hoheit des neuen Reiches beibehalten. Wieder mußte der
Großherzog solche Bedenken beschwichtigen. Schließlich
sollte die Annahme der Kaiserkrone dem deutschen Volke
verkündet werden. Am ersten Januar 1871 konnte das
nicht geschehen; denn der bar>rische Landtag hatte noch
nicht zugestimmt. So brachte Großherzog Friedrich an der
Neujahrstafel der Fürsten bei König Wilhelm ein Hoch aus
auf „das Oberhaupt des deutschen Kaiserreichs". Der
achtzehnte Januar rückte näher; Bismarck hatte den Titel
„Deutscher Kaiser" in die Verfassung aufgenommen; der
König, der Großherzog und andere Fürsten wünschten die
inhaltvollere Form „Kaiser von Deutschland". Am sechzehnten
sprach sich König Wilhelm so bestimmt dafür aus, daß der
Kanzler mit Rücktritt gedroht zu haben scheint. Am sieb-
zehnten wollte der König zuerst die ganze Feier absagen,
teilte aber abends dem Großherzog mit, er solle, trotz
Bismarck, beim Hoch den Ausdruck „Kaiser von Deutsch-
land" gebrauchen. Der achtzehnte Januar kam; noch vor
der Türe des Spiegelsaales blieb der Kanzler bei seiner
Meinung, und in Eile schlug der Großherzog dem Könige
vor, er wolle weder die eine noch die andere Bezeichnung
wählen. Voll Argers, er werde sich später nennen, wie
er wolle, nicht wie Bismarck es bestimme, ging der alte
Held in den Festsaal. Doch Friedrich von Baden unter-
drückte die eigene Meinung und brachte das Hoch aus auf:
„Kaiser Wilhelm". So ist dieser weltgeschichtliche Heilruf
auch ein Zeugnis für den Großherzog, der schnell und klug
vermittelte, und um eines großen gemeinsamen Gutes willen
auf eigene Überzeugungen zu verzichten vermochte.
Das Leben in dem Reiche, welches er dcrart mit gegrün-
det hatte, brachte ihm anfangr viel Glück. JedeS Jahr erschien,
einfach und ehrwürdig, die hohe Gestalt des greisen Kaisers
auf der Mainau, ein sichtbares Siegel des Bundes, und
stärkte weithin die Überzeugung, daß Fürstenherrschaft die
44
Großherzog solche Bedenken beschwichtigen. Schließlich
sollte die Annahme der Kaiserkrone dem deutschen Volke
verkündet werden. Am ersten Januar 1871 konnte das
nicht geschehen; denn der bar>rische Landtag hatte noch
nicht zugestimmt. So brachte Großherzog Friedrich an der
Neujahrstafel der Fürsten bei König Wilhelm ein Hoch aus
auf „das Oberhaupt des deutschen Kaiserreichs". Der
achtzehnte Januar rückte näher; Bismarck hatte den Titel
„Deutscher Kaiser" in die Verfassung aufgenommen; der
König, der Großherzog und andere Fürsten wünschten die
inhaltvollere Form „Kaiser von Deutschland". Am sechzehnten
sprach sich König Wilhelm so bestimmt dafür aus, daß der
Kanzler mit Rücktritt gedroht zu haben scheint. Am sieb-
zehnten wollte der König zuerst die ganze Feier absagen,
teilte aber abends dem Großherzog mit, er solle, trotz
Bismarck, beim Hoch den Ausdruck „Kaiser von Deutsch-
land" gebrauchen. Der achtzehnte Januar kam; noch vor
der Türe des Spiegelsaales blieb der Kanzler bei seiner
Meinung, und in Eile schlug der Großherzog dem Könige
vor, er wolle weder die eine noch die andere Bezeichnung
wählen. Voll Argers, er werde sich später nennen, wie
er wolle, nicht wie Bismarck es bestimme, ging der alte
Held in den Festsaal. Doch Friedrich von Baden unter-
drückte die eigene Meinung und brachte das Hoch aus auf:
„Kaiser Wilhelm". So ist dieser weltgeschichtliche Heilruf
auch ein Zeugnis für den Großherzog, der schnell und klug
vermittelte, und um eines großen gemeinsamen Gutes willen
auf eigene Überzeugungen zu verzichten vermochte.
Das Leben in dem Reiche, welches er dcrart mit gegrün-
det hatte, brachte ihm anfangr viel Glück. JedeS Jahr erschien,
einfach und ehrwürdig, die hohe Gestalt des greisen Kaisers
auf der Mainau, ein sichtbares Siegel des Bundes, und
stärkte weithin die Überzeugung, daß Fürstenherrschaft die
44