CHRISTIAN DIETRICH GRABBE
der geniale dramat, Dichter geb* 1801, zu Detmold, s -arb durch Trunk
geistig und körperlich total zerrüttet ebendort 1856.
Eigerih* Brief ohne Datum und Unterschrift (Berlin 1822). 8 Quart-Seiten, A n
den Kronprinzen von Preussen. An den Rändern etwas
eingerissen. Schweizer Franken 750»-
Der berühmte merkwürdige Brief aus Grabbes Berliner Studienzeit an den
Kronprinzen von Preussen, der entgegen der Angabe mehrere Biographen nie-
mals zur Absendung gelangte-«
Eduard Grisebach in seiner Grabbe-Biographie (Sämtliche Werke
Bd, IV, Berlin 1902 S, XIV)äussert' sich über die Veranlassung dieses Brie-
fes wie folgt: '
''Vermutlich war es die Erinnerung an den Dramatiker und Schauspieler
Shakespeare, der Grabbe in dieser Zeit den Gedanken eingab, sich der Büh-
ne auch als ausübender Schauspieler zu widmen, Um diesen
Plan zu verwirklichen, warf er einmal hin, er wolle die Vermittlung des
preussischen Kronprinzen anrufen, und liess sich zu diesem Zweck von
einem Freunde einige Bogen Briefpapier geben und zeigte ihm am andern
Morgen das sauber mundierte Schreiben an den Kronprinzen der Freund be-
lehrte ihn, dass das Schreiben den gebräuchlichen Formen nicht entspre -
ehe und nahm es an sich1 (Artur Mueller, moderne Reliquien ,
. I, Bd., Berlin 184-5 S. V 1 f, ). Durch den Freund, der das, also niemals
abgesandte, Schreiben an sich genommen, hat es dann Maeller erhalten und
S. 185 f. seines Buches unter der Ueberschrift 'Ein Brief an den Kronprin-
zen von Preussen' (ohne Datum und Unterschrift) abdrucken lassen.
Das kuriose Schriftstück lautet: *) • '
"Von aller Welt verlassen, immer mehr in die tiefste Hülfslosigkeit
versinkend, erhebe'ich meine scheue Stimme zu der Gnade Ew, könig -
liehen Hoheit.
Die Strafe meiner Lügen auf mein Haupt, wenn an den folgenden That-
sachen etwas Unwahres ist: Ich bin von ziemlich armen Eltern ■ in
Lippe-Detmold geboren; sie waren schwach genug, mich auf das Gymna-
sium zu schicken und ahnten nicht, dass die Weisheit des Gelehrten
sich in der Form nur von der eines Schusters unterscheidet. Ich über-
flügelte bald in den Wissenschaften, nicht nur meine Mitschüler, sondern
auch manche meiner Lehrer, und glaube noch jetzt ex tempore mich einer
fast schrankenlosen Prüfung unterwerfen zu können; da aber mein Geist
bei seinem inneren Wachstum sich auch äusserlich entfalten musste und
dies im jugendlichem Uebermute auf eine vielleicht zu gewaltsame Wei-
se geschah, so kennten meine ein wenig kleinstädtischen Landsleute das
nicht fassen, und ich merkte, dass es um meine lippische Laufbahn ge-
than war. Weil ich indess einmal angefangen hatte, so durfte u.konnte
ich nicht sogleich wieder aufhören, und ich eilte nach Leipzig, um
Das Original weist unbedeut. Abweichungen von dem hier folgenden Abdrucke
Grisebachs auf.Statt des Punktes setzt Grabbe immer ein Semikolon.
der geniale dramat, Dichter geb* 1801, zu Detmold, s -arb durch Trunk
geistig und körperlich total zerrüttet ebendort 1856.
Eigerih* Brief ohne Datum und Unterschrift (Berlin 1822). 8 Quart-Seiten, A n
den Kronprinzen von Preussen. An den Rändern etwas
eingerissen. Schweizer Franken 750»-
Der berühmte merkwürdige Brief aus Grabbes Berliner Studienzeit an den
Kronprinzen von Preussen, der entgegen der Angabe mehrere Biographen nie-
mals zur Absendung gelangte-«
Eduard Grisebach in seiner Grabbe-Biographie (Sämtliche Werke
Bd, IV, Berlin 1902 S, XIV)äussert' sich über die Veranlassung dieses Brie-
fes wie folgt: '
''Vermutlich war es die Erinnerung an den Dramatiker und Schauspieler
Shakespeare, der Grabbe in dieser Zeit den Gedanken eingab, sich der Büh-
ne auch als ausübender Schauspieler zu widmen, Um diesen
Plan zu verwirklichen, warf er einmal hin, er wolle die Vermittlung des
preussischen Kronprinzen anrufen, und liess sich zu diesem Zweck von
einem Freunde einige Bogen Briefpapier geben und zeigte ihm am andern
Morgen das sauber mundierte Schreiben an den Kronprinzen der Freund be-
lehrte ihn, dass das Schreiben den gebräuchlichen Formen nicht entspre -
ehe und nahm es an sich1 (Artur Mueller, moderne Reliquien ,
. I, Bd., Berlin 184-5 S. V 1 f, ). Durch den Freund, der das, also niemals
abgesandte, Schreiben an sich genommen, hat es dann Maeller erhalten und
S. 185 f. seines Buches unter der Ueberschrift 'Ein Brief an den Kronprin-
zen von Preussen' (ohne Datum und Unterschrift) abdrucken lassen.
Das kuriose Schriftstück lautet: *) • '
"Von aller Welt verlassen, immer mehr in die tiefste Hülfslosigkeit
versinkend, erhebe'ich meine scheue Stimme zu der Gnade Ew, könig -
liehen Hoheit.
Die Strafe meiner Lügen auf mein Haupt, wenn an den folgenden That-
sachen etwas Unwahres ist: Ich bin von ziemlich armen Eltern ■ in
Lippe-Detmold geboren; sie waren schwach genug, mich auf das Gymna-
sium zu schicken und ahnten nicht, dass die Weisheit des Gelehrten
sich in der Form nur von der eines Schusters unterscheidet. Ich über-
flügelte bald in den Wissenschaften, nicht nur meine Mitschüler, sondern
auch manche meiner Lehrer, und glaube noch jetzt ex tempore mich einer
fast schrankenlosen Prüfung unterwerfen zu können; da aber mein Geist
bei seinem inneren Wachstum sich auch äusserlich entfalten musste und
dies im jugendlichem Uebermute auf eine vielleicht zu gewaltsame Wei-
se geschah, so kennten meine ein wenig kleinstädtischen Landsleute das
nicht fassen, und ich merkte, dass es um meine lippische Laufbahn ge-
than war. Weil ich indess einmal angefangen hatte, so durfte u.konnte
ich nicht sogleich wieder aufhören, und ich eilte nach Leipzig, um
Das Original weist unbedeut. Abweichungen von dem hier folgenden Abdrucke
Grisebachs auf.Statt des Punktes setzt Grabbe immer ein Semikolon.