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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 101-124 (1. Mai 1902 - 31. Mai 1902)
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Zweites Blertt.

44. JahrgMg. — 118

Freitag 23. Mai 1902.

^int täglich, SonntagS ausgenommen. — Preis mit Familienblättern monatlich 50 Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post be-

zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausfchließlich Zustellgebühr.

b ^igenpreis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder dercn Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiestge Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen an bcstimmt
^^chriebenen Tagcn wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und den städt. Anschlagstellen. Fernsprech-Anschluß Nr. 82

^ immer veitere Rreire

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^vituug kür äou Itost äiesos Nouats uubkrtzobust.

!)er Verlrr^

^ Virtsrv risolLLrstr»sss 21.

_

* Stärkung desAeutschtums in Weflpreußen
und Wosen.

preutzische Staatsregierung die von ihr in
!>ez A genommene zielbewußte Politik zum Schutze
?örj, Deutschtums in den Ostmarken energisch zu
'd ^estrebl ist und daß ste hierfür die richtigen Mittel
^kim^bndung zu bringen entschlossen ist, zeigt die soeben
gewordene neueste Polenvorlage. Diese enthält
eih^,?ur zwei Bestimmungen; aber dieselben sind von sehr
Bedeutung. Der Fonds der Ansiedelungs-
t^'istou soll von 200 auf 350 Millionen Mark erhöht
Ägf.^sterdem cin Fonds von 100 Millionen Mark zum
Domänen im Ansiedlungsgebiet bereitgestellt

Ansiedelungsfonds hat, abzüglich der 39 Mill.
die Besiedelung der noch nicht aufgeteilten
kiiixl,"?. HEar Ansiedelungsland erfordern wird, nur noch
'Ur Ankaufszwecke verfügbaren Bestand von 17 Mill.
diiht» ^i^str reicht für die Zweckbestimmung des Fonds
- ^umal die Thatsache, daß, trotzdem die Ansiedlungs-
^ekt.^stvu 164 goo Hektar Land erworben und 100 000

Auf adschüssiger Bahn.

Roman von B. Corony.

^ tz (Fortsetzung.)

und nur noch schwach widerstrebend ließ sich Her-
^Vte ^rhen. Warum auch nicht? Ob Breuer das Geld
^ faf.? Morgen erhielt, darauf kam es schließlich nicht an.
d> ^ex Schuld konnte jeden Augenblick gedeckt werden.

< ÜcheZ O'-agen hielt außerhalb der Stadt vor einem Hause,
r^ gxs istwewohnt zu sein schien, denn die Fensterläden waren
^Ur,t,,^wssen. Kein Lichtstrahl drang nach außen. Desto
es drinnen aus. Das Treppenhaus war hell
rejch ' iveiche Teppiche bedcckten die Stufen. Ein Diencr
i>i'ie Livree nahm den Ankommenden die Paletots und
«n ^ ci Zweiter eilte dienstfertig voran, und öffnete die

c>- stbg,- tleinen, eleganten Salons, in welchem mehrere

w? dornehmen Gesellschaft angehörende Personen un-
, Est, ,,Men, plauderten.nnd rauchten.

Am w^ner Lireis von Bekanntcn schloh sich sofort um die
8i.„Dq^imendcn.

. ^lt er und meine Wette habe ich gewonnenl" rief
"Se q?-. von Klaußnick lachend. „Es kostete mich keine
»risn seiner zu bcmächtigen. Die Kehle ist mir

f^ien ,8»trocknet, so viel habe ich ihm zureden müsscn, um
td? ilf,Z "^ofleischten Pflichtmcnschen anf einige Stunden
c»,?^" gewinnen. Jch verdiene, daß ein „Hochl" auf
wird.

ih, ' '» flogen hin und hcr. Alle Anwesendcn schie-

haftester Stimmung, so daß sich Herbert zwischen
vefangen und linkisch vorkam.

e>u° n D ^erren, es ift serviertl" meldete der eine der
ite^estah„?^r,^dic Schiebethüren eines länglichen, elegcmt
Ta/r Speisezimmers öffnend, auf dessen reich ge-
"ichen^^t. rncm eine ganze Batterie bon Gläsern und

t>e.

°rblickte.

Hand im Ansiedlungsgebiet stch um nicht weniger als 5,5
Quadratmeilen seitdem vermehrt hat, zu einer rascheren
und intenfiveren Thätigkeit drängt. Es kommt hinzu, daß
es sich empftehlt, die zur Erhaltung des deutschen Bauern-
standes bisher oon der Domänenverwaltung ausgeübte Thätig-
keit mittelst Ankaufs von Bauerngütern und Vergebung
derselben zu Pacht und Rente an die Vorbesitzer oder an-
dere Deutsche unter Bildung einer besonderen Subkommission
auf die Ansiedlungskommission zu übertragen.

Der Domänenankaufsfonds soll dagegen nur
zum Ankauf von Großgrundbesitz dienen, um in der Person
der Domäuenpächter dem Dcutschtum diejenigcn im Groß-
grundbesitze liegenden, mit der Provinz engverbundmen
Elemente der Kultur und Kraft zuzuführen, welche ihm
aus dem Grunde bisher fehlien, weil ein großer Teil der
Großgrundbesitzer seinen Wohnsitz außerhalb der zwei-
sprachigen Landesteile hat.

Außer zum Erwerb von Domänen sollen die 100 Mill.
Mark auch zur Vermehrung des staatlichen Forstbesitzes
in den Provinzen Posen und Westpreußen dienen, teils um
der im Landeskulturinteresse und im Jnteresse der Be-
schäfiiguilg zahlreicher Arbciter im Lande gleich un-
erwürischten Lerminderung des Forstbestandes zu steuern,
teils um den Ankaus von Gütern mit großen Forsten zu
crmöglichen, von dem die Anstedlungskommission bisher
Abstand nehmen mußte, weil das Forstland znr Besiedlung
sich nicht eignet.

Nach beiden Richtungen wird daher von der Durch-
führung der Vorlage eine erfreuliche Stärkung des Deutsch-
tums in den Ostmarken zu erwarten sein.

Aus der Begründung der Vorlage ist Folgendes
mitzutcilen: Gcgenüber solchen, die Zukunft des Deutsch-
tums in den Ansiedlungsprovinzen ernstlich bedrohenden
Erscheinungen hält die Staatsregierung vielmehr eine
dauernde Gegenaktion für dringend gebotcn. Einer
solchen aber muß ein fester Plan für das weitere Vorgehen
zugrunde gelegt werden, dessen AuSgestaltung wiederum be-
dingt ist von dem Umfange der zu seiner Durchführung
bereit zu stellenden Mittel. Es darf daher die Erschöpfung
des Ansiedlungsfonds nicht abgewartet werden, vielmehr
drängen die Verhältnisse zwingend dahin, mit dieser Gegen-
aktion nicht zu zögern und durch alsbaldige Auffüllung
des Fonds der Staatsregierung die Möglichkeit zu bieten,
ihre Disposiiioneri von langer Hand zu ireffen und ins-
besondere die Ansiedlungskommission in dm Stand zn fetzen,
das bisherige Zeitmaß der Besiedlung wesentlich zn be-
schleunigen. Angesichts der Thatsache, daß in den
letzien fünf Jahren die deutsche Hand in den Anstedlungs-
provinzm unter Berücksichtigung ihres Landgewinnes immer
noch rund 31000 ka, also etwa 5,5 Quadratmeilen ver-
loren hat, erwächst für die Anstedlungskommission vor
allem die Ausgabe, ihr vorhandencs Grundstückslager
schneller zu bestedeln und zu diesem Zweck in kräftiger
Propaganda für die Heranziehung arbeitsamer und zuver-
lüsstgcr Landwirte nach den Ansiedlungsprovinzen Sorge
zu tragen, die, wenn sie nicht ausreichmde Mittel zum
Anklluf einer Stelle besttzm, wohl aber in ihren Eigen-
schaiten die Gewähr für wirtschaftüches Fortkommen bieten,

„Bei wem befinde ich mich derm eigentlich?" fragte Her-
bert, dem Klaußnick einen Stuhl an feiner Seite cmwies.

„Das ist so ein kleiner Junggcsellen-Klub", flüsterte der
Referendar, „zu dem untcr Umständen auch verheiratete
Männer Zutritt haben, wie beispielsweisc der dicke Bankier
Arnold, den du dort siehst, der Graf Warnhagcn, der da drü-
ben sitzt und noch fo mancher andere. Jtz und trink, Küche
und Keller sind hicr trefflich bersorgt."

Die Schiebethüren eines zweiten, an das Speisezimmer
stoßenden Salons wurden geöffnet. Jn der Mitte desselben
gewahrte man verschiedene, mit grünem Tnch bezogene, dicht
aneinander gerückte Tische.

„Uh, jetzt verstehe ichl Du hast mich in ein Spielhaus
geführtl" murmclte Werther.

„Nein, in unscr Vereinslokal. Rach dcm Souper pflegt
man allerdings ein Spielchen zu machcn."

„Mit den Karten mag ich nichts zu thun haben."

„Du kannst ja-nach Belieben cmch den Zuschauer ab-
geben. Der Besitzcr dieser niedlichen Villa weilt im Aus-
land und hat sie uns mit der ganzen Einrichtung zu Ver-
einszweckcn bcrmictet — freilich für schwercs Geld, wie dn
dir dcnkcn kcmnst. Man pointiert nicht hoch. Gewinn und
Verlust gleichen sich immer bald wicder aus. Wir alle, wie
du uns hier siehst, sind sehr kaltblütige Spieler und weit
cntfernt, ein Vermögen zu riskieren. Wer das will, geht nach
Monte Carlo. An prickelnden Aufregungen fehlt es uns aber
trotzdcm nicht. Die gewonnencn oder verlorcnen Summen
sind Nebensache. Der Kampf mit Fran Fortuna ist die
Hauptsache. Heute bist du unser Gast. Gefällt es dir hier,
so trittst du unserm Klub bei, andernfalls rcchnen wir auf
deine Vcrschwiegenhcit. Nicht, datz wir eine Kontrolle unseres
harmlosen Vergnügenes zu scheuen hätten, abcr du weitzt
ja, untcr Umständen kann aus einer Mückc leicht cin Elefant
werden. Und unsere völlige Ungeniertheit bildet eben den
Hauptreiz dieser geselligen Zusammenkünfte.

„Natürlich."

als Pächter mit der Aussicht auf spätern eigentümlichen
Erwerb des Pachtlandes anzusetzen sein werden. Ueber-
haupt ist unter den obwaltenden ungünstigen landwirtschaft-
lichen Verhältnissen in größerem Umfange, als bisher, von
der im Gese vom 26. April 1886 zngelassenen Art der
Besiedlung durch Verpachtung ueu begründeter oder
angekaufter bäuerlicher Stellcn, deren Eigentümer unter
jencr Ungunst oder der Bedrängnis von deutschgegnerischer
Seite bcsonders schwer zu leiden habcn, Gebrauch zu
machen. Den Zielen des Gesetzes entspricht es und kann
im Einzelfalle durchaus zweckmäßig sein, solche Stellen
auch ihren bisherigen deutschen Besitzern, sofern sie wirt-
schaftlich tüchtig und national zuverlässig sind, unter den
erleichterten Formen als Rentengut oder pachtwcise zu be-
laffen. Denn wie wichtig in politischer und landescultu-
rcller Hinsicht die Heranziehung eines brauchbaren, gut
deutsch gestnnten Ansiedlerpersonals von außerhalb isi, so
gilt es doch auch anderseits, die vorhandenen deutschen
Elemente in den Ansiedlungsprovinzen thunlichst
fcstzuhalten und der dort immer bedenklicher
um stch greifenden Landflucht zu steuern.
Man wird deshalb die Bcsiedlung im Wcge der Verpach-
tung nicht auf bäuerliche Stellen beschränken dürfen, son-
dern es wird zweckdienlich sein, auch größere Ansiedlungs-
güter zu verpachten, was bisher nur vereinzelt geschehen
ist und sich schon aus den Gesichtspunkten als notwendig
erweist, daß es zeitweise an den geeigneten bäuerlichen An-
siedlern für ein bestimmtes Gut fehlen wird, oder daß die
unter Umständen sehr erheblichcn Kosten einer längern
zwischenzeitlichen Verwaltung zu vermeiden sind. Grade
der Miliderung dieser, allerdings durch die letzten Miß-
ernten noch wesentlich gesteigerten Kosten der Ansiedlnngs-
güter, hat die Staatsregierung neuerdings ihr besonderes
Augenmerk zugewandt und eine anderweite Organisation in
Erwägung genommen, wodurch die vielen mit der Zwischen-
verwaltung zusammenhängenden Einzelgeschäfte, die jetzt
sämtlich von der Zentralstclle der Ansiedlungskommission
aus erledigt werden, künftig Lokalinstanzen überwiesen
werden, auf welche Weise der Geschäftsbetrieb vereinfacht
und verbilligt, zugleich aber auch eine genaucre Kontrolle
der Wirtschaftsführung auf den einzelnen Gütern ermög-
licht werden soll.

Wie zum Ankauf größerer Güter, so sollen auch
zum Erwerb von Forsten die durch Artikel 2 bereit-
gestcllten Fonds Verwendung finden. Zu einem wesent-
lichen Teile ist die Unrentabilität vieler Güter in den An-
siedelungsprovinzen auf die starke Entwaldung dieser Land-
striche im letzten Jahrhnndert zurückzuführen, wodurch
weite Strecken unter den Pflug gekommen sind, die bei
den jetzigen schwierigen Produktionsbedingungen als Acker-
land kaum noch mit Nutzen zu verwerten sind. Diese
Niederlegung der Forsten, die auch insofern schwere
Schädigungcn des Nationalwohls zur Folge hatte, als
hicrdurch der benachbarien armen Bevölkerung die Forst-
arbeit entzogen und so in Watddörfern geradezu ein Not-
stand herbeigeführt worden ist, welcher nicht zum wenigsten
zur Abwanderung und Sachsengängerei geführt hat, dauert
unter der Unaunst der heutigen landwirtsckaftlichen Ver-

„Schmcckt dir die Pastete nicht?"

„O ja."

„Nun, so greife doch tüchtig zu und lcere dein Glasl
Woran denkst du denn eigentlich?"

„Ach, an so manches Peinliche, was in mein Leben getreten
ist."

„Nun, so gicb dir Mühe, es auf ein paar Stunden
zu vergessenl Wahrhaftig, wer dich nicht kennt, dcr muß glau-
bcn, du seiest ein kleiner Krautjunker, der sich heute zum
erstenmale iu lustigcm Kreise befindet und nun wie auf glüh-
enden Kohlen sitzt. Graf Warnhagen und der polnische Edel-
mann Ladoisky lassen dich kaum aus den Augen. Suche
doch in Stimmung zu kommenl Du nippst ja an dem Rüdes-
heimcr, als ob bis jetzt nur Zuckerwasser und Limonade über
deme Lippen geflossen wären. — Auf das Wohl unserer
Freundel Ausgetrunken, meine Herren, wer's ehrlich meintl"

Toast folgte nun auf Toast. Die neckischen Kobolde des
Weines schlugen Hcrberts momentane Verstimmung in die
Flucht und er zeigte sich bald als trefflicher, heiterer Gesell-
schafter. Einem scharsen Beobachter würde es indes kaum
entgangen sein, daß seinc Fröhlichkeit otwas gezwnngenes
hatte. Hier stellte jedoch niemand Betrachtungen darüber
an. Man unterhielt sich lebhaft über allerlei Tagesfragen,
erzählte und belachte dancben pikante Geschichten, sprach von
dem nächsten Renncn, ging Wetten anf dieses und jenes
Pferd ein, oder flüsterte sich allerlci scharfe Bemerkungen
über bckannte Persönlichkeiten in die Ohren.

Leichte Ranchwölkchen schwebten zur Decke empor und
bildetcn blänlichen Nebel um den vielarmigen Kronlcuchter.
Dic bon Weindünst und Zigarrenrauch erfüllte Luft war be-
tüubend schwer geworden, als man von der Tafel aufstand und
dcn rechts gclegencn, ganz in dunkelrot gehaltenen Salon be-
trat.

Die bciden Diener brachten silberne Kübek mit in Eis ge-
kühltcm Champagner.
 
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