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Heidelberger Zeitung (61) — 1919 (Januar bis Juni)

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Nr. 51 - 76 (1. März 1919 - 31. März 1919)
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https://doi.org/10.11588/diglit.3202#0301
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Heideiberger Ieituirg «rschtint an jcdrii, Mochentag mittal,s !2 Nhr. Amtlichrs Verkitndl-
gungsl.latt. Bratisbeilag«» sind ül« H«it.«ll»«rg«r Familt-ndlattkr. auherdrm amtltcher Wohnung»-.
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Hauptschr.stleltcr: Uurt Fischer in Hetdelberg.

Druch u. Verlag: Theodor Verkenbusch, Heiöelberger Berlagranstalt u. Druckerei, tzeidelberg.

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Bei Wiederholungen Nachlah uach Tarif. Erfkllungsort ist Heideiberg. lkiuzelverkauf >0 Pfg.
Dr » ck u. VerIag: Theodor Berkenbusch-Heidelberger Verlagsanstalt u. Druckerei Heidelberg.
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^ lUnabhängige Tageszeitung)

verkundigungsblall für Nordbaden nnd die angrenzenden Teile von Bayern, Hessen und Württemberg.

Nr. 54

Mittwoch, den 5. März 1919

61. Iahrgang

Der Generalstreik in Serlin

Die Gefahr im Osten wächst

Wie von mUltärischer Secte mitgeteilt wrcd, ist
die mtlitäriische Üage dsr B o l s chew tfte-„
so günstrg wte noch nie zuoov. Sie hatten im
ganzen 11 Fronten. Sie tvagen sich jetzt mit der
Fdoe, Spwrtgkus die Bruderha-nd zn reichen. Fn
Milna fft etn H-amrtquartier errichtet ioo»den,
von rvo geloisssrmaben der heilige Krieg sur
Ansbreitung des Bolschewismus vor-
beroivet rotud. Joffe ist dort gervesen, auch Le-
n i u und Tvobky werden dort erwartet. Einst-
«wibe-n wivd erfreulicherwerse noch die Novdwest-
front der Bolschswiki durch die siwW-LstnMen
TrWpen Hedroht. Diese Arnree iist sehr gut, hat
auch bei Narwa gösiegt und ist sogar siidlich bis
nach Molnar im mittleren LüvliLrrd mrt Crfolg
vorgädrungen. Das hat die Sowjettruvpe'N! diÄher
forveit seläbmt, dah sie noch nicht geg-en uinseve
Grcnzen haüen vorgehen können. Mer sie rasteil
zu dtchevr Kamvf. u.nd wenn wir uns nicht noch tn
swälftsr Stumlde ernmnnen, HNben wrr ii!ber Lnrtz
oder lang auch noch den äusieven Feind im Lande.

tziudettburg über den Ernst der Lage

Den imchersstM Ernst dex Lage betonte Eeneral-
si ldmachchall v. Hindenburg in einem Gchvrnch, dein
m,n ntcht ohn-e Bewegung folgen konnte. Er sagte:

,Fm Öste,k ist die Gefahr so dringend, dah es
ndiik ist, alle Kräfte dagegen verfügöav
zv machen. Sageu Sie. datz ich die Lage für so
ernst katte, dab ieder, ob Arüeiter oder Bürger, ge-
gen die Gefahr von Osten noch einmal Haus.
Herd «lid Familie verte 'rdigen nr u si. Zch
sehne mtch mit meinen 72 Zahren auch nach Ruhe.
aber ich habe mich zur Berfügung gesteüt vild stehe
rveiter auf meinem Postcn, der lnir gewitz
^licht leicht ist, weil ich noch einmal verhin -
dern will, dasi den russischen Horden Ostvreuken
ausgeliesert wich. Jch kenne ja die Polen. Das
Äand wird nns gehören oder dem
Bolschewksmus. keinem Dritten."

Eine eiserne Diviswn für LLban

' Fn. Mi lhelm sh a v e n ist eme ekserne Dloi-
sion van Ofdzieren, Deckoffizieren, Unteroffizi>ercn
und älteren Sewähröen Soldaten, fernec eine M a -
r > netruPve von drei Komvagnien geöildot wor-
den, dte Mitte diefer Woch? auf ei-i'-em Sütsurecheird
ausgecüstrten Torvedoboote zur Adwehr
und Bekä mpfu n g des Bolschewismus nach L >-
baugehen worden.

Aerausgabe der 15V km Kanone

Wie öi-e ..Chtoago Tribune" schreibt, hat die
Zwischellverö-andskommission in Svaa ail die
dsutschen Behörden das Ersuchen gssiellt. der Eu-
tente eines der weittragenden Geschütze.
die Parts befchofsen' habsn. zu üboresben.
Die deutschsn Bshörde>n baöen ausweichsrs- geiant
wortet. Dte Kammission hat jodach den Antvcvg
irtcht fallen lassen. und es besteht dte AlöglichSSit.
dasi Fachleute des Vevbandes und lser Boveintsten
Staaten Gelegen-Heit haben wevdvn. Mies disser
berühmten Geschütze zu untersuchen
Risher tst vvn einsc solchen Foch,srun.a der E>i
tsnts in der Oeffentlichkeit uichts öekaililt aswor-
den. u-nd es schernt. dak rs sich Nsrbel mehc um
dinen Wunfch der ..Chicago Triöune" ai um
etne katsächliche Forderung der Entonte handelt

Das SchiSfal der deutschen tt-Boote

Das Reuterschr Büro ersährt. dah rine Auzahl
der in bvit'schen Häfen liegenden deutichen tt -
Bo'ots den alliierten Regierungen iibergeben
werden solle. Einige sind nach Ztalien, Za-
van und andern Länder» untermegs. 47 U-Boote,
kleinere mid grötzere, bis zu be,r grotzen Hochsee»
schissen, si,td unter der Bedingung verlaust wor-
den, dah fieab gebrochen werden. Die Adml--
«alität läbt zuvor die Maschinen entferne,,.

' :: Düssctdovf. 4. März. (Prvvattrl.) Bergassessor
Althoff. «der Direkior dsr Zeche Zentrum in
Wattsnsche'ch. ist bei oinem Svartakft-ciRüerMtt
setöt« t worden.

* Thronverzicht König Petei ». Nach Meldun-
Keii italbenischer Blätter aus Bc-lgvad wiro beim
Ziiijam-ineniriitt des s-erbischsii St>«atsvate>s ein
Hai'dschreibön des Könligs Peter verls.en wLrÄei:.
M de,n ldieser soiner schweren Krai-LbLii -rbWen
4>ormesl a'uf den Thron verzlchtet tlnld deii Kron-
Vrinzen Alexandtzr zu feinem NackfÄürr eo-
VkMt.

Die allgemeine Lage

läht sich dahin zusammenfassen, datz von emem Ge-
nerakstroik eigentltch noch nicht diie Reds sclm kaun,
da an vielen Stellen noch üearbertel
wird. Nach einer Mitteilung des Masiistrats be-
tei-ltgen srch dre -städtiischen Arbe-iter der Gasansbalt.
der StLatzenkeihxer usw. noch nicht a nr Stre 'ik.
Die Ailgestellteil der Verkehrsinstitute halben sich
nur schwer-sn Herzens aus Solidarität dek Beive-
gun-g angeschlosseiil. Jn einzelnen Betrveöön, so in
der Bevlin-AnhaltischLn Maschlnenfaörik und an-
der-en ist in der gccheimen ^lbsttm imurg lviie Teil-
nahme an; Genera-lstreik abgelehnt worden. Zn
den Artillerie-werksLätten in Svandau soll eöen-
falls oine goherine Abstlmmuna eriolsen. doch er-
graift in einzelnen Fällen der Eeneralftreik a-uch
die Umsegend von Barlin. So ruht im Augenblick
die Arbeit öoreits in Spandau und auch in
Nowawss. Jn Potsdanr dagegen rst e-'me eM-
gültige Entscheidung nvch nicht gos-alleir. Aus die-
s-en und anjdoven Anze'ichen kaun nran sehen. d -
der Generalstrsrk durchaus nichtdem Wil -
len der gssamten Arboiterscha-ft entsvvichr,
sonldern ansschlieülich auf die goschickte Agitation
dss Spartakusbunjd'es und ieinen rücksichtslosen
Trrrvr lur.ück.;uführen ist.

Der vorbereitet e B ii r g e r st r e i k soll nur
eiutrete», weiui cs der Regieruttg u i ch t g e l i n g r,
des Geueralstreiks Herr zu werden.

Ein Aufruf der Sozraldemokrateu

Der Vorstaird der BezirksoTganlsativn Grotz-
Bsrlins der svzialdöinokratischen Partei DiMtsch-
lands erlässt folgende AufforderwM:

Unseke Warnungen hab.m nichts gefvuchtet.
G eg e n unseren Willen hat die von den
Unabhängigen und Kommunistsn beheröschte Boll
oersamin'lung des Grotz-Mrkliner Arboitervates den
Ge ner -a lsjir ek deschilosssn. Diiüler. >Esoneval-.
stretk musi den voltigen Zusamine nör u ch
unseres W i r ts chaf t s l c be n s. HuiMorsnot
und die Herrschaift des lichtischeuen ^anhagels znr ^
Folge haben. Deshalb bü-ben wir ihn Lekämpft.
Der Ai'trag ui'serer Vertreter im Arbeiterrat, !
katz die einzolneii Betriebe durch geheime Urab-
stimmung enlwanvfrei Stellung Mm Generalstreik
nehinen sollten. i-st Durch Uebe-rsaag zur Tav-es-
aronung erledigt lvardon. Dieselö,n Lisute. die
angebtich dte. Herrschaft der Masseil wollen.
furchten also >vie Dnischridung der Massen.
Wir fordern ietzt unsere Part-eigsiiossÄN auf. nur
in den Betrieben in den Stre.ik ?.u treten. di-e es
'iii gehrilmer UrMtimmung beschlosstn uud sich ge-
gen jeden terroristischrn Streifzwaiig znr Wehr
zu setzen Brkämpft entschieden das Ailftr-eton der
lichtscheuen Eleiirente. die die Gelegenheit zu
Plünderungön imrd Unruhen auszunlitzen veTsiucheu.
Die Mif unserem Boden stehenden Arbeitorriite
baben beichlossen. Vertroter 'cn di^ StvöiiklÄitun-
gen zu se.nde.n. um bsi der BeNmiikung der strvit
freren Betr-ebe mltznwdrken. Dann wird über die
weitere Stellung znr Streikle.tuna ernsnt Ve-
schlutz gesasst werden. Arbeiter! Varteigenosien!
Steht in diüser schwerstö,' Stunde fost zu C u -
rer Partei, m der Ihr iahrzehntölang den
Kan'pf für Freicheit. Demwkratte und Sogialis-
n'us gefnhrt habt. Lasst Euch nicht «Mbrauchen
zu spartakistischm Mackitkäimpfen. die den Ausblu
der Republik. die Domokmlie uird den sozialisti
schsn Volksstaat oerhindert und die Gewallttzerr-
schaft einer Mindechöit a-ufrichten svllen. Folgt
eininütia der Parobe. diie mir und dle auf -ultfsre'n
Boden stehenden Arb-eiterräte cmsgeden".

Fur nackm'i-tta-tzs war e>i-ne Konferenz
sämtlicker Betciebsvertr-auenslöute und Arbeitier-
räte der sozialdemokratiscken Partöi Deiutschlands
einberufen worden.

Die SluöfchreLtttttgett

Berlin. 4. Mürz. Die schweren Au s -
sch r e i tm n a e n des Pobvls nah-men auck in der
vergcmgenen Nacht ihren Fortgang. Zn einem
Hause der AkünOras-.e plündert-e man otlivsn Mas-
fcm-laden, besonders haite man es aber a-uf Go l d
warengeschäfte in der Müuz-. AleMitder.
Schönhäuser- und Vrunnenstrasse aibgssehen. wo
n'-an groste M-.mgen von Schinncksachen e.rbeutete
Das Pekze-iprä'sidium soklte wiedecholt geistiirint
werden. sa in der heiutiaeii Nackt um 2. 4 und
-ichttesstlck u,m 0 Uhr. Starke Machtmeisterabtsoluu-
gen und militärifche Verstärknugen stcherten -aöer
das Eebäude gegen jedem Anarisf. Sie find mit
allen modeviren Kawpfinitteln ausaerüstet. fodasi
iraend e,n ErsotL des Pöbels a'ls MngeMvsstn
erjckell'lt.

Die Besatzung ist entschloisen. das Gebäude bis
auf den letzteir Atanu zu halten Minal s-a auch
nach dvm Beschl-us; des A.- und S.-Rates die
Schutzmannschaft weiter vhxen Drenst versteht und
Mgen Räuöer umd Verbrecher sowie gsgvn anderes
l-ichtscheues Gesindel energisch oorgsgan-
-g e n wer>deil soll, Das 14. Polizeibüro 'vn der
Kmser Wilhel-iNstratze wurde wiederholt aivgsgrif-
fon. Mail versuchte tzier sogar >a!uf Leitern in die
rm ersten Stock befindlichen Räume einzudr-iagen.

Gestern mittag kam es anf dem Alexandsr-
nlatz su Zusammenftöhen -wischen Regie-
ru-ilgstvupven und denr Pöüel. Eäna g-rohe Men-
schenin-enge tzatle sich auf dcm Platz angesammelt,
-diiösen besetzt und war Va-M su gröheren Ausschr-ei-
tungen geschritten. So wurden Offi-ziere, d'
il. Droschken vorlboifabren wollten, aus diasen hev-
avsgerissen, zu Boden geworsen und mirt Fiihen gck-
trcten. Böim Säuöevn- d-es Pl-atzes durch im Po-
lisrwrästdMM bereitgeftellte Regi erungs triw pen
muhten diese von dev Waffe Eebr-auch machen, da
die NLeilge nicht frotivilllg wi-ch. Es wurdeir dvdurch
6 Perfonen getötet und mehrere ver-
w u n d e t.

Matzttahttrett Ä-r Regieruttg

Die Regjerungstruv ven, die fofort nach
dsr Berkündigiing des GeiilrEreiks in Alarm ge-
setzt wurdcn hatten wäörend der Nacht zum Dlens-
tag Befehl erhaltcn, in Berlin einzumarschicre».
Sie sind in Berün eiugetrosfen und zwae die
Gardeschiitzendivision i„ Stärke von
Itz ttvÜ Mann, die Deutsche Schützendivisiov
in Stärke von 12 Vtttt Manu, fern-kr die Freiwil-
ligenkorps Hülsen und Lüttwitz. Sämtliche
Negierungsgebäudc und andere öfse„t!iche Gebäuve
sowie säintliche Latznhöfe und die grohen Fabrik-
anlagcn sind militärisch stark besetzt,
ebenso sämtliche Strahen i,n Znnern der
Stadt uild zahlrelche wichtige Berkehrsftrahen in
de« Auhenbezirkerr, die eLenfallo stark m'.litärisch
besetzt und aügcsperrt sind.

Die Zahl dec PolizeireviLre, die i« dcx vcrgan-
genen Nacht von Spartakisten angegriffen wurden.
beträgt 35. Die Reviere wnrdcn gestürmt und die
Schutzmälttrer entwasfnet. Späterhi» sind die Re-
viere von Regierungstruppe» wieder besetzt
worden.

Die Ausdohnung der Streiks läht sich noch nicht
üüersehen. Die Berkehrsunternehmuuaen rutzcn
vollständig. Znsolge der Verkehrsschwierigkeir.il
sind zahlreiche Arbertswillige in ihren ArbcrtsjtTt-
ten nicht erichienen. Dep gröhte Teil dec Geschäste
ift jedoch trotz dcs lbeneralstreiks gesffnet. Die
Unipersität ist gefchlosfen «nd drc Studente»
iiaben sich der Regierung zur Versüguug gestellt.
Zn den Ausftettungshallcn am Zoo melden sich dau-
ernd zahlreiche Freiwillige, die dort Sewaff-
net und eingerleidet werden.

Jin Anschlrch an di-e Verordnung üöer de„ B-elia.
gerungsulst-ain'd erläht der Obeitzesehtztzaber Reichs-
wctzrm-inister Noske solg-ende Marnung

Ra-ckdem dcr BelagerungsziOan'd über Bcrlin
oevhänst 'i-st u-nd auherordentltch: Kriegsgcrichte
eiugchekt -sinid, wevden von dioseii G-erichten in ö e^
sch le-u-ii igtem V-e r fa hren -abgourtei-lt all-e
Sivaft-at-eu) des Hochoevrats. Laud-esoer-
ra t s, Mo r -d e s. Aufruhrs. der tätlichen Mi-
dersetzmig. dev Zcbstörung von Eiscn-baün und Tel^
graptzen, der Besreiung van Gefangenen. Ider M e u-
lercr. dcs R a u b e s, d cr P lün >der li n a, der
Erpvessung, -dev VcrlLituug von Soldatcn sur Un-
trsu-e. dor vorsntzlichen Brand-stiftung. d-e-r voc'ütz-
licheir Vcrmfachung vou UdüLeschwemmuiigcn untz
endl-tch alle Zuwiderhandlungen ge5cn di-e vo-i mzx
iin JNteresse der öffentlMn Sichcvtzcit crlasseueu
Berbote.

DLe ,.Note Fahrre" verbotett

Der Redakteur Dr. Be y e r von- dcr ..Rotcn
Fatziiich «st von Rogierimgstr'uppcu jg HM ges-tzr
und diö Rcdaktioii des svartakistischen Organü gc.
fchrossen worden. Auch ein Bei-bot vegen die
t tzc rt" stetzt bevor.

Dem Abgrund zu!

Um sich den Ernst der augenblicklichen Lage
recht eindringlich klar zu machen, überlege man
sich folgendes:

1. Wir befinden uns noch im Kriege, denn
Waffenstillstand ist noch nicht Frieden und
jede Verlängerung müssen wir mit matz-
losen Demütigungen und wirtschaftlichen
Opfern erkaufen.

2. Den Beschlüssen der Entente über unfer
künftiges Schicksal stehen roir mit gebun-
denen Händen gegenüher.

3. Im Often droht uns von Polen und Bol*
schewisten eine ungeheure Eefahr. Die
Worte Hindenburgs zeigen ihre Eröße.

Die Revolution des 9. November war zu-
nächst wie alle Revolutionen, politischer
Natur. Auf diesem Eleise ist sie weitergefah-
ren bis zum Zusammentritt der Nationalver-
sammlung. Ietzt naht die wirtschaftliche
Revolution. Sie zn beschleunigen und zur
Wirklichkeit zu machen, ist von Unabhängigen
und Kommunisten der Eeneralstreik ausge-
rusen worden. Die Mehrheitssozialisten und
Eewerkschaften solgen der Parole nur zögernd,
da sie infolge ihrer grötzeren politischen und
wirtschaftlichen Einsicht wohl den Fehler er-
kennen, der von der Revolutionsregierung
iusofern Legangen worden ist, als sie die Ver-
bindung politischer und wirtschastlicher Forde-
rungen des sozialdemokratischen Programme''.
einseitig zu Eunsten der politifchen löste, auf
der anderen Seite aber sich durchaus der kriti-
schen Lage des deutschen Wirtschaftslebens be-
wutzt sind, datz eine wirtschaftliche Revolution
im jetzigen Augenblick ein Wahnsinn, ja noch
mehr, ein Verbrechen ist. Nun.stehen sie aller-
dings unter der Zwangsnotwendigkeit, den er-
regten und begehrlichen Massen ihrer Anhan-
ger in irgend einer Form nachgeben zu müssen.
Daher das Sozialrsierungsgesetz, dus klägli-hste
Verlegenheitsprodukt einer Gesetzesmacherei.
die von vornherein weitz, datz mit solchen Ge-
setzen weder viel Staat zu machen, noch über-
haupt etwns Brauchbares zu schaffen ist. Da-
her weiter die theoretischen Erörterungen in
der sozialdemokratischen Vresse, die ihren Le-
sern das Rätesystem schmackhafter zu mach'n
sucht. obwohl sie ganz genau weitz, datz dieses
politisch für Deutschland eine U n m ö g -
lichkeit und wirtschaftlrch der Keim
des Zerfalls für die E e w e r k s ch a f t e n ist.
Mie rnan also auch das Problein ansatzt. jedes-
mal kommt dasselbe Ergebnis ueraus: Iedec
noch so kleine Versuch zu seiuer Lösung st'-ttt
sich als ein neuer Vewe's der Unsähigkeit so-
.U.alistjscher Staats- und Regrernngskunst dar.
Denn alles, was selbit zu Zeiten höchster wiri-
schaftlicher Blüte ein gewc-gte^ Erperiment ge-
weseir wä're, führt nach einem uerlorenen
Kriege und während einer der furchtbarsten
Wirtschaftskrlieil. der wir z. Zt. ausgesetzt sind.
uirsehlbar zum Verderven u«ld tlntergang.

Wirtschaft und Politik gehören zuiammen.
Die andere Verbinoung ist nach Rud. Stamm«
lers berühmtem Vuchtitel Wirtschaft und
Recht. Der KeneralstrcR verletzt aber das
Necht, wenn er wirtschastlickje Forderungeu
auf ungesetzlichenr Wege durchzusetzen veriucht.
Er verletzt aber auch die Eerechtigkeit. weun
er politische Forderunge,i durch Vergewaltr-
gvng zu erzwingen sucht Wenn pun gar un-
ter den Streikforderu,:g.-,, die Abschufsung der
ardentlichen Gerichte und ihre Ersetzung durck
Volksgerichte verlailgl wird. d. h. ;lso durch
die Karrikatur ei.l'.-r Nechtsprechung bei de^
Fanatismus der Ankläger. 5>atz dec Richter und

rwalt die Vollstreckung ist, wenn 'vc'tcr eii

-indenburg vor ein Eericht von Leuten gc-
stellt werden soll, deren geistige Erötzc un^
Verdienste um Deutschland bisluug nur dartti
bcstehen. datz sie alies tun uird versuchen. un-'
dasselbe Deutschlund ins Elend 'u bringen. sc
ist dies die krassestc Vergewaltipuna
Mehrheit, deieu zahteirmätzrgc Erotze alli
Svahlen bisher dargetan haben. Sert dem
 
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