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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 75-100 (1. April 1902 - 30. April 1902)
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Samstag, !2. APnl 1SÜ2. Grftes Blatt. 44. Jahrllllni. — .N 85.

E rscheim täglich, Sonniags ansgeiioninien. Preis mit Familicnblättern monatlich 50 Pfg. in's Haus gebracht, bei dcr Expedition und den Zwcigstellen abgeholt 40 Psg. Durch die Post be-

zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ansschließlich Zustellgebiihr.

A nz ei g e nprei s: -0 Psg. sär die Ispsltige Petitzcile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Psg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen crmäßigt. — Für die Aufuahme von Anzeigen an bestimmt
vorgeschriebenen Tagen wird keine Vcrantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und den städt. Anschlagstellen. Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

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Aie Morgärrge in Metgien.

B r ü s s e l, 11. April. Bei den Zusammenstößen der
letztcn Nacht wurden drei Polizeibeamte verwundet. Eine
große Anzahl Verhaftungen wnrde vorgenommen , die
sämtlich aufrecht erhalten bliebcn. Heute wird eine Be-
ianntmachung des Btirgermeisters angeschlagen, welche
Zusammenrottungen untcrsagt. Der Bürgermeister von
Brüssel nnd die der anderen Vororte werden gemeinsame
Maßregeln zur Unterdrückung der Unruhen treffen. Bei
der Wiederherstellung der Ordnung vor dem Volkshause
wurde die Polizei durch Gendarmeric.und Jägerkom-
pagnien unterstützt. Als Besehl gegebexi wurde, das
Volkshaus mit Gewalt zu säubern, erboten sich die Füh-
rer der Sozialisten, dies auf friedlichem Wege zu be-
wirken. Gleich darauf herrschte Ruhe.

Gegenwärtig sinden hier T r u p p en b e w e g u n-
gen statt, um etwa möglichen Ereignissen in den Stadt-
teilen, wo dic Erregung groß ist, vorzubeugen. Kavallerie-
Patrouillen durchziehen die Straßen. Gestern Abend
schlossen alle Geschäfte zeitig aus Furcht vor Plünderun-
gen seitens der die Stadt durchziehenden Volksmassen.

Lüttich, 11. April. Gestern Abend fand hier
eine große sozialistische Kundgebung statt.
Große Menschenmengen dnrchzogen dic Straßen und ver-
anstalteten unter freiem Himmel Versammlungen, wobei
sehr heftige Reden gehalten und der allgemeine Aus-
stand für nächsten Dienstag angeraten ivurde. Die Poli-
Zei, welche einschritt, wurde mit Steinwürsen empfan-
gen. Bei dem Zusammenstoß wurden zwei Polizisten und
mehrere Teilnehmer an der Kundgebung verwundet.

La Louviere, 11. April. Die Zahl der aus-
ständigeu Arbeiter im hiesigen Bezirk beträgt 6000.
Gestern dnrchzogen Trupps die Stadt und die umliegen-
den Ortschasten und veranlaßten Arbeitseinstellungen in
mehreren industriellen Betrieben, namentlich in La
Croyere und Haine St. Paul. Wo man sich weigerte,
die Arbeit niederzulegen, drohten die Ausständigen, sie
würden wieder kommen und alles niederbrennen. Abends
sind Kavallerieverstärkungen cingetroffen.

Antwerpeu, 11. April. Eine antirevolutionäre
Kundgebung fand gestern beim Eintreffen der Deputier-
ten statt. Dieselben wurden nnter Hochrufen auf den
König von einer großen Anzahl klerikal gesinnter junger
Leute nach ihren Wohnungen geleitet.

M o n s, 11. April. Jm Steinkohlenbezirk Borinage
wird trotz der Erregung der Gemüter weitergearbeitet,
doch fürchtet man, daß es zum Ausstand und zu Un-
ruhen kommen könnte. Von militärischcr Seite sind ent-
sprechende Vorkehrungen getroffen.

Saint Nicolas, 11. April. Etwa tausend
Personen zogen gestern Abend durch die Straßen der
Stadt,. um sich nach dem sozialistischen Versammlungs-
lok'al zu begeben. Die Polizci zerstreute die Menge und
nahm mehrere Verhaftungen vor.

Derrtsches Reich.

Badcn.

— Daß dcr Erbgroßherzo g von seinem Cob-
lenzer Posten als Kommandcur des 8. Armeekorps, wie
ein Berliner Vlatt meldete, zurücktrctcn werde und als
lein Nachfolger im Komwando der Kommandenr der 21.
Tivision, Generalleutnant v. Deines, ausersehen sei,ist,
i>er „Cobl. Ztg." zufolge, uicht zutreffend.

Freiburg i. Br. 10. April. Das „Erzbisch. Anzeige»
blatt" bestimmt, daß am Sonntag, 27. April, in allen

katholischen Kirchen des Landes aus Anlaß des Re-
gierungsjubiläums des Großherzogs Festgottes-
dienste abzuhalten find, wobei ein besonderes Jubiläums-
hirtenschreiben des Erzbischofs zu verlesen ist.

* Mit seiner Empfehlung des Anschlusses der badischen
Bahnen an die preußisch-hessische Gemeinschaft ist der Abg.
Goldschmit über das hinausgegangen, was die national-
liberale Partei zu Gunsten der Etnheit des Eisenbahn-
wesens thun würde. Wie der Parteiführer Abg. Wilckens
richtigstellte, würde man wohl für den Uebergang aller
dcutschen Bahnen ans Reich eintreten, aber nicht dafür,
daß die badtschen Bahnen unter die preußische Regierung
und unter den preußischen Landtag gestellt würden. Ge-
schähe dies, so wäre ein ganz bedeutender politischer Rück-
schlag unausbleiblich. Es ist also im Ernst nicht darüber
zu reden, so lange Baden, wie Herr Wilckens hervorhob,
noch durchaus die Kraft hat, seine Eisenbahn selbst zu
verwalten. Jn seiner Rede hat der Abg. Dr. Wilckens
auch über die Vertretung der badischen Jnteressen im Be-
zirkseisenbahnrat der Direktion Maiuz gesprochen. Da
dieser Teil seiner Rede in unserem Bericht zu kurz gekom-
men ist, lassen wir ihn hier nach der „Bad. Landesztg."
folgen:

Es ist auch lebhaft zu begrüßen, daß durch dcn Staatsvertrag
die badischen Stationen der Main-Neckar-Bahn in die Lage gcsetzt
werden, an den günstigeren Tarifeinrichtungen der badischen Bahn,
namentlich an der Einrichtung der Kilometerhefte Teil zu nehmen.
Jch glaube weiter, daß Baden dadurch, daß seiner Zustimmung
die Fcststelliing des Personenzugfahrplans für die auf badischem
Gebiet liegenden Strecken der Main-Neckar-Bahn bedarf, über-
hanpt auf den ganzen Fahrplan dieser Bahn einen maßgebenden
Einflnß auszuüben in der Lage ist. Es ist auch zu billigen, daß
nach dem Vertrage eine Beteilignng badischer Korporationen und
Verbände am Bezirkseisenbahnrat für die Eisenbahndirektionen
Mainz nnd Frankfnrt stattfinden soll, nnd ich möchte, ähnlich wie
dies bereits für Mannheim und Weinheim geschehen, den Wnnsch
aussprechen, daß dort jedenfalls auch Heidelberg Vertretung
finden möge. Unsere Stadt hat ein lebhaftes und driugendes
Jnteresse daran, datz die oezüglichen Fahrpläne i>i einer ihren
Jntereffen thunlichst gerecht werdendeu Weise gestaltet werden.
Jch bitte daher die Regicrung, dafür zu sorgen, daß von der er-
wähnten Vertragsbestimmnng anch zu Gunsten von Heidelberg
Gebranch gemacht wird.

Aadischer Landtag.

V. 0. Karlsruhe, 11. April. (Erste Kammer.)
Unter dcm Vorsitz des Prinzen Karl erledigte heute die
I. Kammer einige Tcile deS BudgetsdesMinisterinms
des Innern. Der Berichterstatter Frhr. v. Göler riet
namens der Kommission davon ab, sich der Rcsolution betr.
Erhöhnng des Staatsbcitrags sür Straßenbauten um
100000 Mk. anzuschließen. Die Beratnng der Position
für Erbauung einer Hebammenschule in Karlsruhe soll
ausgesetzt, im Uebrigen das Budget nach den Beschlüssen
der II. Kammer genehmigt werden. Der F-ührer der
Konservativen sprach bei seinen allgcmeinen Bcmerkungen
dem Minister Dr. Schenkel sein volles Vertrauen aus und
lehnte den Gedanken cincr Stenererhöhung ab. Kommer-
zienrat Krafft tadelte die theoretische Auffassung der
Fabrikinspektion vom Verhältuis des Arbeitgebers zum
Arbeitnchmer. Frhr. v. Neubronn sprach sich gcgcn
die Ausgabe-Jnitiative der Volksvertretung nnd (aus
finanziellen Gründcn) gegen die Erhöhnug des Gehaltes
einzelner Amtsvorstände aus. Geh. Rat Rümelin ging,
teilweise im Gegensatz zu Kommerzienrat Krafft, anf sozial-

politische Fragen cin. Nach kurzeu Ausführungen des
Ministers Schenkel wurden sämtliche Positionen angenommen,

8.6. Karlsruhe, 11. April. (61. Sitzung der
zweiten Kammer). Am Regierungstisch: Staatsminister
v. Brauer, Generaldirektor Eisenlohr und 2 Kommissäre.
Präsident Gönner eröffnet die Sitzung um 9*/. Uhr.

Eingegangen ist eine Nachtragsforderung zum Budget
des Ministeriums des Jnnern im Betrag von 100 000 Mk.
als erste Rate für die Rheinregulierung von Straßburg
bis Sondernheim.

Zur Beratung steht das Eisenbahubetriebs-
budget, über welches Abg. Wilckens den Bericht der
Budgetcommisfion erstattet.

Abg. Wilckens lcgt in lüngerer Ausführung dar, daß
das Ersenbahnbetricbsbudget leider nicht das günstige Bild wie
frühcr gewähre, so daß man iu diesen Zeiten nicht an eine
Vcrbilliguug der Tarife denken könne. Die Vcrwaltung sei eine
gute und dcr Minister verdicne Dank und Anerkennung, daß
er nicht nach fiskalischen, sondern volkswirschaftlichen Rück-
sichten dieselbc leite. Jn Bczug auf die Rentabilitätsrechnung
bcmertte dcr Redner: Jm Jahre 1900 war, wie im Kom-
missionsbericht hervorgehobcn ist, das Ergcbnis keineswegs
ungünstig, indem damals der Reinertrag unserer Bahnen
ncbst den Ucberschüssen der Reichspost- und Telegraphenverwal-
tung einc Verzinsung unscrer reinen Eisenbahnschuld, die Ende
1900 sich auf 365 737 313 M. bezifferte, von 5,22 Prozent
und, wcnn man den bekanuten, in diescm Hause bercits aus-
führlich crörtertcn Vorgang in Bezug auf die Verrechnung
dcr Wertsummc der am Schlutz des Jahrcs 1900 vorhanden
gewescncn Oberbaumaterialien berücksichtigt, cine solchc von
6,16 Brozenk crgebcn hat. Jch halte speziell diese Zahlcn, wig
ich beiläufig bemcrken möchte, für viel wichtiger, als die--
jcnigen, welche sich auf die Rcnte des Anlagekapitals beziehen.
Dieses Anlagckapital kommt für uns praktisch doch eigentlich
nur noch insoweit in Bctracht, als' es nicht bcreits getilgt ist.
Nicht die 544 205 058 Mark, wclche in dcr Rechnung unserer
Eisenbahnschuldentilgungskassc als Baukosten für die badische
Staatsbahn, die Main-Neckarbahn und dic Bodenseedampfschiff-
fahrt Ende 1900 figurieren, sondern die 355 7717 814 Mark,
dic unsere Eisenbahnschuld in jencm Zeitpunkt ausgemacht
habcn und für welche die Zinscn und Tilgungsquoten alljährlich
aufgebracht werden müsscn, sind es, welche namentlich für
d'ie Budgetkommission im Vordergrund des Jntercsscs stehen.
Zweifcllos ist dic Schuld inzwischen gestiegen und wird noch
mehr steigen. Einc ganze Reihe cingleisiger Bahnstrccken ist
im Laufe der Jayre in zweigleisige umgewandelt wordcn.
Bci andercn ist dies noch in Sicht, nnd wir werden wahr-
scheinlich in Kurzcm sogar vor der Frage stehcn, ob nicht be-
sonders stark belastete Bahnstrcckeu mit drittcn und vierten
Gcleiscn anszustattcn sein dürften, damit besondcrs der Nahe-
bcrkehr, da wo ein wirkliches Bcdürfnis dafür vorhanden
ist, vom Fernverkehr thunlichst getrcnnt werden kann, was so-
wohl die Möglichkcit, den dnrchgchendcn Schnellzügcn eine
große Fahrgcschwindigkeit zu gebcn, als auch die Bctriebs-
sichcrheit auf unseren Bahnen zu fördern geeignet wäre. Be-
rücksichtigt man fcrner, datz wir alle unser' Bahnnetz noch
kcincswegs als abgeschlossen ansehcn, datz vielmehr Rcgierung
wie Landstände das redliche Bestreben haben, anch solchc Lan-
desgcgenden, die seither noch der Wohlthat eincr Bahnverbin-
dnng entbehrtcn, dicse Wohlthat nach Möglichkeit zuzuwen-
dcn, sei cs dnrch Erstellung neuer staatlicher Bahnen, sei es
durch staatliche Snbventionierung von Neben- und Klein-
bahncn, die durch Ilnternehmer änsgeführt wcrden, so kann
kcine Mcinungsverschiedenhcit darüber obwaltcn, daß das
Eisenbahnbanbudget in nächster Zeit grotzc Anforderungen
bringcn nnd datz infolge davon cin sehr bcdeutendes Anwachscn
nnserer Eisenbahnschuld unvermeidlich sein wird. Jch schrccke
davor kcincswcgs zurück.

Die grohc Mchrhcit der Budgetkommission ist uuter den
gegenwärtigen Verhältnisscn der Meinung, daß zwar zu Be-
sorgnissen kcin Anlatz gegeben ist, sich aber doch immcrhin
eine gewisse Vorsicht uamentlich in zwei Richtimgen empfiehlt.

Keidewerger Mlaubereien.

? ? H e i d c l b e r g, 12. April.
Also, eine fürstliche Hochzeil wird dcmnäcyst hicr gefeierl
^erdeul Das ist hier scyon lange nichr vorgelommeu. L>eil
Kiirfürft Kart Philipp vor 180 zzahren Heioelberg verfluchte
ststd uach Manuheim zog, hal in ^eideloerg schioerlicy ein
INrstlichcs Brautpaar die Ringe gewechselt. Jn früheren Zei-
^sn war üas anders; Ser gtüierue Saalbau, wenn er >prechen
^nnre, würde Mauches vou pomphafien fürstlicheu Hochzeiren
^zähten.

Schaöe, dah die Hauptstratze gegeuwärtig für Wagen uicht
^nssiervar ist, audernsalls halten wcuigstens die Anwohner
^Kcs östlichen Leils den Hochzeitswagenzug von ihren Fenstern
^Ns berrachlen tönnen. ünier den gcgenwärtigen Umstanden
?jevdcn die Schautustigen sich nach der Zwingerstratze begeven
Misseu, wenn sie einen Blick auf Lie fürstliche Braut und den
^rsrlichen Bräutigam erhaschen wollen.

. Die Umwandiung der Hauplstratze schrcitet üürigcns doch
^»hältnismätzig schnell vvran. Der alte Dr. Faust hatte sein
^rgnügen daran, wenn er wahrnehmcn könmc, wie emsig da
hunderten von Händen geschafst wird. Die Einen brechen
Rs Pfiaster auf, die Andern laden die fortzuschaffcnde Erde
P die Wagen und ziehen dabei zwei breite Ririnen, welche die
^Nlentunterlage für die Geleise üer Elektrischen aufnehmen
!°^ru. All der Bereituug und Austeilung des Zements siud
^rhrere Parlien von Arbcitern thätig. Die Einen karreii^ deu
, )es herbei und stürzen ihn in einen flachen, hölzernen Trog,
Anderen schauseln ihn von dort auf breite Holzbrücken.
Aswischen schleppen Wasserträger Büttcn mii Wasscr herbei;
"uhrend der Kies mit Zement gemengt wird, gietzt einer be-

ftändig Waffer darauf. Die Mischung wird sofort iu die vor-
vercitcten Furchen gethan, glattgestrichen, nnd so wachscn dic
Zementstreifen zusehends in die Läuge. Die gauze Arbcit
bietet ein Schauspiel rührigeu Schaffens mit wohlverteilteu
Krüftcn dar, dem man gerue lauge zusehen würdc, weun cs
nichl eine Sünde iväre, den eugen Weg auf den Bürgcrstegen
zu versperren. Dic Geschäftslcutc auf der Hauptstratze mur-
rcn zwar ein weuig; aber jedcr sicht üoch ein, datz die Sache
uötig ist, und dah ihre Durchführuug so seyr wie möglich be-
schleunigt wird. L>o giebt man sich zufrieden. Es dauert ja
Alles nur eine Weile.

Mehr Zeit nimmt anscheinend die Herstelluug der iicucn
Stratze in Anspruch, die von der Schlotzstratze ius Kliugcnteich
führen soll. Der Felscn, der die Jnschrifttafcl für Dr. Klcin-
schmidt trug, ist unwillig ob dcr Neuerung, die dort getroffen
wird. Er giebt nur schwer nach und dcr Fortschritt bci der
Sprengnng ist cin geringcr. Man gewimit dort gutes Bau-
material, wodurch gegeuüber üen Kosten sür dic Stratzc, die
sich zweifcllos erheblich höher als der Anschlag stellen wcrdcn,
auch eiuc Eimiahme erziclt wird. Jst einmal dic jchwere Arbcü
ausgeführt, und die Verbindungsstratze hergestellt, dann giebt
es zur Belohnung eincn Blick auf die neuerrichtcte eigenartige
Villa am Endc der neueu Stratze. Darmstädtcr Jugendstil
in vollcr Ungebnndenheitl „Ein Jcdcr baut nach seiner Nase;
ich heitze Johann Wilhelm Hase;" so hattc der kürzlich vcrstor-
bene bedeutende Baukünstler Hasc an scin Haus gcschricbcn.
Einen ähnlichen Spruch darf sich auch dcr Besitzer dcr neucn
Villa aussuchen, z. B.: „Der Bauhcrr bant nach seinem Smn;
wem's nicht gcfällt, der mach' nch dünn". Eigcnartig ist bc-
süiidcrs die schwarzgctünchte Loggia. Man macht hcute cben
Alles. Symbolisch soll die schwarzc Tünche wohl die bcstnndige
Feststimmung andcutcn, dcnn wenn der Bürgcr ein Fcst feicrt.

dann wirft er sich in dcn schwarzen Rock, oder gar in den
Frack.

Dic Natur drückt ihre Stimmung in andcrcn Farben aus.
Die fcstliche Gchobenhcit des neuerwachenden Lebcus im Früh-
jahr detorieri jie mit etwas Himmelsblüue, Baumgrün und
Blüteuwcitz. Gcradc jctzt ist sic im Begriff, mit ihrer ver-
schwcnderischcn Haud Farbcu auszustrcuen und bald wird Hei-
delberg iu scinem schöusten Schmucke gläuzen.

AIs Frühlingsboten ist uach dem Srorchenpaar, das seinen
augestammren Sitz auf dem Ruprecht'scheu Hausc eiugcuom-
meu hat, neulich hicr eine vom Cootscheu Rcisebureau ge-
führte Gesellschaft durchgereist. Sie hat auch das Schloß iu
Augenschcin gcnommeu, wie alle Frcmdc thun, die hrer auch
nur ciiüge Stuuden weilen. Die Diskussiou übcr Wiederher-
stellung des Ottoheinrichsbaues hat das Jntercffc au der ehr-
würdigen Schlotzruinc nicht nnr bclcbt, sondern auch vertieft.
Früher hörte man auf dem Schlotzhof nur Ausdrückc der Em-
pfinduug; jetzt ivird auch geurteilt. Frcmde, die deu Ottohein-
richsbau zum erstenmalc sehcn, pflcgcn sich für die Wiederauf-
richtung dcsselben auszusprechen, während Andcrc, die die
Riünc durch häufiges Beschauen licbgewonncn habcu, dagcgen
sind. Dic städr. Lammlnngen, dic sich zur Zcit im südlichen Teil
dcs Ottohcinrichsbaus bcfindcu, werdcu nur vou ciucm vcrhält-
nismätzig kleincn Tcil.dcr Schlotzbesucher besichtigt. Dic pro-
bisorischc llutcrkmift ist einc sehr dürftigc, sodatz das reiche
Maicrial uur schlccht zur Gclnmg kommt. Auch fiudct man sich
nur schwcr dariu zurccht, dcr Katalog, dcr sür cin anderes
Lokal bcrcchuct lvar, patzt nicht aus dic jetzigc zusammeuge-
pscrchte Ausstclluug. Ein ncucr Katalog ist iu Nrbeit, und soll
hcrausgegcbcu wcrdcu, wcmi die Sammlung ihren dcfinitiven
Platz crhaltcn hat. Mögc dicscr Tag bald kommcn!

Die heutige Nunrrnev besteht aus drei Blättern wit zusamrnen 14 Seiten
 
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