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Rotes Kreuz <Heidelberg> [Editor]
Heidelberger Soldatenbüchlein: als Weihnachtsgabe — 1918

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Wille, Jacob: Vom alten Heidelberg und seinen Studentenkriegen
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https://doi.org/10.11588/diglit.30973#0033
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dete, die durch Mauer, Turm und Grabeu — wo heute die
Grabengasse läuft — lange von der Altstadt getrennt blieb,
so war das keine Eingemeindung großen Stiles, nur daß
mehr Lust und Licht durch zerstreute Gärten drang. Zog
aber die Nacht ihren schwarzen Mantel über Giebel und
Gassen und die Scharwächter rüsteten sich zu ihrem gewohn-
ten Gange, dann mußte ein jeder sein Licht selbst mit sich
sühren, auch wenn er nüchtern nächtlicherweile seine häus-
liche Ruhe aufsuchte. Ein Schauplatz zu studentischem Unfug
wie geschaffen! Noch 1709 mußte aus die „schöne Anstalt
mit den Nachtlaternen" hingewiesen werden, die längst an-
derwärts als neue Träger der Zivilisation den Heidelbergern
voranleuchteten und erst 1794 die Gedanken des Stadtrats
ernstlich beschaftigte. Wenn aber die Sonne aufging, da gab
der Kuh- und Schweinehirte das erste Zeichen des städtischen
Erwachens und trieb seine munteren, nicht immer gehorsamen
Zöglinge durch dis engen Tore auf die Weide hinaus. Han-
del und Gewerbe hatten am Marktplatz ihren Hauptsitz, wo
ihre Bazare wie Schwalbennester zwischen die Strebepfeiler
der Heiliggeiftkirche eingeklebt waren. Aber dies Bild trug
auch in seiner Kleinheit und seiner Staffage noch einen male-
rischen Charakter. Nicht allein nach Rechten, sondern auch
nach Farben waren die Stände der damals so ständisch ge-
gliederten Welt geschieden. Neben dem höfischen Treiben,
das sich aus dern kriegerischen Zuschnitte rittsrlicher Kultur
im Laufe der Jahrhunderte allen Wandlungen der äuße-
ren Lebenshaltung bis zu burgundischer Farbenpracht und
französischen Gesetzen anpaßte und vom steilen Burgweg
herab auch das Straßenbild beherrschte, bewegen sich die
malerischen Trachten der religiösen Orden der Augustiner,
Franziskaner, Dominikairer und Cisterzienscr aus dem nahen
Schönau durch die Heidelberger Gassen. Man fragt sich
heute, wo die Zahl der großen Herren und der umfangreiche
Troß von Pferden noch Raum fand, wenn zu Fürsten- und

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