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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 101-124 (1. Mai 1902 - 31. Mai 1902)
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Dienstag, 6. Mai 1902

i^vstes Blatt.

44. Jahrgang. — ^ 105

E rscheint tüglich Sonnlogs auSgenoninien. Preis rnit Familienblütteru inonotliL bO Pfg. in'L HanS gebrocht, bei dir Expedition und den Zweigslellen obgeholt 40 Psg. Turch die Post be

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Aie THronfolgeverHäünisse in Kolkand.

Für den Fall, daß die Königin Wilhelmina ohne
Nachkommen aus dem Leben scheiden sollte, gelten folgende
Bestimmungen, wie ste noch bei Lcbzeiten des Königs Wil-
helm III. durch Regierung und Volksvertretung festgesetzt
worden sind. Den nächsten Anspruch auf die Thronfolge
hat die Deszendenz der verstorbenen Schwester des Königs
Wilhem III., Sophie, vermählt mit dem Großherzog
Karl Alexander von Sa ch sen -W eim a r. Ausschließlich und
allcin kommt hier der Enkel von Sofie, Ernst Wilhelm,
der 26jährige Großherzog von Sachsen-Weimar, in Betracht,
er bis jetzt noch unvermählt ist; da nach der nieder-
ländischen Verfassung der König keine fremde Krone tragen
kann, so müßte der Großherzog, wenn er den niederländischen
Thron bestctgen wollte, die grotzherzoglich.weimarische Krone
niederlegen. Geschieht dies nicht, dann sind die aus seiner
cventuellen Ehe stammenden Prinzen oder Prinzessinnen
erbberechtigt. Liegt dagegen der Fall vor, daß der Groß-
herzog Ernst Wilhelm unvermählt bleiben oder keine
Deszendenz hinterlassen würde, dann kämen die Nachkommen
der beiden Töchter der Großherzogin Sofie an die Reihe.
Die älteste dieser Töchter, Prinzessin Marie (geb.
20. Jan. 1849) ist mit dem Prinzen Heinrich VII. von
Reuß j. L., dem früheien deutschen Botschafter inHWien,
verheiratet und dieser Ehe sind 4 Kinder emsprossen:
Prinz Heinrich LXXII. (geb. 1878), Priuz Hein-
rich XXXIII. (geb. 1879), Prinzessin Sofie (geb. 1884)
und Prinz Heinrich XXXV. (geb. 1887). Die zweite
Tochter, Elisabeth, ist mit dem Herzog Johann Albrecht
von Mccklenburg-Schwerin vermählt; die aus dieser Ehe
enistammende Deszendenz würde also nach den Söhnen des
Prinzen Reuß in Betracht kommcn. Wie man sieht, ist
also für den thronberechtigten Nachwuchs in mehr als gc-
nügender Weise gesorgt; erst, wenn der beinahe undenkbare
Fall eintreten sollte, daß sämtliche bisher genannten Deszen-
denten der Großherzogin Sofie vor der Königin Wilhelmina
ohne direkte Nachkommen mit Tod abgehen würden, würden
die Nachkommen des Oheims des letzten Königs, des Prinzen
Friedrich der Niederlande, der mit einer Schwester,
Kaiser Wilhelms I. vermählt gewesen war, zur Thronfolge be-
rufen werden; dieser hat aber nur eine Tochter hinterlassen,
Marie, die scit 1871 mit dem Fürsten zu Wied ver-
mählt ist; dessen ältester Sohn ist der mit der Prinzesstn
Pauline von Württemberg vermählte Erbprinz von Wied,
und auf diesen würde dann, wenn die genannten Even-
tualitäten samt und sonders eingetreten wären, die niedcr-
ländische Krone übergehen.

Deutsches Reich.

— Jn der Frage dcr Anwendung von C oder K
bei der Schreibung von Ortsnamen hat jetzt der Regierungs-
präfident von Potsdam eine Entscheidung getroffen. Eine
Verfügung bestimmt von Landespolizeiwegen, daß die Stadt
Köpenik und der ebenfalls im Kreise Tcltow liegende Teil
des Gutsbezirkes Köpenicker Forst zukünftig Cöpenick und
Cöpcnickcr Forst zu schreiben ist. Eine andere Verfügung I
bestimmt, daß die im Kreise Angcrmünde liegcnden Ort- j

schaften Kriewen und Krussow zukünftig mit C zu schreiben
sind. Es unterliegt nicht dem geringsten Zweifel, daß die
Namen der drei gen.Orte slawisch sind, also ein Grund für die
Ersetzung des K durch ein C eine Verbesserung nach Ball-
horns Muster ist. Die Zöllner in Cöln können nun über
die Elbe den Zöpenickern als Unglücksgefährten die Hand
rcichen. _

Aeutfcher Hleichstag.

Berlin, 5. Mai.

Präsident Graf Ballestrem teilt den durch einen
Eisenbahnunfall herbeigeführten Tod des Abgeordneten
Friedel-Bayrentb (ntl.) mit.

Der Gesetzentwurf betreffend die Diäten für die Mit-
glieder der Zolltarifkominission Ivird gemätz der
Koinmissionsfaung in dritter Lesung und dann in der gesamten
Abstimmung gegen die Freisinnigen und Sozialdemokraten an-
genommen.

Die Abänderung des Schutztruppengesetzes wird
auf Antrag Basfermann von der Tagesordnung abgesetzt.

Abg. Bassermanu begründet seinen Antrag damit,
datz Dr. Hasse ihm telegraphisch mitgeteilt habe, er habe zu
dieser Novelle einen Abänderungsantrag einbringen wollen,
sei aber durch das Eisenbahnunglück, dem Wgeordneter Friedel
zum Opfer fiel, zurückgehalten worden.

Weiterberatung des Toleranzantrages bei Para-
graph 2 b, wo am Samstag die Erörterung abgebrochen wurde.

Paragraph 2 b bestimmt, datz gegen den Willen des Er-
ziehungsberechtigten ein Kind nicht zur Teilnahme am Reli-
gionsunterricht und Gottesdienst in einer Religionsgemeinschaft
angehalten werden darf, wird nach kurzer Diskussion ange-
nommen.

Es folgt die Beratuug über deu Paragraph 2 c, welcher
lautet: Nach beenbigtem 14. Lebensjahr steht dem Ktnde die
Entscheidung über sein religiöses Bekenntnis zu — wird gleich-
falls in der Kommissionsfassung angenommcn.

Desgleichen die Paragraphen 3, 4 und 4 a. Hierauf folgt
die erste Beratung derBrüsseler Konventionund
der Z u ck e r st e u e r g e s e tz e.

Reichskanzler Graf Bülow begrüudet die Vorlage und
führt aus, datz dic Brüsseler Verhandlung mit einem Siege
Englands abgeschlossen habe, sei durchaus nicht der Fall; ebenso
lei zu bestreiten, datz die 5l'onvention die Jnteressen der deut-
schen Landwirtschaft beeinträchtige. Redner erörtert dann die
Entstehung der Borlage. Die Jnitiative zur Konferenz ging
nicht von Deutschland aus, aber Deutschland mutzte an der
Konfercnz sich beteiligen, nicht aus Nachgiebigkeit gegen das
Ausland, insbesondere England, sondern weil es sonst Gefähr
lief, die englischen Absatzgcbiete zu verlieren ,ohne sonstige
Märkte zu gewinnen und weil die Zuckerindustrie soust einer
Krisis entgegen gegangcn wäre. Die beteiligen Kreise werden
hoffentlich die Vorteile der Konvention allmählich einschcn. Die
Bemühungen, die Konvention erst am 1. September 1904 in
Kraft treten zu lassen, seicn geschcitert. Die verbündeten
Regierungen sind überzeugr, datz die Festsetzung von Ueber-
Men genügen wcrdc, um den fremden Zucker von unseren
Gebieten fernzuhalten. Zwar wünsche die Regierung nicht
eine Durchpeitschung dcr Vorlage, doch mützte sie von einer
Verschleppung dcrselben ernstlich abraten, da eine solche in
jeder Beziehung schädlich wirken würde. Jm Jnteresse der
Zuckerindustrie, des wichtigstcn landwirtschaftlichen Nebenge-
werbes, bitte er, der Vorlage die Zustimmuug nicht zu ver-
sagen. (Beifall.)

Die Debatte drehte sich darum, ob der Entwurf an cine
Kommission zu verweisen sei oder nicht. Zur Entscheidung
kam cs noch nicht, denn das Haus bertagte fich zuvor, Nächste
Sitzung morgen.

ZSadischer Landtag.

L. 0. Karlsruhe, 5. Mai. (76. Sitzung der
Zweiten Kammer.) Präsident Gönner eröffnet die
Sitzung um 4'/^ llhr.

Die Spezialveratnng über das Budget dcr Mittel-
fchulen wird fortgesctzt.

Abg. Muser (Dem.) bcmäugclt die Dicnstführung des
Kreisschulraics Bopp in Offenburg. Derselbe schnauze die
Wnder an, wie ein Unteroffizier dic Rekruten. Jn der
Schule habe er einmal dic Aeutzerung fallen lassen: „Da sieht
man's, die Lehrer, die Faulenzer, wollen nur dem Staat
das Geld aus der Tasche nchmenl" Einem 65jährigen Lehrer
habe er vor den Schülern zugcrufen: „Sie haben den Beweis
Jhrer Unfähigkeit bis zur Evidenz erbrachtl" Ein andermal
habe er in der Schule von dcm Lehrer per „Spitzbub" ge-
sprochen und zu den Schülern soll er einmal gesagt haben:
„Kinder, euer Wissen ist sehr gering, aber ihr seid nicht schuld
daran, sondern euer Lehrcr l" Diese Vorkommnisse kann Redner
unter Beweis stellen. Weiter werde darüber geklagt, datz
der Kreisschulrat die Lehrer mit schriftlichen Arbeiten überlaste
und datz die jüngeren Lehrer die infolge ciner Kontrollver-
sammlung versäumten Stunden nachholen müssen.

Oberschulratsdirektor Arnsperger ist über diese Fälle
ebenso überrascht wie Muser. Der Kreisschulrat war seither
in Bruchsal und galt als pflichteifriger Beamter, dessen Dienst-
fllhrung bisher zu keinen Beschwerden Aülatz gab. Er ber-
nehme mit Staunen, was Muser vorgetragen und behalte sich
nähere Prüfung vor. Wenn es sich wirklich so verhält, so
wäre das eine starke Ueberschreitung der amtlichen Befugnisse.

Abg. Obkircher (Natlib.) wünscht Vermehrung der
Kreisschulratsstellen.

Oberschulratsdirektor Arnsperger erklärt, datz die
Oberschulbehörde bereits beim Finanzministerium die Ver-
mehrung um fünf Stellen angeregt, aber die Antwort bekom-
men habc, man wolle noch weitere Erfahrungen sammeln.
(Heiterkeit.)

Äbg. Geck (Soz.) kann die Aüsführungen Musers in
manchen Punkten bestätigen. Aüch ihm sei gesagt worden, datz
in Osfenburg das Verhältnis zwischen dem Kreisschulrat und
den Lehrern ein sehr gespanntes sei. Offenbar spicle das
pathologische Moment eine Rolle dabei, wcshalb Vorsicht ge-
boten sei. Einen Lehrer, der über Ohrenweh klagte, habe er
barsch von der Schule weggcioiescn, seiue Auffassung über die
Prügelstrafe, datz man, wenn vier Tätzen nicht langen, acht
geben soll, sei auch nicht zu billigeu.

Abg. Heimburger (Dem.) bringt Klagen über einen
anderen Kreisschulrat vor, der nicht weit von Offenburg weg
seinen Amtssitz habe (gemeint ist Kreisschulrat Englcrt in
Lahrl) und bcmängelt den Prüfungsmodus.

Ministerialprasident Freiherr v. Dusch bittet, zu beach-
ten, datz das Resultat solcher Erörterungen unter Umständen
ein sehr peinliches scin känu, wenn die Jnformationen nicht zu-
trcffeu. Einc dircktc Beschwcrde beim Ministerium wäre
besser.

Abg. G r c i f f . (Natlib.) fragt an, nach welchen Grund-
sätzen die Anstellung und das Vorrücken der Reallchrer erfolgt.

Oberschulratsdirektor Arnsperger erwidert, datz
früher die Befoldung sich hauptsächlich nach der Wichtigkeit
der Stelle richtcte, loährend jetzt in der Regel noch die Ancien-
nität matzgebend sci.

Abg. Geck (Soz.) befürwortet die Erhöhung der Stciats --
beiträge für die Ghmnasien.

Geh. Oberegierungrat Bccherer, betont, datz die Op:
die verlangt wcrden, nicht so bedeutend sind, datz die Gemeindcn
darunter zu leiben haben. Der Wegfall der Gemeindebeiträgs
wäre bedenklich.

Abg. Geck (Soz.) kommt auf die Vorgänge in der Meers-
burger Lehrerbildungsanstalt zu sprechen. Aus dem Gerichts-
urteil gehe unzweifclhaft hervor, datz die Zustände in diesev

Kleine Zeitung.

— Straßburg, 5. Mai. Nach langem schweren Leiden ist
gestern früh Professor Dr. Goltz gestorben, der fast dreitzig
Jahre als Lehrer der Physiologie und Direktor des Physio-
logischen Jnstüuts eine Zierde unserer Hochschule gewesen war.
Der ausgezeichnete Gelehrte hat nur ein Alter von 67 Jahren
erreicht und sich der Mutze, die er von feiner vor etwa andert-
halb Jahrcu bewirkten Emeritierung erhoffte, nicht langc er-
freuen dürfen.

— Berlin, 2. Mai. Professor Rudolf Virchow
ist der „Nationalzeitung" zufolge heute mit seiner Familie nach
Teplitz abgercist. Der greise Gelehrte sieht nach dem über-
stanbenen Unfall wicder sehr gut aus, nur das Gehen macht
ihm noch Schwicrigkeiten. Hofsentlich wird die Nachkur auch
hierin Wandel schaffen und ihn so stärken, datz er im Herbste
seine Thätigkeit wieder aufuehmcn kann. — Die Entdeckung
eines neuen Minerals, das nach dem berühmten
Chemikcr vant' Hoff-Berlin deu Namen Vanthoffit erhalten,
ist von Dr. K. Kubierschky in Aschersleben geglückt. Professor
vant' Hoff hat hierüber kürzlich der Akademie der Wissenschaften
eine Abhandlung des Entdeckers „übsr ein eigenartiges Salz-
vortommcn im sogenannten Magdeburg- Halberstädter Becken"
unterbrcitet. ^

— Königswinter, 4. Mai. Das herrliche Schlotz des
kürzlich in Paris verstorbenen Barons von Sarter, die
D r a ch e n b u r g, ist sicherem Vernchmen nach von der Köni-
gin von Schweden angekauft worden.

— Die ehcmaligcn Dragoner-Unteroffiziere Marten und
Hickel, die bekcmntlich im Krosigk-Prozetz zu Gumbinnen frei-
gcsprochen wurdcn, beabsichtigen, wie dcr „Allgemeinen Flei-
scher-Zeitung" berichtet wird, in Berlin eine Gastwirtschaft
zu errichten. Die Mittel dazu soll ihnen die Sammlung

bieten, die vor einiger Zeit für sie unternommeu wurde und
mchrere tausend Mark ergeben haben soll.

— London, im Mai. Die Bäcker im Osten und Norden
Londons, sowie in zahlreichen Probinzstädten haben bekannt-
lich die Einführung eines Kornzolles dazu benützt, den Preis
des Brotes sofort unverhältnismätzig zu erhöhen, andere wieder
suchen eincn Profit dadurch herauszuschlagen, datz sic das
Gewicht dcs Brotes verringern. Ein Oekonom, der seinem
Bäcker regelmätzig Butter zu licfern pflegte, fand nun an dieser
Praxis kein Gefallen und revanchierte sich auf drastische
Weise, indcm er einfach das Gewicht des Pfundes bei der
Butter gleichfalls reduzierte, worauf ihn der Bäcker, als er
dies bemerkte, prompt vor den Richter forderte, der den
Butterhändler fragte, ob er denn keine ordentliche Wage habe.
Der Bellagte erklärte, seinc Wage sei sehr gut, aber er besitze
keine Gewichte und benutze zum Abwiegen seiner Butter ein-
fach das Brot seincs Nachbars. Wenn daher etwas am Ge-
toicht der Butter fehlte, so sei nur das mangelhafte Gewicht
des Brotes schuld.

— Henrik Jbsm. Ein Mitarbeiter des Londoner
Daily Chronicle berichtct übcr einen Besuch, den er
Henrik Jbsen, mit dem er früher persönlick befreundet ge-
wesen, in Christiania abgestattet hat. Er schieibt : „Der
Dichter saß in seinem Empfangszimmer und las, als ich
bei ihm eintrat, in seinem „Kletn-Eyolf". Jch hatte ihn
lange nicht gesehen. Haar und Backenbart find jetzt
schneeweiß geworden. Sein Gesicht ist vielleicht ein wenig
schmäler als früher, aber es ist von gesunder Farbe, und
die dunkelblauen Augen sind so schön wie je. Das linke
scheint etwas größer zn sein als das rechte, und wenn
der Dichter Einen anblickt, hat man das Gefühl, als wolle
er auf dem Grunde unserer Scele lesen. Jn den letzten !

beiden Jahren ist es Jbsen mit seiner Gesundheil icytecht
gegangen. Der leichte Schlaganfall, der ihn ge«
troffen, hatte ihn lange ans Zimmer gefesselt. Vor dicser
Zeit war der elegant gekleidete alte Herr regelmäßig und
pünktlich auf die Minute in dem kleinen Lesezimmer des
Grand Hotel zu sehen gewesen, wo er in einem Lehnstuhl,
der seinen Namen trug und in den sich kein Andcrer setzte,
die Lokalblätter und die fremden Blätter durchsah. Jm
letzten Sommer verbrachte er einige Wochen in Gesellschaft
seiner Gattin, einer äußerst gebildeten Dame, in den Bädern
von Sandefjord. Seither ist Jbsen wenig von Hause
fortgewescn; er hat nur kleine Spazierfahrten und Wagen-
ausflüge uniernommen. Er schreibt nichts mehr,
aber in der Unterhallung ist er so fesselnd wie früher,
obgleich ihm infolge des Schlaganfalls das Sprechen
schwer wird." _

Hheater- mid Kmistnachrichen.

Hcidelberg, 6. Mai. Jm Stadttheater findet morggn
Mittwoch das letzte Gastspicl dcs Karlsruhcr Hoftheater-En-
sembles statt; es gelangt von dcmselbcn das Märchendrama
„D i e versunkene Glocke" von Gcrhart Haupt-
mann zur Aufführung. Dic Haupirollen des genannten
Stückes werden gespielt von den Damen Höcker, Müllcr, Lossen,
Goldstein, Mcer, Wolff, Gentcr, Hancke, Weitz und den
Herren Herz, Mark, Kempf, Hallcgo, Wassermaim und Höcker.
 
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