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Heidelberger Zeitung (61) — 1919 (Januar bis Juni)

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Nr. 27 - 50 (1. Februar 1919 - 28. Februar 1919)
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Nr. S6

HsAUerger Zettung

Mrttwoai, oen l^. rzenruar lt/lv

Fernsprecher Nr. 82 und 182

Baüen und Württemberg m
einem Ltaate?

Zn der mllrttembergischen Landesversaiilmlung
ist unleingst der bernnnte Abg. von Hieber sllr
eine Aercinigung von Baden und
W ll r t t «5m b e r g mit warmen Worten und
guten sachlichen (vrllnden eingetreten. Eine wert-
volle Erganzung und Unteritugung seiner Beweis-
grllnde finden wir in einer soeben im Verlage der
Heidelberger Verlagsanstalt und Druckerei (Theo-
dor Verkenbusch) in Heidelberg erschienenen Bro-
fchure von Dr. Manfred Eimer, bisher Stu-
dienrat in Straszburg i. Els.: „Zur terri-
torialen Neugestaltung des deutschen
Freistaates und zur Darlegung der
Eründe unserer inneren Schwäche"
(Preis Ntt. 1T>0) in der der Verfasser u. a. folgende
Velege fllr die Richtigkeit seiner Anschauung am
fiihrt:

Wenn man sich das geographisch-politische Bild
vergsgenwärtigt, welches Deutschland kllnftig im
Slldwesten bieten wird, so sieht man, datz zwei
M r t t e l st a a t e n, die den vorgeschlagenen neuen
nördlichen und mittcldeutschen Gebieten an Eröfse
w-'it nachstehen, dort an der französtschen
Grei ze bcstchen bleiben sollen, unveränoert. lns
«'if dic Einbeziehung Hohenzollerns (vermutlich)
in Wiiritembera. Dieser Vollsstaat wird dann
um einiges größer sein als Schleswig-Holstein:
Buden wird etwas kleiner sein, als die üsidcn
^bkccklenburg. Vis auf die Slldstaaten w'rosn
alle ubrigen deutschen Volksstaaten B r -
den und Wllrttemberg an Ilmfang be-
deutend übertreffen. Tie beiden siidwest-
deutschen Länder werden an Eewicht daher bedeu-
tend verlieren, namentlich, wenn ihnen der Nim-
bus des Königlichen und des Eroßherzoglichen
fehlt, der bisher den Maßstab fllr ihre Erötze be-
deutend verschob.

Ueberdies ist Badey- wie ein Vlick auf die
Karte zeigt, ein ganz „zufällig", d. h. durch
dynastische Erwerbungen geschaffenes Land von
ziemlich verzweifelter Eestalt. was ganz besonders
fllr die Vettehrsverhältnisse und dte wirtschaft-
lichen Verhältnisse ieder Art bedeutend und nicht
zum Vorteil ins Gewicht fällt. Baden ist cn,
ourchaus unorganisches Erenzgebiloe.
Stammlich ist es geteilt in Franken und Alema i-
nen (Schmaben), während in Württemberg nur
der nbrdlichste Teil fränkisch, das übrigs schwä-
b'üb is«. Schwäbisch aber ist auch der siidwestliche
Teil von Bayern zwischen Ulm, lAugsburg und
Lindau.

Ma" hat nun daran gedacht, die alten deut-
sckisn Stiimme teilweise — dort. wo sie noch deut-
lich vo.honden sind — zur Grundlage ciner Neu-
c'iueilung zu machen und auf diese Weise ein
Sck'waben auf deutschem Neichsgebiet herzust'llen.
Andererseits hat die Erschlltterung unserer Zeit.
wobei das Selbstbestimmungsrecht als erschllttern-
der Faltor vorllbergehend stark mitspricht, nichts
gezeitigt, was separatistische Neigungen zwishcn
Nord- und Slldbaden andeutete. Die Ueberbrük-
ki",g der Stammesgegensätze ill doch nur erfreu-
lich. und die Pläne, die auf Neuerstarkung des
Slammesbewußtsein hinarbeiten sind national-
erzieherisch so verfehlt wie möglich, und nur ge-
eignet, den behaupteten Mangel an politischem
und nationalem Jnstinkt in den betroffenen Ee-
bieten künstlich zu beleben und zu schaffen. so ist
nicht zu bestreiten, daß eine andere Erziehungttat
im SUdwesten sehr warm zu befllrworten wäre.
nämlich die Vereinigung von Wllrttem-
berg, Baden und Hohenzollern nebst
dem bayrischen Schwaben. so wie sie sind.

Diese Vereingung wiirde — was sehr zu cm-
pfehlen ist — gegen Frankreich und die
Schweiz ein geschlossenes und ansehnliches
politisches Staatswesen schaffen: dieses Staat we-
sen wäre geographisch ausgezeichnet abgc-
rundet. während die jctzigen Erenzen rein duna-
stischer Natur lsind. Auch der Schwarzwald ist,
seiner plateauartigen Natur wegen, kein Erenz-
gebirge. Die beiden Länder Württemberq und
Drden wllrden sich wirtschaftltch und verkebrstech-
nisch trefflich ergänzen. Eroße Schnell-
zugslinien fllhren jetzt nur wenige von Noroen
nach Süden. und es herrscht stets eine fühlbare
Eifersucht zwiscben beiden Bahnverwaltungen. Von
Westen nach Osten führt aber nur eine vielbefai-
rene Schnellzugslinie. die von Karlsruhe u-d

Bruchsal über Stuttgart nach Mllnchen, durch
Wurttemberg. Die Luiie Freiburg—Ulm hat nui
sekundäre Vedeutung. Es fehlt abcr eine Schnell-
zugslinie in norowestlich-judöstlicher Richtung
lMannheim—Lindau). die wegen der Eifersucht
der Teilstaaten bisher wohl gar nicht erwogen
morden ist: auch Vayern will den Verkehr voi
Lindau aus nördlich, nicht nordwestlich, leiten.

Auch in Bezug auf dio Stromgebiete böte
eine Vereinigung grotze Vorteile. Dte einheitluhe
Bidensee- und Nheingrenze und die einheuliche
Schiffahrt auf dem kanalisierten Neckar wuren
nicht hoch genug zu schätzende Borteile für dns ge-
mcn.same Staatswesen. während sie in der Hand
vo i Einzelstaaten nicht genügend ausgebeutet
werden können, und überdies die Erenze, die den
Neckar schneidet, ebensowenig vorteilhaft wärr,
mie die, welche den mittleren Einschnitt des
Schwarzwaldes, das Kinzigtal, politisch in
zwet Teile trennt, was ganz besonders in dem
Bahnvertehr auf dieser wichtigen Linie. die keines-
wegs entsprechend ausgenlltzt wird, fiihlbar ist.

Es kommt aber hinzu, datz in Zukunft auch,
neben Mannheim, der Ort Kehl als Stapel-
und Erenzort gegen das nicht mehr deutsche
Elsatz an Bedeutung ganz ungemein gewinnen
wird. Um diese Entwicklung zu fördern und aus-
zunlltzen, wird es eine Notwendigkeit sein, Ver-
bindungen ni kllrzester Entfernung nach Wllrttem
berg zu schaffen. Auch für Württemberg hat Kehl
eine sehr bestimmte Zukunftsbedeutung. Der
Transitverkehr durch Süddeutschland mutz sdurch
Württemberg nach Kehl gehen. Entweder die
Kinzigtalbahn muß also eine Vollbahn werden,
oder es mutz endltch der K n i e b i s t u n n e l ge-
schlagen und die Kleinbahn im Nenchtal (nach
Nppcnwei''r'> cine Vollbahn werdcn. Wllrttemberg
hat also sowohl in der Richtung Nannheim wie
in der Richtung Kehl alles Znteresse. in das Rhein-
aebiet etnzutreten. Baden dagegen hat alles
Jnteresse, wirtschaftlich mchr Ausdehnungsboden
geac" ollcn zu newinnen. da es geographisch zu
unglllcklich gestaltet ist. um auf sich allein ange-
wi"sen zu blcihen. Die inirtschaitlichen Verbält-
nisse werden sich immer mehr als die matzgebenden
gegenllber den territorialen Eegebenheiten er-
weisen.

Nuch die Städte Ulm und Lindäu könnten
nur gewinnen, wenn sie aus ihrer. ourch nahe
Landesgrenzen bedingten Enge herausgehoben
wllrden. Nicht umsonst ist ein eifrigar Vorschlag
zur Schaffung eines neuen Schwabens von Ulm
ausgegangen. (Rektor Magirus).

Natllrli ch darf keiner der in Betracht kom-
menden Staaten den anderen majorisieren wollen.
Es mutz der Bevölkerung zunächst ihre Zusam-
mengehörigkeit zum Bewutztsein ge-
bracht werden. und dies ist gerade da der Fall.
wo die wirtschastlichen Vortcile vielleicht weniger
durchschlagend erscheinen: im Schwarzwald.
Die künstlich geziichtete Abneigung zwischen Ba-
den und Württemberg ist natllrlich besonders leb-
baft an der Erenze. Eerade hier sind aber viel-
sach territoriale Verschiebungen vorgekommen.
Sehr bekannte Eegenden Badens waren früher
württembergisch (Nenchtal. <ä'-»rnb''rg, Triberg,
Schiltach), i,nd sind dabcr hei^e meist noch prote-
llantisch. Die napoleonische Zeit erst schuf die
Erc"'"". v',» ste heute sind. Sie sind gewitz nicht
unabänderlich.

Eine Frage, die mit der Eifersucht der Ee-
biete zu rechnen haben wllrde. ist die der
Hauvtstadt eines solchen Südwestlandes: w e-
der Stuttaart noch Karlsruhe könnten
es bleiben. Die Billigkeit wllrde eine Neu-
gründung verlangen. Eine alte freie Reichs-
siadt wllrde als Vorort des Volksstaates zu em-
pfcblen sein. z. B. V i l l i n g e n auf dem Schwarz-
wald und an der Hauvtlinie Ostenburg—Konstanz
sowie an der Linie Villingen—Nottweil.

Aengstliche Eemllter möchten daraus dsn
Untergang von Stuttgart und Karlsruhe pro-
phezeien. Die landläufige Vorstellung ist die, datz
eine grötzere oder völ'iae Vereinbeitlichung die
befruck'tenden und vielseitigen Kulturzentren in
Deutschland beeinträchtigen oder vernichten wllrde.
Zu bemerken ist dabei zunächst. datz man dabei
meist nur an die Nesidenzen gedacht hat, es aber
ganz autzer acht läht. datz neben diesen auch an-
dere Kulturzentren in Deutschland bestehen und
immer weiter ausblüben und die von einem Ver-
schwinden des Nesidenztheaters von Stuttgart,

Dresden, Miinchen gar nicht weiter berührt wllr-
den.

Unier Kulturzentren, deren Vestand bedroht
sein könnte, kann man nicht nur Handels- oder
Zndustriemonopolen, wie Vremen oder Essen, son-
dern historisch weit zurllckreichende Mittelpunkte,
alte Vischofs- und Reichsstüdte, Universitäten und
Haupt- und Nesidenzstädte. ,verstehen. Fllr die
letzteren ist die Stunde der Eesahr etzt da, wo ihre
Förderer und Gönner, die Fllrsten ausgeschaltet
sind. Für die ersteren — wie Nürnberg, Heidel-
berg, Frankfurt, Hildesheim, Göttingen — ist es
ziemlich g l e i ch g ii l t i g. ob sie einem Einzel-
staat oder einem einheitlichen Neich angehören.
Aber — bis auf die Hoftheater, deren Einnah-
men stark von den Fllrsten abhingen — auch in
den Nesidenzen wird, sofern sie heute Kulturzen-
tren sind, sofern sie also die Vedingungen, solche
zu sein, besitzen, kein Rückgang eintreten können.
Was ste haben, gehört und bleibt ihnen. Man
denke an München, Stuttgart. Dresden. Auch viele
preutzische Städte haben, trotz Berlin. ungeheuren
kulturellen Aufschwung genommen: Köln, Bres-
lau, Frankfurt. Die Verkehrslage ist viel-
fach ausschlaggebend. Vielfach der Erllndungs-
sinn der Vürger. Einer allzugrotzen Zentralisa-
tion kann man planmätzig vorbeugen.

Karlsruhe, welches mehr Durchgangsort als
Mittelpunkt ist, und welches hauptsächlich durch
die Dynastie zu dem geworden ist. was es ist, wtrd
vielleicht die Absetzung des Fllrstenhauses zu ver-
snüren haben. Äei Stuttgart ist dies nicht der
Fall, und auch wenn eine andere Stadt zuv-
slldwestlichen Hauptort erwählt würde, wird
Stu ttgart nie mehr rückwärts gehen. Seine
Entwicklung ist unabhängig von dem Ehyrakter
der Hauptstadt mächtig im Eange.

Sollte man also nicht etnsehen, datz das, was
man Mangel an politischem Jnstinkt beim deut-
ichen Volk nennt, was aber zumeist ein Produkt
der dynaftisch- partikularistischen Erziehunq ist
einem grotzen Gemeinsinn weichen kann und mutz.
wenn man eine grotze Einheit in Deutschland
scbafft, so sollte man doch di» Teilunq in kleine
Staaten im Slldwesten aufheben. Man kann
dort gar nicht genug konzentrieren,
und dte Trennung ist eine allzu bedauerliche Tat-
sache, die, je näber Frankreich dem
Nhetne rückt, um so grotzzllgiger beseitigt wer-
den sollte.

Aus BaLen

Protestversammlung der badischen
VuchdruckereLbcsitzer

Zum Protest gegen di,e den dculsch-n Buch-
druckeve-ibOtzern aufLienötigten. das Ewrerbe b.-
H nrrachtl-goi.iseii Lohnerchöh.ii >sn fand in Karls-
ruho eine «us -allen Teilen dos Laindes alLnstend
üeluchde Vevicvnrmluna aller Beruss.auig>s.>örigen
statt. EinWiniinig kam dcrb.'i die Entrüstung zum
Au.Ävuck gegen die Bergewaltigung durch den
Tcvriifcvusschutz, umd >amsimbmslos wuvde s-Lstgöitellt.
dast die leider -auch von don Regievungsn <iE.e-
zwungeuen Löchne. die bedcruerlichsten wi.rlschafl-
lichen F-olgen chaben: Arbeitslosigkttt und Will--
legung der Betriicür. Bei der Unmöslichk it. ge-
genwärtig Sine richtige Wllrdigung der wir.schM-
lichen ^twendiakoinen bei Vrivatsn oder Bebör-
deu M finden. wullde der Vorschlag M>r Grün-
dnng einer en-gen Z n tero s se ngem et n-
schaft der badischen Buchdruckereibe-
sitzer mit lebhaster Zustimmung begrllstt. Von

hoffsn alle^Miiglieder.'' datz eiidlich amch' wieider
d'ne Arbeitgsberintcrcsien M ihrom Recht kommsn.
dte letzt-en Endes Mgluich die Zntevesien dsr Ar-
bettnehiner sind. Nur d'e endlichr Abkdhr van
den betretvnen vsrdsrblichsn Babnen und die
Rückkebr M den Siunden. früber durch die Darrf-
gsmsmschaft gnrantiertsn V.rbMrisssn mag das
badische Buchdruckg>ewerbe vor dem Zusanrmen-
brnch zu bsrvaibr.cn. Die ne>" aegründeie Bsimin',-
gunq bädischer BuckDa'nckereibSsitzer bat dii^ A"f-
gabe. die Oeffentl'Meit mit dcn bestcbeniden
schwierigcn Dsrhäiltnisien vertraut z„ machen und
ste zur Mithilfe ai'iszurufsn. Es wiurde folgenbr
Entschlietzung gefatzt-

,,Badens Buchdruckersibdsitzsr lsgen ern-ste Dsv-
wcchrimg ein segenäber den -das Eewerbe uufs

Seite 3

schwerste 'schädigsnden diktatoriMn Matznabmen
dec Berlmsr Vuctzmuckcrüats; sre erwarten vom
deutsche.i Buchdruckerverein. dcch er sich dsr durch dis
Berliner Bsschlüsie in iihrsm Lobsnsnerv getrE-
nen Jnteresien der Provin; annechmr und damit
den erschüttertsn Elaubsn an dss deutsche Tarifge--
msinschast wiederherstelle. Bcvdcns Buchdrucksrei-
bositzsr bedauern auf das lÄbhcrftsste. hatz dis Lcnr-
dcsrsgierung sich den Beschlutz der Berlinsr Negie»
rung zu eigen genmcht hat, dts diktatorischen, das
Buchdruckgenver-be schädigendeu Niahnahme.i unbe-
rufencr Jnstanzen gutzuheitzen, sodah dis Zn-
tsresien des badilschsn Buchdruckgowerbes damit an
keinsr Stells gowahrt wuvden. Trotz wr derboltcn
Vorsvrachen und Sch eiben. irotz besonderer Zusags
'oes Horrn Minister Martzloff, ist es biv bsute nicht
gelungen, das Ge-sllmtm'mistsrium zu siner bcstimmi-
ten Erklärung zu veranlasien, dah als Jolge des
ministeriellen Bsschlusiss alleiv staatlichen Bshörden
und öffsntlichen Körperschcrften die Vszahli'ng ent-
syrochend höherer Prsise Mr Pflicht gemacht wird.
Die Wirkung der unnatürlichen un>d nur in Ber-
liwer und ErotzstaidtverhäUnisisn begrllndeten Lohn-
treibereien ist der vorrusgssagte, nunmshr sur
Wirklichkeit gewordene Rückgang der Auf-
t r ä g e, der oine weitgehenide Arbeitsein--
schränkung und Arbsitslosigksit zur
Folge hat. verlangen deshalb vom Minrsts-
rium, allen öffentlichsm Auftraggebern dte E r -
teilung von Druckaufträgen zur Pflicht
zu machcm. Wir stöllen fsrnsr das Verlangen, dah
der Berliner Vertrstsr dcx badisch?n Regisruna
dcn in Berlin herrschswden zsntraltstischen, unsere
badischen Zntcvesisn verletzenden Neigungen. entge-
gentvitt. Badsns Vuchdruckerebbesitzer legen ernsts
Verwahvung sin gegsnübsr den das Eewerbs schä-
dtgenden düktatorischsn Mahnahnren des Berlinev
Duchdruckerrats. Sis srwarten vom Tarifausschu^
d»r deutschen Bucktdrucker, datz sr sich dsr dur.ch dis
Bcirlmer B ischlllsie in iihrsn Lcibensnerv gstroffenen
Zuterssien dsr Provlnz annshme und damit den!
crschüttetten Glcrulben an die -dsutschs Tarifg»mein«
fchaft wleder hersislle. Dis Vevsamrmlung srwart't
demge-mäh dis Rllcksichtna-Hms aiuif dis Be ihäslntsis
i" der Provinz und fie verkäklt n'cht dis Mögl-ch-
keit dsr Grüiydung einer Siiddeutjchen Tavifgsmein-
ichaft."

Zandel und Berkehr

" Der Aussichtsrat der Schleppschiffaytrsgeseltz
schaft auf dem Neckar hat auf Freitag, den 7.
März eine Eeneralversammlung nach Heilbronn
einberufen.

* Die Vorschriften über den Zahlungsverkehr
mit dem Ausland werden z. Zt. von der Handels-
kammer Berlin neu zusammengestellt u'nd dem.
nächst herausgegeben. Den am Verkehr mit dem
Ausland beteiligten Kreisen kann nur dringend
angeraten werden, sich diese Zusammenstellung. die
auch von der Reichsbank und dem Reichswirt-
schaftsamt empfohlen wird, anzuschaffen. Anmel-
dungen zum Bezuge werden von der Handels-
kammer Heioelberg entgegengenommrn.

* Die Wiederaufnahme der Wirtschaftsüezie-
hungcn. Da Spekulanten im Ausland versuchen,
auf eigene Faust Lebensmittel und andere
B ed a r f s g e g e nst ä n d e zur Ausfuhr fllr die
erste Zeit nach dem Kriegsschlutz aufzukaufen, hat
das Ministerium des Znnern die Bezirksämter
angewiesen, vor Erteilung der Päsie mit tunlich-
ster Beschleunigung eine Aeutzerung der zujtändi-
gen Handelskammer einzuholen, wenn Be-
denken in der angegebensn Richtung nicht ausge-
schlosien sind.

* Die Firma W. Sarasin in Säckinqen hat sich
aufgelöst. Der umfangreich- Betvieb der Ms-
berei cruf dcnn Malbe rst durck Kauf auf di^ nsuo
Firma S e ide nba ndwsbsr et Säckingen
E. m b. H. übergegangen.

Za, teuerer Freund. du hast sehr recht,

D>e Welt iü ganz erläruüich schlechtz
Ein jcdcr Mensch ein Bösewicht —

Nur du und ich natürlich uicht,

Baehr

Oassels Verhaftung

Humorist. Bsrliuer Roman von Friedrich Hey.
(27. Forlsitzung.)

HiVde svschausrte bis ins Miark vor divsir o'rsigsn
Kälts. All rhre küiistsiche Uirbsfangvniheit. ichr ver-
-woi'fLltcir Mut erfror. Jhr Atcm ftockte, sie war
keinss Mo-rtes fähig. W'.e sollte sis jetzt von Lh -em
Ungilück. von ihrsr Familie ber chtcn-, Ts-jlmiLms,
Mitleüd und Rat srhoffen können? Ach. wenn das
Haus doch tn> diessr Minuts zusanvmsn-stllrscn
wollto! Lisbsr Eott, disser Augenibllck war das
Echvecklichsts von allem!

„Sis bocvbsichtigsn. dsr Polisei e'me Mol>du.na zu
machen, gnädiges Fräuiloin?"

. Elibarme dich, Hi.»rmel, idiässr entsetzliche Ton!

Sis warf ichni einen Blick zu, einsn unfäglfch
schrsckensvollcn und wshmlltigen Blick, wie c-iu vsr-
wuwdetes Reh: und nun plötzl'.ch schlug sie. aller
Fasfung bar. dis bohand'schuihten -Hän' ie vor di»
Angen, brach in dcnn Stubl zchanrmcn nnld fing
bittsvlich an zu schluchzen.

«Hcirr Leutnant. ich rveitz, ich habe Sie furchf-
bar gek üukt, Sie — S's — S'.s können nüir ia
gar nrcht verzeiihen — ne'n — tch weitz cs — absr
Sis siud ein cdlsr Me.isch!"

Max Lange satz w'.e ve-rsteinett.

„Fa, das sind Sie, ich wsitz es, und wmn! fch
§is b'otte, mir zu helfen, so tun Ste es cswvtz, trotz
Eam, was ich Zhnsn angetan habe —"

Mlax Lange horchte crüf mid ritz sich susammen.

,.Mein gnädiges Fräulein," sagte er. zwar sehr
dienstl'.-ch, abcr doch tmmerhiiv mit s'n-ciV uimvill-
kürlichen We'chheit dsr Stiimine, .^uerst berMgerl
Sis fich e'rnmcrl und dcrnn srMlen Sie mir, was
vorgsfiallsn ist."

Er dachte i,m Augenblick an alle Möglichkeitsn,
dis bei einer iungen Dame in Frage koinmeni konn-
ten. Ob iihr viellecht die Böllso gastohlcn w>urds,
oder ob sie auf der Stvcvtze von frechen BengSln be-
lästigt wovdsn M? Wrr sjFes war klar. sie war
iu höchster Aufregung uckö kcrm, am bei ihnn Bei-
stvind zu suchen. Selbstoevstän!dlich würde er ilhr in
rittsvlicher Wsise zur BeTügung stehen. Asber es
war sein fsfter Entschlutz, diche Angelesenheit irur
amtlich zu bähairdeln. Er svislte nsroös mit dom
Bleistist.

„Also bitts, berichten Sie mir!"

„Jch habs S'.e gcfränkt — o —" schliuchLts sio
woitsr, „ich weih cs."

Der Poliizeileutnant srhob sich etwas au!f seinsm
Sesssl und fagte: „Moin gnädiges Fräuls'm, bitts,
davon gar keine Erwä-Hnung. daß sind Pvi-vatsachen.
dis nicht rns Amtszömmer g.ihören und llberdiss
längst vorübor sind."

Hildchen rang weiter dle Hcin.de und b-lisb fas-
smgslos. Dis Szene wu:be invmer peinlicher. Fte-
bernd vor tnne.sr Qual, ttvpre Max La. ge mit dsm
Stift anf dsm Rand des Tintenfasjo was eine
leiss, aber sonbieibare Mnsik in dsr. beklemmsnden
Stille heuvo-rrteif.

„Aüe-in gnädiges FväMlc'm, ich watte auf Zhre
'Mftterl-unge'n, denn sher bin ich n'cht imistands,
Zhnen ivgendwi-e xu Disnstsn zu. fein."

Da sprcnig sie auf.

„MEu B.fter ist v'rhaftet, msine Muttsr
auch".

Und nun erfolgle wied-rum oin furchtbarer
Xränvnausbvnch. Wenn sich Httde Dafsel selbst

bezichtigt hätte, bei Mertheiim odvr Di-etz oinen
Ladenidiebstahl verllbt zu haben. l-ätte Leutnant
üangs sis nicht verdutzter anstarren köunan, als
jetzt.

»Jhr Herr Vater verhaiftet?" und dabri
schnellts sr empor.

öZa. ja, sie habsn ihn abge>s!llhrt ins Unter-
suchungsgefänguis, nnd die Loute -sagon, or würde
so balkd nicht wisider hevcvuskoimmei!".

,Mber msin Gott, wa.mn denn?"

»Er soll Eold untsrschlagon habcn".

Vor Max Lanses Angen schien die Amtsstubs
zum Üuft-schrfs-Karussell zu wevden. Alles um
ihn hevuni jchwankts und drohls srch. Er war M
dnrchcrus nicht vvn Schwärmerei für Hirrn Das-
j-el beseslt, abor so otwas. nciri. das hätte er nich
sür nröglich gohalten. Dasiel erfvauite sich doch
tminerhtn als Eeschaftsiinann eines snten Nufcs.

„Das glauibe ich einfach nicht. Wolche Leutio
hcvben Jhnem das crzählt?"

„Atartha, Mavis, Fritz und Liiia, unfsre
Dienstboten".

Als svo den Leutnant lttse lächoln fcch, geriet
sie in Enipörmig.

..Za doch, ss i!st wahrhaflig so. die Leute kön-
nen doch nicht lügen, sie haben ss fa mit ange-
sthen'" nnd stwas leiisier fügte sve hinzu: „Ein
Krimtncvlpolitzist ist in unserer Wohnung gewesen,
uüd hat alls beide nach Moabit gobvacht".

Ah, jetzt war er im Bilde.

Trotzdom schien etwas nicht zu Mnmsn. Gesetzt
den Fall, Herr Dassel hätte wirkbich etw-is b---
gangen, wie käme dnnn das Eericht dazu, aluch
dte Frau zu vsrhaften? Bei Fvcru Klava wärc-
boch vins Schnld «änzlich ausgoschlosien.

..Jhvs El!ern lvide?"

..Fa. Mcrma foll wahrschsinlich ausssfragt
w-erden".

„So!"

Das klang pbciiusibes und nun wöegte er nicht mchr
niit dem Kapfe hin und her. Sve sah ihn schsu an.
Der j-nnge Polizeioffizier schaute kroidebleich
aus, unb der Bleistift zitterte ganz lcli-se in sei-
ner Hwnd. Nun, er war nicht aanz tsftn<chmslosl
Ihr Mrrt kam langsam wteder.

„Ach, Herr Leutnant," xamjmerte das crvme
Kinld weiter, „das ist doch alles zu schveckl-ich.
am Moiitag -wird der Konkurs eröffnot. Eott,
das mag j-a alles noch schen; aber Papa, meia
lteber, guter Papa, der wird nun angeölagt, dis
Schmach, die Schande! Und er iist gowitz unlschul-
dtgl Ach Herr Leutnant, Ste müsi-on mir helfenl"
Jii ti-efsm Mitleid htngsn Maxeais Augen air
der reizendem Mädchongestalt. Zn ähvem Kum-
mer und Schmerz rührte sis ihn nmso tiefer.

Alfo. das war der Papa Dasisl! Voi -aller
Erohartigkeit und aller Aivmcchung isteckte im Jn-
nern ein schuftigor Kerl, oin Verbrech-rr, der dicse
liebliche Tochtsr iiis Unglllck stllrzem konnts, die
nun in ihrsr Unschuld und Herzensangst zu der
dem Ecricht am nächsten sslegenen Polizttsta-ioir
goflllchtst war. Lange ruhte sein Blick evuf ihr.
Der ElillNz des Dasielfchon Häuses mar dabin, das
ftand fest, sis waren arm, sie waren mittsllos ge-
wordenl

(Fortsetzung folgt).

«loZZph keir Löhne!

Oecc''. l667. I-!r>fmöbskfsdr!Ic

T'eiepli.

kiriupt8tco88ö 79. ^kskcks dorZ LL>c; ttienm»..-

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in cin'acl'er Kis felnster ^»sfUbl-un<.
 
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