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Jacob Hecht, Kunst- und Auktions-Haus <Berlin> [Hrsg.]
Sammlung Rumpf, Potsdam und Beiträge aus Berliner Privatbesitz: Textilien, Aubussons, Perser u. China-Teppiche, antike Möbel und Beleuchtungen des 18. Jahrh., Plastik und Schnitzereien der Gotik bis Barock, Arbeiten in Metall, Stocksammlung des 18. Jahrh., Keramik, China- und Orientkunst ; [Versteigerung 11., 12. März 1929] (Katalog Nr. 95) — Berlin, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.24743#0009
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VORWORT

Fritz Rumpf, Freund und Kollege Corinths, jedem alten Potsdamer nicht nur
dem Namen nach bekannt, hat seine am Heiligensee gelegene Villa in lang*
jähriger Sammeltätigkeit mit Kunstwerken aller Gebiete und Materialien geschmückt,
die dieser Katalog nach dem Tode des Künstlers zur Versteigerung bringt.

Rumpf, der Maler, liebte die Farben und Formen. Das Barock und Rokoko bot ihm die
Möglichkeit, seinem Auge den gewünschten Genuß zu verschaffen. Und hier tritt seine
Heimatliebe hervor, indem er für die Möbel fast ausschließlich der Potsdamer Werkstatt,
dem Hauptsitz des norddeutschen Rokoko, den Vorzug gab. Für die Dekoration, die
wegen der bürgerlichen Auftraggeber in Norddeutschland selten zu finden ist, verwandte
er das farbenreiche, süddeutsche Barock, das durch die Unterstützung der Kirche meist
religiöser Natur ist.

Potsdam, steht dank der Unterstützung, die Friedrich der Große französischen Künstlern
und Handwerkern gewährte, den französischen Erzeugnissen des 18. Jahrhunderts
am nächsten. Nicht nur die Architektur und Gartenbaukunst, sondern auch das Mo-
biliar wurde von französischen Künstlern entworfen und ausgeführt, nur mit dem
Unterschied, daß der Handwerker nicht beim Übernommenen blieb, sondern nach
neuen Formen strebte. Mit Erstaunen sieht man die vielen Formen der Fauteuils
und Stühle. Vom typisch französischen Regence-Fauteuil bis zu den schon unter
dem Einfluß Potsdams abgewandelten Formen mit niedriger oder reich geschweifter
Lehne. Sicher entworfen, nachdem der französische Handwerker bereits einige Zeit
in Potsdam unbeeinflußt von der Heimat gearbeitet hat. Die kleine Kommode
übertrifft ihre französischen Brüder noch an Schwung und Grazie, während das Paar
Kommoden sicher von deutschen Handwerkern der Zopfzeit gefertigt ist. Die Sofas und
Tische wiederum sind rein Rokoko, während die beiden Nachtschränke und Kirchenbänke
zwar aus derselben Zeit, aber wohl in der Gegend von Benrath entstanden sind, wo sie
in ähnlichen Exemplaren zu finden sind.

Noch eine andere Spezialität Potsdams, die von Frankreich übernommen ist, sammelte
Rumpf: 50 Spazierstöcke in Malakkarohr mit Silbergriffen aus der Zeit um 1750.
Hoffentlich bleibt diese typische Potsdamer Sammlung der Vaterstadt erhalten.

Sind die Möbel größtenteils aus Norddeutschland, so überwiegt bei der Plastik und den
Schnitzereien Süddeutschland. Die seltene Schloßuhr, die vielen Engel in allen möglichen
Formen und Kompositionen, die hervoiragenden Vortragsstangen, für all diese Schnitze-
reien dürften Ansbach, Bayreuth und Würzburg, der Sammelplatz der Holzbildhauer des
17. und 18. Jahrhunderts, als Herkunftsort zu bezeichnen sein. Bei dieser Gelegenheit
 
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