti-
tant von dcr Polizei einen Verweis erhielt, weil er in öffent-
lichcr Wirtschaft einen Gaft in brutaler Weise behandelte.
Die Preßerzeugnisse der Mittelschullehrer waren für dic An-
forderungcn im Nachtragsetat nicht ausschlaggebend, der Ober-
schulrat hat sa,ou länger darausi gedrungen. Wcnn jetzt
Frühauf noch wcitere 40 neue Stellen verlange, so müssen
wir alle stutzig werden, umsomehr, als auch die Gemeinden
dadurch in Mitleidenschafr kommcn. Er könne versichern, daß
Lie Regicrung nichts versäumcn und wahrscheinlich anch im
nächstcn Budget wieder einige Stellen anfordern werdc.

Abg. Zehnter (Zentr.) nennt es eine Methode des
Ouerulautentums, wenn man die Fälle von St. Roman und
Buch a. Ahorn immcr wicder vorbringt. Es sei nicht zu ta-
deln, Ivenn die Lehrer ihre Fnteressen wahren, aber es müsse
in einer anständigen Form geschehen. Jn den letzten Jahren
wurde die Hetzerei in der Lehrerpresse zu stark. Mir den ?lus-
führungen des Abg. Goldschmit insbesondere über die Ueber-
lastung ist Redner einverstanden. Der geringe Zugang zum
Studium der Philologie sei hauptsächlich darauf zurückzu-
jühren, weil dic heutige Welt zu rnaterialistisch gesinnt ist.
Durch eine Besserstellung der Lehrer könnte dcr Mßstand zwei-
fellos wenigstens zum Teil beseitigt werden. Dem Wunsche,
daß die Prüfungsbescheide nicht dnrch den Ortsschulrat er-
folgen, könne er sich nicht anschließen.

Nachdem der Berichterstatter noch einige Mißverstäudnisse
aufgeklärt hatte, wurde die Beratung um ss2 Uhr abgebrochen
und auf morgen vertagt.

Ldl. Karlsruhe, 29. ?lpril. (Erste Kammer.)
Präfident Prinz Karl cröffnete kurz nach 10 Uhr die Sitzung
und Lbermittelt den Dank des Großherzogs für die Glück-
wünsche und Adresse der 1. Kammer, die am Sonntag klber-
reicht wurde. Der im Namen der Budgetkommission von Frei-
herrn v. Göler gestellte Antrag auf Gcnehmigung des Gesetz-
entwurfs, betr. die Steuererhebung im Monat Mai 1902 nach
dem bisherigen Umlagefutz wurde einstimmig angenommen.
Es werden noch Kommissionen gebildet für den Gesetzentwurf,
das Wöhnungsgeld betr. und zur Beratung des Gesetzentwurfs
betr. die Landwirtschaftskammern. Nächste Sitzung 10. Mai,
8 Uhr bormittags.

L.6. Karlsruhe, 29. April. Eine Anfrage der
Budgetkommission über den Bestand des Kapitalvermögens
drr Beamtenwitwenkasse wurde dahin beantwoitet,
daß dieses Kapitalvermögm am Ende des vergangeneu
JahreS 19 670 000 Mark betragen hat.

L. 0. Karls ruhe, 29. April. Unter der Bezeichnung
„LandesherrlicherDispositionSfond" werden im
vorliegenden Bndget znm 1. Mal 100 000 Mk. pro Jahr
angefordert für Unterstützung bedürfliger Beamten, Er-
werbung wertvoller Sammlungen, Kunstwerke u. s. w. Die
Darlegungen der Großh. Regierung in der Kommission
waren geeignet, dte grundsätzlichen Bedenken, welchs au-
fänglich gegen die Schaffung eines dcrartigen FonSs be-
slanden, im Wesentlichen zu heben. Von allen Mttgliedern
der Kommission mit Ausnahme von zweien, welche für
Strich der ganzen Position ftimmten, wurde anerkannt, daß
die Zwecke des Fonds im Allgemeinen zu billigen seien.
Nnr die Verwendung des Fonds zuaußerordentlichen
Dienstzulagen für Eisenb ahnbeamte wurde be-
anftandet. (Das ist sehr Zu bedauern. Wenn man siebt,
was Prwatbahnen ihren Direkioren zahlen, im Verglcich
zu dem, was der bad. Staat aus den ordentlichen Budge:-
mitteln bieten kann, so m.:ß man sagen. der Staat zahit
durchauS nicht so viel, wie ein Mann ersten Ranges m
diesem Fach hcute verlangen kann. Wenn der jetzige Ge-
mraldirektor einmal zurücktritt, dann wird sich das in
unangenehmer Weise bemerkbar machen. Der General-
direktor der badischen Bahnen mit seiner riesigen Ver-
antwortung hat kaum so viel Gehalt wie der 2. Bürger-
meister in Mannheim.) Schließlich einigte man sich da-
hin, auch diese Zwecksbestimmung nicht zu beanstandm,
wenn aus dem Fond außerordentliche Dienstzulagen an
„obere Beamte der gesamten Staatsverwaltung" gegeben
werden, jedoch mit der Maßgabe, daß sie dann auf dem
nächsten Landtage unter den einschlägigen Gehaltspositionen
augefordert und der Genehmigung der Landstände untcr-
stellt werden. Bczüglich der Höhe des Fonds kam cin
Mehrheitsbeschluß dahin zu Stande, daß er für diese
Budgetperiode nur mit je 50 000 Mk. pro Jahr bewilligl
werden soll. Die Majorität hielt bei der gegenwärtigen
Finanzlage diesen Bctrag für angemessen und ausreichend.
währcnd eine Minderheit bereit gewesen wäre, wenigstens
75 000 Mk. pro Jahr in das Budget einzustellen. Auch
einigte man sich tn der Kommission dahin, die Bezei chnung
des Fonds, die.leicht zu Mißverständnissen Anlaß geben
könnte, wie folgt zu ändern: „Allgemeiner Fond der
Großh. Regierung sür im Staatsooranschlag nicht vor-
gesehene Bedürfnisse persönlicher und sachlicher Art".

Aus der Karlsruher Zsitung.

— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben
Sein bisherigen Generalstabsoffizier beiin Stabe der 5. Llrmee-
Jnspektion, Major von S ch w e r i n, beaustragk mit der
Führung des Kürassier-Regimcnts Kaiser Nikolaus I. von
Rußland (Brandenburg) Nc. 6, das Ritterkreuz des Ordens
Berthold des Ersten, dem Schriftstellcr Dr. Heinr. Vi e r o r d t
in Karlsruhe das Ritterkrenz crstcr Klassc dcs Lrdens vom
Zähringer Löwen verliehcn, dem Landgcrichtspräsidenten Dr.
Emil Dorner in Karlsruhe dic Erlaubnis zur Llnnahme
nnd znm Tragen des ihm von dem Miser von Oesterreich ver-
liehenen Komthurkreuzes mit dem Stern des Franz Joscph-
Ordens erteilt, an Stelle des verstorbenen Professors Her-
mann Götz den Direktor der Kunstgewerbeschulc, Professor
Karl H o f f a ck e r, zum Mitglied dcs gewerblichen Sachver-
ständigenvereins ernannt, den Rotar Otto Merklinger
in Tauberbischofsheim in den Llmtsgerichtsbezirk Mannheim
versetzt.

— Das Justizininisterium har dem Notar INerkling er
das Notariat Mannheim I zugewieseu.

— Buchhalter Karl Wäsch besin Landesgefängnis
INannheim wurde zum Oberbuchhalter an dieser Anstalt er-
nannt. Buchhalter Rudolf Länger beim Großh. Finanz-
amt Emmendingen wurde in gleicher Eigenschaft znm Großh.
Frnanzamt Marw.beim, ExpLdirronsassistenr Karl Kräuter
in Konstanz wurde nacki'Markdorr veist-tzt.

AusLand.

England.

— Ileber den Gang der Friedensver h and-
lungen verlautet sehr wenig und was zur Mitteilung
gelangt, kann kanm als ganz zuverlässig gelten. Der
Urnstand, daß Herr Reitz wieder in Balmoral eingetrof-
fen und von dort mit einem ihm zur Versügung gestellten
Sonderzuge weitergereist ist, um, !vie es heißt, mit Kom-
mandanten Beyer und dessen Bnren Rücksprache zu
pflegen, wird in dem Sinne gedeutet, daß die von Herrn
Reitz und Herrn Schatk Bnrger gepflogenen Unterhand-
lungen einen günstigen Erfolg gehabt und es ermöglicht
haben, die Mission anf weitere Kommandos auszu-
dehnen. Das Eintreffen Delareys in Klerksdorp wird
in gleichem Sinne gedeutet. Die starken Einkäufe von
Randwerten, die auf der Loudoner Börse für südasri-
kanische Rechnung ausgeführt werden, gelten gleichfalls
als günstiges Zeichen, da angenommen wird, daß man
an Ort und Stelle, wo Beziehungen mit den noch im
Felde stehenden Buren untcrhalten werden, besser unter-
richtet ist, als hier. Die „St. James's Gazette" ver-
sichert schließlich, von ansnehmend gut unterrichteter
Seite erfahren zn haben, daß in den matzgebenden Krei-
sen der Friede nunmehr gesichert gilt. Von allzugroßer
Vertrauensseligkeit ist aber das konservative Blatt, trotz
dieser Mitteilimg von besagter Seite, noch immer nicht
ersüllt.

Jtalien.

R o m, 28. April. Der P a P st empfing heute Ver-
treter der katholischen Vereimgungen Süddeutsch-
Iand s, deren Führer Fürst Löwenstein eine Hnldig-
nngsadresse verlas. Der Papst antwortete in einer
Rede, worin er znm Festhalten an den bisher verfolgten
Grundsätzen ermahnte, in einer Zeit, die viele Gefahren
für kirchlich Gesinnte in sich trage. Darauf erteilte er
seinen apostolischen Segen und ließ Jeden zum Handkuß
zu. Der Papst unterhielt sich mit Vielen aufs Lebhaf-
teste, u. a. mit dem deutschen Zentrumsabgordneten
Boeren und Fran Baronin von Soden u. a. m.

Amerika.

R e w y o r t. 29. April. Washingtoner Berichtc
ertlären, daß Kaiser W i t h e l m türzlich Gelegenheit
genommen habe, dem Botschaster White Persönlich zn
ertlären, Tentschland slrebe nicht nach dem tleinsten
pinselchen in Amerita. Tie ietzte (vom Newyork Herald
verbreitete) satsche 'Nachricht über die geplante Enver-
bung einer Kolstenstation anf Haiti ist ofsenbar da-
dnrch entstanden, daß die Hamburger Dampferlinie eine
Kolstenicderlage in Haiti sucht für den Fall, daß
Däinsch-Westindien. wo sich jetzt eine solche istiedcrlage
befindet, amerikanisch wird.

Wom Wegierungsjuvlläum des Kroßyerzogs.

X Knrlsruhe, 28. April. Beim gestrigeii Empfang Ser
Landesdeputaiion rmirde Seiner Äöniglichen Hoheit dem Groß-
herzog auch das vom Verbande Ser mittlercn Städte darge-
brachte Städtebilderalbnm übergeben. Auf die Widmungs-
worte deS Vorsitzenden des geschäftsführcnden Ansschnsses
Bürgermeister Dr. W e i ß - Ederbach erwiderte der G r o ß-
herzog in wärmster und frcundlichstcr Weise, cr sckzätzc die
treue Gesiiinung, aus der heraus die Städtc ihm das Album
gewidmet hütleu, er sreue stch, dassetbe uäher keuncn zu lerueu
und sprechc deu Städtcn seinen herzlichcn Dant aus. —
Das Album, das nach Llufnahmen verschicdener Phoiographen
durch Herrn Hofpholograph Suck in Karlsruhe ausgcführt und
durch Herru Hofbuchbinder L>choll Nachs. geüundeu wurde,
ist einfach, aber würdig ausgestartet und wird bleibeuden Wert
haben als die einzige Darstellung der Llnsichten sämtlicher
darin vertreteuen Städte im Anfang dcs 20. Jahrhunderts.

KarlSruhe, 29. Llpril. Nach dem Schluß der gestrigcn Fest-
borstellung im Großherzoglichen Hoftheater empfingen der
Großherzog und üic Großherzogin im Foyer noch viele
Personen zur Beglückwünschung, darunter zahlreiche Mitglie-
der der Zweiten Kammer der Ständeversammlung und so-
dann Angehörige solcher Depuialionen von Vereinen re., die
wegen allzugroßer Zahl der Anmeldungen während der Fest-
tage nicht in besondercr Lludienz empfangen wcrden konuten.
Jm Ganzen wurden gegen lOOPersonen von den höchstcn Herr-
schaften mir Llnsprachen beehrt imd dcr Empfang währte bis
gegen 11 Uhr.

Heure Vormirtag 11 Uhr empfing der Oiroßherzog den
gestern Llbend hier eingetroffenen Prinzen Georg Wilhelm
Herzog zu Braunschweig und Lüneburg, welcher cin Glück-
wunschschreiben scines Vaters nberreichte.

Um 121h Uhr empfing dcr Großherzog im Beisein des
Staatsminister v. Brauer den kaiserlich türkischen Botschaster
in Berlin, Ahmed Tewfik Pascha, Ivelcher Seiner Königlichen
Hoheit im Lluftrag des Sultans den Jmtiaz-Orden überreichtc,
nnd sodann die Begleitung des Botschafters, Divisionsgeneral
Itassir Pascha und ersten Botschaftssekretär Mloustafa Assim
Bey. Die Einführung der Gcsandtschaft erfolgte dnrch den
Vize-Oberzeremonienmeister Grafen von Berckheim.

Um halb 3 Uhr nachmittags unternahmen die höchsten
Herrschaften eine weitere festliche Rundfahrt durch die Sradt
und durchfuhren dabei solche Straszcn, die bishcr noch nicht be-
sichtigt werden konnten. Die Rückkehr rns Schloß erfolgte gegen
yalb 5 Uhr. Hierauf wurden Lic kaiserlich türkischen Aöge-
sandten von Jhrer Königlichen Hoheit der Großherzogin in
Lludienz empfangen.

Um ö Uhr fand bci dcn Großh. Herrschaften zu Ehren der
türkischen Gesandtschast ein Diner statt, zn welchem 40 Ein-
ladungen ergangen waren.

Um 7 Uhr besuchten dic HLchsten Herrschaftcn die Wie-
derholung der gestrigen Festvorstellung im grohh. Hoftheater.

, Durch die Llufsührung des von Heinrich Bierordt ver-
saßten FestspieIs im Großherzoglichen Hoftheater ist dem
Erlauchten Landesfürsten, als dem unermndlichen Förderer
dcr Äünste, in würdig schöner Form gehnldigt worden. Die
Bühne zeigte eine sonnige Waldlandschafr, erfüllt von frohem
Landvolk in schmuckcn Trachten. Lautjubelnder Gesang „Heil
dem Fürsten unseres Landes" klang dem hohen Jubilar ent-
gegc». Daun rraten die Mnsen bor, vom Genius der jkunst
und einem weiteren Musenführer geleitet. Jn schönen, sin-
nigen Versen huldigen der Genius der Kunst und Musagetes,
Grohherzog Friedrich dem kunstsirmigen Herrscher, nuter dessen
anregender FLrdernng und stets hilfsbereircr Unrerstütznng sich
die Kunst im üadischen Land frei nnd schöu enrfaltete. Es
folgen die einzelnen Mnsen, stde in ihrer Art dem Fürsten
huldigend. Jhncn hur „Schiller's Huldigung dcr Künste"
die Worte getiehen. Llnf bLsinocren Wunsch hat hier Herr
Vierordt Schillctzs Tichtung — die einst einer Vorfahrin der
Großberzogin mütterlicherseits, als sie sich in Weimar mir
dcm Herzogssohne vermählte, gewidmct war — für das badi-
sche Landesfest umgearbeitet und der Jubilänmszeit ange-
paht. Ein knnstvoll ausgeführrer Reigen in stimmungsvoller
Llnsstattung schließt sich den Worten der Misien an. -— Frau
Höcker als Genius der ^tunst, Frau Petzet als Mniagetes,
sowie die Darstcllerinncn der Musen brachten durch ausdruas-
vollcs schönes Sprechen die feinen, wohlgcfügten Verse zu
vollcr Geltung, sodaß dic unter Herrn Kilian's Leitung stehende
sehr gelungene Anfführnng einen weihebollen, tiefen Eindruck
hinterließ. Die von Generalmustkdirektor Mottl dirigierte
Begleitungsmusik stand auf künstlcrischer Höhe und steigerte
die erhcbende Gesamtimrkung.

Aus Stadt und Land.

Heidelberg, 30. April.

Z Ter deutsche Ostmarken-Verein veranstaltet eine „B is-
m a r ck l o t t e r ie", deren Ertrag der Bismarckstiftung des
Vereins zufließt, eine Veranstaltung, deren Zweck es ist, hilfs-
bcdürftigen Deuischen in der Ostmark, insbesondere Haitd-
werkcrn, Darlehen nnd Unterstützungcn zu gewähren. Die
Ziehung findet am 15. Mai d. Js. statt; dic Gewinne bestehen
ausnahmslos in Andenken an Fürst Bismarck (Statuen, Bil-
dern, Büchern, Modaillcn, Krügen u. dergl.). Die Lose, zU
1 Mark das Stück, können bis zum 10. Mai bei dem hiesigen
Ortsvorstande des Vereins (Prof. Marcks) durch die Mitglie-
der dcs Vereins (diese allein törmen beitretcn) bezogen werden-
Wir glauben eincr patriotischen Pflicht zu genügen, wenn ivie
anch unsererseits an dieser Stelle auf das Unternehmen hirw
weisen, dessen Zweck gut ist nnd das die Mitglieder des Ost^
markenbereins in unserer Stadt zu interessieren geeignet ist-
X O süpc Rachtigall! Heute ist hier ein Nachtigallenpaai-
eingetroffen. Es ist das erste Paar, das hier seit Fahrev
zur Beobachtung gelangte. Sein Quartier hat es im Garckev
der Villa des Herrn Ihne auf der rechten Seite des Neckar
genommen.

Schmerzhafte Brandwunden hat sich im Laufe de»
gestrigen Tages das 8jährige Töchterchen des in der Busse^
mergasse wohnenden Maurers Fricdrich Vorreither zuge^
zogen. Das Mädchen kam urworsichtiger Weise dem Hcrd^
fener zn nahe, sodatz die Kleider Feuer fingen; bis dasscll^
gelöscht werden konnte, hatte das Mädchen bereits, wenn aU^
keine lebensgefährliche, so doch recht schmerzhafte Bran^
wunden an den Fützen, dem Halse nnd am Kopfe. Die be^
dauernswerte jugendliche Brandbeschädigtx wnrde jns akad»"
mische Krankenhaus verbracht.
 
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