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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 101-124 (1. Mai 1902 - 31. Mai 1902)
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sammenhang den Vers zitiert: „Seit Wochen war der Löwe
krank, jetzt brüllt er wieder, Gotr sei Dank!", imrd er vom
Präsidenten Gönner zur Ordnung gerufen.) Wasmer sei
unfähig, seinen Posten zu bekleiden, der Minister sollte sich
Laher nichr darauf oersteifen, ihn zu retteu.

Ministerialpräsident Freih. v. Dusch wendet sich gegen
Lie Aeutzerungen Eichhorns, es sei kein Ruhm, für das baüische
Schulwesen, wenn ein Minister in einem solchen Falle für
mildcrnde Umstände plädierr. Er habe das Verhalten Was-
mers ausdrücklich mitzbilligt und bedauert. Wenn er dabei
auch die zu Gunsten Wasmers sprechenden Umstände angeführt
habe, so habe er damit lediglich seine Pflicht als gcrecht und
Lillig denkender Mann erfüllt. (Bravo! im Zentrum.)

Abg. M u s e r (Dem.) ist der Ansicht, datz im vorlicgenden
Fall mildernde Umstände nicht am Platze sind. Wasmer
passe nicht für diesen Posten. Das Prügelshstem dürfe unter
keinen Umständen gcduldet werden, sonst würden unhaltbare
Zustände einreitzen, es könnten ja auch die Seminaristen ein-
mal Repressalien ergreifen. Richt wcil, sondern obgleich
Wasmer ein Theologe sei, habe er (Redner) mit seiner Kritik
nicht zurückgehalten.

Abg. Binz (Natlib.) bestreitet, datz die Aussage des
Seminarlehrers Moll in der Verhandlung so lautete, wie
Muser behauptet: „Man könne ohne Prügelstrafe nicht aus-
kommen.^ Moll habe ausgesagt, dah die Unbotmätzigkeit, die
konstante Unart gewisser Elemente bisweilen so grasser Natur
sind, datz auch der geduldigste Mensch die Fassung verlieren
ionne. Als Beweis führte er an, datz er selbst vor fünf Fahren
einmal eincn Schüler geohrfeigt habe. Er habe aber den
Vorgang sofort bedauert und in der Konferenz zur Sprache
gebracht. Niemals habe er die körperliche Züchtigung gebilligt.
Redner hat den Eindruck bekommen, datz gegen Wasmer ein
Kesseltreiben inszeniert wurde. Es sei nicht einzuschen, warum
Wasmer keine mildernden Umstände zuzubilligen seien. So
gut ein Vater seinen unbotmätzigen Sohn auf die SKnute
hauen darf (Heiterkeit), ebenso gut stshe dem Lehrer ein
Züchtigungsrecht zu. Geradezu skandalös sei, daß den Schülern
der betreffende Artikel der „Schulzeitung" zugeschickt wurde.

Wg. Hug (Zentr.) bittet die Regierung, Herrn Was-
mer mit Milde und Schonung zu bchandeln. Derselbe habe
infolge der aufregenden Prozesse und Zeitungsartikel genug
gelitten.

Abg. Rohrhurst (Natlib.) begrützt die Absicht der
Regierimg, die Ausbildungszeit der Lehrer von fünf auf sechs
Fahre auszudehnen. Zum Entwerfen des neuen Lehrplanes
sollten auch Männer der Praxis beigezogen werden. Die
benkbar beste Lehrerbildung sei die einzig richtige. Die natio-
nalliberale Partei sei bereit, für die Lehrerbildung die grötzten
Opfer zu bringen und werde jeder Forderung, die im Jnter-
esse der Ausbildung der Lehrer erhoben wird, gerne und
freudig züstimmen. (Bravol)

Abg. Wacker (Zentr.) betont, datz in der Behandlung
ber Lehrerbildungsfrage die Rücksicht auf die Volksschule matz-
gebend sei. Eine gewisse Distanz zwischen Mittel- und Volks-
schule müsse immer eingehalten werden. Wir würden nichts
Gutes ausrichten, wenn wir aus den Volksschullehrern Profes-
soren machen würden. Redner ist kein Freund der Prügel-
strafe, was überhaupt kein Geistlicher sein könne; allein man
ubertreibe, wenn man aus jeder Ohrfeige gleich eine körper-
liche Züchtigung mache. Der Lehrer habe doch auch die Pflicht,
die ordentlichen Kinder gegen die unartigen zu schützen. Die
sozialdemokratische Presse trage am allermeisten dazü bei, datz
nicht blotz unter den Erwachsenen, sondern namentlich auch un-
ter der Jugend die allergewöhnlichsten Begriffc von Autorität
so schwer aufrecht zu erhalten sind. Eichhorn stehe es daher
nicht zu, über andere wegen angeblicher Berletzung der Gesetzes-
autorität zu Gericht zu sitzen. Wenn er auch glaube, datz
Eichhorn noch niemand geohrfeigt habe, so habe er doch den
Beweis geliefert, wie sehr er imstande ist, moralische Ohr-
feigen zu applizieren (Heiterkeit). Die Agitation gegen die
geistlichen Seminardirektoren werde von sozialdemokratischer
Seite planmätzig betrieben, um die Geistlichen aus diesen
Stellen zu verdrängen. Hoffentlich verfahre die Regierung
nicht nach Eichhorns Rezcpten, wenn es sich um die Versetzung
eines Direktors handle. Die Reden der Gegner Wasmers ha-
ben nicht blotz in den Lehrerbildungsanstalten, sondern in allen
Schulen auherordentlich viel Schaden angerichtet, weil dadurch
die Renitenz gestärkt wurde.

Oberschulratsdirektor Arnsperger erklärt, datz an
eine Aufhebung der Lehrerseminare in absehbarer Zeit nicht
zu denken sei, die Regierung trachte daher haupisächlich dar-
nach, die bestehendeu Jnternate auszubauen und zu verbessern.
Die Realmittelschulbildung sei nach den Erfahrungen, die man
rn Sachsen gemacht, als eine geeignete Vorüildung für die
Seminarien anzusehen, leider sei der Bersuch in Baden bis
jetzt gescheitert. Bei Aenderung des Lehrplanes werden selbstver-
ständlich in erster Linie die Jnteressen der Schulc berücksichtigt.
Die erweiterte Ausbildungszcit mache neue Seminare not-
wendig, weshalb der Bau von zwei Seminaren beantragt
wurde. Sic sehen also, es fehlt dem Oberschulrat nicht an
Fnitiativel (Heiterkeit.) Weiter denke die Unterrichtsverwal-
tung an die Errichtung eines reinen Externates in einer grötze-
ren Stabt des Unterlandes. Dem Abgeordneten Wacker gebe
er gerne zu, datz solch lange Erorterungen im Hause für die
Schulen nicht förderlich seien; allein dieOberschulbehörde mutztc
'doch die Angelegenheit klar stellen. Er sehe nicht ein, warum
er nicht aussprechen soll, daß der Geist, der in der Meersburger
Anstalt herrscht, einer Aenderuug bedürfe. Herrn Wasmcr
sei er nicht zu nahe getreten; jedenfalls sei durch die Erklär-
ungen der Regierungsvertreter die Autorität nicht geschädigt
worden.

Abg. Eichhorn (Soz.) betont, datz sich seine Behaup-
tungcn auf das Stenogramm stützten, das im Auftrage des
Meersburger. Seminars über die Gerichtsverhandlung aufge-
nommen wurde. Nach den Aeutzerungen der Schüler war es
neben Wasmer besonders Seminarlehrer Moll, der mit Bor-
liebe prügeltc. Für die Versendung der betreffenden Num-
mer der „Schulzeitung" könne Rödel nicht verantwortlich ge-
macht werden. Gegenüber Wacker bemerkt Redner, datz die
Sozialdemokraten keineswcgs absolute Gegner jeder körper-
lichen Züchtigung sind; allein es sei ein Unterschied zu machen
zwischen unartigen Kindern und erwachsenen jungen Leuten.
An diesen sollte sich kein Lehrer vergreifenl Es stehen ja viele
Disziplinarmittel zur Verfügung. Ob ein Seminardirektor
Geistlicher sei oder nicht, spiele an sich keine Rolle, wenn er
nur ein tüchtiger Pädagoge ist. llnstatthaft sei aber, datz er
sich bon den Äeistlichen Berichte über die Schüler geben lätzt.
Redner bestreitet, datz die Sozialdemokraten die Autorität
prinzipiell untergraben, es komme darauf an, was man unter
„Autorität" verstehe. Die Autorität der Lehrer werdc von der
Sozialdemokratie respektiert.

Berichterftatter Obkircher (Natlib.) glaubt, datz das
Ergebnis der zweitägigen Verhandlung nicht im Einklang steht
mit der Länge der Debatte. Hug sei in der Verteidigung Was-
mers zweifellos zu weit gegangen; aber auch die Angriffe
schossen weit übers Ziel hinaus: ein allgemein verwerfendes
llrteil über die Zustände in der Meersburger Anstalt sei nicht
am Platze. Es wurde im Hause sowohl, wie in der Fach- und
Tagespresse viel übertrieben. Wer das Wohl der Schule will,
darf sich nicht öffentlich in dieser Weise aussprechen. Vorstand
der Lechrerseminare sollte nur ein ausgezeichneter Pädagoge
sein; ob derselbe gleichzeitig Geistlicher ist, sei ohne Belang.
Redner ermahnt schlietzlich das Haus, die Debatten abzukürzen.
(Bravol)

Nach einer persönlichen Bemerkung des Abgeordneten
Wacker wird die Spezialberatung fortgesetzt.

Abg. Rohrhurst (Natlib.) schildert in beredten Worten
das segensreiche Wirken der Blindenanstalt Jlvesheim und
legt der Regierung die llnterstützung des Vereines badischer
Blinder ans Herz.

Oberschulratsdirektor Arnsperger erklärt, datz den
Anregungen des Borredners in nicht zu ferner Zeit stattge-
geben werde. Die Blindenanstalt werde so erweitert, dah alle
Zöglinge llnterkunft findcn. Für die erwachsenen Blinden
dagegen könne die Regierung nicht sorgen; dies müsse dem
Verein überlassen bleiben. Ob in dcm Erweitcrungsbau auch
die Bibliothek untergebracht werdsn kanri, sei fraglich.

Abg. K i st und Abg. Hug (Zentr.) bringen Wünsche
für die Taubstummenanstalt Nteersburg vor, die Oberschul-
ratsdirektor Arnsperger entgegenkommend beantwortet.

Abg. Heimburger (Dem.) ist befriedigt über die in
Aussicht gestellte Ausdehnung des Schulzwanges auf alle Taub-
stummen und über die geplante Errichtung einer weiteren
Taubstummenanstalt. Redner stimmt den Anregungen des
Abgeordneter Rohrhurst zu.

Abg. Neuhaus (Zentr.) wünscht baldige Erstellung
einer Dienstwohnung für den Hauptlehrer der Blindenanstalt
Jlvesheim. Oberschulratsdirektor Arnsperg'er kann
keinen bestimmten Zeitpunkt angeben, wann die Dienstwohnung
erstellt wird; einen Auspruch darauf habe der Lehrer nicht.

Abg. Cder (Dem.) unterstützt den Wunsch des Abg.
Reuhaus.

Abg. Wacker (Zentr.) tritt den Ausführungen des Abg.
Rohrhurst bei. Die Aeutzerung Hugs, datz die Meersburger
Taubstummenlehrer mit dcr Regelung ihrer Gehalisverhält-
nisse zufrieden seien, berühre ungemcin sympathisch. Diese
Bcamten stehen einzig da im Lande und verdienen ausrichtigen
Dank. (Sehr richtig!) Die Staatskasse sollte zur Fürsorge
für die Blindcn möglichst wcit herangezogen werden.

Abg. Pfefferle (Natlib.) wünscht Förderung der
Haushaltungsschulen durch regelmäßige Staatsbeiträge.

Abg. Ki st (Natlib.) begrützt die Erhöhung des Staats-
beitrages zu den Kosten der Haushaltungsschulen, der minde-
stens ein Drittel des thatsächlichen Aufwandes betragen sollte.

Oberschulratsdirektor Arnsperger stellt weitere Er-
höhung des Staatsbeitrages zu den Haushaltungsschulen in
Aussicht.

Schlutz der Sitzung: 2 Uhr. Morgen: Budget der Volks-
schulen.

Aus der KarlSruher Zeitung.

— Seine Königliche Hoheit der Grotzherzog haben
folgende Ordensauszeichnungen verliehen: 1. das Grotzkreuz
des Ordens Verthold des Ersten: dem Kaiserlich Ottomanischen
Botschafter in Berlin Ahmed Tewfik Pascha; 2. das
Grotzkreuz des Ordens vom ZLHringer Löwen: dem Kaiserlich
Ottomanischen Divisionsgeneral unü Generaladjutanten Sr.
Majestät des Sultans Nassir Pascha; 3. das Kom-
mandeurkreuz zweiter Klasse desselben Ordens: dem crsten
Sekretär der Kaiserlich Ottomanischen Botschaft in Berlin,
Moustafa Assim Bey.

— Seine Königliche Hoheit der Grotzherzog haben
1. den Oberamtsrichter Dr. Edmund Bolze in Gegenbach
in gleicher Eigenschaft nach Baden und 2. den Oberamtsrichter
August Büchner in Emmendingen in gleicher Eigenschaft
nach Gengenbach versetzt.

Karlsruhe, 6. Mai. Der Großherzog empfing
heute Vormittag den Prästdenten des Evangelischen Ober-
kirchenrats Geheimerat Dr. Wielandt und hierauf den
Finanzminister Dr. Buchenberger zur Vortragserstattung.
Um Uhr reisten der Großherzog und die Großherzogin
nach Mannheim zu den vom badischen Reunverein ver-
anstalteten Rennen. Die höchsten Herrschaften beabsichtigen
heute Abend 8 Uhr wieder hier einzutreffen.

Ausland.

Rußland.

Petersburg, 6. Mai. Die Gesetzessammümg
beröffentlicht die Proklamierung des Standrechtes
in fünf Kreisen des Gouvernements Polkawa. Dort
herrscht bekcmntlich der große Bauernaufruhr.

Afrika.

— Wie dem Bureau Reuter aus Südafrika von
Mitte April gemeldet wird, habeu die Buren im Nord-
westen der Kapkolvnie in der letzten Zeit mehrfach Er-
solge erzielt, wenn es ihnen auch nicht gelungen ist, den
Ort Qokiep zu nehmen. Blockhäuser und die Eisen-
bahnlinie wurden zerstört und die englischen Besatzungen
der Blockhäuser wurden nach Port Nolloth znrückge-
zogen, um diesen Hafen mit Hilfe zweier englischer
Kriegsschiffe zu verteidigen.

Amerika.

Newyork, 5 Mai. Nach einem Telegramm aus
Habana sind der knbanische Senat und das
kubcmische Abgeordnetsnhaus zusammengetre-
ten. Der Militärgouverneur Wood teilte den Körper-
schaften mit, sie würden erst Nach der formellen Ueber-
tragung der Regierung legislative Gewalt haben. Jhre
gegenwärtige Aufgabe sei, die Mandate der Mitglieder
zn prüfen und dem Militär und der Regierung davon
Mitteilung zu machen, wer für die Präsidentschaft und
die anderen Aemter erwählt sei.

Aus Stadt und Land.

Heidelberg, 7. Mni.

Von der Universität. Bei der medizinischen Fakultät
habilitiert sich Dr. rned. Franz Soetbeer. Die Probevor-
lesung: „Ueber die Theorie des urämischen Zustandes" wird
Samstag, den 10. Mai abgehalten. Dr. Soetbeer war längere
Zeit als erster Assistent an der Luisenheilanstalt hier thätig.
-— Bei der juristischen Fakuliät habilitiert sich Dr. jur.
Kohlrausch. Die Probevorlesung wird Montag den 12.
Mai, mittags 12 Uhr abgehalten.

0 Aus dem Stadtteil Neu«»htim. Am Montag Nachmittag
wurde von Herrn Orgelinspektor Hänlein die Prüfung der neuen
von Steinmeyer gebauten Orgel in der Johannesklrche vor-
genomwen. DaS Ergebnis war sehr befriedigcnd; die Orgel iit
eln Meisterwerk, zu dessen Bcsitz wir die Gemeinde von Herzen
beglückwünschen können. Am kommenden Sonntag wird Herr
Hänlein, wie uns zufällig mitaeteilt worden ikt, die Bcgleltuna
des Gemeindegesangs bei der Klrcheinweihung übernehmen. Bei
den beiden Gesangchören wird Herr Direktor Seelig die Orgel-
begleitung ausfübrcn.

b. Militärischer Besnch. Seine Exzellenz der kommandie-
rende General des 14. Armeekorps bon Bock und Polach, Se.
Cxcellenz Generalleutnant von Hindenburg, Kommandeur der
28. Division, Oberst von Krosigk, Generalstabschef des 14.
Armeekorps, General Hoffmeister, Kommandeur der 68. Jn-
fanterie-Brigade, sowie verschiedene Generalstabsoffiziere, Ad-
jutanten nnd Ordonnanzoffiziere sind gestern Abend zur hen-

tigen Baraillons-Besichtigung hier eingetroffen und im Grand
Hotel abgestiegen.

1,. Strafkammer. Vorsitzender: Landgerichtsdirektor Dr.
W e st. Vertreter der Grotzh. Staatsbehörde: Staarsantvalr
Dr. S e b o l d. 1. Der wegen Diebstahls vorbestrafte 20
Jahre alte Metzger Joseph Schmidt von Hechingen stahl einem
im gleichen Zimmer wohnenden Nebengesellen aus dessen ver-
schlossenem Koffer 30 Mark. Unter Annahme mildernder
Umstände tvird er zu sechs Monaten Gefängnis abzüglich 1
Monat erliüener Untersnchungshaft verurteilt. — 2. Nach
vorausgegangenen Händeln in einer Wirtschaft der Weststadr
hier versetzte der 28 Jahre alte, verheiratete, in Türkheim
wohnhcrfte, vou NLnzingen geüürtige Taglöhner Johann Jakob
Kootz seinem Gegner, einem Metzgerburschen, der ihm auf die
Stratze nachgefolgt war, mit dem Messer mehrere Stiche in den
Kopf, wodurch ein Auge verletzt und die Sehkraft desselben
zerstört wurde. Der Angeklagte hai dicse That mit 1 Jahr
vier Monaten Gefängnis zu vühen. — 3. Friedrich S ch w a-
ger Ehefrau, Anua Katharina, geb. Straub von Schlierbach,
hatte im Herbst vorigen Jahres in ihre Wohnung auf der
Hauptstraße hier Dirnen aufgenommen, dereu Unzucht sie
noch dadurch unterstützte, datz fie denselben Dkannspersonen zu-
führte. Wegen Kuppelei wird die Angeklagte zu zwei Monaten
Gefängnis verurteilt. Die Verhandlung fand unter Ausschlutz
der Oeffentlichkeit statt. — 4. Ebensalls unter Ausschlutz der
Oeffentlicheit wird gegen den Taglöhner Heinrich Laycr von
Rauenberg wegen Sittlicheitsverbrechens verhandelt. Der-
selbe wird der Anklage gemätz zu acht Monaten Gefängnis,
abzüglich drei Wochen Untersuchungshaft, verurteilt. — 6.
Der wegeii Zechprellerei vorüeftrafte Steinhauer Eugen
Schmitt von Geisenheim erschwindelte sich in einer Wirt-
schaft in Kirchhardt unter der falschen Angabe, er stehe bci
einem dortigen Meister in Arbeir, Kost und Logis im Betrage
von 2 M. 10 Pfennig. — Wegen Betrugs im wiederholten
Rückfall erhält er vier Monate Gefüngnis, an denen drei
Wochen erlittener Untersiichungshaft in Abrechnnng gebracht
werden. — 6. Heinrich E r l e s, 28 Fahre alter Akluar am
hiesigen Amtsgericht, erscheint wegen Unterschlagung und Ur-
kundenfälschung auf der Anklagebank. Der mit der Führung
der Bureaukasse betraut gewesene Angeklagte, welcher 1896 als
Beamter verpflichtet worden war, nahm 100 Mark durch die
Post an das Amtsgericht eingesandte Strafgelder, ohne dazu
verpflichtet zu sein, in Empfang, lieferte sie aber nicht an die
Amtskasse ab, sondern behielt und verbrauchte sie für sich.
Autzerdem cntnahm er der Kasse des Schutzvereines für ent-
lassene Strafgefangene, deren Führung er ebenfalls zu be-
sorgen hatte, den Betrag von 37 Mark, die er gleichfalls für
sich verbrauchte. Die veruntreuten Beträge wurden durch
einenVerwandten den geschädigtenKassen wiedcr ersetzt. Autzer-
dem ist Erles beschuldigt, einen gegen ihn beantragten Zah-
lungsbefehl unterdrückt zu haben, doch wird er von dieser An-
klage freigesprochen, wegen Ämtsunterschlagung und einfacher
Unterschlagung dagegen zn vier Monaten und drei Wochen Ge-
fängnis, abzüglich drei Wochen erlittener Untersuchungshaft
verurteilt. Ein auf vorläufige Entlassung gestellter Antrag
wurde vom Gericht abgelehnt. — 7. Als der gänzlich verarmte
Andreas Breuner, Lumpensammler von Waldangelloch,
mit seinen Habseligkeiten, die im Gemeindehause in Tiefenbach
untergebracht waren, von dort nach Zeuthern, seinem Unter-
stützungswohnsitz, gebracht werden sollten, widersetzte er sich der
Polizei und beleidigte hierbei anch den Bürgermeister. Er
wurde deshalb schöffengerichtlich zn 18 Tagcn Gefängnis ver-
urteilt; seine Berufung dagegen wird hente als unbegründet
zurückgewiesen.

* Bom Wetter. Fmcbt und kalt war der qKtriqe Taq. Auch
die Nacht brachte noch Niederkchläqe. Was bie' unten als Regen
zu Boden kam. laq auf den Bergen ein paar Stnnden lang als
Schnee. Hoffentlich ist die Periode des Kälterückschlages nun
bald vorüber.

A Die Viirgergesellschaft Stuttgart wird morgen mit der
Musikkapelle des Feldartillerie-Reqiments Nr. 65 hierherkommen
und um 9 Uhr 25 Min. hier eintreffen. Nach Besicht!gung des
Schlosses wird ein Spazierganq nach dem Wolfsbrunncn und
von da nach der Stiftsmühle zum Mittagessen ausqeführt. Nach-
ber findet eine musikalische Unterhaltung mit Tanz statt. Die
Rückk"brt nach Stnttearl ist ans 7 lldr 11.5 M'N. sestqesetzt.

Unfall. Gestern Mittag wollte ein Mann, namens
Alles aus Heddesheim zwei Pferde vom Maimarkt in Akann-
heim nach Meckesheim bringen, woselbst der Eigentümer der
Tiere wohnt; der Mann satz auf cinem der Pferde. Die-
selben hatten gerade den sogen. Weihen Uebergang oberhalb
des Karlsthores überschritten, als der von Reckargemünd her-
kommende Güterzug heranfuhr nnd die Pferde zum Scheuwer-
den brachte; sie rannten rückwärts, durchbrachen die bereits ge-
schlossenen Wegschranken und gallopierten dann auf dem Bahn-
geleise weiter, wurden aber vom Zuge alsbald eingeholt und
auf die Seite geschleudert. Der Mann und eincs der Pferde
erhielten einige Verletzungen, die jedoch nicht lebensgefähr-
licher Art sind.

X Zicgelhausen, 6. Mai (Ebangelische Ge-
meinde.) Letzten Sonntag wurde in festlich geschmückter,
dicht besetzter Kirche unser gewählter Pfarrer Herm. Kraus
durch Herrn Dekan Rub in feierlicher Weihe vorgestellt und
eingeführt, worauf derselbe eine zu Herzen gehende Predigt
hielt. Dieser kirchlichen Feier schloß sich ein kleines Festessen
im Adler an, in dessen Verlauf Herr Kirchengemeinderat
Simon den Herrn Pfarrer und seine Familie aufs herzlichste
begrützte nnd den Wunsch aussprach, es möge ihm unsere so-
freundlich im Neckarthale liegende Gemeinde eine neue und
bauernde Heimat werden. Sodann wurde dem Herrn Dekan
Rub der herzlichste Dank dafür ausgesprochen, datz er ncben
seinem kirchlichen Dienste in Neckargemünd auch den der
hiesigen Gemeinde aüfopfernd versehen hat und als Freund
und Berater der Gemeinde zur Seite stand. Herr Pfarrer
Kraus dankte für die einstimmige Wahl, gab seiner Freude
hicrber gekommen zu sein, Ausdruck und krant auf das Wohl
der hiesigen evangelischen Gemcinde. Auch Herr Dekan Rub
sprach seinen Dank aus und feierte den Kirchengemcinderat,
der ihn bei seinem hiesigen Wirken unterstützte. Ein würdiger
Abschlutz des Festes fand Abends in der Pfalz statt, wo zu
Ehren bes Herrn Pfarrer Kraus nnd seiner Familie ein von
über 200 Personen besuchter Familienabend abgehalten wurde.
Unter Mitwirkung des Kirchenchors, der Liedertafel sowie meh-
rerer Solisten nahm diese Feier einen schönen Verlanf. Fn
längerer mit Freude und Beifall aufgenommener Ansprache
dankte Herr Pfarrer Kraus nochmals für den festlichen Em-
pfang und die ihm erwiesene Ehre. — So mögc nnn das Wirken
des Herrn Pfarrer Krans in unserer Gemeinde ein gesegnetes
seinl

t. Neckorbischofsheim, 6. Mai. (B e r h a f t u n g.) Fn
Obergimpern wurde gestern ein neugeborenes Kind im Walde
tot aufgefunden. Das hiesige Nmtsgericht begab sich dorthin
imd haben die sofort eingeleiteten Recherchen zur Jnhaftnahme
einer verheirateten, aber von ihrem Manne getrennt lebenden
Frau von Obergimpern geführt. Was die eifrig betriebene
Nntersiichung noch an den Tag bringen wird, darauf ist man
allscits sebr gesbannt.

8n. Mannheim, 6. Mai. (Rennen.Dritter Ta g.)
Der Grotzherzog nnd die Grotzherzogin trafen nm 1,32 Uhr
hier ein. Vom Bahnhof begaben sich die Herrschaften durch
die Bismarckstratze nacki dem Schlotz imd bald darauf nach der
Gewerbeausstellung. Hier wnrden dieselben begrüßt von den
Vorstandsmitgliedern der Handwerkskammer und sämtlichen
Ausstellern. Der Präsident der Handwerkskammer, Spengler-
 
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