Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.23860#1222
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
MüMsi, 30. Ium 1B2

EKvstes Vlatt.

44. Jahrgang. — -N 149

Erschernt täglich Sonntags ausgenommen. Vreis mit Familienblättern monatlich 50 Pfg. in's Haus gebracht, bei dcr Expedition und den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post be-

zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.

Anzeigenpreis: LO Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hicsige Geschäfts- uud Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen an bestimmt
vorgeschriebenen Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf dcn Plakattafeln der Heidelbergcr Zeitung und den städt. Anschlagstellen. Fernsprech-Anschluß Nr. 82

Die Uertängerung des Dreiöundes.

B erliu. 28. Juni. Das Vertragsinstru-
ment zur Berlängerung des Bündnisses mit
Oesterreich-Ungarn und Jtalien wurde
heute Bormittag durch den Reichskanzler Grasen
Bnlow und die Botschafter Graf Scögyeuyi
und Graf Lanza unterzeichnet. Der
Dreibund ist unverändert crneuert worden.

Wir haben die Meldung am Samstag hier durch Aus-
hang bekannt gegeben. Etivas Ueberraschendes bringt sie
nicht, denn schon vor einiger Zeit war amtlich angekündigt
worden, daß die Erneuerung dieses Friedensbündnisses
bevorstehe. Seit 1879, seincm Entstehungsjahr, hat der
Bund, der zuerst nur ein dcrtsch-österreichischcr Zweibund
war, wesentlich dazu beigetragen, den Frieden in Europa
zu erhalten. Frankreich war damals noch sehr rcvanche-
lustig, denn seine Bevölkerungszahl und damit seine mili-
tärische Kraft stavden zu jcner Zeit nicht sa hinter der
deutschen zurück wie beute. Andererseits waren die Ver-
hältnisse auf der Balkanhalbinsel sehr drohcnd, ein Zu-
sammenstoß zwischen Rußland und Oestcrreich schien oft
unvenneidlich. Heute herrschen auch in dieser Beziehung
andere Verhältnisse. Auf dcm Balkan sind erträgliche Zu-
stände eingekehrt, Oesterreich und Rußland haben ihre
Jnteressensphären gegen einander abgegrenzt; Beide wünschen
vor Allem die Aufrechterhaltung des gegenwärtigcn Zu-
standes.

Jtal'en trat im Jahre 1883 dem Bunde bei, zunächst
ouf vier Jahre. Ter Bund wurde dann einmal auf vier
Jahre und dann 1891 auf zwölf Jahre verlängert. Auf
wie viel Jahre die neue Verlängerung sich erstreckt, darüber
spricht sich die osfiziöse Mitteilung über die Unterzeichnung
des Vertragsinstruments nicht aus.

BiS zum Ausschciden Bismarcks aus d-m Dienst hatte
Teutschland noch ein Rückversicherungsverhältnis mit Ruß-
land. Wie Deutschlond Oesterreich gegen einen russischen
Angriff beizustehen sich verpflichtcte, so verpflichtete cs sich,
Rußland gegen einen östcrrcichischen Angriff beizustehen.
Damit war der Friede doppelt gesichert. Aber Herrn
b. Caprivi war diescs Verhältnis zu komplizieit, er ließ
den Vertrag mit Rußland ablaufen und drängte die Russen
da;u, in die Hand Frankreichs cinzuschlagen, so daß jetzt
dem Treibund ein Zweibund gegenüber steht. Dcutschland
da: damit einen großen Vorteil aus der Hand gegeben;
cs hat freiwillig auf die Direktion des europäischen Friedens
vcrzichtet und muß nvn froh sein, wenn die beidcn Bunde
sich das Gleichgewicht halten.

Unter den verändertcn Verhältnissen bedeutet der Drei-
bund nicht mehr das, was er früher bedeutete. Aber mit
Recht hat Graf Bülow in der Reichstagssitzung vom 8.
Äonuar d. I. die Acußernng gethan: Wenn der Dreibund
sür uns nicht mehr eine absolute Notwendigkeit ist, so
blcjbt er doch im höchsten Grad wertvoll, als die
stärkste Garantie für den Frieden und den statrrs yrro und
°ls nützlichcs Bindemittel zwischen dcn Staaten, die durch
ttre geographische Lage und durch ihre historischen Tradi-
tioneu daraui angcwicsci! siud, giile Nachbarschaft zu balten.

So ist die Verlängerung des Dreibundes als eine
Sicherung des Fricdens auf eine weitere Reihe von Jahren
hinaus auf das wärmste zu begrüßen.

Aie Hrkrankung des Königs von Kngkand.

London, 27. Juni. Seit die gestern im Laufe des
Tages und spät abends ausgegebenen ärztlichen
Berichte bekannt geworden stnd, beginnt die heimliche
Spannnng, die bis dahin auf allen Gcmütern gclastet
hatte, nachzulassen. Der erste Schrecken ist schwer zu bc-
schreiben und wird wahrscheinlich den Londoner Stadt-
geschäften teuer zu stehen kommen. Wie von unterrichteter
Seite verlautet, wurden in Trauersachen ganz ungeheure
Abschlüsse gemacht, uoch bedeutend mehr als bcim Tode
der Königin Viktoria. Bei der nun erwarteten Genesung
werden manche Firmen fast unter ihren Trauervorräten er-
sticken. Heute reist unter einer Anzahl anderer Krönnngs-
gäste auch PrinzHeinrich ab, der während seincr An-
wesenheit allenthalbeu, auch gestern wieder bei seinem Besuch
im Buckinghampalast, vom Publikum mit ganz besoudcrcr
Herzlichkeit begrüßt wurde. Kommende Woche soll ein
Beschluß über den Zeitpunkt der vcrtagten Krönung er-
folgen, die alsdann freilich in cinen viel engeru Rahmen
eingeschränkt werden dürfte. Einstweilen gilt Anfang Oktober
als der geeignetste Zeitpunkt. Sobald der König einiger-
maßcn hergestellt ist, wird zur Erholung und zur Kräftigung
ein längerer Aufenthalt an Bord seiner Iacht in Cowes
in Aussicht gcnommen, wo ihm auch nach dem ungewöhnlich
rasch und günstig geheilten Bruch der Kniescheibe das Ver-
weilen gnt bekommen war und die herrannahende Aacht-
saison die erwünschte Zerstreuung bietet.

London, 28. Juni. TaS Reutersche Bureau erfährt:
Der König verbrachte die vergangene Nacht bei ziemlich
langem Schlaf. Die Aerzte waren am Vormittag sehr
znfrieden. Der Satz in dem Bullctin, daß dcr Verlauf der
Genesung ein langer sein werde, erklärt sich auf einen
Wnnsch der Aerzte, das Publikum darüber zu unterrichten,
daß man unter den gegenwärtigen, sehr günstigen Umständen
eine allzu rasche Heilung nicht erwarten dürfe. Jmmerhin
ändert dies nichts an der Annahme, daß die Krönung zu
Beginn des Herbstes werde stattfinden können. Der König
ist sehr heiter, kann lesen nnd mit der Königin, deni Prinzen
von Wales nnd anderen Mitgliedern der königlichen Familie
plaudern. Der Prinz von Wales und der Herzog von
Connaught befahlen, die Jlluminationsvorrichtungen an ihren
Häusern nicht herabzuiiehmeu. Ueberall bewahrt man diese
für den Tag, da der König vollkommen wiederhergestellt ist.

Unter den Tclegrammen, die bei dem König eingegangen
sind, befindet sich eincs von der Burenvcrsammlung in
Balmoral (Trausvaal), worin die Bitte zu Gott gerichtet
wird, das Leben des KöuigS und der Königin lange zn
erhalten.

London, 28. Juui. Der heute Vormitta2_TL E
veröffentlichte Krankheitsbericht besagtr Ter ^
eine gute Nacht. Die Besserung hält an. WiiS'm
erklären zu können, daß wir den König als aihO-^
barer Gefahr erachten. Das allgemeine Besi^.
sriedigend, doch verlangt die Wnnde noch besG ski

merksamkeit, und wenn bezüglich des Gesundheitszustandes
des Königs einige Besorgnis zu hegen ist, so betrifft dies
die Wunde selbst. Die Wiederherstellung des Königs wird
anch unter den günstigsten Bedinguugen notwendigerweise
Zeit erfordern. Die Veröffentlichnng der Krankheitsberichte
um 2 Uhr uachmittags wird eingestellt.

London, 28. Juni. Nach dem Bulletin von heute
Abend 6 Uhr verbrachte der König dcn Tag sehr gut.
Der Zustand ist andauernd befr i edigend. Der
König wurde nachmittags vom Bett nach der Chaiselongue
getragcn, was vollkommen schmerzlos vonstatten ging.

London, 28. Juni. Der „Central News" zufolge
wurde dcr König kurz vor 4.30 in sitzender Stellung anf
ein Sopha gebracht nnd befindet sich jetzt eutschieden
besser. _

Derrtsches Reich

— Mit der Aachener Kaiserrede beschäftigt sich
nun auch die vatikanische Preffe und zwar ist der dein
Kardinal Rampolla ergebene „Offervatore Cattolico" das
erste Vatikanblatt, das über die Aachener Kaiserrede das
Schweigen bricht und zwar in so origineller Weise, daß
die Verlegenheit gewiffer Kreise der Kurie offen zu Tage
tritt. Das Blatt kann freilich nicht umhin, die Behand-
lung der deutschen Katholiken und die ganze Richtung der
inneren Politik Deutschlands zu lobcn, die das Reich groß
und mächtig mache im Gegcnsatze zu Frankreich, das unter
der Herrschaft der Frcimaurerloge immer mehr verliere.
„Es gab", fährt der „Osservatore" wörtlich fort, „aller-
dings einmal einen kleinen Kulturkampf im jungen Reich,
>er einige Zeit andauerte. Aber heute ist jener Kultnr-
lampf nur mehr eine historische Erinnerung, und die
Katholiken können sich über schlechte Behandlung wirklich
nicht bcklagen." Trotz dicser erfreulichen Thatsache gerät
dcr „Osservatore" darüber ganz aus dem Häuschen, daß
der Kaiser gewagt, den Namen des Papstes in seiner poli-
tischen Rede zu erwähnen. „Warum giebt," so fragt das
Blatt, „dec Kaiser die Worte wieder, die angeblich zwischen
seinem Botschafter und dem Haupt der katholischen Kirche
gewechselt worden sind S"

— Der Bundesrat wird vorausstchtlich in dieser Wochs
die Frage der einheitlichen Regelu ng der deutsch en
Rechtschreibung einer Lösung entgegenführcn.

Diez, 28. Juni. Der Gemahl der Königin
Wilhelmine traf heute Abcnd auf Schloß Schaumburg ein.

Baden.

— Jn Bezug auf die letzter Tage vielfach behandelte
Praktikantenfrage schreibt man der „Breisg. Ztg.",
daß der Stand der akademisch gcbildeten Lehrer dankbar
anerkenne, daß die Regierung diese wichtige Frage mit
»n», behandelt und zu befriedigendcin

!r an zwei Schulen bleibt -ach
ichen Lage etwas zu wünschen
Oberrealschule in Hcidelberg,
Verhältnis der Profefforen zn
tenialls auf 2 : 1 ßellen wird

Kleine Zeitung.

— Kolmar, 25. Juni. Jn der „Landwirtschastlichen
Zeikschrift für Elsaß-Lothringen" berichtet Oekonomierat
Dberlin-Colmar nber das Ergebnis des Raketen-
Ichießens gegen Hagel vom 4. Jnni 1902.
An diesem Tage ging in der Colmarer Gegend ein schwe-
Gewitter mit Hagel nieder. Jn den Weingärten
bes städtischen Weinbauinstituts brannte man sofort,
Aachdern die ersten Hagelkörner gefallen waren, mehrere
Ritroglycerinraketen ab. Der Erfolg war ein guter;
llach mehreren Schüssen waren die Wolken oberhalb.der
Anlage derart auseinandergesprengt, daß Regen und
Hagel fast augenblicklich anfhörten. Dem ist es zu
berdanken, daß in der dortigen Anlage kaum nennens-
b^erter Schaden vernrsacht worden ist, während in den
vnderen etwa 400 Meter entfernten Weingärten ein gro-
?dr Teil der Ernte vernichtet worden ist. Die Versuche
lallen sortgesetzt werden. Die Raketen waren bisher
Nitroglycerin geladen: ihre Verfertiger, der Feuer-
cherker Scherdlin in Straßburg, hat weitere Seiidungen
ledoch niit Schießbaumwolle geladen, von denen er eine
llrößere Wirknng erhofft.

^ — Tresden, 26. Juni. Der Meißener Do m-
^.vuverein hat in seiner letzten Sitzung beschlossen,
i n ^sisvw nach dem Projekt des Oberbanrats Schäfer
iZweitürnie-Projekt) zu banen und den Vertrag iiber
Atisbau des Domes mit diesem unverzüglich definitiv
avziischiießaa. Bekanntlich hat der Schäfersche Plan in
^achkreisen vielfache und heftige Anfeindnngen ersahren;

Eittmände hat also der Dombauverein unbeachtet ge-
- lstn. Ow werden übrigens nach Aeußerungen des
i tztgen Königs Georg auch von diesem geteilt. Ein

o

großer Uebelstand bei Ausführung des
Projekts macht sich schon jetzt bemerkbar:
mente und Niauern im llntergeschotz des jetzü^
müssen bedeutend verstärkt- werden, er mS'o
schäfte von unter her erhalten. Diese
können nur in die aus dem 13. Jahrhundert ^
Kapellen in den Eckräumen des Turmes in
von Meter eingestellt werden, wodurch di ^
6 Meter im Geviert messenden vornehm wir^
pellen bedeutend verlieren. ^

— Kici, 28. Juni. Das Ergcbnis de^-D>
Segclwettfahrt des kaiserlichen Uachtklubs in ^
ist solgendcs: den erstcn Preis erhielt „Cicely",^
„Metcor." — e-

— Ncber das Tcstamcnt König Alberts von ^
lantct, daß Shbillenort an seinen Nachfolgcr Geo^
Königin-Witwe behält jedoch die Nutznietzung. — w
sollen die sämtlichen schlesischen Besitznngen dc^
Königsfamilie stets bei dcm jeweiligen Künig ver^-
— Zu eincr eigenartigen Ehrenrettung unsS >r>
habcn sich, wie nachträglich bekannt wird, geb^
letztcn Uebungsreise des Erstcn Geschwadcrs zwe
Linienschiff „Brandenburg" veranlatzt gesehen.
halte dcs Geschwaders in Dublin vcröffentlichte ^
Blatt eincn Artikel, in welchcm dic deutschen
ländischcn Hauptstadt einer Kritik untcrzogcn
nntcr andcrem behaiiptct war, nnscre Marinci^.^
sähen verhnngert aus. Eine solche Behauptun,^
belacht, der unsere Blaujacken, insbesondere vom ^
personal, kcnnt, glaubte der Bottelier Feder von de — »i
burg" uicht auf der Flagge sitzen lasseu zu sollen. ^
der scine 260 Pfund wiegt, nahm einen Matcri^-
maat von 240 Pfnnd mit sich, bcgab sich auf d^ ^
dcs Blattes und verlangtc Widerruf dcr beleidigeiü^
tung, widrigenfalls er und sein Kamerad ihr,^.

cv

^ i;

^ o

tung zwccks Veröffentlichung zur
Iirch den Leseru die Windigkcit der
luimduug ad oculos dcmonstriereir
10 Pfund Lcbcndgcwicht machte dcr
lattes gutc Miene zum bösen Spiel,
Is Jrrtums scines Rcporters und
lüe Bildnisse dcr beidcn Deutschen
lirühere Mittcilung des Blattes zu
I.Heinrich, der von dem Vorfall er-
lhte; cr lietz dic bcidcn Leute zu
ün der rettenden That, nnd crklärte,
I, daoon machen zu wollen.

Dicr sind mehrcrc Fälle von Cholcra-

Eine I e n e r s b r n n st zer-
Iviertel mitten in der Stadt. Der
iPfund geschätzt.


erarisciies.

Iregcnd durch Wort und Bild weitz
instgcwerbe fnrs Haus" (hcraus-
Verlag von Otto Lienekampf,
ze 9) ihren Lcserkreis immer vou
jgt das Juni-Heft derselben wieder
Von seinen originellen Vorlageu
>r die beliebte Point-lace-Spitzen-
fbrand und Holzbrand, für Ap-
kerci, für cin Gobelin, sowie für
Schmuck besonders Erwähnung ge-
iber die Düsseldorfcr, Turiner und
sstellung bieten jedem Kunstfreund
rzeitige Kunstschaffen. Sehr er-
en obiger Zeitschrift, in diesem
r Originale im Hamburger Kunst-
alten. Sie wird dem „Kunstge--
viele neue Freimde erwerben.
 
Annotationen