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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 125-149 (2. Juni 1902 - 30. Juni 1902)
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https://doi.org/10.11588/diglit.23860#1131
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bre niedrigsten die Verrechnnngsbezirke Stühlingen, Stockach,
Tauberbischofsheim mit 17,8, 22,2, 23,7 Pf.

L.O. Karlsruhe, 17. Iuni. Ler hochverdiente
Worstand der bad. Fabrikinspektion Geh. Oberregierungsrat
Dr. Wörishofer, der schon seit geraumer Zeit schwer
leidend ist, beabsichtigt, in denRuhestand zu treten. Ein
weiteres Mitglied der Fabrikinspektion wird zur Uebcrnahme
der zur Entlastung der Fabrikinspektion neu errichteten
Stelle eines maschinentechnischen Referenten in das
Ministerium deS Jnnern übertreten; ob Fräulein Dr. v.
Richthofen, welche sich mit einem Heidelberger Privat-
gelehrten verlobt hat, aus der Fabrikinspektion austreten
wird, ist noch nicht entschieden. Weiter verlautet, daß auch
der Generaldirektor der Staatseisenbahnen, Staatsrat
Eisenlohr um seine Zuruhesetzung eingekommen ist.

Wadischer Landtag.

L.O. Karlsruhe, 17. Juni. Jn der heutigen
Sitzung der Budgetkommission der II. Kammer wurde
beschlossen, die Anforderungen der Großh. Regierung für
Errichtung zweier neuer Jrrenanstalten auf der
Wilhelmshöhe bei Wiesloch und bei Station Reichenau
zur Genehmigung durch das Plenum zu beantragen,
ferner die Petition der Stadt Donaueschingen wegen Errichtung
eines Gymnasiums daselbst der Regierung empfehlend zu
Lberweisen. _

Hefsen.

Darmstadt, 17. Juni. Nach Beendigung der
Deneraldebatte schritt die Zweite Kammer heute
zur Abstimmung über den Artikel 4 des Wahlgesetzes,
der an die Stelle des indirekten Wahlrechts das direkte
gesetzt wissen will. Der Artikel 4 wurde in namentlicher
Ubstimmung mit 40 gegen 5 Stimmen angenom-
rnen.

Württemberg.

Stuttgart, 17. Juni. Der vierte deutsche G e-
wsrkschaftskongreß wurde gestern hier eröffnet.
Anwesend stnd gegen 200 Delegierte, wclche 200000 Mit-
glieder vertreten, ferner Gäste aus Böhmen, Dänemark,
England, Frankreich, Jtalien, Niederlande, Norwegen.
Oesterreich, Schweden, Schweiz, Spanien. Ein Vertreter
des Reichsamts des Jnnern nimmt an den Beratungen
teil, auch Vertreter des württembergischen Ministeriums
und der Stadt, sowie Reichstagsabgeordneter Hieber sind
anwesmd.

Aus der Karlsruher Zeituug.

Amtsaktuar Ludwig Schoder beim Bezirksamt Metzkirch
ivurde zum Rcgistrator daselbft ernannt. Es wurden die
Expeditionsassistenten Heinrich Matt in Denzlingen nach
Freiburg und Alfred Schneider in Karlsruhe nach Denz-
lingen, Josef Schiele in Rastatt nach Offenburg und
Philipp Lutzweiler in Wilferdingen nach Rastatt ver-
setzt.

Karlsruhe, 17. Juni. Die Abreise des Groß-
hcrzogs in Nürnberg erfolgte gestern Abend gegen 10 Uhr
unmittelbar nach der Abreise des Kaisers und der Kaiserin
und des Königs von Württemberg mit Sonderzug bis
Würzburg; die Ankunft in Karlsruhe fand heute Vormittag
nach 9 Uhr statt. Die Großherzogin begrüßte ihren Gemahl
am Bahnhof. Heute Vormittag von 11 Uhr an nahm
der Großherzog den Vortrag des Staatsministers von
Brauer entgegen. Nachmittags von 3 Uhr an bis zum
Abend solgten verschiedene Vorträge. Die Höchsten
Herrschaften beabsichtigen morgen den 18., nach Schloß
Baden überzusiedeln. Der Kronprinz und die Kronprinzessin
von Schweden und Norwegen werden nachmittags dahin
reisen, während die Großherzoglichen Herrschaften mit einem
späteren Zuge nachfolgen werden.

Aus Stadt und Land.

Heidelb e rg, 18. Juni.

I Stadträtliche Vorlagen an den Bürgeransschuh. Vor-
lage I betrifft die Verkiindigung der Rechnnng der städtischen
Sparkasse für 1901. Danach beträgt das Reinvermögen der
Sparkasse anf 31. Dezember 1901 1200291.17 Mk.; es hat sich
im Jahre 1901 um 113378.87 Mk. vermehrt. Der gesetzliche
Betrag des Reservefonds beträgt 842503.43 Mk., sodaß ein
Ueberschuß von 357 787.74 Mk. verbleibt. Ueber die Verwendung
des Ueberschusses soll später beschlossen werden.

Mit Vorlage II beantragt der Stadtrat, der Bürgeraus-
schuß wolle der Versorgung der Gemeinde Handschuhsheim mit
Gas dnrch das städtische Gaswerk mit einem voraussichtlichen,
aus Anlehensmitteln zu deckenden Aufwande von 23 000 -s-1050
Mark — 24050 Mk. zustimmen nnd den hiewegen mit der dorti-
gen Gemeindeverwaltung vereinbarten Vertrag gutheißen. Nach
den Vorschlägen der Direktion der städtischen Gas-, Wasser- nnd
Elektrizitätswerke, welche die Billigung der den Betrieb dieser
Werke überwachenden Kommission gefnnden haben, sollen die
Hauptverkehrswege in Handschuhsheim alsbald an das städtische
Gasrohrnetz angeschlossen werden. Die Zahl der bis jetzt einge-
laufenen Privatmeldungen beträgt 65. Für die öffentliche Be-
leuchtuug sollen 40 Laternen aufgestellt werden. Es ist hiernach
rin Jahresgaskonsum von etwa 40000 Cbm, mit Sicherheit zu
rrwarten. Die Ausgaben für das Rohrnetz werden etwa 23000
Mark betragen, während für die öffentltchen Laternen 2100 Mk.
aufzuwenden sein werden. Eine angemessene Verzinsung uud
Amortisation dieser Anlagekosteu wird durch den Konsum aller
Voraussicht nach gesichert, und es kann der Stadtrat daher die
geplante Maßnahme auch vom Standpunkt der Rentabilität fllr
das Gaswerk aus nur empfehlen.

Mit Vorlage III unterbreitet der Stadtrat dem Bürger-
ausschnß eine Liste von Herren zur Auswahl als Mitglieder des
Stiftungsrats des Landfried'schen Bürgerstifts.

Vorlage IV betrifft die Uebungsplätze für die hiesige
Garnison. Jn dieser Hinsicht sind früher zwet Verträge zwischen
der Stadt und der Militärverwaltung abgeschloffen worden, dann
hat der Bürgerausschuß im Juli v. I. den Stadtrat mit Rück-
sicht auf den Bau der Festhalle zu einem weiteren Abkommen
ermächtigt. Jnzwischen hat die Militärverwaltung den Wunsch
ausgesprochen, 3 Ha. des Exerclerplatzgeländes an der städtischen
Kiesgrube als Kasernenbauplatz in Besitz zu bekommen.
Die Stadt ist damit einverstanden, muß aber selbst zuvor dort
zwei Parzellen — eine gehört der Freiherrlich v. Wambolt'schen
Kellerei, die andere dcr cvangelischen Pflcae Schönau — enteig-
nen, da die Besitzer mit Rücksicht auf emc von ihnen erhoffte
Wertsteigerung sie nicht hergeben wollen. Erhält die Militär-
verwaltung das gewünschte Gelände, so gicbt sie den ganzen
Jubiläumsplatz fret, was sehr angenehm wäre. Die Exerzierhallc,

welche die Stadt laut Vertrag zu bauen hat, wird 54000 Mark
kosten. Der Stadtrat beantragt, der Bürgcrausschuß wolle der
zwischen dem Stadtrate und der Königlichen Garnisonverwaltung
Heidelberg abgeschlossenen Vereinbarung insoweit solche nicht be-
reits durch den Beschluß der Gemeindevertretung vom 26. Juli
v. Js. gutgeheißen worden tst, seine Znstimmung erteilen, die ge-
troffenen Ausführuugsmaßnahmeu genehmigeu und bewilligen,
daß eiu Exerzierhaus für die hiesige Garnison nach dem Projekte
des städtischen Hochbauamtes erstellt und der hierzu erforderliche
Aufwand im Betrage von 54 000 Mk aus Anleheusmitteln ge-
deckt werde.

Vorlage V betrifft die Verlegung der Ch. Keller'schen
-Fabrik. Als die Keller'sche Fabrik, Gaisbergstraße 64, abbrannte,
tauchte die Frage der Verlegung der Fabrik aus dem Villen-
viertel auf. Nach langwierigen Verbandlungen gelang es dem
Stadtrat, mit der Firma Christoph Keller u. Co. ein Ueberein-
kommen abzuschließen, iiach welchem letztere sich bereit erklärte,
gegen Zuwendung einer Entschädigung von 25 000 Mk. nud unter
der Voraussetzung, daß ihr eine Üebertragung der Brandentschä-
digungsgelder aus eine andere Baustelle gcstattet würde, ihren
Betrieb auf eiuen andern der Stadt genehmen Platz zu verlegen.
Bei der Bestimmnng der Summe vou 25 000 Mk. war ausge-
macht, daß die Stadtgemeinde auf dieselbe diejenigen Beträge an>
zurechnen befugt sein solle, welche von den Nachbaru freiwillig
gezeichnet wordeu. Die Höhe dieser Beiträge beläuft sich im
Ganzen anf 8050 Mk.; der für die Stadtkasse' verbleibende Auf-
wand würde sich darnach nur auf rund 17 000 Mk. bemessen,
welche Sunime in zwei Jahresraten zur Auszahlnng kommeu soll.
Der Stadtrat beautragt, der Bürgerausschuß wolle genehmigen,
daß mit der Firma Christoph Keller u. Co. über die Verlegung
des im Anwesen Gaisbergstraße Nr. 64 betriebenen Geschäfts der
(in dcr Vorlage abgedrnckte) Vertrag abgeschlossen werde und
wolle sich damit einverstanden erklären, daß die aus städtischen
Mitteln zn zahlende Summe von 17 000 Mk. im laufenden und
kommenden Jahre aus Wirtschaftsmitteln bestritten werde.

Mit Vorlage VI beantragt der Stadtrat, der BUrgeraus-
schuß wolle genehmigen, daß das Anwesen der Friedrich Sulzer
Erbcn, Untere Neckarstraße 108, seiteus der Stadtgemeinde er-
worben und daß der Kaufpreis im Betrag von 18000 Mk. aus
Anlehensmitteln bestritten werde.

Vorlage VII beantragt, festzusetzen: 1. Die Angrenzer der
Kronprinzenstraße, auf der Strecke zwischen der Häusser- und
Kleinschmidtstraße, der Kleinschmidtstraße, auf der Strecke zwischen
der Kronprinzen- und Zähringerstraße, der östlichen Diagonal-
straße, auf den beiden Teilstrecken zwischen der Allee- uud Kron-
prinzenstraße, sowie zwischen dieser letztereu und der Zähringer-
straße sind verpflichtet, zu den Kosten der Herstellung dieser
Straßen in Gemäßheit des Art. 20 Abs. 1 Ortsstr.-Ges. nnd der
Allgemeiuen Grundsätze vom 2. Juli 1892, sowie der bei den
Akten befindlichen tiefbauamtlichen Berechnungen Beiträge zu
leisten. 2. Die Angrenzer dieser Straßen sind verbiudlich, zn den
Kosten der Kanalisatiou einen nach Maßgahe des Art. 23 Ortsstr.-
Ges. und der Allgemeinen Grundsätze vom 2. Jult 1892 zu be-
stimmenden Beitrag von 8.60 Mk. für den laufenden Froutmeter
zu bezahlen. 3. Die Herstellung der Gehwege und Rinnen in den
bezeichneten Straßeu erfolgt in Gemäßheit des Ortsstatuts vom
2. Juli 1892 unter Anwendung des Z 76 der Städteordnung auf
Kosten der Angrenzer durch die Stadt.

Vorlage VIII betrifft die Einführung der elektrischen
Beleuchtung im hiesigen Theater. Der stadträtliche Bericht
führt hierzu aus: Von Seiten der Theaterkommissiou wird schon
lauge Klage darüber geführt, daß die bisherige Belcuchtung der
Bühnenräume den zu stellenden Auforderuugen in keincr Weise
mehr entspreche. Jn erster Linie erweise sich als besonders un-
angenehm, daß durch die bisher verwendeten Gasflammen anf der
Bühne ciue übergroße Hitze verursacht werde, welche das Theater-
personal in hohem Grade belästige und deu wachhabenden Feuer-
wehrleuten den Aufeuthalt auf dem Schnürboden uahezu unmög-
lich mache. Durch die Gasbeleuchtuug der Rampen werde ferner
für die Mitwirkcnden auch eine nicht unerhebliche Feuersgefahr
verursacht. Die jetzige Beleuchtungsart laffe es weiter nicht zu,
die für viele Aufführungen wünschenswerten Lichteffekte zu er-
zieleu. Endlich werde durch die weit herabhängenden Draht-
geflechte der Sofittenbeleuchtung eine ganz nnnötige Verkleineruug
des Höhenraumes der Bühne bewirkt. All diese Mißstände ließen
sich beseitigen, wenn die bisherige Beleuchtungsart mit Gas ver-
lassen und dafür auf der Bühne die elektrische Beleuchtung einge-
führt würde. Die Kosten einer derartigcn Beleuchtungsanlage
werden sich nach den erhobeneu Voranschlägen auf etwa 13 500 bis
14000 Mk. belaufen. Dieser Aufwand ist allerdings ein recht
erheblicher. Der Stadtrat glaubt aber doch, daß derselbe gemacht
werden sollte, da die Mängel des jetzigen Zustandes in der That
eine Aeuderung als dringend nötig erscheineu lassen. Der gegen-
wärtig benützte Theaterbau wird überdies aller Voraussicht nach
noch solange zu seinem bisherigen Zwecke verweudet werden, daß
auch vom Standpnnkte Derjenigen aus, -die mit einem Theater-
neubau glauben rechnen zu sollen, gegeu die jetzt vorgeschlagene,
wenn auch ziemlich kostspielige Verbesserung kaum etwas wird
ciogewendet werden können. Der Stadtrat beantragt, der Bürger-
ausschuß wolle beschließen, daß im hiesigen Stadttheater eine
elektrische Bühnenbeleuchtung eingerichtet und daß der hierfür
nötige Aufwaud im mutmaßlichen Betrage von 14 000 Mk. aus
Anlehensmitteln bestritten werde.

Mit Vorlage IX beantragt der Stadtrat, der Bürgeraus-
schuß wolle beschließen, daß die im Eigentum der Georg Philipp
Stephan Witwe und Kinder stehenden Grundstücke L.-B. Nr. 4086
bis 4091 bei der Kiesgrube käuflich erworben und daß der Kauf-
preis von Mk. 34054 (2 Mk. für den Quadratmeter) aus
Anlehensmitteln bestritten werde.

Mit Vorlage X beantragt der Stadtrat, der Bürgeraus-
schuß wolle genehmigen, daß die Werderstraße auf der Strecke
zwischen Schröder- nnd Mönchhofstraße hergestellt und daß der
dadurch eutstehende Aufwand in der Höhe von 7900 Mk. aus
Anlehensmitteln bestritten werde.

Verlobung. Freifräulein Dr. Elisabeth v. Richthofen,
Assistentin des badischen Fabrikinspektors zu Karlsruhe, hat
sich mit Dr. I- affe, Privatgelehrten hier, verlobt. Fräulein
von Richthofen erlangte im Jahre 1900 die Doktorwürde auf
Grund ihrer Dissertation „Ueber die historischen Wandlungen
iu der Stellung der autoritären Parteien zur Arbeiterschutzge
setzgebung und die Motive dieser Wandlungen".

X Die Heidelberger Abteilung des Vereins badischer
Levrerinncn hält am komipenden Samstag ihre monatliche
Zusammenkunft in der Spitzschen Restauratioil in Schlier
bäch ab.

X Bcsitzwechsel. Um den Preis von 38 000 Mark ging
das Anwesen der Frau Jos. Weber Witwe, Hauptstratze 211,
in den Besitz des Metzgermäisters H. Eller über, welcher am
1. Septcmber in diesem Hause eine Metzgerei, verbunden mit
Feiuwurstlerei 'eröffnen wird.

-i- Polizeibericht. Verhaftet wurde ein von einer aus
wärtigen Behörde wegen Taschendiebstahls verfolgter Schrei-
ner, ein Kaufmann wegen Betrugs, ein Hausbursche wegen
Diebstahls und zwei Kellnerinnen wegen Umherziehens. Wegen
Unfugs kamen drei Personen zur Anzeige.

Ziegelhausen, 17. Juni. (Kriegerdenkmal.) Die
Enthüllungsfeier des Kriegerdenkmals findet am Sonntag, den
22. Juni statt. Der Festzug geht nunmehr von der Stiftsmühle
aus nach dem Denkmalstzlatz, wo der Bürgermeister und Herr
Pfarrer a. D. Hagenmeher Ansprachen halten werden.

-s- Wiesloch, 15. Juni. (Nationalstenographie.)
Jn letzter Zeit ift hier ein Kurs in NationalftLnorgraphie eröff-
net worden und zwar auf Veranlassung des Heidelberger
Nationalstenographenvereins. An demselben beteiligten sich
25 Personen, Erwachsene und Schüler. Heute fand nun durch
tzerrn Reallehrer Götz aus Heidelberg die Prüfimg der Unter-
richteten statt und zwar in Gegenwart des Herrn Bürger

meifters, einiger Lehrer und Bllrger, sowie des Heidelberger
Nationalstenographenvereins. Die Prüfung ergab überraschend
gute Resulrate, so datz die Anwesenden ihre volle Zufrieden-
heit aussprachen. Eine stenographischen Vorführung von zwei
Mitgliedern des Heidelberger Vereins, einer 14jährigen
Schülein, und einem Herrn, erstere 100 Silben pro Minute,
letzterer im Redetempo schrcibend, gab Zeugnis von der Vor-
züglichkeit des Systems. Hierauf war im „Erbprinz" gemüt-
liches Beisammensein, wobei man sich durch Reden,' Vorträge
und Tanz einige Stunden aufs beste unterhielt. Möge der
neugegründete Verein für Nationalsteuographie in Wiesloch
einer recht gedeihlichcn Zukunft entgegengeheu.

X Aus dem Weschnitztvale, 17. Juni. (Heupreise.)
Die nun allenthalben beendcten Grasversteigerungen im Wesch-
nihthale und weiterer tlmgebuug weiseu cinen bedeutenden
Mindererlös gegen die Vorjahre auf. Es wird also dieses Jahr
bei uns sehr viei und billiges Heu gcbeu.

SX. Hockenheim, 17. Juni. (S ch a d e n f e u e r.)
Aus bisher noch unbekannter Ursache entstand heute Nacht iu
dem Möbelmagazin des Herrn Ohnsmann in Reilingen Feuer.
welches das betreffende Gebäude mit Möbel- und Warenvor-
rat, sowie das uebenstehende Anwesen des Herrn Bürger-
meister Eichhorn in Asche legte. Der verursachte Schaden
dürfte sich auf etwa 20 000 Mark belaufen.

Bruchsal, 17. jJuni. (V o m Gymuastum.) An
samtlichen badischen Gymnasien haben die schriftlichen Arbei-
ten für das bevorstehende Abiturientcnexamcn gestcrn begou-
nen. Dem hiesig^A Ghmnasium sind dicsmal, dem Turnus
entsprechend, die sogenannten „wilden" Prüflinge zugewiesen
worden. Es sind deren einige zwanzig, darunter auch drei
junge Damen.

8L Karlsruhe, 17. Juni. Eiue Anzahl Aktionäre der
Rastatter Waggonfabrik ^cabsichtigt, bei der am 28. Juni
stattfindenden Generalversammlung Antrag auf Revision zu
stellen, um über die ungewöhnlich hohen V e r l u st-
ziffern genügende Aufklärung zu erhalten.

8L Donaueschingen, 17. Juni. (V o m P r o g h m n a-
sium.) Von dem Fürsten zu Fürstenberg und von einigen
Bürgern, die Wert darauf legen, daß ihre Söhne hier das
Abiturium erlangen, sind 5300 M. als Beitrag für die Er-
richtung eines Voll-Gymnasiums in Aussicht gestellt worden.
Nun hat auch der Bürgerausschutz zur Erweiterung des hie-
igen Proghmnasiums für die Schuljahre 1902—1903 und
1903—1904 einen jährlichen Beitrag bis zu 2000 M., autzer-
dem die Uebernahme des Aufwauds für die nötigen baulichen
Herstellungen genehmigt und weiter für die künftige Erhaltung
der Klassen der Prima eineii angemessenen Beitrag aus der
Gemeindekasse in Aussicht gestellt. Es steht somit zu er-
warten, datz Donaueschingen in Bälde ein Voll-Gymnasium
erhält.

UL Zell i. W., 17. Juni. (Ueber die schreckliche
B r a n d k a t a st r o p h e) in Blauen entnehmen wir einem
ausführlichen Bericht der „Frcib. Ztg." noch folgendes: Stra-
zenwart Wetzel und seine Ehefrau und fünf blühende Kinder
ind mit Hab und Gut ein Raub der Flammen geworden und
bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Der Vater, dem die Schä-
deldecke zertrümmert und das Gehirn ausgebrannt ist, ist
uur zu erkennen am stärkeren Knochengerüft, der zur Faust
geballten linken Hand, die wenig verbrannt ist, und dem
Knöpfchen am Hemdärmel. Am besten erhalten ist der Körper
seiner Tochter Emilie. Sie lag, als sie gefunden wurde, mit
Gesicht und Brust auf einem Federkissen am Boden. Der Mund
war weit geöffnet und schmcrzlich verzogen, die geballten
Hände, mit denen das Msidchen jedenfalls das Kissen festhielt,
vor dem Gesicht. Aus der an den Armen vor Hitze gesprun-
genen Haut traten die Muskeln hervor. Die übrigen waren
noch schrecklicher zugerichtet: jeder einzelne Körper eine einzige
grotze schwarze Kohle mit teilweise fehlenden Gliedmassen.
Das Feuer hat mit einer rasenden Schnelligkeit um sich ge-
griffen, soiist hätte sich die bedauernswerte Familie noch
retten köniien. Wahrscheinlich wollte sie, die Grötze der Ge-
fahr nicht ahnend, noch einige Kleidungsstücke retten. Es
kann sich dabei nur um Minuten gehandelt haben. Wetzel
suchte einen Ausweg durch die Küche; hier fand man nach an-
gestrengter Arbeit die ganze Familie, in engem Raumei zU^
sammengedrängt, tot — zunächst dcr Thüre die Kinder, etwas
weiter nach hinten die Eltern. Sie wollten sich retten und
starben vereint eines schrecklichen Todes. Ob die mit deM
Tode ringenden bon herabstürzendem Gebälk erschlagen oder in
Folge des eindringenden Rauches erstickt sind, steht noch nicht
fest; letzteres ist wahrscheinlicher.

8dl Triberg, 17. Juni. (Gefährliche Lage.) Vor-
gestern Abend lief ein Streckenarbeiter auf der Eisenbahn-'
brücke beim Nutzbacher Tunnel, als gerade der halb 8 Uhr voN
Triberg abgelassene Zug auf der Brücke daher fuhr, was deN
Arbeiter bestimmte, sich zwischen die Schienen zu legen und
den Zug über sich wegfahreu zu lassen. Man hielt den Zug
an und zog den Mann unter den Wagen hervor. Er hatte
nur einige leichte Kopfverletzungen erhalten.

Aus Badcn. An der Bismarckfeier in Freiburg WE
len sich diesmal auch die katholischen Korporationen beteiligen-

Geschästliches.

Jn der jüngsten Zeit erhielt ich von einem französischeN
Geschäftshaus eineu Antrag, betreffs einer Stelle im miitle''
ren Frankreich. Die Bedingungcu, die mir gestellt wurdew
lictzen mich die Sache sehr verlockend erscheinen — nur betristns
mich der eine Punkt — die Kenntnis der französischen Sprach^
Wohl hatte ich — wie jeder Abiturient — eine gewE
Vorkenntnis; jedoch um einen sthlgerechten Satz geläufw
sprechen zu können, dazu hatte ich nicht den Mut.

Es blieben mir drei Wochen Zeit. Jedoch welcher deutM
Professor konnte mir in dieser Zeit — auch mit de
angestrengtesten Thätigkeit — eine vollständige Konversativ
in den Kopf ^iauken? Die schönen Aussichten am jenseitigeu
Seineufer schienen also zu Wasser zu werden und trostw
blickte ich in eine schwarze Zukuuft. Da fiel mcin ArgusaUS
auf eine in hiesigen Blättern veröffentlichte Annonce eiw
Sprachlehrinstitutes. Jch erinnerte mich, von der dort gelehr^
ten Methode etwas gehört zu haben und entschlotz mich
nolens volsns — einmal einen „Gratis"versuch zu riskierev'
um mich von der Möglichkeit selbst zu überzeugen. Als alC
Gymnasiast und Burschenschaftcr hielt ich das Schulbanksitz^
in meinen alten Tageu für etwas erniedrigendes und betru
daher die „Schule" mit etwas zaghaften Schritten. ^

Aber schon der erste Eindruck belehxte mich eines bessersi.
Ein prachtvoll ausgestattetes Bureau nahm mich auf und .
einer halben Stunde schon war ich in die Geheimnisse ^
französischen Sprache eingeweiht. ^

Jch folgte der Probes^mffe mit einer etwas sarkaftisch u
gehauchten Aufmerksamkeit. .

Mit eiserner Geduld lehrte man mich zuerst alle im
mer sich vorfindenden Gegenstände, bis der Lehrer zum Srhi, .
mich mit diesen Wörtern, verbunden mit dem Ausdrücken
Farben die korrektesten Sätze, Fragen und Antworten zst
den lehrte. Die Sache gefiel mir und ich erlaubte mir
Nihne Anforderung an den Direktor zu stellen, mir in
Tagen eineki vollständigen Kursus zu erteilen.

Jch that das immer noch etwas mißtrauisch auf den du^^
schlagenden Erfolg. Jedoch die Sicherheit, mit welcher
Herr Direktor meinen Vorschlag annahm, setzten mich stwas..-
Erstaunen. Mit Feuereifer gingen wir beide ans Werk. 2- ^
lich drei Stunden wnrde französisch parliert. Von Stuse
 
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