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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 101-124 (1. Mai 1902 - 31. Mai 1902)
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Anstalt förmlich zur Kriiit herausfordern und dasz die Be-
hauptungen der Lehrerpressc vöjckriv der Wahrhcit entsprachen.
Das früher iu Aussicht gefteUte Einschreiten dcs Oberschul-
rats habe offenbar nichts geniitzt. Es sci ziveifellos fest-
gestellt, daß ein Zögling von dem Dirckwr am Halse gepackt
und gewürgt wurde. Ein Zeuge sagre aus, das; ein Zögling
der obersten Klasse geohrseigr wurde. Seminarlehrer Moll
habe erklärt, ohne körperliche Züchligung könne man in der
Anstalt nichr auskommen. Jhm (Redner) scheine, das; der
Drrcktor dieser Anstalt wenig sür seinen Posten rauge. Es
dürfte nicht vorkommen, das; die Schnler für den Direktor Flie-
gen fangen nnd den Fuchsstall reinigen mützten. Der Direktor
habe in üer Verhandlung sich damit cntschuldigt, datz solche
Dinge auch in andcren Anstalten borkonrmen, datz anderswo
ein sörmliches Prostitutionsnest ausgenomiücn worden sei. Nur
der Lehrerpresse sci es zu berdanken, datz dicse Znstände auf-
gedeckt wurdcn. Die Definition eincs Untcroffiziers: „Dcr
Kopf ist ein Ausmnchs zwischen den Achselklappen, dazu be-
stinrmt, den Helm zu iragen und Ohrfeigen entgegenzuneh-
men" (Heiterkeitl) dürfe doch nicht in Lehrerbildungsanstalten
Geltung bekommenl Redner tritt zurn Schluh für die Aufhe-
bung der Seminarien ein.

Oberschulratsdircktor Arnspcr-gcr betont, datz die
körpcrliche Züchtigung in dcn Lehrerbildungsanstaltcn verboten
sci. Verschiedene Mitzstände in der Meersburger Anstalt seien
früher abbestellt worden; dabei wurde dem Direktor eine Rüge
erteilt, und ihm insbesondere nahe gelegt, körperliche Züch-
ligungen zu nnterlassen. Die Oberschulbehörde habe sich aber
sehr getäuscht, als sie annahm, datz nunmehr Ruhe in der
Lehrerpresse eintreten wcrde. Es erschien wieder ein Hetz-
artikel, der ein energisches Einschreiten erforderlich rnachte.
Jm Laufe der gerichtlichen Verhandlung wurden die körper-
lichen Zuchtignngen lediglich als Uusschrcitungen, nicht als
Shstem festgestelit: dabei handelte es sich lediglich nm Fülle,
die schon vor dem Jahre 189?, also vor dem Erlatz des Ober-
schulrates vorkamen. Bedauerlicherwcise wurde auch eine Vor-
erngenomrncnheit des Direktors konstatiert, crne Pflichtwidrig-
keit, die entsprechend gerügt werden rnüsse. Der Direktor lege
ofsenbar das Hauptgewicht auf die äutzcrc Ordnung, nicht
auf ein gcmütliches, geistiges Zusammenwirken von Schülern
und Lehrern. Nur so ist es zu vcrstehen, dah er bedauerte,
daß ihm zu wenig Strafen zur Verfügung stehen.

Abg. Hug (Zentr.) nimmt den Seminardirektor Wasmer
in Schntz gegen die Angriffe des Reallehrers Möhr und des
Hanptlehrers Rödel. Wasmcr sei aus den bekannten Pro-
Zesscn vor dern Konstanzer Schöffen- beziehungsweise Landge-
richt, deren Vcrlauf Redner eingehend darlegt, intakt hervor-
gegangen. Er sei ein pflichttreuer Beamter, der von Lehrern
und Schülern allgemein geachtet werde. Die „Neue Badische
Schulzeitung" kenne er nicht genau, aber einzelne Artikel schtie-
ßen einen Geist der Gehässigkeit in sich, den man nnr bedauern
könnc. Es sei überhaupt zu bedauern, datz Rödel den Weg
der Oesfentlichkeit beschritten und sich nrcht an dcn Oberschul-
rat direkt gewandt hat.

Abg. Muser (Dem.) ist von dcr Eiklärung des Ober-
schulratsdirektors im allgemeinen bcfriedigt. Wasmer ver-
diene nicht das Zeugnis, das ihm Hug ausgestellt habe. Ein
Mmrn in dieser verantwortuirgsvolleir Stellung diirfe sich nicht
den Vorwurf der Voreingenommenheit nrachen lassen, noch
weniger dürfe er körperliche Züchtigungeir an den Schülern
der oberen Klassen vornehmen, denn dieses widerspreche direkt
dem Gesetz. Es wurde sogar behauptct, der Direktor habe das
Roseirkranzbctcn als Strafmittel benützt. Ob dem Oberschul-
rat davon etwas bekannt ser? Durch Zeugenaussagen wurde
festgestellt, datz in dieser Anstalt eine Pädagogik geübt wird,
die sonst nicht üblich ist. Redner ersucht den Oberschulrak,
die nötigen Konseguenzerr zu ziehen, dann werde der Zrrstand
in dcr Meersburger Avstalt wieder befriedigend.

Abg. Frühauf (Freis.) führt aus, dah es im Ober-
schulrat nicht an gnten Pädagogen fehlt; er weise nur auf die
ausgezeichnetcn Grundsätzc hin, die von Sallwürk in seirrer
Broschüre über die Lehrerbildung ausgestellt habe. Was nützen
aber die schönsten Grrmdsätze, wcrin sie an dcn Lehrerbildungs-
anstalten nicht beherzigt werden? Redner kann nur jcden
bedanern, dcr hcutzutage sich dem Lehrerberuf zuwendet;
wollte aber einer dic Meersburger Anstalt aufsucherr, dann
würde er ihm sagen: Sie werden doch nicht ganz verrückt
seinl (Heiterkcit.) Bedauerlicherweise habe sich der Oberschul-
rat mit einel Vorerhebung begnügt und nicht einmal cinen
Strafantrag gegen den Verfasser des Artikels in der „Reuen
Badischen Schulzeitung" bei der Staatsanwaltschaft gestellt;
Wasmer wurde vielmehr auf den Weg der Privatklage ver-
wiesen. Die grötzte Beleidigung, die sich in dem Artikel
vorfand, wurde gar nicht zum Beweis zugelassen, vermutlich,
weil dcr Privatkläger fürchtete, der Kläger könnte Hunderte
von Zeugcn zur Entlastung beibringen. Der Oberschulrat
hätte, wenn es ihm ernstlich darum zu thun war, dcm Gesetz
Achtung zu verschaffen, die Pflicht gehabt, gegenüber dem
Dircktor eine andere Sprache zu führen. Wasmer besitze offen-
bar nrcht dic genügende Qualifikation znm Pädagogen. Der
Oberschulrat habe allen Grund, Remedur zu schaffen nnd den
Direktor aus seinem Amte zu entfernen. Nur dann werden
die jungen Leute wieder Vertrauen zu dieser Anstalt fassen,
was im Jnteresse des Zuganges zum Lehrerberuf sehr zu wün-
schen sei.

Abg. Weygoldt (Natlib.) will sich prinzipiell zum
Fall Wasmer nicht äutzern. Redner bespricht die Verhältnisse
Ler Meersburger Anstalt und betont, datz die Schulbehörve
froh wäre, wenn die Seminare nicht mehr nötig wären; man
müsse aber auf die Eltern Rücksicht nehmen.

Abg. Wacker (Zentr.) bcmcrkt gegenüber Frühauf, datz
so lange Konfessionalität der Lehrer besteht, auch die konfes-
fionelle Lehrerbildung bestehen rnüsse. Es sei unerhörr, datz
von eincm Augeordneten an den Regierungstisch so kategorisch
die Aufforderung gerichtet wird, einen Beamten zü entfernen.
Die Erklärung des Oberschulratsdirektors habe auf ihn den
Eindruck gcmacht, als ob der Oberschulrat den Herren die An-
griffe sehr erleichtert hat. Solche Forderuirgen daraus zu
ziehen, wie Frühauf, Muser und Geck, scheine ihm bedenklich.
Er wisse nicht, ob Frühauf seine engelsgleiche Geduld bewahren
würde, wenn ein Untergebener seine Wohnung rrotz Aufforde-
rung nicht verlassen würde. (Frühmrf: Jch bin kein Päda-
gogel) Wacker: Also urteilen Sie nicht über PLdagogikl (Rufe:
Ohol) Sie haben der Renitenz das Wort geredetl (Frühauf:
Neinl) Er verstehe es nicht, wie der Oberschulratsdirektor ge-
wissermaßen wegwersend sich über die äutzere Ordrrung äutzern
könne. Wasmers Vorgehen wolle er nicht rechtfertigen, allein
die Behauptungen seiner Gegner gehen zu wert.

Abg. WiIckens (Natlib.) ist der Ansicht, datz die körper-
liche Züchtigung bei Kindern nnr in Ausnahmcfällen, in Lehrer-
bildungsanstalten aber unter keirren Umständen angewendet
werden sollte. Die Darstellung der Meersburger Vorgänge
fei von der Lehrerpresse übertriebcn worden, insbesondere sei
zu bedauen, datz die betreffenden Artikel an die Schüler ver-
fchickt wurden. Auch er sei für eine bessere Ausbildnng der
Lehrer; die Forderung der akademischeir Bildung sei aber über-
trieben und undurchführbar. Der Fall Meersbnrg sei übrigens
zu Genüge erortert.

Ministerialpräsident Freiherr v. Dusch ist mit den Aus-
fiihrungen des Oberschulratsdirektors vollkommen einver-
standen. Muser und Frühauf haben, trotzdem sie Anwälte sind,
Wasmer gar keine Milderungsgründe zugebilligt, obwohl solche
vorhanden sind. Wenn Frühauf 160 Zöglinge zu erziehen
hätte, dann wurde er wohl auch ab und zu eirre Ohrfeige für

, notwendig halten. Damit 'wolle er natürlich nicht sagen, datz
j die körperliche Züchtigung erlauvr sei. Jm Jnterefse Wasmers
habe man die Privarklage einer ösferrtlichen Klage vorge-
zogen. Was geschehen, ift bedauerlich und die Konseguenzen
werden gezogen; ob in dem von Muser und Frühauf gewünsch-
ren Stinn, sei fraglich, da es noch viele Zwischenstufen brs zur
Entlassung gebe.

Nach einer persönlichen Bemerkung der Abgeordneten
Fendrich, Geck und Wacker wird die Sitzung um halb 6 Uhr
abgebrocherr. Fortsetzung: Morgen. Es stehen noch bier
längerc Reden in Aussichtl

Elsaß-Lothringen.

Straßburg, 5. Mai. Die Reise des Kaisers
nach dem Elsaß isl wegen der Trauerfeierlichkeiten n>
Berlin, wie gemeldet, verschoben worden. Der Kaiscr
nifft am Mittwoch hier cin und bleibt bis Freitag hier.
Wührend dieser Tage erfolgt dann auch der Besuch dcr
Hohkönigsburg."

Aus der Karlsruder Zeitung.

Hofansage. Wegeu des am 2. Mar dieses Jahres crfolgten
Ablebens Seiner Königlrchen Hoheit dcs Prinzen Georg vou
Preutzerr legt der Grotzherzogliche Hof von heute ab Trauer
auf 14 Tage, bis zum 18. dreses Monats einschlietzlich, nach
der bierten Stuse der Trauerordnung an. Die Trauer wird
iu die bis zum S. dreses Monats gleichzeitig bestehcnde für
Seine Durchlaucht den souveräuen Fürsten Heirrrich dem
Zweiundzwauzigsten ä. L. Reutz eingeschlossen. Karlsruhe,
den S. Mai 1902. Grotzherzogliches Oberstkammerherrn-Amt.
Graf bon Berckheim, Vize-Oberzeremonienmeister.

— Seine Königliche Hoheit der Grohherzog haben
dem Direktor der Königlich Württembergischen landwirtschaft-
lichen Akademie Hohenheiur, Professor Ernst Balentin
Strebel das Ritterkreuz erster Klasse mit Eichenlaub des
Ordens vom Zähringer Löwerr, der Oberin an dem klinischen
Hospital Freiburg, Regina Federle, genannt Schwester
Carrdida, die kleine goldene Verdienstmedaille uud dem König-
lich Preutzischen Major a. D. Ludwig Eberlein in Karls-
ruhe das Ritterkreuz erster Klasse des Ordeus vom Zähringer
Löweir verlieherr.

— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben
dem Lehrer Adolf Schmid an der Kunstgewerbeschule in
Pforzheim nnter Ernennung desselben zum Professor, eine
etatmährge Professorenstelle an genannter Anftalt übertragen.
Buchhalter Adolf Weickgenanirt beim Grotzh. Finarrzamt
Achern wurde in gleicher Eigenschaft zum Grotzherzoglichen
Finanzamt Emmendingen versetzt.

Karlsruhe, 5. Mai. Gestern Sonntag Vormittag
nahmen die höchsten Hcrrschaftcn an dem Gottesdienst in
der Schloßkirche teil, bei welchem Hofdiaconus Dr. Frommel
die Predigt hielt. Kurz vorher war der deutsche Kron-
prinz hier eingetroffen. Gegen 1 Uhr verließ der Kron-
prinz die Großherzoglichen Herrschaften und reiste mit dem
Prinzen Max zur Auerhahnjagd nach Kaltenbronv.
Nachmittags halb 4 Uhr wohnte der Großherzog mit der
Kronprinzessin Victoria und der Prinzessin Max auf dem
Balkon des Schlosses dem Preis-Corso des Deutschen
Radfahrer-Bundes an, an welchem sich 1500 Radfahrer
beteiligten. Die Großherzogin konnte nicht zugegen sein,
da dieselbe der Einladung zum Jahresfest der evangelischen
Stadtmission folgte. Abends halb 8 Uhr begaben stch Jhre
Königlichen Hoheiten der Großheczog und die Großherzogin
sowie di- Kronprinzessin Victoria in die Festhalle und
wohnten daselbst dem Preis-Reigenfahren und dem Rad-
ballwettspiel der Radfahroereine an. Die Rnckkehr dcr
höchsten Herrschaften in das Schloß erfolgte gegen 10 Uhr.
Hente Vormittag 10 Uhr nahm der Großherzog den Vor-
trag deS Majors von Woyna und danach denjenigen des
Präsidenten Dr. Nicolai entgegen. Um 11 Uhr fuhr
Se. Königl. Hoheit zum Rathaus. Gegen 12 Uhr fuhr
Seine Königliche Hoheit vom Rathaus zur Kunst-
ausstellung, wo derselbe mit der Großherzogin zusammentraf.
Die höchsten Herschaften bestchtigten unter Führung des
Professors Dill und des Hauptmanns a. D. von Bayer-
Ehrenberg die französische Abteilung der Ausstellung, wo-
bei der französische Delegierte Herr Kimbel anwesend war.
Gegen 1 Uhr kehrten die hohen Herrschaften in das Schloß
zurück.

Ausland.

Peking, 5. Mai. Der Aufstand bei Ching-
tingfu nimmt zu und dehnt sich bereits bis auf einen
Umkreis von 50 Meilen aus.

Amerika.

New-Iork, 5. Mai. Die Einwanderung nimmt
hier einen gcwaltigen Umfang an. Seit dem Beginnedes
Jahres sind 30 000 Personen mehr als in irgend einer
gleichen Periode früherer Iahre eingewandert.

Stadträtliche Dortagen an den Mürger-

Ausschuß.

Mit Vorlage I beantragt der Stadtrat die Erwerbung
einiger Parzellen, die in das Gelände des ehemaligen Cement-
werks hmeiiispringeu. Der Antrag des Stadtrats geht dahin:

Verehrlichen Bürgerausfchuß wolle ihn zum Ankauf der
Liegenschaften Jr. 4388—-4390 des Güterverzeichnisses er-
mächtigen und genehmigen, datz die Kaufpreise im Gesamt-
betrage von 36 200 Mark ans Anlehensmitteln bestritten
werden.

Vorlage II betrifft die Bebauung des Geländes der
Fuchs'schen Fabrik.

Der Antrag des Stadtrats geht hiernach dahin:

Der Bürgerausschutz wolle genehmigen, datz auf Grund
obiger Darlegungen mit Privatmann und Stadtrat Karl
Fuchs eiu Uebereinkommen getroffen, datz die Kosten der
ncuen Stratzenanlagen, soweit solche für die Gelände-Er-
werbung nötig fallcn, im Betrage von 53 250 M. aus An-
lehensmitteln hestritten imd daß für die in diesem Jahre
erfolgende Herstellnng der Blumenstratze zwischen Häuffer-
und Landhausstratze im Betrage von 5500 M- ein ent-
sprechender Teil der für die Keplerstraße vorgesehenen
Mittel verwendet werde.

Mit Vorlage III beantragt der Stadtrat:

Verehrlicher Bürgerausschuß wolle genehmigen:

Datz das dem Reallehrer Steinbrenner gehörige An-
wesen, Wilhelmstratze Nr. 1, um den Preis von 48 000
Mark angekauft.

datz auf demsclben dic zur llnrerürrngung eiuer Polizei--
staiion nebst öffentlichem Aüort und eines F-euerwehr-
depots norwendigen baulichen Herstelluugen mit einem Ge-
samtaufwand von etwa 10 000 Mark zur Ausführung ge-
bracht imd

datz diese Kosten im Gesamtbetrage von 58 000 Mark
aus Anlehensmitteln bestritten werden.

Wir behalten unö vor, auf biese drei Vorlagen morgen noch
ausführlicher zuruckzukommen.

Mit Vorlage kv unkcrbreitet der Stadtrat dem Bürger-
ausschuß das neue Material iu der Bahnhofsfrage. Bei der
großen Wichtigkeit der Sache bringen wir dic stadträtliche Vor-
lage im heutigen zweiteu Vtatt im Wwtlaut zum Abdruck. Wie
die Leser aus der Vorlage erseheu, siuö die Eisenbahiwerwaltuug,
die von der Stadt aufgestcllteu Sachverstäudigeu uud öer Staötrat
übereinstimmend der Meinung, daß dic Oöenwaldbahu nördlich
des Friedhofes aus dem Tunnel herausgcsübrt, üann aber iu
einem Einschuitt, also unter dem straßenuiveau laufeu
soll. Die Liniensühruug ist die gleiche wie bei dem ersteu Plan,
so daß wir das Kärtcheu, öas wir s. Zt. veröffenttichteu, noch-
mals reproduziercn.

Mit Vorlage V beantragt der Stadtrat:

Der Bürgerausschuß wolle genehmigen, datz die
dem Saudlieferanten Johann Joseph Stephan gehörende
Sandgrube L.-B. Nr. 4084 um den Preis von 7000 Marf
erworben imd batz dieser Kaufpreis aus Anlehensmiitelii
gedeckr werde.

Mit Vorlage VI wird beantragt:

Der Bürgerausschutz wolle genehmigen, datz zur Ge-
winnung von Walhhüterwohnungen das dem Bierbrauer
Philipp Friedrich Lenz in Handschuhsheim gehörende An-
wesen H. G. Nr. 4492 a im Müklenthal um die Summe
von 14 500 Mark erworben und datz dcr Kaufpreis aus
Anlehensmitteln gcdeckt werdc.

Aus Stadt und Land.

^ ^ H eidelb erg, 6. Ma!.

jf Der deutsche Kronprinz keiert heule seinen 20. Giburts-
tag. Er begeht thn, wte die Leser wissen, auf badischem Gebtet,
deun er bcsindet sich zusammen mit dem Prinzen Max ouf der
Jagd in Kaltenbronn. Das Gebäude der Reickspost hter hat
aus Anlaß des Geburtstags des Kronorinzen aefloggt.

Eine Bcsichtigung des hiesigen Batailtons wird morgen
Vormirtag auf dem hiesigen grotzen Exerzierplatz durch den
kommandierenden General Exc. von Bock und Pollach, den
Divisionskommandeur Beneckendorff und Hindenburg, Brigade-
kommandeur Oberst Hofmeister und Oberst von Safft vorge-
nommeii.

V Walldorf. 5. Mai. (Ein gräßlicher Unglücksfall)
ereignete stch heute Nachmittag nach 5 Uhr. Der etwa 46 Jahce
alte Maurermeister Micyael Wah l war mit dem Umdecken cineS
Daches beschästigt uno wollte gerade mit einem Küöel Möitcl
zum Giebel emporsteigen. als er rückwärts so unglllcklich vom
Dache stürzte, daß der Tot sofort einlrat. Wahl hinterläßt eine
Witwe und mehrere mwersorgte Kinder. Die Teilnavme mit der
ihres Ernährers auf so jähe Wetse beraubten Familie ilt allaeniem.

Mannheim, 5. Mai. (Todesfall.) Gestern ritz der
Tod wieder eine schmerzliche Lücke in die Zahl der Mannheimer
Großkaufherren. Herr Felix B a f s e r m a n u ist nach länge-
rem Leiden gestorüen. Als Mitglied der Handelskammer,
wie als Stadtverordncter hat der Heimgegangene, der zu den
angesehensten Biirgern der Stadt zählte, neben seiner kommer-
ziellen Bcrufsthätigkeil eine berrächtliche öffentliche Wirksam-
keit entfaltet; ganz besonders aber stand scin Name bei allen
humaneii Unternehmungen in vorderster Reihe.

UL. KarlSruhe, 5. Mai. (I u b i l ä u ms s a m m l u n g.)
Der Großherzog hat beftimmt, dah das rund 450 000 Mark
lletragende Ergebnis der Jubiläumssammlung als Zustiftung
zu der am 1. Dezember 1878 genehmigten Grotzherzog Fried-
rich-Jubiläums-Stistung behandelt und als eine besondere Ab-
teilung dieser Stiftupg zur Unterstützung von Notleidenden
aller Bcvölkerungsklassen verwendet werden soll. Bis aus Wei-
teres soll alljährlich der zehnte Teil des nach Abzug der Ver-
waltungskosten verbleibenden Erträgnisses zum Kapital ge-
schlagen werden . Aus den Erträgnissen sollen gewährt werden:
Beihilfen an Personen, welche infolge von Krankheit, Verletz-
ungen, Gebrechen, Altersschwächen oder wcgen des Berlustes
ihrer Ernährer einer besonderen Untcrstützung bedürftig sind,
insbesondere zum Zwecke der Heilung, Genesung, Erholung,
Verpflegung sowie zur Ermöglichung einer standesgemätzen
Erziehung und beruflichen Ausbildung; Zuschüsse an genieui-
niitzige von Vereinen oder Stiftungen betriebene Anstalten,
welche bedürftigen Personen Heilung, Genesung, Erholung,
Pflege oder Erziehung darbieten. Znr Erlangung einer Bei-
hilfe wird vorausgesetzt, datz der zu Unterstützende die badische
Staatsangehörigkeit bcsitzt und nach seinen Lebensvcrhältnissen
ciner Bcihilfe bedürftig und würdig ist. Die Beihilfe soll nur
insoweit Platz greifen, als uicht nach Lage der thatsächlichen
Verhältnisse für den Notleidenden die öffentliche Armenpflege
einzutreten hat, und als nicht dem Bedürsnisse schon in anderer
Wcise, insbesondere durch die Leistungen der sozialen Versiche-
rung oder die vom Staat, kommunalen Körpcrschaften und so
fort gewährten Ruhegehalte, Hinterbliebenenbezüge und son-
stigen Unterstiitzimgen, entsprochen wird. Jn der Regel werden
einmalige Beihilfen gewährt. Auch wo die Beihülfe aus-
nahmsweise als eine fortlausende gewährt wird, ist sie stets
widerruflich. Die Zuschüsse sollen die Summe von 4000 M.
im Jahre iiicht Lberschreiten. Sie sollen nur gewährt wer-
den, insoweit nicht die Jahreserträgnisse zur Befriedigung bon
dringlicheren Gesuchen um Beihilfeu in Anspruch genommen
sind. Die Zuschüffe werden stets nur als einmalige' ge-
währt. Anträge auf Unterstützungen sind an das Geheime
Kabinett zu richten, und zwar diejenigen auf Beihilfen in der
Regel durch Vermitktelung der Bezirksämter, auf Zuschüffe
durch Vermittelung des für die betreffenden Anstalten zuständi-
gen Ministeriums. Ein Verwaltungsrat, bestehend aus dem
Präsidenten des Ministeriums des Jnnern, sowie dcn Vor-
sitzenden der Generalintendanz der Zivilliste und des Geheim.
Kabinetts oder den zu ihrer Stellvertretung berufenen Per-
sönlichkeiten, hat die Anträge zu prüfen. Vor der Verwilliguug
der Unterstiitzung ist dem Grotzherzog Bericht zu erstatten.

SO. Karlsruhe, 5. Mai. (Der Dank desGrotz-
herzogs an die Residenz.) Der hochherzige Ent-
schlutz des Grotzherzogs, an Stelle des alten Grabdenkmals auf
dem Marktplatz dem Gründer der Stadt Karlsruhe, dem Mark-
grafen Karl Wilhelm ein Reiterstandbild zu errichten und der
Residenz die nördliche Hälfte des Friedrichsplatzes zu Eigen-
tum zu überlassen, wodurch der prächtige Platz auf ewige Zeiten
der Stadt als Zierde erhalten bleibt, wurde in den Kreisen der
Mirgerschaft mit grotzer Freude aufgenommen; noch grötzer
aber war dic Ueberraschung, als gestern sich mit Windeseile
die Kunde verbreitete, der Grohherzog wolle persönlich
auf dcm Rathaus der berufenen Vertretung der Stadt seinen
Dank für die glänzende Jubiläuinsfeier aussprechen. Zu dem
in der Geschichte der badischen Residenz cinzig dastehenden M
fanden ffch heute Vormittag 11 Uhr Stadtrat und Bürgeraus-
schutz (mit Ausnahmc der Sozialdemokraten) und die höheren
städtischen Beamten vollzählig im Rathaussaal ein. Punkt
11 Uhr erschien der Grotzherzog und wurde am Portal von
den drei Bürgermeistern empfangen und dann in den Saal ge-
leitet, wo ihn ein von dem Obmann der Stadtverordneten
Prof. Goldschmit ausgebrachtes Hoch begrützte. Alsbald nahm
der Grotzherzog das Wort zu folgender Ansprache:

Mein Herr Oberbürgerineister I Jch habe daS BedürfniS
 
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