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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 101-124 (1. Mai 1902 - 31. Mai 1902)
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Tomerstag, 22. Mai 1SV2.

Grstes Blatt

44. Jahrgnng. — 117.



E

^cheint tüglich SonntagS auLgenonmien. Preis mit Favnlienblüttern monatlich 80 Pfg. in's Hans gebracht, bei d-r Expedition und dcn Zweigslellcn abgeholt 40 Pfg. Durch die Post be-

zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgcbühr. . "

"^ergenvreiS: LO Nia. sür die livoltiae Detitreile oder dcren Raum. Rellamezeilc 40 Pfg. Für hiesige Geschästs- und Privatanzeigcn ermäßigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen an bestimmt

Anschlag der Jnserate aus den Plakattafeln der Heidelbcrger Zeitung und den städt. Anschlagstellen. Fernsprech-Anschluß Nr. 82

enpreiS: LO Pfg. für die Ispaltige Pctitzeile oder dere
^öeschriebenen Tagen wird keine Perantworllichkett übernommen.


§ine neue Kristokratie in Aeutschland.

f Zu den Unterhaltungen über die neue Aristo -
^ ^ iu Deutschland steuern auch die „Hamburger
^ Michten" ihren Beitrag bei. Man stößt aus die gewiß
. chtige Bemerkung, daß zu eiuem Wechsel der Dinge
^ iÄrund fehlt, daß man wohl von Veränderungcn im
.„^öelnen, nicht aber von einer Veränderung des Gan-
sie? ^den kann: Die Großindustrie — sagt man — habe
ch Mit Grotzhandel und der Großrhederei verbunden,
dj als „neue soziale Schicht", als „ncue Aristokratie"
alte Aristokratie zu verdrängcn und sich an deren
setzen. Diese Gedanken, die seit Monaten in
konservativen Presse variiert werden, reflektieren eine
r^sürninung, welche an sich mit der Zotttarifangelegen-
„ uchts zu thun hat. Sie datiert schon ziemlich lange
ch^.uck. Das llberaus lebhafte Jnteresse, welches der
h Pchr der Entwicklung unserer Handelsmarine entgegen-
E^ugt, tzsg auszeichnende Behandluug, welche er den auf
;-^M Wirtschaftsgebiete thätigen hervorragenden Per-
H .uchkeiten angedeiheu läßt, haben in dem mit dem
. Pe durch die historische Tradition eng verknüpften alt-
sb^^^chrn Adel ein gewisses Gefllhl des Zurückgesetzt-
dj^E,aufkommen lassen, und es scheint, daß dasselbe für
Phantasie dieser Kreise den Nährboden höchst pessimi-
ttcher Uhmingen und Befllrchtungen geworden ist. Eine
ß,/ue soziale Schicht" hat sich in den oberen Regionen un-
Nom ^rsellschaft allerdings herausgebildet. Sie ist der
xTsUrliche Niederschlag der ricsenhaften Entwicklung von
^igch'tne und Handel in dcr zweiten Hälfte des vergan-
. jMenJahrhnndcrts; sie vcrsllgt über einen in Deutschland
^ dahin nicht gekannten Reichtum. Auf der anderen
i/ffe hat der Niedergang der Rentabilität der Landwirt-
sUcift der alten Aristokratie wirtschaftlich Wunden geschla-
Nin' ^ es cinem großen Teile ihrer Angehörigen
-,scht rnögli-ch ist, es jener „neuen Schicht" im ganzen
si'ichnitt des Lebens gleich zu thun. Aber weder bean-
E ^ucht vie neue Schicht, in die Stelle der alten Aristo-
jjZue einzurllcken, noch wllrden zu eineni solchen Wandel
^sthaupt die Vorbedingungen vorhandcn sein. Ohne
ZU>eifei hat der preußische Adel lange Zeit die Verwal-
PUg desStaates thatsächlich beherrscht,aber daß diese seine
qi^uuug durch die Einführuug des konstitutionellen Re-
s'ues eine nur langsam sich vollziehende, jedoch ticfgrei-
uud dauernde Veränderung erfahren hat, ist doch
. Zu bestreiten. Nun gar die reichen Familien der
»,„°tzindustrie und des Großhandels zu einer neuen
sNuokratie nach Art des altpreußischen Adels konstitu-
h ?u.zu wollen, wäre ein mit der ganzen modernen
Utisch^n Esttwicklung unvereinbares Beginnen. Der
^ußische Adel ist bisher wenigstens noch imstande ge-
ve^u. si-ch sclbst auf dem Boden de's bestehenden Wahl-
z?ks eine ansehnliche Vertrctung im Reichstage zu er-
g Uen. Der Abgeordneten aber, die man als die natur-
tz/Uuß gegebenen Vertreter der Großindustrie und des
h-s°ßhandels ansprechen kann, giebt es nur noch eine
sj^upt dllrstigeZahl, die Städte, welche man als die natür-
Cinflußsphäre dieser wirtschaftlichen Jnteressen-
tz"UPen ansehen sollte, sind meistens sichere Domänen der

Deutsches Reich.

s^^oldemokratie. Daß das rei-che Bürgertum ein wach-
Rm « soziales Ansehen gewinnt, darin wird sich die
.-lristokratie finden mllssen. Aber eine neue Aristo-

sch "e nstt der auSschließlichen Macht, das gesamte Politi-
- - eben zu beherrschen, werden wir nicht erleben.

— Graf Paul Hoensbroech, der ehemalige
Jesuit, hat an den „Vorwärts" solgendes Schreiben ge-
richtet: Soeben finde ich im „Vorwärts" vom 14. Mai
eine Besprechung des zweiten Bandes meines Werkes
ll'ber „Das Papsttum in seiner kulturellen
Wirksamkeit". Sie schreiben dort: ich hätte „das idealste
Wesen der christlichen Sittlichkeit im Protestantischen
Muckertum entdeckt." Da diese Worte absolut unrichtig
und deshalb geeignet sind, im Leserkreise des „Vorwärts"
eine völlig falsche Auffassung meiner geistig-religiösen
Richtung hervorzurufen, so bjtte ich Sie, Jhren Satz
dahin zu berichtigen, daß ich von jeher ein scharfer Gegner
des „protestantischcn Muckertums", wie des Muckertums
llberhaupt, gewesen bin und noch bin, ein ebenso scharfer
Gegner dieser verderblichen Richtung, wie Sie selbst es
sind. . . . Jch bekenne mich zuni Christentum, aber nur
zum Christentum der freiesten Richtung, weil einzig und
allein freies Christentum wahres Christentum ist. Bitte,
teilen Sie das Jhren Leseru mit, an deren richtiger
Schätzimg mir sehr viel liegt, da ich, um dies auch einmal
in einem sozialdemokratischen Blatte auszusprechen, wie
ich es neulich in Leipzig in öffentlicher Versammluiig
ausgesprochen habe, in der Sozialdemokratie durchaus
uicht den schlimmeu Feind, sonderu in ihren meisteu For-
derungen eine berechtigte Bewegung erblicke, die zum
Ziele hat: die Gesundung unserer schreiend schlechteu
sozialen Zustände.

Baden.

— Beim Redekampf in Malsch hatte Kaplan Müßle
u. a. auf die eigenarttge sozialpolitische Vergangenheit des
Sozialdemokraten Eichhorn hingewiesen, wie er auf dem
Breslauer Parteitag gegen die Hebung der Lage der
Bauern gesprochen habe. Nun erklärt Eichhorn: Jch, der
Abgeordnete Emil Eichhorn, war gar nicht in
Breslau. Der in dem Protokoll über den Breslauer
Parteitag erwühnte Eichhorn-Dresden ist ein am 6. Sep-
tember 1896 verstorbener Steinmctz, der nur den Familien-
namen mit mir teilt.

U L.6. Karlsruhe, 21. Mai. Zu dem Gcsetzentwurf
betr. die Warenhaussteuer bemerkt der „Handels- und
Gewerbeschutz", das Organ der selbständigen Kaufleute
und Gewerbetreibenden Badens: Wenn wir auch den guten
Willen der Regierung anerkennen, befriedigen kann uns
der Gesetzentwurf nicht, dcnn was bedeuten 10 Psg. von
100 Mark Jahresumsatz? Damit wird der Zweck, den
Warenhäusern das Verschleudern dcr Ware unmöglich zu
machen, keineswcgS crreicht. Nur eine kräftige Progression
(?) kann hier Abhilfe schaffen. Behufs Stellungnahme
des Verbandes zu dem Gesetzcntwurf hat die Verbands-
leitung Einladung an die Vereinsvorstände zu einer in
Karlsruhe stattfindenden Beratung ergehen lassen. — Daß
die Karlsruher Handelskammer sich einstimmig gegcn die
Warenhausstcuer ausgesprochen hat, ist schon mitgeteilt
worden.

Wadischer Landtag.

8.0. Karlsruhe, 21. Mai. (86. Sitzung der

Zweiten Kammer.) Prästdent Gönner eröffnet die
Sitzung um 4^4 Uhr.

Eixgcgangen: Ein Gesetzentwurf betr. provisorische Fort-
erhebuug der Steuern im Monat Juni.

Die Beratung über das Landwirtschaftsbudget
»ird fortgesctzt.

Abg. Vorderer (Dem.) ist der Ansicht, daß die Not-
lage der Landwirtschaft weniger auf die niederen Getreide-
prcise, als auf die hohen Löhne der Dienstboten zurückzuführen
ist. Von den hohen Getreidezöllen habe nur der Großgrundbe-
sitzer, nicht der kleine Landwirt Nutzen.

Abg. Burckhardt (wild) anerkennt das Wohlwollen
der Regierung für die Landwirtschaft und tritt für die Er-
richtung einer Zuchtstation im Unterland ein. Von deu Prä-
miierungen habe die große Mehrzahl der Landwirte keinen
Stutzen. Die Sozialdemokratie sei ein Freund der Landwirt-
schaft, wie der Metzger ein Freund der Kälber. (Heiterkeit.)
Dcn Landwirten, die einen Sozialdemokraten wählen, möchte
er zurufen: „Nur die allergrößten Kälber wählen ihre Ntetzger
selbcrl" (Hciterkeit.)

Abg. Hautz (Narlib.) wünscht staatliche Prämicn für
trcue Dienstboten und Errichtung einer Bewässerungsanlage
im Maiwald.

Abg. Pfcffcrle und Heimburger verzichten aufs
Wort (Bravol).

Abg. Greiff (Natlib.) bemängelt die Angaben des
Miuisters und betont, daß die Rheinische Hypothekcnbank nur
an 1280 Gcmeinden Darlehen im Gcsamtbetrage von 6 Milk.
gewährt habcn. Die Bank selbst berechnet das Darlehensbe-
dürfnis des Landes auf 300 Millionen. Daraus gehe deutlich
hcrvor, datz der jetzige Zustand nicht bcfriedigt. Redner an-
crkennt das segensreiche Wirken der Landwirtschaftslehrer und
bittet, dicscn Stand bei der künftigen Gehaltsreaulieruna zu
berücksichtigen.

Abg. Dieterle (Zentr.) möchte die ländlichen Kredit-
vereine von der Steuer befreit wissen; zum mindesten dürften
die Geschäftsanteile nicht versteuert werden. Eine weitere Be-
schwerde dieser Vereine bctreffe die verschiedenartige Veranla-
gung des Katasters. Redner rühmt die Verdienste der katholi-
schen Geistlichkeit um die Organisation der Landwirtschaft. Auch
die politisiercnden Geistlichen handeln nur verdienstvoll, wenn
sie ein Bollwerk gegen die Sozialdemokratie errichten.

Abg. Wacker (Zentr.) verzichtet aufs Wort.

Abg. Eichhorn (Soz.) verwahrt die Sozialdemokratie
gegen den Vorwurf, datz sie die Debatten verlängere. Die
Zoglinge der Pfarrhöfe seien zum mindesten nicht mehr legi-
timiert, über die Landwirtfchaft zu sprechen, als andere
Leute. Das Zentrum wolle nur die Sozialdemokraten als die
ärgsten Fcinde Ler Landwirtschaft hinstellen, trotzdem dieselben
jcderzeit für das Landwirtschaftsbudget gestimmt und allerlei
Vorschläge und Anregungen zur Förderung der Landwirtschaft
gegeben haben. Das Bestreben, die Sozialdemokratic nach
Äutzen zu diskreditieren, werdcn wir dadurch paralysieren,
datz wir Gelegenhcit nehmen werden, den Leuten zu sagen, wie
die Dinge thatsächlich liegen. Daran wird uns auch die Thätig-
keit dcr Geistlichkcit nicht hindcrn, selbst wenn fie so unehrlich
kämpfen, wie der Kaplan Äützle von Malsch. (Abg. Wacker:
Das ist eine Unverschämtheitl — Präsident Gönner miß-
billigt die Ausdrücke Eichhorus gegen die Gcistlichkeit und
tadelt die Aeutzerung Wackers.) Eichhorn (fortfahrcnd):
Hcrr Wacker kann mich nicht beleidigen. (Präsident Gönncr
vcrwcist dicsenAnsdruck als nngehörig.)Eichhorn(fortfahrend):
Das Zentrum hat gar keinen Grund, sich der monarchischen
Gesinnung zu rühmen. (Präsident Gönner ersucht den
Rcdner, sich nicht allzu weit auf das allgemein politischc Ge-
bict zn verliercn.) Eichhorn (fortfahrend) betont, daß es
sich nur nm Zurückwetsung von Angriffen handelt. Er gebe
zu, datz der „Volksfreund" zu weit gegangen sei, wenn er ganz
allgemcin dieLandwirtschaftsdebatte als „leere Strohdrescherei"
bczeichnet habe. Allein, wenn man stundenlang über Dünger,

Kleine Zeitung.

sj -D' London, 21. Mai. Die 23jährige Edith Brooks
öestern Abend in Sheffield in einem Ballon 2500 Fuß
lgsst um sich dann in einem Fallschirm fallen zu
» Der Fallschirm öffn-te sich aber nicht und die
gkh slürzte zu Boden. Es heißt, daß ihr jeder Knochen
hxZ^chen wurde. Sie starb wenige Augenblicke nach
^iurze.

Fort de France, 21. Mai. Durch die Hochflut
llvi-t llestern Vormittag ein Teil von LeCarber zer-
^ ^ ZLe Carbet liegt etwas südlich von St. Pierre.)

stellvertretende Gouverneur und Senator Knight
>by".En sich auf dem französischen Kreuzer „Suchet" ein,
gx^.nch über die Lage im Nordcn der Jnsel zu ver-
' Die Bevölkerung ist in großer Aufregung und
eiti Fort de Francc. Ein Teil geht nach Guadeloupe,
T^^derer Teil nach den südlich gelegenen Ortschaften.
zyh ^strige Avsbruch war stärker als irgend ein anderer
Die ganze Jnsel schwankte stnndcnlang.
hqj Kvnig Eduards Lieblingshund. König Eduard Vll.
fhx "kkanntlich ein großes Jnteresse für Tiere und besonders
»eni> i i>e. Hundekopeln sind Hunds aüer Artcn

Uiit uud auf den großen Hundeausstellungen hat er
^üi l'ets viele Ehre eiugclegt. Seit Jahren ist der
bem ^ nicht ohne einen treuen und unzertrennlichen Hunde-
^iehp ^ gewesen. Da war Venus, einst der vielgeliebte
des Herzogs von Clarence. Als Venns das Zestliche
iolgte der große weiße Spitz Betty, ein Geschenk
^nters des jetzigen Zaren, aber Betty starb hochbetagt

au den Folgen eines Unfalles in Homburg. Dann kam
die Schloßbulldogge Peter, die lange der Liebling des Königs
war, und sein Nachfolger ist der irische Terrier Jack. Er
ist seit dem November der Hofhund geworden, er lebt jetzt
bei dem König, reist mit ihm und licgt den ganzen Tag
neben seinem Stuhl. Er begleitet das Königspaar bei allen
offiziellen Gelegenheiten, und man spricht davon, daß er eS
sich auch nicht nehmen lassen will, seinen Platz bei der
Krönung zu haben. Der König interessiert sich persönlich
für Jacks Wohlbefinden, für seine Speisen und seine
körperliche Bewegung. Jack bekommt einmal am Tage
sein Futter, das hauptsächlich aus Bisquits besteht, in
Gegenwart deS Königs. Konig Eduard hat einer englischen
Tiermalerin auch den Auftrag gegeben, seinen Terrier zn
malen, und die ersten „Sitzungen" fanden im Buckingham-
valast bereits statt. Absr „Jack" wollte durchaus nicht
die Ohren spitzen und horchen, wie die Malerin es verlangte,
wenn sein Herr nichr vor der halb offenen Thür bliebe,
und König Eduard willfahrte belustigt dem Wunsche
seines Lstblmgs.

— Das enalischc KönigSpaar nnd dänische Streichhölzer.

Einigen dänischcn Streichholzfabrikanten ist aus dcm Kaüinet
der Köuigin von England ein Schreiben zugegangen, das die
nachgesnchte Erlaubnis erteilt, auf den Streichholzschachteln die
Porträts des englrschen Königspaares in Krönungstracht anzu-
bringen. Bei der Popularität des englischen Herrscherhnuses
in Dänemark möchtcn die Unternehmer damit schon im eigenen
Lande cin Geschäst machen; ganz bcsonders aber rechnet man
aus einen Riesenexport der Sireichhölzer uach England, na-
mentlich während dcr Krönungszeit.

— Bom Uhrmncher zum Professor. Dem Leitcr drr dcut-

schcn Uhrmachcrschule in Glashütte, Dirckror L. Strasser, ist,
wic dic „Leipzigcr Uhrmacher-Zeituug" mitteilt, vom König
von Sachsen der Titel „Professor" verliehcn wordcn. Der
also Ausgezeichnete ist 1853 gcboren, er trat nach Bcsuch der
Volksschule bei eincm Uhrmacher in die Lehre und war bei vcr-
schiedencn Mcistern in Stellung. Nachdem er sclbst eine Werk-
stätte für Präzisionsuhren und Feinmechanik gcgründet hatte,
wurde er Dircktor und Lehrer an der Glashütter Uhrmacher-
schule. Strasser ist durchaus Autodidakt, dcr keine höhcre
Lehranstalt besucht hat.

— Von ciuer sonderbarcn Niisnütziing dcr militärischen
Portofreiheit erfährt die „Neuc Zürcher Zeitung". Die sozial-
demokratische Fraktion des Züricher Kantonsrates ladct ihre
Mitglicder auf nächsten Dienstag zu einer Besprechung mittels
Briefen ein, deren Umschlag dcn Stempel trägt: „Eidgen.
Kriegskommissariat". Das Papier, auf dern die Einladung
hcktographiert ist, gleicht in Ärt und Format auffallend dem-
jenigen, auf das mau in den Jnfanteric-Rekrutcnschulcn der
6. Division dic Tagesbefehle für den Anschlag in den Korri-
doren mit gleicher Farbe zu hektographieren Pflegt. Das
Züricher Blatt bemerkt dazu: „Ob vielleicht dicse sonderbaren
Wahrnehmnngen damit zusammcnhängen, datz der Präsident
der sozialdcmokratischen Fraktion zur Zeit alsOffizier in
dcr Rekrutenschule dient, ist nicht unscre Sache, zu iintcr-
suchen. Svarsamkeit ist recht, aber militürische Portofrciheit
für ein politisches Partcizirkular, das scheint uns denn doch
cin itarkes Bitzchen übcr den Fugendstil und das Licd von
den Vohnen zu gehenl'"

Kheater- und Kunstnachrichen.

Brüssel, 20. Mai. Maeterlincks „Monna Vanna fand
bei der hiesigen ersten Arffübrung im „IbKtrs äo 1a NonnÄis"
cine so begeisterte Aufiwhme, wie sie rieUeicht noch nie einen
Werke e nes be'.gischen Autors hier zuteil geworden ist.
 
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