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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 101-124 (1. Mai 1902 - 31. Mai 1902)
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Samstag, 3. Mai 1902. Grstes Blatt. 44. Jahrgang. — M.

E rschcint täglich, Sonnlags ausgenornnicn. Preis niit Familienblättern monatlich SO Psg. in's Haus gebrocht, bei dcr Expedition und den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post be

zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschlietzlich Zustellgebühr.

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vorgeschriebenen Tagen wird kcinc Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag dcr Jnserate auf dcn Plakattafcln der Heidelberger Zeitung und den städt. Anschlagstellen. Fernsprech-Anschluß Nr. 83

Ainnen und Uolen.

Die ultrcimontane „Kölnische Volksztg." lvird
nicht müde, immer nene Argumente hervorzusuchen, um
die Deutschen bei der Wahrung ihrer Rechte und
ihrer Nationalität in den Ostmarken gegenüber den
Polen ins U n recht zu setzen. Heute verfällt das
Blatt auf den Gedanken, die deutsche Polenpolitik mit
dem Vorgehen der Russen gegen Finnland zu vergleichen
znm Beiwese dafür, dasz den Polen bitteres Unrecht ge-
schehe. Das Blatt vermeidet cs vorsichtig, könkrete Ver-
gleichspunkte zu nenncn. Dabei würde auch, wie die
„Allg. Ztg." sehr richtig hervorhebt, das Schiese dieses
Vergleiches gar zu deutlich werden. Finnland ist staats-
rechtlich ein cigeneS, mit dem Kaisertum Rutzland seit
1809 nur in Personalunion vereinigtes Grotzsürsten-
tum, eine könstitutionelle Nionarchie, deren staatsver-
fassung von den Zaren wiederholt durch Manifeste be-
stätigt worden ist, Finnlands Einwohner sind nicht russi-
sche, sondern sinnische Unterthanen. Die ehemals Pol-
nischen Landesteile Preutzens sind dagegen integrierende
Bestandteile des preutzischen Staates und somit des
Deutschen Reiches und die polnischen Bewohner dicser
Landesteile sind ebenso wie die dentschen preußische
Staatsangehörige, nsit den gleichen Pslichten und Rechten
wie diese. Das ist der eine Unterschied: der zweite ist
der, daß die Finnen nicht die Loslösnng Finnlands von
Rußland evcntuell mit Gewalt herbeifiihren wollen.
Wenn daher der prcutzische Ltaat von seinen polnischen
Angehörigen die Ersüllung ihrer Pslichten verlangt und
die anf Lostrennung von Gcbietsteilen gerichtete lan-
desverräterische Agitation der Polen mit allen gesetzlichen
Mitteln in Uebereinstimmung mit dem Willen der Volks-
vertretung bekämpst, so handelt er rechtmäßig und nach
deni Gebote der Selbstcrhaltnng. Was in anderen
Staaten geschieht, kann zum Nachteil der deutschen Ab-
wehr gegen die großpolnische Bewcgung im Osten nicht
herangezogen werden.

Deutsches Reich.

^ Tie „Nordd. Allg. Ztg." bestätigt die Nachricht,
daß sich beim Prinzen Georg von Preußen ein
bcdenklicher S ch w ächezu st and eingestellt habe; doch
besteht zur Zeit keine Gesahr. Eine Verändernng in
diesem Befindcn ist seit Donnerstag nicht eingetreten.

— Die Z o l I t a r i f k o m m i s s i o n nahm nach
der Regierungsvorlage Position 231 — rohe schiefer-
blöcke 26 Ps. — Position 232 — rohe Schieserplatten
nnd Dachschiefer 1,26 Mark, sowie die Positionen 233
bis 236 an, welche Zollfreiheit sestsetzen für rohe Edel-
steine und Hcklbedelsteine, sowie sonstige mineralische
Stofse, Erze nnd schlacken, Steinkohlen und Coaks.
Ein zu Position 231 gestellter Antrag Cahensly, Schiefer
durchweg mit 2 Aiark Zoll zu belcgen, wurde nach lebl-
hafter Debatte, in der der Regierungsvertreter betonte,
daß ein zu hoher Lchiescrzoll die Verwendung der Ziegel
vermehren wird, abgelehnt. Bei Position 237 —-
Mineralöle — entsteht eine lebhaste Debatte über eine
Reihe von Anträgen, zu Beschlüssen kam es noch nicht.

Vegesack bei Bremen, 2. Mai. Aus Anlaß der
Maiseiar kam es zwischen der Verwaltung sdes
Stettiner „Vulkan"' der Schiss- und Maschinenbaufabrik,
und den Arbeitern des „Vulkan" zu Differenzen. Die

Verwaltuug war den Arbeitern in der Weise entgegenge-
könnnen,, daß sie am 1. Mai um 5 Nhr nachmittags den
Betrieb schließen wollte. Die Mehrzahl der Arbeiter,
etwa 2000, erschienen am Nachmittag nicht wieder und
seierten den ganzen Nachmittag. Jnfolge dessen beschlotz
die Verwaltung, für heute Morgen den gesamten Betrieb
zu schließen und die Arbeit erst am Montag wieder
beginnen zu lassen. Heute Nachmittag hielten die Ar-
beiter eine Versammlung ab, nm hierzu stellung zu
nehmcn.

Aeulscher Weichslag.

Berlin, 2. Mai.

Zweile Beratung der D iätenv orla ge.

Zu dcu Beschlüsseu der Kommissiou liegen Abändcruugs-
anträge vor. Ein Antrag Albrecht (Soz.) und Genossen
wünscht für die Reichstagsmitglieder Anwesenheitsgelder von
20 M. für den Tag unter Abrechnung der von Reichstags-
mitgliedern in ihrer Eigenschaft als Mitglieder des preutzischen
Landtags bezogenen Taggelder. Ein Antrag Barth (fr. Ver.)
will die Bcschlutzfassuug über dcu Entwurf aussetzen, bis der
Bundesrat zu dem gesetzlichcn Beschlutz auf Einführung all-
gcmeiner Diäten Stelluug genommen hat.

Abg. v. Tiedemann (Rcichsp.) erstattet den Kommis-
siousbericht; die vorlicgenden Anträge seien auch in der Kom-
mission gestellt, dort aber abgelehnt worden.

Der Präsidcnt teilt mit, datz noch ein Antrag des Abg.
Bebel (Soz.) eingegangen ist, der für den Fall dcr Ab-
lehnung des Antrags Albrccht unter Aenderung des § 32 der
Rcichsvcrfassung den Mitgliedcrn der Zolltarifkommission An-
wescnheitsgeldcr zu 20 M. gewährt.

Die Diskussion weist keinc neucn Momcnte auf.

Schlietzlich wird der Antrag Barth mit 159 gegen 91
der Antrag Albrecht mit 155 gegen 88 Stimmen, der Evcn-
tualantrag Bebel in cinfacher Abstimmung abgelehnt.

Hicrauf wird dic Vorlage in der Kommissionsfassung mii
143 gegcn 84 Stimmen angcnommcu.

Morgen fliegender Gcrichtsstand der Pressc, Servistarif,
Toleranzantrag.

Baden.

Erzbischvf Nörbvr sagtv iiu Hirtenbrivf zur Feier
bes Zubiläums unsereS Grvßherzogs u. ci. auch:

„Erinnern darf ich daran, wie nach Ueberwindung
schwerer Bedräugnisse die grotzherzogliche Proklamation
unseres Jubelfürstcn (1860): „Es ist mein entschiedcner
Willc, datz dcr Grundsatz der Selbständigkeit der katho-
lischeu Kirche in Ordnung ihrer Angelegcnhcitcn zur vollen
Olcltung gebracht werdc", die Grundlage einer Reihe
von Verein b arun g en geworden ist, w elche in
Staat und Kirche Segen verbreiteu." Von
einec kirchlichen „Notlagc" ist hier also nichr die Rede.

Und in dvr Ansprachv in Karlsruhe sagte Erzbischof
Nörber:

„Jm Namcu dcr Kirchenvehürden und des ganzcn Kle-
rus habe ich die Ebre, die Glückwünsche auszusprechen, dic
das ganze Land erfülle». Wir dankcu Eurcr Königlichen
Hoheit für so a u tz e r a r d e n t l i ch vielcs Gute,
was uns !m verflosscnen halben Jahr-
h u ndcrt zu tcil g e iv v r d e n i st. Wir dankcn
für die v ä t e r l i ch e L i c b e, die Sie unscrcn
k i r ch l ich e n A n g c l e g c n h e i t c n gewidmet
habe n."

Es frrut uus, bemerkeu hierzu die „Mittelbad. Nach-
richten", daß Erzbischof Nörber hier eiuer F r i e d e n s-
st i in ni ii >l g AuSdruck giebt. Es ist noch nicht lange
her, im Jahre 1888, da hat cs in Versammlimgen gchcißen

die Lage der Katholiken in Baden sei „unerträg-
I i ch". Selbst rn der Türkei hätten die Katholiken
mehr Freiheit. Anläßlich der Ordensablehnung seitens
des Pfarrers Hansjatöb wurde im „Bad. Beobachter"
allen Ernstes die Frage anfgeworfen, ob nicht der ba-
dische Klerus Anlaß hätte, grundsätzlich die Annahme
von Orden abzulehnen nnd ob die Geistlichen nicht gut
daran thäten, der Vergebnng von Pfarreien durch lan-
desherrliches Patronat gegenüber gleichfalls einen ab-
weisenden Standpunkt cinziinehnien.

Das schönste aber leistcte sich der „Freib. Bote", der
vor wenigen Iahren behauptete, datz
dcm katholischen Volk in Badcu im goldenen Felde seiner
erprobten Treue gcgen den Landcsherrn seii Bestand des
Grotzherzogtums das blutigrote Kreuz unablässiger Bevor-
mundung, Hcmmung, Verfolgung auferlegt worden sei.

Wie reinit sich das zusammen?

Madischer Landtag.

L.O. Karlsruhe, 2.Mai. (74. Sitzung der Zwei-
ten Kammer.) Präsident Gönner eröffnet die Sitzung
um 9'/. Uhr.

Die allgemeine Beratung über das Mittelschul-
wesen wird fortgesetzt.

Nbg. Köhler (Zentr.) äuhert Bedcnlen gegcn das
Frauenstudium. Dic Majorität dcr Fachleute ncige zn der
Ansicht, datz die höhercn Mädchcrischulen anszubaucn sind;
im übrigcn gehen die Meinungcn weit auseinander. Es sei
daher vcrwunderlich, dah das Ministerium so rasch vorge-
gangen und die Zulassung der Mädchen zu dcn Giimnasien
allgemein ausgesprochen habe. Das scheine ihm ein gefährliches
Expcrimcnt zu scin. Auf Gruud von Erfahrungen scien
unsere Vorfahren dazu gckommeu, in den Volksschulcn die Ge-
schlcchter zu trennen, jetzt wolle man diese wcise Matzregel für
die Mittelschulen wieder aufheben. Ein veredelndcr Einflutz
auf die Knaben sei kaum zu crwarten. Er erinucre darau,
datz schvn ganz bedcnkliche Bricfchen gefunden wurden (Rufe:
Kömmt immer vor, auch wcnu sie uicht beieinandcr sindl).
Rcduer sucht zahleumätzig darzuthuu, dah die meisten stu-
dierendeu Damen das Zicl nichr erreichen und dötz ihre Aus-
sichtcn gering sind. Das Sludium dcr Damen beschränke
sich mcist auf interessaute Gesprächc L la Aspasia, auf Poku-
licreu uud Spazicrengchu. (Gclächter.) Meist seien die
Damcu dcu Anstrenguugen dcs Studiums und den Anforde-
rungcn, die im Examcu gestellt wcrden, nicht gewachfen. Mit
deu AuschaiMngen Frühaufs über die Icützlichkeit dcs
„Schlauchs" ist Redner uicht eiuverstanden. Die Besetzuug
der Lchrstcllen erfolge im Allgemeiuen uach gerechten Gruud-
sntzen, wcnn auch iu letzter Zcit eiuige uubcgreifliche Aus-
uahmeu, wie dcr Fall Hubcr, vorgekommeu siud.

Abg. Fr ü h a u f (frcis.) begrcift nicht, wie noch Jemand
iu Bezug auf das Frauenstudium auf einem solch rückstän-
digeu Standpunkt stehcu kann, wie Köhler. Scine Acutzerung
übcr die „erfrculiche Disziplinlosiglcit der Lehrer" sei falsch
ausgclegt worden. Er habe nur sageu wollen, dah der Ober-
schulrat durch mangelndes Entgegenkommen cs selbst ver-
schuldet hat, wenu unter den Lehrern eine Disziplinlosigkeit
ciurciht. Bis jetzt sei noch kein Fall von Diszipliulosigkcit
koustatiert worden. Seiuc Vorwürfc gegen deu Oberschulrat
halte er aufrecht. Der Oberschulrat sei in der That bis heute
taub gcgen alle Wüuschc dcr Lehrer gebliebeu. Die Lehrer
erblickeu insbesondere im Oberschulrat Schmidt deu
Träger rückschrittlicher Jdceu, dcr gegeu sie voreingenommen
sei. Fehrenbach habc allc llrfache, vor dcr eigcncu Thür zu
kehrcu; jedcnfalls werdc durch seine Rcde das Ansehen des
I Hanscs weuiger geschädigt, als durch Fehrenbach. Das Rccht,

I hier Auregungen zu gcben, lassc er sich von Fehrenbach nicht

Keidelverger Mandereien.

(??) Heidelberg, 3. Aiai.

Der Wonucmouat har sich nicht gerade schöu eiugeführt.
Kühle Tcmperatur, Wiud, Negeu, uutermifcht nnt Hagel-
körnern, und dazu hiu und wicdcr eiu Donuerschlag: das ge-
uügt ohne Zwcifel für dcu Aufaug.

Aber uur Geduld, es wird schon besser tommeu. Das
sagte auch die Kammcr, als von den Wüuschen der Lchrcr
gesprochcn wurde und so wolleu wir hoffen, dah in der That
uach und uach die Luft milder uud augcuehmer wird.

Es haudelt sich, wcnn man gcnau hinsieht, in der Welt
übcrall nur um ejneu llcbergang, mauchmal auch um Ueber-
gäugc; zum Beispiel iu uuscrer aufgegrabeueu Hauptstrahe,
wo sie uicht iu dcr nörigeu Zahl berhauden sind, so datz schon
halb uutcrdrücktc Seufzer deswegcu zum Himmcl emporgestic-
gcu siud. Auch der knallrore Gicbel au dcr Rückseite eines
Hauses au der Hauptstrahe war nur eiu Ucbcrgang. Wohl
siud wir uach und uach durch Darmslädrcr uud andere Be-
mühungcu an lebhafte Farben gcwöhnt worden, abcr was zu
ror ist, das !st zu rot. schwamm drübcr!

Dcr Stadtgarten ist eröffnet und hat die Konkurrouz mit
der Schlotzwirtschaft äufgeuommeu. Das Publikum liebt sie
bcide, aber es giebt auch eiuige Spezialisteu, die einen der
bcidcu Konzertplätzc bcsoudcrs in Herz geschlosscn habcn nnd
für ihn eine Lanze einlegen. Dre Sck'tion Thalsohle will sich
dcn Stadtgartcn an kcinem Abend rauben lasscn, während
dic Sektion Bcrgeshöhe anch einmal abcnds anf dcm Schloh
schwärmcn möchte. Da hat dic mahgebcudc Jnstanz alljährlich
eiue uettc' harte Nutz zu kuackeu, falls sie cs uichl vorzieht, sie
wcgzuwerfcn, worauf dann wieder übcr die wegwcrfendc Be-
haudlung von Steuerzahlcrwünscheu geklagt wcrdcu ivürdc.

Die schöue Jubiläumsfeicr habcu wir nuu glücklich hiuter
uus. Wer pcrsönlich an ihr nicht tcilgeuommeii hat, dcr konnte
sich an den Zeitungsberichten wahrlich satt lesen. Hier ist
sie ohnc Uufall vcrlaufcn, nur datz ciuem Musikcr, dcr mit
seiuen Kamcradcu auswärts Heidclbcrger Musik machen wolltc,

die große Trommel aus dem Eiscnbahuwageu spraug und gcgeu
deu Neckar zulief, op iu sclbstmördcrischcr Nbsicht oder ob aus
Uuverstand, das ist noch uicht nusgcklärt. Jcdcnfalls Ivurde
sie noch rechtzeitig gerettet, wcuu auch das Rettungswerk dcm
Verlierer eiuigen Atem und einige Schwcitztropfen kostetc, den»
cr mutzte vou der nächsteu Stariou zurückspriugeu, um die töst
bare Kalbfellschöue wiedcr beizubriugeu.

Nach dem Jubel kommt nun die crnste Arbeit. Das gilt
iusbcsondere für die juugcu Müscusöhue, die iu grotzeu Scharen
zu unserer Alma matcr geeilt siud. Sie zcichncn sich bcknnut-
lich durch ganz bcsoudcrcu Eifer aus, uamcntlich in dcm erstcu
Semcstcr. Wie eifrig wcrdcu da Kömmeut uud Bicrologic
studiert. Da kauu doch der Erfolg uicht ausblcibeul

Biele briugen gutc Lehren vou Daheim mit, abcr eiuc
ist viclleicht uicht daruuter, die iu der manchmal kritischeu
Studeuteuzcit der Jugend eiugcschärft und vou ihr bcfolgt
wcrdeu sollte. Sie lautct dahiu, datz jedcr Student dafür
sorgeu solltc, datz cr jederzcit seiu Alibi uachweiseu kauu.
Wird er zum Beispiel gefragti wo warcn Sie bon 1 Uhr
7 Minuten bis 11 Minutcn vor 2 Uhr, so ift es cmpfehlens-
wert, wenn er srch so eingcrichtet hat, datz cr sagcn täimi
Vormittags regelmätzig beim Schoppcn, nachmittags im Bctt.

Wie bedenklich ein paar fehlendc Minuten für dcn Be-
fragteu Iverden könueir, das lehrt dcr Gumbinner Prozetz, dcr
uun eudlich zu Ende gegaugcu ist — yoffcutlich definitib
uud zwnr so, wie man cs wünschen mutzte uud allgcmcin auch
gewüuscht hat. Die Marteu uud Hickel siud gerade uoch so
mit kuapper Not um den Drchfus herumgckommen.

Wenn nach Jndizienbeweiscn zu urteilen ist, danu wird
man immer an deu Müuzensammler criunert, der cine scltcne
Münzc in einer Gesellschaft herumzeigtc. Dre Müuze vcr-
schwand. Erst suchtc mau nach ihr vergcbeus. Dann kmu der
Verdacht auf, es hättc sic sich jemaud angccignet. Alle Teil-
uehmcr der Olesellschaft lietzeu sich die Tascheu untcrsuchcu, uur
einer weigcrtc sich hartuäckig uud Ivar uicht dazu zu bewcgen.
Die Sache wurde äutzerst kritisch, da faud man die Münzc
in der Falte cines Polsters. Nun trat dcr im Verdacht Geratene

auf, zog'sein Portcmouuaie und eutuahm demselben genau eiue
solchc Münze, wie dic vcrlorcu geweseue. Was hättct ihr gcsagt.
ricf cr aus, wcnn ihr dicsc Müuze bci mir gesundeu hüttei?
Bcschämt schwicgcu die audercii, deun sie hatten ihu alle
im Stilleu schou für dcu Dicb gehaltcu.

Fa, der Zufall spiclt oft merkwürdigl Das hört mau nach
jedem grötzereu Unglück oder — um von etwas wenigcr Be-
klemmendcm zu sprcchcu — uach jedcr Lotterieziehung. Mauch-
mnl zeigt cr auch Humor, zum Beispicl, wcnn er eineu Vege-
taricr einen gcräucherten Schinkcn gewinncu läßt. Jn sol-
chcm Falle Pflcgt übrigcns dcr Gewiuucr eiu mcrlwürdig
fciucs Vcrständnis für Humor zu bcsitzcn uud gar uicht böse
zu sciu.

Schadc, datz uoch uiemaud erfundeu hat, wic man ohne
Einsah gcwiuntl Wir wärcn dauu alle reiche Leute uud die
soziale Fragc wärc gclöst.

Kleine Zeitung.

— Von Rvm nach Neapel. Wie die „stintional--
zeitung" inittcilt, soll isie erstc elcktrische
S ch ii e l l b a h u deiuiiächst iu Italien, uud zwar auf
der Strecke Rom-Neapel, zur Aiisführuug töiinneii. Auf
dieser für deu iiiteriintioiialeii Geschäfts-, Post- und Ver-
giiüguiigsverkehr gleich wichtigen istrecke uiiigehen die
Ziige heute iu wcitem Bogeu die Poiitiuischeii Sümpfe,
sowohl wegen der ungüiistigeu Bodenverhältnisse wie
uamentlich aus gesniidhcitlicheii Grüudeu. Selbst der
interiiationale Expreßzug Berliu-Neapel, der sür das
uördlichc Astitteleuropa deu Auschluß au die vou Neapel
auSgeheiiden Ueberseedaiupser aller Flnggen ncich
Afrita, Asieu und Aiistralieii vermittelt, gebrnucht fiir
diese Strecke rund süns Stundeii. In Zukuuft soll nuir
von der 250 Kilowcter laiigeu Verbindung mehr als ein

Die heutige Nummcr umfaßt einschl. der Familieublättern zusammen 14 Seiten
 
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