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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1885

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No. 178 - No. 202 (2. August - 30. August)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43927#0758
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klärte, daß keine Epidemie herrſche und keine Gefahr
der Stadt drohe.
England.
London, 7. Aug. Die öſterreichiſch- deutſchen


des Premier Lord Salisbury, die „Morning Pöſt“
zum Anlaß heftiger Anklagen gegen die Gladſtone'ſche


mitteleueopäiſchen Friedensbunde beizutreten.
Blatt ſchreibt: Hätte Großbritannieu ſich der von
den beiden Reichen gegruͤndeten Friedensliga ange⸗
ſchloſſen, dann hätten wir nichts von Angra Pequena
und Neu⸗Guinea gehört. Fürſt Bismarck würde
nicht Lord Granville empfohlen haben, den engliſch⸗
portugiefiſchen Vertrag zu zerreißen, und England
wuͤrde Herr des weſtlichen Afrikas geblieben ſein.
Keine von Frankreich und Deutſchland organifirte
Congolonferenz wünde Ergland in die demlithige
Nothwendigleit verſetzt haben, die Beſchiffung des
Niger der Berliner Conferenz zu unterſtellen, wäh—
rend franzöſiſche Fluͤſſe im weſtlichen Afrika von
der Erörterung ausgeſchloſſen blieben. Frankreich
wuͤrde nicht ermuntert worden ſein, ſeine Operationen
in China zum Nachtheile britiſcher Intereſſen zu
betreiben, und die egyptiſche Frage würde zur Be—
friedigung aller Parteien ſchon lange geregelt wor—
den ſein. Wäre Gladſtone dieſem Friedensbunde
beigetreten, dann würde Fürft Bismarck's Argwohn
mit Bezug auf ein etwaiges Einvernehmen zwiſchen
Großbritannien, Rußland und Frankreich niemals
erweckt worden ſein, und wir dürften ſiber die Na—
tur des in Stierniewice getroffenen Abkommens
nicht im Dunkeln ſein. Englands Wort iſt ver—
pfändet, die mit Rußland und den andern Nächten
eingeleiteten Unterhandlungen zur Regelung der af—
ghaͤniſchen und eghptiſche Frage fortzuſetzen und zu
Ende zu führen. Aber Englands Wort iſt nicht
verpfändet, die ſchwankende Politik der letzten Re—
gierung fortzuſetzen, und wir hoffen aufrichtig, daß
in der bevorſtehenden Zuſammenkunft der beiden
Katjer der Beitritt Großbritanniens zu der fried—
lichen Lage den Zentralmächte gebührend verzeich⸗
net werden wird. Die Andeutung, daß Deutſchland
vielleicht gar nicht auf ſeine Colonialpolitik ver—
fallen ſei, wenn England zum Friedensbunde ge⸗
hört hätte, iſt ebenſo hinfällig, wie die Hoffnung
iſt, daß Großbritannien zu Gaſtein in den Frie?
densbund aufgenommen worden. Aber von größtem
Intereſſe iſt die aus dem Klageſang der „Morning
Poſt“ herausklingende Sehnſucht nach der Aufnahme
in den Bund. England hat es in der That ganz
allein in der Hand, ein freundſchaftliches Verhält—
niß zu dem mächtigen mitteleuropäiſchen Friedens⸗
bunde anzubahnen.

Ans Nah und fern.
S Mannheim, 9. Aug. Der ebenſo begabte
als umſichligẽ und loyale Polizeiinſpektor Herr




Er hat eine dornenvolle Zeit hinter ſich,
er aber nichtsdeſtoweniger doch als eine für ihn
ehrenvolle zurückblicken darf. Wer die polttiſchen
und ſozialen Verhältniſſe Mannheims genau kennt
wird mit mir den Verluſt dieſer bedeutenden Kraft
ſchmerzlich bedauern, denn was dieſer Mann leiſtete



„Nimmermehr!“ rief Max.

„Ich ſoll mich feige zurückziehen, wo Sie
meinetwegen ſich Todesgefahren ausſetzen! Ich be—
gleite Sie.“

„Sie können mir weit mehr nützen, wenn Sie
hier die Ereigniſſe abwarten. Man muß keine
Schlacht beginnen ohne Reſervetruppen hinter ſich
zurückzulaſſen, und dann bedenken Sie noch eins,
Max: in dieſer Nacht bietet ſich wahrſcheinlich Ge⸗
legenheit für Sie, endlich die Befreiuung Ihres
armen Kindes bewirken zu können.“

„Meine Tochter, meine arme Anna, die hier
das Wunderkind ſpielen muß und von jener Megaͤre
gepeinigt wird!“ ſeufzte Wallmann.

„Um ihretwillen thue ich Alles.“

„So verhalten Sie ſich hier ganz rubhi.. Wir
wollen zur Fuͤrſorge unſere ſämmtlichen Geräthe
in eiſerne Kiſten paden und verſchließen. Müſſen
wir fie jetzt vielleicht im Stiche laſſen, ſo wird ſich
ſpäter ſchon Gelegenheit finden, ſie von den Be—
hörden zu reklamiren. Sie löſchen das Licht und
bleiben hier, während wir uns mit den Gendarmen
in den „Rothen Ochſen“ begeben. Sind wir etwa
eine Stunde fort, ſo gehen Sie nach dem Quar⸗
tier der Wahrſagerin, die ſicher Wache ſtehen
wird· Verkleiden Sie ſich gut und reiten Sie Ihr
Kind.“

Er reichte ihm die Hand und mit einem ſtum—
men innigen Händedrucke gelobte Max dem edlen
Manne, ſich ſeinen Anordnungen blindlings unter⸗
werfen zu wollen.

Ohne noch ein Wo
alle Drei an das Einpacken
Koſtume, Inſtrumente und Apparate.

rt zu verlieren,
der

machten ſich
Geraͤthſchaften,
Nach Verlauf





wird ihm nicht leicht ein Anderer nachmachen. Zu
Zeiten der drohenden Bewegung ſtand er auf der
Warte und wußte alle Anſchlaͤge durch ſeine Be—
ſonnenheit und Liebenswür digleit geſchickt * ruhig
abzuweiſen. War ſeitens einer verdächtigen Ge⸗
ſellſchaft eine Verſammlung einberufen, ſo wußte
er in Guͤte die Leute zu bewegen, daß ſie
über das Geſetzliche hinausgingen. Durch

kraten derart, daß bei Verſammlungen ꝛc. ſchon ihm
zu Liebe kein Zwiſchenfall ſich ereignete, der das
Einſchreiten der Poltzei gebot. Ich ſelbſt habe von


gerade ſeiner ruhigen Beſonnenheit und
manches anders gegangen, wenn er
weſen wäre. Trotzdem war er ein durchaus tüchtiger
und energiſcher Beamter, aber er kannte ſeine
Leute und das iſt hier in Mannheim die Hauptſache.
Ich behaupte kühn, daß uns der kleine Belagerungs⸗
zuſtand ſicher geweſen, wenn wir Baumann nicht

zehabt haͤtten. Daß ſein Zurucktreten aus dem ſo


wird, werde ich wohl kaum zu bemerken brauchen.

* Mannheim, 7. Aug. (Die Bauthaͤtigleih,
hauptſachlich in den Neckargärten, iſt dieſes Jahr
eine äußerſt rege und wird in dieſem Stadt—
theile vornehmlich den kleineren Wohnungen
an denen ein großer Mangel iſt, erfreulicher Weiſe
Rechnung getragen. Nach dieſer Bauthätigkeit zu
urtheilen, iſt eine ſtarke Steigerung der Einwohner—
zahl zu erwarten. Es muß dies als ein erfreuliches
Zeichen für die Neckar-Vorftadt angeſehen werden,
um ſo mehr, da die Entwickelung derſelben unter
verſchiedenen ungünſtigen Verhältniſſen ſeit einer
Reihe von Jahren zu leiden hatte. Auch in den
Baumſchul⸗Gärten wird eifrig gearbeitet und find
daſelbſt mehrere Wohnhäuſer erftanden und noch im
Entſtehen begriffen. In nicht allzu ferner Zeit
duͤrften daſelbſt alle Plaͤtze bebaut ſein. In der


noch nicht mit der Bauthätigkei recht vorwaͤrts
gehen, die Urſache hiervon iſt wohl in den theuren
Plätzen zu ſuchen.

< Rappenau, 9. Aug. Das Soolbad hier
hat ſich gegenwärtig einer ſtarken Frequenz zu er—
freuen Es befinden fich hier Curgäſte nicht nur
aus Baden und den angrenzenden Laͤndern, ſondern
auch von andern Welttheilen.
der Bäder u. ſ. w. hört man allgemein nur Loben?
des. Es iſt das Wiederkommen der vielen Cur—
gäſte, die ſchon einmal hier waren immer ſicher.
Das in Ihrem Blatte Nr. 180 von hier berichtete
Curioſum, daß eine Ziege von 10 Wochen per
Tag 1/ Liter Milch giebt, wird vielfach bezweifelt.
Wer ſich daher genau von der Wahrheit überzeugen
will, komme zu Herrn Karl Stier Maurer hier,
welcher genannte Ziege beſitzt.

*Heilbronn, 8. Aug. Zum Feuerwehrtag ſind
bis jetzt 102 Anmeldungen mit 2946 Mann einge⸗
laufen. Der Anmeldetermin iſt heute abgelaufen,


Bei dem großen Andrang dürften die Quartiere
etwas rar werden und wohl oder übel manche
ſpät Angemeldete keine Quartiere mehr bekommen.

einer Stunde war bis auf die Bekleidung der
Wände und die Sitze in der ganzen Bude nichts
mehr vorhanden. Selbſt die Portieren und der
Vorhang waren zuſammengerollt und in die bereit—
ſtehenden Kiſten verpackt worden, ebenſo wie die
baren mit Moſaik eingelegten Tiſche, die der Preſti—
digateur mit ſtaunenswerther Geſchicklichkeit ausein⸗
andernahm und verpackte.

Nachdem dies alles geſchehen war, nahmen Sylvio
und der Page ihre Naͤntel um, die Lichter wurden
ausgelöſcht und beide ſchritten, nachdem ſie mit einem
innigen Händedruck von Wallmann Abſchied ge—
nommen, in die Nacht hinaus.

In der ſtockfinſteren Bude blieb der Schau—
ſpieler allein zurück. Finſter wie ſeine Umgebung
war auch ſein Geſchick. War es — daß er
den Kampf mit dieſen furchtbaren — fiegreich
beſtand? Durfte er hoffen, das hohe Ziel, das er
ſich geſteckt hatte, zu erreichen? Lächelie ihm doch
noch das Glück im Beſitze jener dret weiblichen
Weſen, die ihm ſo uͤberaus theuer waren, ſeiner
Mutter, ſeiner Tochter und ſeiner Geliebten, Bertha
von Benkendorf zu ſein.

Mar ſtuitzte den Kopf in die Hände und verſank
in eine tiefe Träumerei.

XXVII.

Tiefe Stille herrſchte in der Scheune, in welcher
wir ſchon einmal einer Verſammlung des edlen
Kartenſpiels beigewohnt haben, tiefe Stille und tiefe
Finſterniß.

Man hätte glauben können, ſie ſei ganz leer,
nur ein Aufenthalt für Ratten, Maͤuſe und Unge—
ziefer, wären nicht aus einem Winkel Töne er—





rd
Die Feſtkarten kommen in den naͤchſten Tagen 1 *
Verſand per Poſt unter Nachnahme.
* 22— Auguſt. Herr Bargermelſ e
Dr. Steidle liegt ſei Dienſtag an einer Bündda
entzündung ſchwer darnieder; geſtern wurde er * 7
den Sterbeſakramenten verſehen, heute Abend 2 * 55*
eine weſentliche Beſſerung ſeines Zuſtandes —72 8
treten. Dieſe plötzliche Erkrankung iſt für die * 1 Exgel
tiſche Verwaltung um ſo unangenehmer, als ge en ufſeher
jebt zwei der Rechtsräthe, darunter der erſte 2 8

dertreter des Buͤrgermeifters, abweſend find und?

mehrere — Beſchlußfaſſungen ausgeſetzt W 7 *

müſſen, darunter * über die Beſetzung des f q‚ u“““?[le‘
tiſchen Bauraths. Ohne Baurath aber keine Brul *
— Die Abgangopꝛ rafun gen auf den hieſigen I 7 *
Lehranſtalten fielen ſehr gut aus. — — — 8 je
| 18 Studirende der Hochſchule, welche fich dem eı “I Hemm
ſig 8

yſte

juriſtiſchen Examen unterzogen, haben die 7
beſtanden. Im benachbaͤr ten Heidingsfeld
Faßfabrikant Wellhöfer ſen., einer der bedeutend
Irduſtriellen Frankens, der ſich vom einfachen
{



beiter zum hetrotrage nden Fabrikanten enpell! 8
arbeitet hatte ti
4 daͤruiſtadt, 7. Aug. In Folge des 4 *
fundenen Ausgleichs zwiſchen der General⸗ Faliil
Lahr und der Reichs Oberfechtſchule Magdeburs *
bei welchem bekanntlich letzter? Mk 86, *
erſtere zahlte hatten die beiden hiefigen 2
verbände am vergangenen Sonnabend im Sanl 5
hier ein gemeinſchaftl Sommerfeſt 8 8*
das dem wohlthaͤtigen Zweck, der Etrichtung * Nicht
ſcher Reichswaiſenhaͤuſer, die erkleckliche %mcm"ab mß *
von nahezu Mk. 1200 einbrachte. n * ei
»Aus Baden, 8. Aug. Am Dienftag 4 gen 8 n
truͤmmerte der Blitz das Kamin des dem 4 liye *
meiſter Woller in Donaueſchingen gch Kr
Vohnhauſes, ohne jedoch weiteren © * * 2
{ anzurichten. — Dagegen brannte in Aafen 44 Unte —*
Ockonomiegebaͤude, das der Sparkaſſe Donaujclſ * *
gehört und verpaͤchlel iſt, * die Scheuer 4 *
Sebaſtian Brodhag, welche durch Bl — * *
Flammen geſetzt wurden, * Auch die 5
lirche und der Pfarrhof erlitten einigen Sc ** *
deſſen Geſammtſumme auf etwa 10,000 ME Qlem
ſchätzt wird. Aın 4. d. M. v\runglüdte der 2
23jährige %aq ohner Heinrich Schelb von Wie a M
beim Holzſchlitten im Todtnauer Gemeindeh 4 *
| dadurch, daß eine Spannkette riß und Schelb *
halb den Schlitten nicht mehr leiten konnte. 42
preßte den Schelb zwiſchen Baͤume, ⏑
Kopf und Bruſt, ſo daß der Tod des ünglu
ſofoͤtt eintrat. — In Schönau wuͤrde ein 9 % % Satt
Flußadler geſchoſſen. Flügelweite 2,20 ä)?etef:‚/[n “ue[ *
* — 7
*
Milionel® * Tl *
oll 4
Any

{
8

*
* m? en

Fli
* 2





Vermiſchtes.

Stuttgart, 5. Aug. Eine
ſſchaft, hat der Theaterdixektor Stich in Heill
| gemacht. Demſelben find von einem unlängl ,;H„
America geſtorbenen Großvater mütterlihe‘
! 1056000 Mk. zugefallen. ei
Kalk, bei Köln, 6. Aug. Als 1 * 8
Nacht kurz vor 11 uhr der Zug von 44 * 2
Deutz einfuhr, bemerkte man an den * 4 *

Lolomotive Theile einer menſchlichen Leiche.
e d *

klungen, welche bald dem Grunzen eines Bo cl *
thieres, bald dem Schnauben eines Stieres gli j * *
und die man erſt nach laͤngerex ueherlegi *
das erkennen konnte, was fie in der That 2 e
das Schnarchen eines Menſchen.

Auf einem Strohbuͤndel hingeſtreckt, mit
Mantel bedeckt, ſchlief Pique-Acht feinen *



8



aus. In einer andern Ecke ſaßen Grunet l 8*
Lemle. Sie wachten, wagten aber weder L4 * 8* zu
zubrennen, noch ſich zu ruühren und 5 2* Yat 4
die Köpfe zuſainmenſteaͤend, nur ganz leiſe 5* u
einander. 2 18 * ſp

Sie hatten eine geraume Zeit ſo 2 5 %o —
die ihnen in der Dunkelheit, dem Sch b‚‘gt'tenegleß
und der Erwartung noch viel langer er cn NN
ſich endlich ein Kratzen an der Thür 4 8 lein wa
ließ. Lemke öffnete und der Bucklige ſchluͤpfte 805 2 (

die Thuͤr. ct 2

„Es hat einen ſchoͤnen Larm gegeben, ſagte * S
indem er eine Blendlaterne anzündete, 4 * e
eurch einen ſtrohhalmbreiten Spalt der — Nı
den Lichſtrahl failen ließ. 2 8—
„Mit wem?“ fragte Grunert und Lem *
aus einem Munde. an * 8
„Mit den Gensdarmen und mit dem Haup 2* —
Die Erſteren haben die halbe Stadt 2 7 2*
Unruhſtifter durchſucht und wäre Pique⸗ Ach 42 4 —
in die Hände gefallen, ſo würde es ihm 2 4 * 8
gegangen jein; fie haben fich indeß wieder b h(} ü
und find in ifr Wachtlocal gezogen.” 4, Ir dgamln
„Und der Hauptmann?“ fragte Pique⸗Dr en ——
(Fortſetzung folgt. * wel 8




 
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