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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 125-149 (2. Juni 1902 - 30. Juni 1902)
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Montag, 9. Jimi 1902.

Aweites Blatt.

44. Jahrgang. — Xr. 131.

^rscheint täglich, Sonntags ausgenommen. — Preis mit Familienblüttern wonatlich LO Pfg. in's HauS gebracht, bei dcr Expedition und den Zwcigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post be,

zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.

^nzeigcupreis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeilc odcr dercn Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen an bcstimmt
dorgeschriebenen Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Hejdelberger Zeitung und den städt. Anschlagstellen. Fernsprech-Anschluß Nr. 82

Z>ie öadischen Weöenöahnen im Krivalöesth.

LL Karlsruhe, 6. Juni. Der Gesaintaufwaiid sür allc
b's jetzr crsrclllcii P r i o a t u c b c n b a h n c u bezifscrt sich
"uf 37 75g 117 M., wozu der Siaat 6 014 855 M. oder rnnd
Prozcni, dic Gcmeindcn und andcrc Jntercsscnten
^ 389 248 Mart odcr ruud 11,5 Prozcnt und die Bau-

vnreriichmcr 27 399 084 Mark odcr rund 72,5 Prozeut
äUgeschosscu haveu. Betrachtct man aber die cinzclnen
^ahnsrr-cckcn uach dcr Art der Ausbringuug ihrcS Bau-
?»Nvaudcs gesoudert, so ergiebt sich ciu schr vcr-

Ichicdeiiarrigcs Bild. Währcnd bei dcu drei A'cbcnbahucu
Heidclbcrger Lokalbahnen, Heidelberg-Wicsloch nnd Waldhof-
^nndhofcn die Untcrnehmerfirmeu das Gesaintbantapital jc-
ivcils allciu anfgebracht habeu, vcrmiudcrt sich der ilostcu-
anteil dcr Baunntcrnehmer, in ruudcn Zahlen ausgedrückt,
vei deu Karlsruher Lokalbahncu mit 94 Prozent, dcr Ne-
veubahn Wicsloch-Meckesheim-Waldangclloch mit 8411- Pro-
seni imtz dcr Albthalbahu mit 77sh Prozent allmählig bis
sUr Kaiserstuhlbahn mit 48 Prozcnt, dcr Kauderthalbahn init
^ Prozcnt und Lcr Ncbenbahu Ettcnhcimmünster-Rhciu mit
taiiin 40 Prozcnt. Aber auch die Betrachtuug der cinzelnen
vcebenbahncu uach dcm Bcitragsanteile dcs Staates uud dcr
^cineinden uud auderer Jiucresscntcu zcigt rccht wesciuliche
Kiilerschicdc. Während zu dcu Karlsruher Lokalbahueu dcr
^taat keiueu Beitrag leistete und die Gemeiuden uur 5,5 Pro-
äcnt iu Foriu vou Gcläude zu dcm Baukapital bcitrugcu,
kerucr znr Nebcnbähn Wicsloch-Meckeshciml'WaldaugellLch
vcr Siaatszuschutz uur 9sh Prozeut, und jcner dcr Gcmciu-
vcu 6 Prozeut betrug, stcigern sich diese Beitragsautcilc iiii'
vter inchr uud bclaufcu sich schlictzlich bei der Kaiserstuhlbahu
"uf 29 Prozcut für dcn Staat uud 23 Prozeut für die Gc-
weindeu, bci der Äaudcrthalbahu auf 32 Prozcut für dcu
lsttaat uud 21 Prozcut für die Gcmeindcu uiid bci dcr Nc-
vs>ll>ahn Ettcnheimmüustcr-Rheiii anf 29 Prozcnt für dcn
^taat uud 25 Prozcnt für dic Gcmeinden. Aus dieser Bcr-
6leichi„ig gcht ohuc Wcitercs hervor, datz, während für dicjc-
tugen Piuvatiicbeubahncu, welcheu die Beivältiguug dcs Vcr-
tehrs und iusbesondcre des Pcrsonenverkehrs der Grotzstädie
Uiid ihrvr uumittelbarcn Umgebung zur Aufgabc gcstcllt ist,
chegeu dcrcu voraussichtlicher Rentabilität begrciflichcrwcise
eiiie Subvcution des Staates oder der Gcmeiuden gar uicht
vver nur im bcschcidenen Umfange beansprucht wurdc, die
chcrwirklichung dcr Nebcnbahnen in den Landbezirken derar-
Züe Dpfcr in tcils sehr namhastcm Umfange crfordcrt ha-
chv. Auch ist cs schr in dic Augeu spriugend, datz für die
nltcrcu dicscr Liuicn sowohl der Staat, wie die bcteiligtcn
.lciuciudcn uud audcrc Jntcressenteu wcit namhaftere Zu-
lfliisse zu leisteu gcnötigt waren, als daS in dcr spätcrcn
'OchiPcriodc im allgcmeineu der Fall lvar. Zicht mau uun
3>vischc,i dcr cincn dicscr Rcutabilitätsbcrechnuugen, derjc-
st'geu, wclche nur das Anlagckapital der Privatnutcrnchmcr
>n Betracht zicht, und jcncr, welche auf Gruiid dcs Gcsmnt-
?ufwaudcs dicser Ncbcnbahncn aufgestellt ist, cincu Verglcich,
lv crgicbt sich cin schr wcsentlicher Uiitcrschicd. Währcud die
svltcrc Aufstellung sür dic llutcrnchmerfirmeu in dcr Dnrch-
nhniitsbercchnung ihrcr jcwciligen llnternchmuugcn znm klci-
Nercn Tcil cine günstigc (5,07 und 4,11 Prozcut), zum
grötzci-cn Teil cine im Vcrhältnis zum dcrzeitigen Kapital-
njvrkt abcr nicht völlig genügende Ncnte (2,69, 2,58 und 2,41

?ulls als ein gcwiunbriugendcs bezeichnet wevdcn kanu. Noch
Lsttrukrivcr gcstaltct sich dicse Ucbersicht, wemi mau ciue
^urchschiiiklstzcrechnuug nber die Rentabilität dicscr Neben-
?uhiien in ihrcr Gcsamtheit anstellt. Daruach crgicbt sich

Dta ^

cincm Vaukäpital der Bauunteruchmcr von 22 770 474

. ärk ciuc Durchschnittsrente von 3,74 Prozcnt, währcnd
.svlchc bci der Zugruudlcgung des Gesamtaufwaudes vou
63g 377 M. uur 2,61 Prozcnt bcträgt. Wenu mau dcu

3v>

Auf abschüssiger Bahn.

Roman von B. Corony.
(Fortsctzung.)

tz --Ha, ha, hal" lachte dcr Alte. „Das siud nuu die lie-
"'swürdigcn Nedcnsarten, die ciner zu hörcn bckommr, wenu
u. lviu Hng i„id Gnt nicht glcich crgcbcnst anf den Präsen-
^rwher hinhaltcu will. Ja, mir thut's lcid, Herr Baron,
Pi ^üe mir uun glaubcn odcr nicht, aber ich opfcrc keincn
ly^unig i„id ivarie keinc Sekunde längcr, als ausgcmacht
i^vdc. Entwcdcr bezahlcu Sie, oder ich klagc. Vicllcicht
ej,, uch aber auch, um das gauze Verfahren abzukürzen,
di/-Dchschrift dcs Wechsels an Jhren Herrn Vater, sobald
dssist abgclaufcn ist."

"Tas nuterstchen Sie sich nichtl"

"Wcr solltc cs mir verbietcn?"

-Jch,"

P,. "i^ic? Ach du licbcr Himmcl! Das Vcrbot ciues zah-
^unfähigeu Schulducrs I"

sogi^ie cin Krampf verzerrtc sich Herbcrts Gcsicht. „Sie
iiiil^u chrich uicht so furchtbar reizen, Herr Brcucrl" stietz cr
"'sticktcr, llaugloser Stimme hcrvor.
dic . vheu Sic eiu wcnig au die frischc Luft, Herr Asscssor,
Äii^"u.ud Jhueu wohl thuu und Sie abMstcn," spottctc der
ZU i, 'uhem hiiiici- ihni hcrschlich, um dic Thürc wicdcr
haiiq^^"^ichcu, dcnu Klaus lag immer iwch im Krauken-

derselben Stundc rollte cin Wageu dcr Privat-
^ahi!?" in wclchcr sich Hcrr von Felsiug scit langcn

befand.

'^viidir"lich abcr untcrivcgs Vvr dcm Laden cines
Tix halten nnd sagte zu ihrcr Begleitcrin: „Dn lätzt
^ich ^ eme Tasse Kafsee geben und wartcst hicr, bis ich

Gesamtaufwand der Ncbeiibahncn nnter Ausscheidung dcr
von den Gemeindcn und andcren Jntcressenten zur Geländc-
stcllung geleisteten Beiträge ziir Ilnterlage nimmt, dann be-
trägt die Durchschittsrcntc bci eincm Banaufwande von
29 765 039 M. 2,86 Prozent.

Wcnn man in Betracht zieht, dah dic Privatbahnunter-
nehmer erfahrungsgcmäß ihre Eisenbahnen in ihrer Anlage
einfacher nnd deshalb namhaft billiger crstellcn, als das bcim
Staatsetsenbahncn im allgemciiien dcr Fall ist, und datz dcr
Zuschutz der Gemeindcn znm Geländcerwcrb mit ca. 8 000 000
Mark, wenn solcher auch bcim Staatsbahnbau gelcistet wor-
dcn wäre, dcn voraiissichtlicheren Mchranfwand des Staats-
baues keinenfalls anfgewogcn haben würdc, und wcnn ma»
dann weiter erwägt, datz auch der Eiscnbahnbctrieb der Pri-
vatbahngesellschaften bekanntermatzen cin einsachercr nnd des-
halb im allgemeinen billigerer ist, als jcner der Staatsbahnen
mit ihrcm etatsmähigen Personalbcstand nnd ihrer naturgc-
mätz grötzcren Rücksichtnahme auf die Wünsche der Bcvöl-
kerung sein kann, so datz beim Staatsbetrieb unzweifel-
haft auf cinen klcinercn Betricbsübcrschutz gerechnet werden
mühte, so darf wohl ohne Wcitcres bchauptct werden, dah
sich fnr dcn Staat ans der Erbauung dieser Nebenbahnen
ein lukrativcs llnternchmcn kcincsfalls crgcben hätte.

Tie B u d g e t t v m m issi o n hat dicse für die fernere
Olestaltiiiig unserer Eiseiibahnpolittk hochwichtige Angelegcn-
heit ciner eingehenden Erörrerung nntcrzogcn. Währcnd ei»
Mirglied dcr Konimission dcr Ansicht Ranin gab, datz in iin-
serer dcrzcitigen Eisenbahnpoliii'k eine Systcmlosigkeit herrsche,
das jetzige System als ein ncgativcs zu bezcichnen sci, das
Staatsbahnsystem das einzig bcrechtigtc sci und deshalb alle
Privatbahnen vom Staate angekauft werden sollten, da es
nichts zu bcdcuten hätte, wemi unserc Eiscnbahnschuld um
etwa 40 Millioucn Mark crhöht würdc, ivarcn alle andcrii
Mitgliedcr der Kommission iu dcr allgcmcincn Beurteilung
diescr Eiscubahufrage gcgeuteiligcr Ansicht. Die Kommis-
sivnsmehrheit glaubt, das; cine Systemäiiderung zur Zeit uicht
in Betracht gezogen und das Privatkapital bci der Lösuug
uuserer Verkehrseinrichtimgs-Ausgabcn uicht ausgeschlosseu
werden sollte. Sie ist abcr dabci dcr Ansicht, daß im Ein-
zclfall jeweils alle eiuschlagendcn Verhältnisse ciuer eingehen-
deu Prüfung dahiu uiitcrzogeu wcrdcn sollcn, ob die in Aus-
sicht gcnommeiie Nebciibahnliiiic dcm Staate als eigenes
Iliiternehiucii besscre Dienste leisten käiiu, als wcnn solche als
Privatbahu ins Lcbcu gerufen würdc. Es liege jedoch svwohl
im allgemciucii Jutcresse dcr Gesamtbevölkerung, als auch
iu jeuem der auf diese Privatncbcnbahncu verwiesenen Lan-
dcstcile, datz bezüglich des Baucs und Betriebes eine mög-
lichst eingehcndc Staatsaufsicht übcr diesc Privatuntcrnehmun-
geu durchgcführt uud datz iiisbcsoudere auch dcr Betricb diescr
Linien unter Würdjgung dcr ciuschlägigen Vcrhältuissc zu
ciucm möglichst günstigen gestaltct wird.

Aeulsch-Südwestafrika im Zeichen der
Kisenöastn.

Windhoek, 20. April. Mcm schreibt der „Allg.
Ztg." : Das Eintreffcn derEisenbahnSwakopmund-
Windhoekam letztgenannten Platze darf mit Bestimmtheit
stnde August d. I. erwartet werden. Damit ist unsere
Kolonie in ein neues Zeitalter, wenn man so sagen darf,
in daS „Zeitalter des Dampfes" getreten. Wenn
man den Werdegang der Kolonie, d. h. dle Entwicklung
derselben vom Jahre 1894 an, mit angcsehen hat, wenn
man selbst den Weg Windhoek-Swakopmund und umgekchrt
wit dem Ochsenwagen innerhalb vier Wochen und noch !
liinger hat zurücklegen müssen, so kann man jetzt nur seiner
Freude Ausdruck gebcn, datz diese Zeit schwieriger und kost- >

„Nein, nein, gnädiges Fräulein," prvtcsticrte üie Altc.
„Das mache ich uicht. Jch koiumc mit und blcibe im Wagen
sitzen."

„Du thust, ivas ich befehlcl"

„Die gnädtge Frau Mama hat mir gauz aiidcrc Bcfchle
gegcbcu. Jch soll Jhucu nicht von der Seite ivcichen."

„Da hast Du meine Muttcr vollständig falsch vcrstaii-
deul" fuhr die junge Dame hcftig auf uud zog dic dichteu,
schwarzen Brauen fiuster zusammen. „Meinst Du vielleicht,
sie gestattet Dir, mich wic ein kleiues Kiiio zu behandcln? —
Gehorche, oder ich ivcrde mich bittcr bcklagcn müssen uud die
daraus erwachscudcu llnaiinchmlichkeiten möchte ich Dir cr-
spareu. Du steigst hier aus!"

„Aber ich habe das gnädigc Fräulciu doch immcr bis
ius Wartezimmer der Nervenkliuik bcglcitct."

„Das hast Du, aber man wünscht nicht, datz frcmde
Personen dort hcrnm sihen nnd mit den Pflegcrinncn plan-
dern. Das ist mir bei meinem letzten Besuchc sehr nahc gc-
legt worden.

„Herr Gott, ich hab' dvch mit keincm Mcnschen ge-
schlvatzt."

„Nun, danii ist es cben cine allgemeinc Verfngung. Was
dcm cinen versagt werden mutzte, dars anch dem andcrn nicht
crlanbt sein. .Mirz und gnt: Du crivartest mcine Rückklinft
hier."

„Abcr —"

„Henriettel"

„Wcnn nun die gnädigc Frau —"

„Ueberlasse das mirl Weuu Du glaubst, meiue Mutter
würdc sich unnötiger Wcisc beuurnhigcn, sv braucht sie ja
gar uichts zu erfahrcii."

„Jch kann doch licber mitfcihren uud vor der Thüre stcheu
bleiben."

„Du hast zu gehorchcu! Vcrstehst Du? Jch biu keine
geduldige Natur, Henrictte, und jeder Widerspruch macht mich
krank, wie Dir bckannt sein dürftc. Willst Du cs trotzdcm

spieliger Verbindung mit der Küste und damit auch mit
der Heimat endlich vorbei ist. Vom 1. September d. I.
ab kann man in knapp drei Tagen in Swakopmund sein;
d!e aus Deulschland ankommenden Güter und Posten können
in eben derselben Zeit den Empfänger erreicheu und —
vor allem — die Frachtprcise und damit auch die Waren
dcr Kaufleute in Windhoek müffen billiger werden. Die
Zciten, daß 100 Pfd. ca. 25 M. Frachtkosten, wie 1897,
vcrursachten, sind vorbei, und der Wagentransport der
Güter wird sich ab Bahnstrecke nur noch nach dem Norden,
also nach den Plätzen Onaruru, Ontjo und Grootfontein,
notwendig erweisen. Für den Südcn — Gibeon und
Kcetmanshoop — bleibt der Eingangshafen vorderhand
noch Lüderttzbucht; ein erster Versuch, für Gibeon den
Frachtoerkehr über Windhoek zu leiten, wird zur Zeit vor-
gcnommen. Die Fertigstellung der Bahn bis Windhoek
lcgt nach vorstehenden Ausführungen den Wagen-Fracht-
verkehr zwischen Swakopmund-Karibib-Windhoek brach und
schädigt natürlich solche Ansiedler, deren Erwerb in der
Hauptsache das Frachtfahren ausmachte. Daß diese Leule
die Bahn mit scheelen Augen betrachten, ist erklärlich, wenn
auch dem Jntcresse am Gemeinwohl entgegenlaufend. Das
haben bei Etnführung der Bahn in Deutschland die Wagen-
Spediteure auch gethan, ihr Groll hat aber, wie hier, an
dcr Thatsache nichts geändert. 1898 ist von hier aus
von Gegnern der Bahn eine Petition an den Reichstag
gegangen, die Bahn nicht zu bauen, sie schlummert im
Papierkorb des hohcn Hauses! Gott hab sie selig. —
Das Schutzgebiet ist, abgerechnet von Genannten, dem Vater-
land für die Bahn von Herzen dankbar.

Deutsches Reich.

Berlin, 6. Juni. Die Zuckersteuercommission
nahm heute Nachmittag die 2. Lesung des Zuckersteuer-
gesetzes vor und nahm mit 16 gegen 12 Stimmen ohne
Debatte den gestern verworfenen Antrag Arenberg betreffend
Wiedereinführung der Produktionskontingentierung an; fie
nahm sodann eine Resolution an, wonach künftig außcr
einer Rübenzucker- auch eine Stärkezuckerbesteuerung ins
Auge gefaßt werden soll. Die Kommission beriet sodann
Artikel 2 der Vorlage und setzte rnit 19 gegen 9 Stimmen
die Verbrauchsabgabe ab 1. Septcmber 1903 auf 12, ab
1. September 1905 auf 10 Mk. fest. Ein Antrag Her-
mes, die Verbrauchsabgabe auf 14 Mk. festzusetzen, wird
mit 14 gegen 14 Stimmen abgelehnt.

Berlin, 6. Juni. (Frankf. Ztg.) Die Gerüchte vom
Rücktritt des Eisenbahnministers Herrn v. Thielerr
tauchcn von Neucm auf. Es gilt für wahrscheinlich, daß
cr in der nächsten Landtagssession nicht mehr anf seinem
Posten sein wird, und es giebt Leute, die dann an seiner
Stelle Herrn v. Podbielski zu schen hoffen. Herr v.
Thielen war auch der cigentliche Kanalminister. Es ist
immerhin interessant, daß in diesen Tagen bekanntlich wieder
die Nachricht aufgetaucht ist, der Kaiser habe sich hanseatischen
Hcrrcn gegenüber mit großer Bestimmtheit dahin ausge-
sprochcn, daß der M it tellan dka nal doch zustande
kommen werde.

wagen, »lir entgcIen zu handeln? Jch bezwciflc, daß Mama
cZ Dio dantcii würdc."

„Ach, licbcr Gott, gnädigcs Fräulcin! Wcnn Sie be-
fehlcn, setz' ich inich hicr hin; aber kommcn Sie rccht bald,
rccht bald —"

„Sobald als möglich."

„Dcr arme altc Herr kennt Sie ja gar iiicht. Wcnn Sie
blos da gewescn sind und glcich wieder wcgfahrcn —"

„Was zu thnn ist und wie ich über nicinc Zcit vcrfügc,
muszt Du schoii mir überlasscn -—"

„Es war ja nnr gnt gemeint."

„Ja, ja, dao weitz ich wohl, mcine Alte. Abcr, sichst Du,
ich bin kcin Kind mehr, das sich an der Hand führcn läht,
sviidcrn cin erwachscnes Mädchcn und Dcine Herrin. Wie
ich cntschcide, so mntz cs geschchen."

„Natürlich, aber bleibcn Sie imr nicht zn lange weg,
gnädiges Fränlein."

„Jn spätestcns cincr Stnnde bin ich wiedcr da. Mache cs
Dir inzwischen bequcm, da hast Du Geld."

„Ach, licber Gott, ich branche nichts."

„Du mutzt natürlich etwas berzehren. Hicr ist cs nicht
wie auf dem Lande, wo man sich an eincn Tisch setzcn kann
nnd nichts zu verzeyren braucht. Du bestcllst Dir also Kafsee
und Kuchcn ober sonst etwas nnd wartest bis ich kommc und
Dich hoke."

„Hcnricttc gehorchtc, abcr weder der Kaffe noch der
Kiiehen wvllte ihr schmecken. Sie starrte immcr die ihr gegcn-
übcr hängendc Uhr an nnd bercchncte, wann Fräulein von
Fclsing von dem tranrigen Besuche wohl zurückkehren könne.

Als dcr Wagen aber um die nächste Eckc bog, klopfte
Konstanze an die Scheibe und gab neuc Beschlc. Das Ge-
fährt kehrte nm, schlug dic entgegengesetzte Richtnng cin rmd
hielt vor einem nnfreundlichen Hause.

„Stehen hicr Droschken in der Nähe?" fragte Fräulein
vou Felsing.

„Nein."
 
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