weckte Leben. Deshalb wurde er für sein Land nicht zmn
versteinerten Überbleibsel, das man anstaunte, noch zur
geschmückten Reliquie, bei der man anbeten sollte. Jn allen
Gegenden und mit Menschen jeder Art hatte er Gemeinsames
erlebt. Er war ein Ritter des Eisernen Kreuzes, der sich
mit Kriegsgefährten unterhielt; ein alter Heidelberger Student,
der mit den Professoren von ihren Vorgängern, seinen Lehrern,
plauderte; er hatte das alte stille Mannheim gekannt und
freute sich am Arbeitgetöse der neuen Großstadt; in Baden-
Baden und am Bodensee war er der Schloßherr, ein frei-
gebiger, sreimütiger Gästesreund; in Karlsruhe der fleißige,
der schon früh morgens die Briefe öffnete und sie den Mit-
arbeitern geordnet zustellte. Überall war er der Freund der
Eltern, der die Kinder wieder erkannte und ihnen von alten
Zeiten erzählte; der Herrscher, der die Freiheit der Unter-
tanen pflegte und seinen fürstlichen Stolz beherrschte; der
Greis voller Weisheit, der sich belehrte, wo er konnte; der
Christ, der Opfer gebracht, Unglttck getragen und sich aus
Leidenschaften einen frohen Glauben geläutert hatte. So
hat er mit uns gelebt; so haben wir ihn gern gehabt; so
lebt sein Bild in unserm Gedächtnis.
Wir sehen ihn in seiner menschlichen Größe; um ihn
jagen keine Sturmwolken und zucken keine Blitze. Er wandelt
in seinem Garteu — da hat ihn Meifler Thoma gemalt —
unter den Ulmen und Nußbäumen der Mainau, und von
den Reben am anderen Gestade her umhaucht ihn der Seewind;
klar und still ist es weit um. Wohl hat er dürre Zweige
abgebrochen, Unkraut ausgerissen, Wege gebahnt und Samen
gestreut. Nun hält er inne und blickt in die Ferne. Wird
es wachsen und sruchten? Sorgenfurchen dunkeln zwischen
seinen Brauen; aber die Augen schauen weit und weg, starr,
wie ins Leuchten eines fernen Bildes. Jst es Vergangenheit?
Sieht er noch einmal in die Blütenträume seiner Jugend
die Erfüllung niedersteigen, die Segenshände früchtevoll?
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