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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 101-124 (1. Mai 1902 - 31. Mai 1902)
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Gvfkes BlaLt.

44. Jahrgang. — 116

21. Mai

1902.

kt täglich Sonntags ausgenovimen. Preis rnit Familienblättern monatlich bO Psg. in's Hans gebracht, bei d>r Expedition und den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post be-
ize - zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.

ges^L en pr ei s: LO Pfg. für die Ispaltige Petitzcile oder deren Raum. Rellamezeile 40 Pfg. Für hicsige Geschäfts- und Privatanzcigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen an bestimmt
kbeneii Tagen wird keine Lerantwortlichkeit übernommen. — Auschlag der Jnserate auf deu Plakattaseln der Heidelberger Zeitung und den städt. Anschlagstellen. Fernsprech-Anschluß Nr. 82

Offizierkorps der technischen Hrnppen.

Iängi.'rer Zeit vorbereitete Ncitermig ist so-
Aussührung gelangt, iudem der Kaiser durch
fiyez ^ O?rdre vom 14. diejeS Monats die Errichtung
>ti t ^ ^ l f i z i e rs k o r P s der technischen In -
besohlen hat, zu welchem die Ossiziere der
>rn Jnstitute der Jnfanterie und der Artillerie
werden. Die bei diesen Instituten kommandier-
rish^kfrziere der bckden genannten Waffen wurden
llls^ v brie die „Straßburger Post" aussührt, stets a la
.^r Regimenter gesührt, während sie auf deren
"er standen, sondern ihre Bezüge aus dem Etat

^llx^">titute erhielten. So befanden sie sich auch außer
oft ^^usammenhang mit ihrem Regiment, aus dem sie
^Nd einmal hervorgegangen, zu dem sie nur wäh-
fiyd f lres Kommandos zu den Instituten versetzt waren
^dzies? ^^ui sie völlig nnbekannt waren. Die einzigen
^ lUvgen zu dem Reginient bcstanden darin, daß sie
'iihrj ^uisorm trugen nnd in den Listen a la suite ge-
Unirden, wie dics auch in der Rangliste geschah.
stbe : "üs neu errichtete Osfizierskorps wird übrigens
^rre Vereinigung, wie solche bei einem Truppen-
?e>r I^ttsiudet, nicht answeisen können, da seine einzel-
>st^^utglieder in ganz verschiedenen Garnisonen ver-
g-bnd. Zu den Fnstituten der Jnfanterie gehören
'°>vio ^ohrfabriken in Spandau, Danzig und Ersnrt,

> Munitionssabrik in Spandau; zn den <snsii-
A t>er Artillerie das Artillerie-Konstruktionsbnreau
Artilleriewcrkstätte in Spandau, Deutz,
"ie und Tanzig, die Geschützgießerei in Spandau,

!°ri^oichoßfabrik in Sieichnrg, die Feuerwerkslabora-
!?brjf "ß Tpandan nnd SiLiburg, sowie die Pnlver-
in Zpandau und Hanau. Sie alle sind der
Z"chineisterei als oberster Dienstbehörde unterstellt;
^p^^der Feldzeugmeister auch an die Spitze dieses
fsich^ ^iizicrskorps treten soll, ist in der Kabinetsodre
^?hl Ansdruck gebracht, so daß in dieser Beziehung
i Ae Aussiihrungsbestimnmngen zn srwarten sind.
llpn wißere Vereinigung ist aber durch eine gemeinsame
stssx als Zeichen ihrer Zusammengehörigkeit erfolgt;

^ llniform der Jnfanterieoffiziere, aber mit
^it hmchen Aufschlägen, wie sie die Jäger haben, nnd
h^^un Epaulettefeldern und eben solchen Vorstößen
>-^ein 'fchselstücken. Auf diesen tragen als besondere
sbtxOdn die Osfiziere der technischen Jnstitute der Jn-
mtig^. 3wei gekreuzte Gewehre, die der Jnstitute der
"sth^ ?w zmei gekreuzte Kanonenrohre, während die
fsüe Waffe weitergeführt wird. Danach würden
^bt?- ' "us der Arttllcrie hervorgegangenen Oberleut-
Ä Leutnants keine Sporen mehr tragen dürfen,
^fciiii Uniform dieser beiden Dienstgrade bei der
m x^rie nicht gehören. F-ür die Offiziere der Jnsütute
,chcinterie ist die llniformvcränderung sehr einfach
Nb ^cht^gerade kostspielig, während die Ofsiziere, die
fktjg?! Feld- und Fußartillerie zu den Jnstituten der
^ w kommandiert sind, für die Aenderungcn grö-
e ifchöv ^iktel auswenden müssen, ohne dafür besondere
,ch>gSsvgungcn zu erhalten. Eine äußerliche Vcreini- ^
durch ein solches gemeinsames Offizierskorps >
^sht ^^c'icht, eine innerlichc ist aber mehr oder weniger
^>i'm"^oonden, da, wie oben bereits angedeutet, das
"korps niemals in einem Standort vereinigt ist, !

wie das in ähnlicher Weise nur noch bei denOffizierskorPs
der Jngenieurinspektion der Fall ist.

Wräfident Louöet in Wußtand.

Kronstadt, 20. Mai. Die Ankunft des
Panzers „M o n t c a l m" mit dem Präsidenten
Loubet an Bo-rd vor der hiesigen Rhede erfolgte bald nach
10 Uhr vormittags unter den Ehrenschüssen der russischen
Kriegsschiffe. Nachdem der Panzer vor Anker gegangen
war, ging von der Jacht „Alexandria", auf welcher Kai-
serNikolaus sich befand, ein Lßutter mit dem General-
Admiral Grotzfürst Alexis ab und fuhr zum Panzer
„Montcalni", dessen M^nschaft aufenterte. Von zahl-
reichen Privatdampfern, welche das Eintreffen des Prä-
sidenten Loubet erwarteten, ertönten Hochruse! die Be-
grüßung Loubets durch den Generali-Admiral gestaltete
sich herzlich; unmittelbar darauf bestieg Präsident Lou-
bct nüt dem Großsürsten Alexis den Kutter und begab
sich zur „Alexandria" ; der Kaiser erwartete den Präsi-
dcnten anf Deck; als Loubet die Jacht des Kaisers be-
trat, gingen die Llaiserstandarte nnd die französische
Trikolorc am Hauptmast in die Höhe, nach herzlichcr
Begriißung wurde das bciderseitige Gefolge vorgestellt,
woranf die Jacht „Alerandria" knrz nach 11 Uhr nach
Peterhof abdampfte.

Petersbnrg, 20. Mai. Tas Journal de St.
Petersbourg" schreibl zum Besnche Loubets: Die Reise
sowie der Empfang, welcher dem Präsidenten bereitet
wird, wcrden ein Glied in der Kette der Folge denkwürdi-
gcr Ereignisse bilden, die ihren/Anfang nahm bei der An-
kunft der französischen Flotte' in Kronstadt im Jahre
1891, und die sich mit dem Glanze sortsetzt, von dem die
gesamte Welt die Erinnernng bewahrte. Unlängst bilde-
ten die Tage von Dünkirchen und Compicgne die Fort-
setzung der' historischen Thatsachen, die die uncrschütter-
lichk! Ünion zwischen den beiden großen befreundetcn und
vcrbündeten Mächten bekräftigte, welche befestigt ist
dnrch dic gegenseitige Sympathie der beiden Völker. Die
französische Ällianz hat sich bereits erprobt zuin Wohl
der Staatcn, die sie abgeschlossen haben; sie bildet eine
Macht, deren hohen Wert die Welt würdigt; sie ist ein
wesentliches Elemcnt des Gleichgewichts nicht nur in
Europa, sondern auch in den übrigen Teilen der Wclt,
wie auch das Zusammenarbeiten bewiesen hat, das sich
auf Regelung der Verhältnisse in Asien erstreckt. Von
seinem Einlaufe in die rnssischen Gcwässer an und in
dem Maße, wie die bevorstehenden Tage hier verlanfen
werden, wird der Präsidcnt der sranzösischen Republik
aufs neue sich davon überzengen, wic tief die Grnndsätze,
welche der Allianz als Stützpnnkt dienen, in die Brust
des russischen Volkes cingedrnngen sind.

Deutsches Neich.

— Dem jungen König von Spanien hat der
Kaiser das 66. Jnfanterie-Regiment (Magdeburg)
verliehen.

Potsdam, 19. Mai. Die Feier des Stiftungs-
iestesdes Lehrinfanterie-Bataillons fand heute
in der üblichen Weise statt. Bei dem Essen dcr Mann-
schaftcn brachte der Kaiscr, nachdem er zuerst ein Hoch
auf die Armee und der kommandierende General des

Kleine Zeitung.

^isseu ^fffseldorf, 20. Mai. Dem Vorzug 467 Aachcn-
Mz jst gestern Abend 10.47 Uhr der Güterzug
^olge falschen Auftrags zur Abfahrt in die
klefahren. Acht Wagen sind entgleist und
i>^ skb^' bw Passagier wurde getötet, vier Personen
»tH wex und 41 leicht verletzt. Der Zugverkehr wird
Äeletz.^eigen aufrecht erhalten. Die Untersuchung ist

^nssel, ig, Mni. Dieser Tage wurdc iu Wies-
tz^.hi'esi ^ kürzlich bereits gemeldet, der Jntendant
'igen Hoftheaters Freihcrr von und zu Gilsa, vom
^iner Beratung cmpfangen, an der auch der
ÜÄh^lldent der Provinz Hessen-Nassau, Graf Zed.litz-
' .iind der Minister des königlichen Hauses
i s? heni- ioilnahmen. Wie es heißt, handelt es sich um
c>/ i'chtigten Neubau des hiesigen Hof-
Das bisherige, in bester Lage befindliche,
E'^ifi ^ Theatergebäudc soll, dem Vernehmen nach,
ip i"vd dex Neuban an anderer Stelle, wahrschein-
^kvp-chchNähe dek Aue, aus den aus dem Erlös des
i s ^öerschießenden Mitteln errichtet werden.
k?ll (Ostpreußen), 20. Mai. EinUnglücks-

b Zj.? stch auf dem Exerzierplatze von Deuthen bei
h>> h ej, b des 10. Dragoner-Regiments ereignet. Das
i>ii E ^ekruten wurde scheu und ging dnrch. Dabei
'ch Nittmeister Deetzen von der Lanze des Rekruten

Stich in die Brust schwer verletzt. Er stürzte !

vom Pferde und muhte ins Garnisons-Lazarel gebracht
werden.

— Die Hauptversammlung der Deutschen Gcseüschaft
für Volksbäder findet am 26. Mai 1902, vormittags 10
Uhr, zu Weimar im Saale der „Erholung" am Karls-
platz statt.

— Paris, 18. Mai. Heute Vormittag wurde hier
auf dem Platze vor der Sarbonne ein Denkmal des Be-
gründers der „positiven Philosophie" Auguste
Comte im Beisein von Vertretern der Regierung, der
Stadt und zahlreicher auswärtiger Delegierter enthnllt.
Kriegsminister Andre hielt eine Rede.

— Znm Hnmbcrt-Craford-Schwindel. Jndes im
Auftrage des Masseverwalters die Gcmälde, Gobelins,
Kunstgegenstände, Silberzeug und Möbel des Hotels der
Avenue de la Grande Armee in 16 großen Packwagen
nach den verschiedenen Auktionslokalen gebracht wurden,
haben zwei Einbrecher das unter Gerichtssiegel
verschlossene Landhaus der Humbert bei Melun nächt-
licher Weile bei Sturm und Gewitter aufgesucht, einen
Fensterladen gesprengt, eine Scheibe eingedrückt, vier-
zehn wertvolle Gemälde, darnnter ^tvei Corots, ans dcm
Rahmen geschnitten und dann das Weite gesncht. Der
mit der Ueberwachung der Gcrichtssiegel betraute Diener,
der im zweitcn Stockwerke schlicf, hatte nichts gehört und
nichts gesehen. Natürlich geht in der llmgcbung von
Melun das Gerücht um, der Einbruch sei aus die Wei-
sung der Frau Humbert selbst ersolgt, der man die
Rolle einer Banditenführerin zuschriribt. Nach !einem
Wolffschen Telegramm beträgt dcr Wert der gestohlenen
Gemälde angeblich 200 000 Franken; auch der „Matin"

Gardekorps, v. Kessel, ein solches auf den Kaiser ausgebracht
hatte, ein dreifaches Hoch auf denKaiser von Rußland
aus, worauf sämtliche Musikkorps die russische National-
hymne spielten. Kaiser Nikolaus hat gcstern sein 34. Lebens-
jahr vollendet. An der nachfolgenden Tafel im neuen
Palais nahmen der russische Botschaster Graf v. d. Osten-
Sacken sowie die Mitglieder der russischen Botschaft teil.

Wildparkstation, 20. Mai. Der Kaiser reisteheute
Nachmittag um 4 Uhr 50 Minuten nach Urville ab.

Baden.

L6. KcirIs r uhe, 19. Mai. Von der Reli.
g i o n s v o r s a m m l u n g zu Malsch, A. Ett-
lingen, wo die dortige Geistlichkeit am Sonntag
gegenüber einer Rede des Sozialisten Eichhorn ejne Pot-
pourriarügeResolution über kirchliche und parteipolitische
Fragen zur Abstimmung brachte, berichtete der „Volks-
srennd" folgende Aeußerung des Kaplans Müßle: „Da
kommt so ein Eichhorn, so ein sozialdemokratischor
Simpiel, und will mir mit seiner blödsinnigen Gegaukel»
nnd Geschankelrede etwas vormachen. Wer von setzt ab
dcn „Volksfreund" noch weiter liest, den erkläre ich sür
einen niederträchtigen, elenden Feigling." Da der
„Volksfreund" keine Berichtigung erhielt und der ultra-
montane „Badische Beobachter" jene Aeußerung nicht
ausdrücklich bestreitet, so ift sie wohl wirklich gefallen.
Welchen Eindruck muß es aber auf das Volk machen,
wenn in diesem Dreschflegelstil die Religion von Ver»
tretern der Kirche verteidigt wird.

ISadischer Landtag.

110. Karlsruhe, 19. Mai. Namens der Kom-
mission für Eisenbahnen und Straßen der Er st en
Kammer hat Graf Berckheim einen Bericht über
den Staatsvertrag zwischen Baden, Preußen und Hessen
wegen Vereinfachung der Verwaltung der Main-
Neckar - Bahn vorgelegt. Die Kommission ist eben-
falls der Ansicht, daß der Vertrag seinem Zweck, die Ver-
waltung der Main-Neckar-Bahn zu vereinfachen, unter
größtmöglichster Wahrung dcr Jnteressen des badischen
Staates vollständig entspreche, indem er finanziell für
uns vorteilhaft ist, betriebstechnisch einen Fortschritt be»
deutet und auch von den Bewohnern des betreffenden
Landesteiles freudig begrüßt wird. Da außerdem in den
Verhandlungen der Zweiten Kammer vom Staatsmini-
ster überzeugend nachgewiasen wurde, daß zu Befürch-
tungen wegen der Erhaltung unserer Selbständigkeit
im Eisenbahnwesen keinerlei Anlaß gegebm sei, dieselbs
vielmehr vollständig gewahrt ist, und da ferner die Re-
gierung bestimmt versprochcn hat, die Wünsche zu Gun-
sten der Beamten der Main-Neckar-Bahn in wohlwollende
Erwägung zu nehmen und auf ihre Berücksichtigung
thunlichst bedacht zu sein, so ftellt die Kommission den
Antrag, dem Staatsvertrag zuzustimmen und die Pe-
tition der badischen Beamten der genannten Bahn um
Wahrung ihrer Jnteressen sür erledigt zu erklären.

Hefsen.

Darmstadt, 17. Mai. Der Zweiten Kammer ging
eine Regierungsvorlage zu, betrcffend die Herstellung einer
Berbindungsbahn zwischen Lampertheim-Mann-

verzeichnet die Vermutung, daß der Diebstahl von Mit-
gliedern der Familie Humbert verübt worden sei, und
daß man daraus schließen könne, daß die Humberts
Frankreich noch nicht verlassen haben.

— Kognnk nnd Rcvolvcr. Aus Wiesbaden, 14. tNai,
wird deni „B. T." gemeldet: Hciute Morgen sanden
i-2paziergänger im Walde bei Wiesbaden zwei junge
Damen aus Elberfeld mit einem bezw. zwei Revolver-
schüssen im Kopfe stark berauscht vor. Wie die eingeleitete
llntersuchung ergab, haben die jungen Damen aus
Schwermut über den vor einigen Wochen ersolgten Tod
ihrer Mutter, wodurch sie völlig elternlos geworden sind,
den Entschlutz gefaßt, sich gegenseitig zu töten, sie kauf-
ten sich zu diesem Zwecke zwei Revolver und nachdem sie
sich mit einer Flasche Kognak Mut angetrunken hatten,
schossen sie gcgenseitig auf einander. Sie wurden nach
dem Wiesbadener Krankenhaus gebracht, man hofft, sie
am Leben erhalten zu können.

Es ist in dcr Regcl das Schicksal der zum Siege gelangten
Partcicn, iiber dcn Sieg zu zerfallen. L. v. R a n k e.

Hfiealer- und Kunffnachrichten.

— Felix Wcingartncr hatte in Barcelona einen
Riescnerfolg als Komponist und Dirigcnt. Der Aufführung
von Weingartncrs „Gefilde dcr Seligcn"^folgtcn sechs stür-
mische Hcrvorrufe und nach Beethovens Siebcntcr Symphonie
am Schlussc gab cs viertclstündige Ovaiioncn im Theater,
dic fich draußcn fortsetzten.
 
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