Rußland gegenill
Zweifel erhaben. . ..
lich läßt sich solche von Rußland besorgen. Unsererseits wird
Arrs Mrch Nmd Ferm.
* Karlsruhe, 11. Jan. Infolge der Erbauung einer
katholischen Kirche in Mühlbnrg, dem neuen Stadttheile
der Residenz, besitzt diese nunmehr eine zweite katholische
Stadtpfarrei, welche kürzlich durch Pfarrer Hehn von
Adelsheim besetzt worden ist. — Die Stadt Pforzheim
folgt dem Beispiel der Residenz mit Erbauung eines neuen,
groß angelegten Schlachthauses im nächsten Frühjahr.
Auch hat die Stadt von dein Ministerium des Innern
die Erlaubniß zur Forterhebung der städtischen Verbrauchs-
steuer für die Jahre 1887 bis 1892 erhalten.
* Karlsruhe, 12. Jan. Das Gerücht, daß die 4
Infanterieregimenten der 29. Division je ein 4. Bataillon
erhalten sollen, wird von verschiedenen Seiten bestätigt.
Wie aus einer heutigen Konstanzer Korrespondenz her-
vorgeht, wird Hüningen im Elsaß als Garnisonsort eines
der vier Bataillone des 6. bad. Infanterieregiments Nr.
114 bereits genannt. Es bleibt die Ansicht übrigens fest-
zuhalten, daß die etwaigen Truppenvermehrungen fast aus-
schließlich den Grenzgebieten zu gut kommen werden.
* Mannheim, 9. Jan. Gestern Abend hielt der
hiesige Velozipedisten-Verein sein diesjähriges Winterfest
ab und gab Zeugniß von dem regen Geist, welcher Vor-
stand und Mitglieder zu schönem Erfolg vereinigt. Eine
gewählte Gesellschaft hatte den großen Saal des „Saalbau"
gefüllt und folgte mit sichtlichem Interesse der Vorführung
der einzelnen Programmnummern. Reizend waren be-
sonders die Evolutionen von 14 Knaben im Alter von 5
bis zu 14 Jahren, welche unter Leitung ihres Turnlehrers
Gabriel exakt ein Dragoner-Manöver ausführten. Von
den Erwachsenen riß besonders Herr Berger die Zuschauer
zu ungetheilter Bewunderung hin, durch sein „Monocykle"
Fahren. Es war auch geradezu erstaunlich, zu welcher
Gewandtheit es der obige Herr im Fahren auf dem Ein-
halte oavei nur tue Jnterepen und die Sicherheit dos Reiches,
sowie das Wohl des Vaterlandes im Auge. Glauben Sie, wenn
wir uns über die Zeit nicht einigen, der Bundesrath würde von
seinem ursprünglichen Vorschläge abgehen? Und nun frage ich
Sie, wenn Ihnen gesagt wird, daß die Forderung im Interesse
des Reiches gestellt ist, wäre es in Frankreich möglich, eins solche
Vorlage abzulehnen? (Beifall.) Es besteht wirklich kein Grund,
bezüglich der Zeit den verbündeten Regierungen Schwierigkeiten
zu bereiten, zumal wir uns streng an den Wortlaut > '
der Verfassung gehalten haben. Wir halten unbedingt
im deutschen Heere von der Mehrheit des Reichstages abhängig
machen? Sie würden damit aus dem kaiserlichen ein Parla-
mentsheer machen ; da müßte man doch an die Wähler apelliren,
ob das wirklich die Meinung des Volkes sei. Wir wollen ein-
mal hören, ob die Wähler den Gedanken aufkommen lassen, daß
die Heeresstärke vom Reichstage ohne Zustimmung des Bundes-
raths und des Kaisers bestimmt werde und vom Kaiser können
Sie unmöglich erwarten, daß er in seinem neunzigsten Lebens-
jahre noch zur Zersetzung des Werkes mitwirks, dem er die
letzten 30 Jahre seines Lebens gewidmet hat: die Schöpfung
des deutschen Heeres und des deutschen Reiches. Wenn Sie das
glauben, wenn Sie irgendwie Verdacht erwecken, darnach zu
streben, wenn Sie nicht durch baldige vollständige Annahme der
Vorlage die Sorge der verbündeten Regierungen für die Wehr-
haftigkeit Deutschlands befriedigen, dänn zi e fle n wir vo r,
mit'einem andern Reichstag zu verhandeln; wir
werden uns auf keine Verhandlungen mehr mit Ihnen einlassen,
sondern die Gefahr, in die wir das deutsche Volk durch Ver-
zögerungen setzen können, wird uns zwingen, darüber bald Ge-
wißheit zu haben, oder aber mit anderen Leuten zu reden, die
diese Gewißheit gewähren.
Fürst Bismarck bemerkt bezüglich der.Frage, warum inan
den Ablauf des bisherigen Septennats nicht abgewartet, man
habe jetzt die Ueberzeugung gewönnest, daß die bisherige Be-
wachung der Grenzen einer Verbesserung bedürfe. Bismarck weist
auf die'Möglichkeit , hin, daß irgendwo, also besonders in Frank-
reich, der Krieg gewissermaßen als Sicherheitsventil gegen Zu-
stande im Innern diene, als Mittel, die Negierung im Innern
zu befestigen. Auch darauf müßten wir'uns einrichten, darauf
also, daß eine Regierung in Frankreich zum Kriege schreitet,
wenn sie sich sonst im Innern nicht halten kann. Man hatte be-
zweifelt, daß man mit dem jetzigen Reichstage zu einer Ver-
ständigung kommen könnte, den Fall der Gefährdung der Sicher-
heit des Reiches durch die Verzögerung der Vorlage wollte man
nicht eintreten lassen. Wir waren gär nicht darauf gefaßt, ir-
gend welchen Widerstand bei dieser mäßigen Forderung zu fin-
den. Hätten wir dies vorher wissen können, so hätten wir besser
vorher die Wähler gefragt: Wollt Ihr dem deutschen Reich seinen
bisherigen Besitz erhalten oder nicht? Jetzt müssen wir auf
unserer Forderung bestehen.
Windthorst spricht für dreijährige Bewilligung der gan-
zen Vorlage und protestirt gegen Bismarck's Ausführungen
bezüglich Hannovers, welches niemals durch Hilfe Fremder seine
Selbständigkeit wieder wünsche. Die Aufschlüsse Bismarck's über
die allgemeine Lage hätten ihn im Ganzen befriedigt, nur könne
er nicht einsehen, warum Deutschland keine Interessen an der
orientalischen Frage hätte. Auflösen könne der Kanzler den
Reichstag, aber was erreiche er damit? Wozu bestehe die Ver-
fassung, wozu am Ende die ganze Maschinerie, wenn der Reichs-
tag nur zum Kopfnicken da wäre ? Der Redner bittet den Reichs-
kanzler, zu überlegen, ob er die Vorlage wegen der Dauer der
Bewilligung zum Scheitern bringen wolle.
Bismarck erwidert, man habe heute Mvltke für und
Windhorst gegen die Vorlage sprechen gehört und es frage sich,
ob letzterer, ersterem als militärische Autorität über ist. Wäre
bei uns ein Patriotismus wie in Frankreich oder Italien vor-
handen, der in Gefahren keine Parteiunterschiede kenne, dann
brauche man sich hier nicht zu ereifern. Die Frage sei, soll unser
Heer ein kaiserliches oder ein Parlamentsheer sein, soll hier jedes
Jahr die Präsenzzisfer bewilligt werden? Das soll nicht sein.
(Ruf: Marine.) Ja mit der Marine sei die Sache anders, für
diese wäre der Reichstag immer gewesen, die Marine hätte so-
gar stets Herrn Rickert für sich gehabt. Daß wir durch die Auf-
lösung zu einer Versammlung von Jasagern kommen wollen,
ist eine übertriebene Ansicht. Die Nörgelei des Parlaments bei
den Forderungen für die Sicherheit des Reiches ist nirgends so
üblich, wie in Deutschland. Bezüglich der orientalischen Politik
sei nochmals zu bemerken, daß sich Deutschland für Oesterreichs
Interessen und Oesterreich für Deutschlands Interessen anneh-
men könne und wolle, aber daß sich die eine Macht nun ganz
für die andere einsetze und opfere, das sei rein unmöglich, wir
haben Interessen, die Oesterreich nicht berühren, und Öesterreich
hat Interessen, die uns fernliegen, da müsse eben jede Macht
ihre eigenen Wege gehen. Wenn der Abg. Windthorst bemerkte,
Rußland sei unser Verbündeter, so treffe das nicht zu, bei allen
guten sonstigen Beziehungen, und bei einem etwaigen Kriege mit
Frankreich habe Redner überhaupt auf keinen Bundesgeuossenge-
rechnet, noch auch zu rechnen. Wenn die Verzögerung der Vorlage
die Kriegspartei in Frankreich ermuthigt hätte, dann sei dieBerant-
wortlichkeit dafür Denjenigen zuznweisen, welche diese Verzögerung
verschuldet haben. Bismarck verbreitet sich über die finanzielle Seite
der Vorlage und bestreitet, daß durch diese unerträgliche Kosten
entstehen. Bezüglich Hannovers erinnert Bismarck daran, daß der
König von Hannover sich bemüht hätte, durch Napoleon wieder
in sein Reich eingesetzt zu werden. Es sei möglich, daß dessen
Sohn jetzt seine Gesinnung geändert habe, Beweise dafür seien
aber nicht vorhanden. Mit der Kommission könnte die Regierung
sich nicht weiter sinlassen, die Entscheidung liege in diesem Hause.
Er könne sich niemals entschließen, in die Kommission zu gehen
und dort seine Zeit verlieren. Darauf wird ein Vertagungs-
antrag angenommen. Fortsetzung: 12 Uhr.
bürg und Metz nicht für abgeschlossen gelte und — wie
Carnot gestern im Senat gesagt — im Vertrauen auf die
Armee werde Frankreich auf alle Ereignisse gefaßt sein.
Spanien.
Madrid, 12. Jan. Bekanntlich haben anläßlich der
Karolinen-Angelegenheit spanische Officiere sich Deutschland
gegenüber in unliebsamen Kundgebungen ergangen. Unter
Anderen hat General Salamanca, der Präsident des Mi-
litärkasino in Madrid, damals seine preußischen Orden
nach Berlin zurückgeschickt. Bei der jüngst erfolgten Wahl
ließ das Kasino nun den General durchfallen, und zwar
-— wie aus Madrid gemeldet wird — vornehmlich mit
Rücksicht auf diesen Affront gegen Preußen.
KKMKrck iw MichstaS.
Verhandlung über die Militärvorlage am 11. Januar.
Das Haus tritt in die zweite Berathung der Militärvor-
lage ein. Nachdem einige Redner gesprochen, erklärt Fürst
Bismarck:
Die Wehrkraft des Reiches, wie sie jetzt ist, reicht nach
Ueberzeugung der verbündeten Regierungen nicht aus, um die
Sicherheit des Reiches dauernd zu verbürgen. Dies ist die
Ueberzeugung aller militärischen Autoritäten, mit Ausnahme des
deutschen Reichstages. Also alle militärischen Autoritäten stehen
gegenüber denjenigen der HH. Richter, Windthorst und Grillen-
berger. Man kann nur annehmen, daß die Herren aber noch
andere Gründe bezüglich der Vorlage bei den verbündeten Re-
gierungen voraussetzen, als militärische. Indessen diese Voraus-
setzungen, als ob es uns um Einführung neuer Steuern zu
thun sei, ist gerade so absurd, als wenn wir bei der Opposition
voraussetzen wollten, es läge ihr daran, in der That die Sicher-
heit Deutschlands zu gefährden. Es ist doch zu bedenken, daß
der gordische Knoten, vor dem wir vor den letzten Kriegen stan-
den, doch nur durch das Schwert gelöst werden konnte, nur
durch die Wehrkraft, auf welche wir uns stützen konnten, das
wird Jeder zugeben, wie Jeder zugestehen wird, daß man von
diesem Hause aus die orientalische Frage nicht lösen kann. Die
Aufgabe, die uns nach dem Frankfurter Frieden zufiel, war
keine geringe. Frieden zu machen, war leichter, als ihn zu er-
halten. Es ist uns gelungen, mit Oesterreich, zu welchem wir
jetzt in so herzlichen Beziehungen stehen, in gegenseitigem, auf-
richtigem Vertrauen zu leben, wie es uns nie während der Zeit
des deutschen Bundes gelungen war. Ein großer Einfluß zur
Befestigung des Friedens ist den freundschaftlichen Beziehungen
der drei Kaisermächte beizumessen und ist daran zu erinnern,
daß die lange Friedenszeit dieses Jahrhunderts, welche so segens-
reich wirkte, m die Zeit der verrufenen heiligen Allianz falle;
jetzt ist es geboten, die Folgen des Friedens zu er-
halten; dazu bedarf es vor Allem eines starken Heeres.
Unsere Beziehungen zu allen Mächten sind die besten, auch
"wer sind unsere guten Beziehungen über jeden
. Uns beseelt wahrlich keine Rauflust und schwer-
' ' s „ " j f
ganz sicher kein Krieg mit Rußland begonnen werden; an ein
Bündniß zwischen Frankreich und Rußland haben wir wahrlich
Lei der Vorlage nicht gedacht. Alle Gründe, die uns nach dieser
Richtung untergeschoben worden sind, treffen nicht zu. Dieselbe
Presse, welche die Vorlage bekämpft, hat vor wenigen Monaten
Alles daran gesetzt, uns in Krieg mit Rußland zu verwickeln,
indem sie von uns verlangte, für Bulgarien uns mit Rußland
einzulafsen. Ich hätte mir Landesv errath vorwerfen
müssen, wenn es mir nur einen Augenblick einge-
fallenwäre, mich auf diese Dummheiten einzulassen.
Was ist uns Bulgarien? Es ist uns völlig gleich, wer in Bul-
garien regiert. Die Freundschaft mit Rußland ist uns
wichtiger, wie die mit Bulgarien. Wir werden uns von
Niemand verleiten lassen, uns Bulgariens wegen mit Rußland
zu verfeinden. Die guten Beziehungen zwischen den Mächten
zu erhalten, das ist uns wichtig und schwieriger als Sie denken.
Diese Bemühungen durch irgend welche journalistische oder parla-
mentarische Angriffe vereiteln zu lassen, kann man uns nicht zu-
muthen. Auch zu Frankreich stehen wir in guten Beziehungen,
nur ist deren Erhaltung schwieriger, weil sich hier noch ein lang-
wieriger geschichtlicher Proceß zu vollziehen hat, bevor alle Reste
der Vergangenheit beseitigt, bevor alle Zwistigkeiten versöhnt
sind. Wir haben unserseits Alles gethan, um die
Franzosen zum Vergessen und Vergeben zu be-
wegen und haben keinen Grund, Krieg mit Frank-
reich zu besorgen. Aber wir haben auch keinen Grund,
ihn zu fürchten. Es kann keine Rede davon sein, daß wir
Frankreich angreifen, allein wir müssen uns doch auch gegen
Angriffe vorsehen. Unter keinen Umständen werden wir Frank-
reich angreifen, aber wir werden stets genöthigt sein, uns so zu
rüsten, daß wir dem Wiederausbruch eines Krieges gewachsen
sind. Dies Ziel stellt sich die Vorlage. Ich habe festes Ver-
trauen zu der friedlichen Gesinnung der französischen Regierung
und eines Theils des französischen Volkes. Trotz alledem lehrt
uns die Vergangenheit, daß mir auf die Dauer nicht auf Frie-
den mit Frankreich rechnen können. Daß plötzlich dort eine
Regierung an's Ruder kommt, die uns Krieg bringt,
damit ist zu rechnen. Wenn wir nicht Vorkehrungen treffen,
wenn wir heute versichern wollen, ja, wenn der Krieg kommt, dann
wollen wir Alles bewilligen, so lacht man uns aus; gibt es in
Frankreich ein Blatt, eine. Stimme auch nur, welche sagt, wir
verzichten auf Elsaß-Lothringen? Die Frage, ist dis Möglichkeit
eines französischen Angriffs ausreichend, um diese Vorlage zu
begründen? will ich nicht erörtern; wir haben für allgemeine
Sicherheit nach allen Seiten zu sorgen. Frankreich ist eine starke,
kriegstüchtige Macht; sein Heer ist tapfer und kampfbereit; wrr
dürfen nie die Hände in den Schooß legen, wie friedlich es dort
auch zeitweilig stehe. Wenn nun die Franzofen siegten, was
stände uns bevor? Wir würden dieselben Franzosen uns gegen-
über finden wie 1807 bis 1813, die uns wieder aussaugen wür-
den, daß wir auf dreißig Jahrs lahmgelegt wären. Man würde
uns klein zu machen suchen, vielleicht das Königreich Hannover
von uns verlangen. Indessen will ich Ihnen nur die Möglich-
keit schildern, der wir bei einem unglücklichen Kriege ausgesetzt
wären. Der Friede von 1870 würde ein Kind erspiel
sein gegen den von 1890. Wer die Möglichkeit der Ver-
antwortung dafür übernehmen will, der möge es thun. Die
verbündeten Regierungen wollen es nicht, deßhalb legen sie
Ihnen das Gesetz vor. Wir wollen dauernd eine genügende
Zahl ausgebildeter Soldaten im Reiche haben. Wir wählten
die Ziffer von sieben Jahren, weil sie die Grundlage des
früheren Kompromisses war und sich das ko stitutionelle Leben
aus Kompromissen zusammensetzt. Der Bundesrath thut das
Aeußerste, indem er dieser Grenze von 7 Jahren zustimmte. Er
hatte dabei nur die Interessen und die Sicherheit deS Reiches,
sowie das Wohl des Vaterlandes im Auge. Glauben Sie, wenn
wir uns über die Zeit nicht einigen, der Bundesrath würde von
seinem ursprünglichen Vorschläge abgehen? Und nun frage ich
Sie, wenn Ihnen gesagt wird, daß die Forderung im Interesse
des Reiches gestellt ist, wäre es in Frankreich möglich, eins solche
Vorlage abzulehnen? (Beifall.) Es besteht wirklich kein Grund,
zu bereiten, zumal wir uns streng an "den Wortlaut und"Sinn
der Verfassung gehalten haben. Wir halten unbedingt am vollen
Septennat fest und weichen kein Haar breit davon ab. (Beifall
rechts.) Wer bürgt uns denn dafür, daß immer hier dieselbe
Mehrheit vorhanden ist? Wollen Sie denn ein Auf und Ab
rad (das Hinterrad fehlt vollständig) gebracht hat und
war der Beifallssturm, welcher ihm zu Theil wurde, ein
wohlverdienter. Wie wir hören, beabsichtigen unsere
Sportskollegen in Karlsruhe anläßlich ihres „Gala-Rad-
fahrfestes" im Februar eine Konkurrenz im Kunstfahren
zu veranstalten und freuen wir uns dann, Gelegenheit
zu haben, unsere badischen Kunstfahrer mit den bedeutend-
sten Knnstfahrern aus ganz Dcutschlaud um die Sieges-
palme ringen zu sehen.
* Mannheim, 12. Jan. In Sachen des Duells
Köster-Scheele ist das Urtheil nunmehr verkündet und durch
dasselbe der Banquicr und Premier-Lieutenant Köster zu
einer zweijährigen Festungshaft verurtheilt worden. Da
nach dem allgemeinen bürgerlichen Strafgesetzbuche im vor-
liegenden Falle auf mindestens 3 Jahre hätte erkannt
werden müssen, so unterliegt es keinem Zweifel mehr, daß
dem Vernrtheilten unbedingt mildernde Umstände zur
Seite gestanden haben, durch welche diese gelindere Strafe
gerechtfertigt erscheint. — Das kriegsgerichtliche Urtheil
wegen des Duells dürfte noch eine Abänderung erfahren,
indem das Kriegsgericht zwar die Minimalstrafe von zwei
Jahren Festung (Ehrenbreitstcin) verhängte, aber zugleich
ein Gnadengesuch an den obersten Kriegsherrn abfaßte.
* Walldorf, 10. Jan. Gestern Abend gegen halb
7 Uhr brannten hier dem Phil. Steinmann und dem Joh.
Kneis die Scheuern nebst Wohnhäuser bis auf den Grund
nieder. Nur der regen Schaffenslust der Feuerwehr ist
es zu danken, daß das Feuer nicht weiter um sich griff.
* Bom Odenwald, 9. Jan. Der große Schnee äußert
doch nach und nach seine Wirkungen an den Holzbeständen.
Besonders das Nadelholz, Tannen und Fichten, erlitt
schwere Schädigung, da die Neste die Masse Schnee nicht
zu tragen vermögen und überall abbrechen. Die Bäume
sehen sehr traurig aus und erst das Frühjahr wird
den Schaden in vollem Umfang erkennen lassen. Beson-
ders ist der eigentliche Odenwald, die Gegend um Wall-
dürn, betroffen. Es heißt bereits, daß in Anbetracht des
massenhaft liegenden Windbruch die gewöhlichen Holzhiebe
für dies Jahr eingestellt würden.
* Eberbach, 12. Jan. Wie wir vernehmen, wird
das hiesige Postamt III. Klasse vom 1. April d. I. ab
in ein Postamt II. Klasse umgewandelt. Mit dieser
Aenderung wird auch ein Personalwechscl stattfinden. Die
erste Stelle wird durch einen Postsekretär verwaltet,
welcher später den Rang eines Postmeisters erhält und
diesem untergeben wird noch ein weiterer Verwalter nebst
Gehilfen sein. Auch im Brieftrügerpersonal wird wahr-
scheinlich eine Aenderung eintreten.
* Wertheim, II. Jan. Heute früh ereignete sich
hier ein beklagenswerthes Unglück. Der dem „Badischen
Hof" gegenüberwohnende Schiffer Herz ssu. bemerkte gegen
drei Uhr Feuer, das aus dem anstoßenden Wohnhause
des Privatiers Buch drang. Sofortiger Allarm brachte
die Feuerwehr rasch zur Stelle, welche die Gefahr bald
beseitigte. Der Brand war im Zimmer der 42jährigen
Haushälterin des genannten Herrn ausgebrochen, das
Bett war größtentheils verbrannt. Die Haushälterin selbst
fand man vollständig angekleidet, todt vor ihrem Bette
liegend. Das Licht brannte ruhig auf dem Nachttisch.
Eine Erklärung wird die Untersuchung erst ergeben können,
man nimmt an, daß die Verunglückte von einem Schlag-
anfall betroffen wurde.
X Eubigheim, 12. Jan. Auf der Straße von hier-
nach Gericytsstetten fand gestern Abend der von Hardheim
hierher fahrende Postkuecht einen Mann schon ganz bewußt-
los im Schnee halberstarrt liegen. Derselbe nahm ihn in
seinen Postschlittcn und brachte ihn so an den Bahnhof
hierher. Es gelang hier bald den Verunglückten zum
Bewußtsein zu bringen. Derselbe wollte von Waldürn
nach Boxberg; er hatte sich auf den vierstündigen Weg
hierher ein Fläschchen Branntwein mitgenommen und den-
selben getrunken. Die Wirkung durch den Genuß desselben
war aber der Art, daß er betäubt in den Schnee fiel
und nur zufällig auf oben erwähnte Weise vom Tode des
Erfrierens gerettet wurde.
x Schwabhausen, 12. Jan. Heute Abend wurden wo-
durch Feuerlärm erschreckt. Die Scheuer der Wwe. Hettinger
stand in Flammen. Das Feuer griff so mächtig um sich, daß
auch bald die nebenstehende Scheuer ein Raub der Flammen
wurde. Mit Ueberanstrcngung aller Kräften gelang es
nun, dem weitern Umsichgreifen des Feuers Einhalt zu
thun. Wie das Feuer entstanden, weiß man nicht. Beide
sind versichert.
* Aus Baden, 12. Jan. Heute feiern in Pforz-
heim Herr I. C. Fuchs und Frau ihre goldene Hochzeit.
-— Auf der Station Fahrn au setzten sich mehrere schlecht
gebremste Güterwagen in Bewegung und liefen, durch
das Gefälle begünstigt, in Steinen auf ein Seitengeleise
auf daselbst stehende Wagen. Bei dem Zusammenstoß
wurden sämmtliche Wagen mehr oder minder beschä-
digt. In Maulburg gelang es der Umsicht des be-
treffenden Zugmeisters, den heranrollenden Wagen mit
seinem Personenzuge noch rechtzeitig auszuweichen. —
Die Telephonanlage zwischen Tegernau, Wiesleth,
Schopfheim, Fahrnan, Hausen und Schweigmatt, Gers-
bach ist genehmigt und wird noch im bevorstehenden Som-
mer hergestellt werden. — In Emmingen brannte das
Haus des F. Groos zum Theil nieder. — In Frei-
burg stach ein Lehrling seinem Genossen während einer
nicht ernst gemeinten Balgerei ein Taschenmesser in die
Brust. Der Verletzte kam in's Spital, der Thüter in's
Gefängniß.
Lokales.
* Heidelberg, 13. Jan. („Germania".) Der Sterbkassen-
Verein „Germania" hält nächsten Sonntag seine alljährliche
Hauptversammlung ab. Derselbe hat -eine Mitgliederzahl
von nahezu 500 erreicht, und wird in Folge dessen durch
Beschluß der Generalversammlung das Sterbegeld auf 100
Zweifel erhaben. . ..
lich läßt sich solche von Rußland besorgen. Unsererseits wird
Arrs Mrch Nmd Ferm.
* Karlsruhe, 11. Jan. Infolge der Erbauung einer
katholischen Kirche in Mühlbnrg, dem neuen Stadttheile
der Residenz, besitzt diese nunmehr eine zweite katholische
Stadtpfarrei, welche kürzlich durch Pfarrer Hehn von
Adelsheim besetzt worden ist. — Die Stadt Pforzheim
folgt dem Beispiel der Residenz mit Erbauung eines neuen,
groß angelegten Schlachthauses im nächsten Frühjahr.
Auch hat die Stadt von dein Ministerium des Innern
die Erlaubniß zur Forterhebung der städtischen Verbrauchs-
steuer für die Jahre 1887 bis 1892 erhalten.
* Karlsruhe, 12. Jan. Das Gerücht, daß die 4
Infanterieregimenten der 29. Division je ein 4. Bataillon
erhalten sollen, wird von verschiedenen Seiten bestätigt.
Wie aus einer heutigen Konstanzer Korrespondenz her-
vorgeht, wird Hüningen im Elsaß als Garnisonsort eines
der vier Bataillone des 6. bad. Infanterieregiments Nr.
114 bereits genannt. Es bleibt die Ansicht übrigens fest-
zuhalten, daß die etwaigen Truppenvermehrungen fast aus-
schließlich den Grenzgebieten zu gut kommen werden.
* Mannheim, 9. Jan. Gestern Abend hielt der
hiesige Velozipedisten-Verein sein diesjähriges Winterfest
ab und gab Zeugniß von dem regen Geist, welcher Vor-
stand und Mitglieder zu schönem Erfolg vereinigt. Eine
gewählte Gesellschaft hatte den großen Saal des „Saalbau"
gefüllt und folgte mit sichtlichem Interesse der Vorführung
der einzelnen Programmnummern. Reizend waren be-
sonders die Evolutionen von 14 Knaben im Alter von 5
bis zu 14 Jahren, welche unter Leitung ihres Turnlehrers
Gabriel exakt ein Dragoner-Manöver ausführten. Von
den Erwachsenen riß besonders Herr Berger die Zuschauer
zu ungetheilter Bewunderung hin, durch sein „Monocykle"
Fahren. Es war auch geradezu erstaunlich, zu welcher
Gewandtheit es der obige Herr im Fahren auf dem Ein-
halte oavei nur tue Jnterepen und die Sicherheit dos Reiches,
sowie das Wohl des Vaterlandes im Auge. Glauben Sie, wenn
wir uns über die Zeit nicht einigen, der Bundesrath würde von
seinem ursprünglichen Vorschläge abgehen? Und nun frage ich
Sie, wenn Ihnen gesagt wird, daß die Forderung im Interesse
des Reiches gestellt ist, wäre es in Frankreich möglich, eins solche
Vorlage abzulehnen? (Beifall.) Es besteht wirklich kein Grund,
bezüglich der Zeit den verbündeten Regierungen Schwierigkeiten
zu bereiten, zumal wir uns streng an den Wortlaut > '
der Verfassung gehalten haben. Wir halten unbedingt
im deutschen Heere von der Mehrheit des Reichstages abhängig
machen? Sie würden damit aus dem kaiserlichen ein Parla-
mentsheer machen ; da müßte man doch an die Wähler apelliren,
ob das wirklich die Meinung des Volkes sei. Wir wollen ein-
mal hören, ob die Wähler den Gedanken aufkommen lassen, daß
die Heeresstärke vom Reichstage ohne Zustimmung des Bundes-
raths und des Kaisers bestimmt werde und vom Kaiser können
Sie unmöglich erwarten, daß er in seinem neunzigsten Lebens-
jahre noch zur Zersetzung des Werkes mitwirks, dem er die
letzten 30 Jahre seines Lebens gewidmet hat: die Schöpfung
des deutschen Heeres und des deutschen Reiches. Wenn Sie das
glauben, wenn Sie irgendwie Verdacht erwecken, darnach zu
streben, wenn Sie nicht durch baldige vollständige Annahme der
Vorlage die Sorge der verbündeten Regierungen für die Wehr-
haftigkeit Deutschlands befriedigen, dänn zi e fle n wir vo r,
mit'einem andern Reichstag zu verhandeln; wir
werden uns auf keine Verhandlungen mehr mit Ihnen einlassen,
sondern die Gefahr, in die wir das deutsche Volk durch Ver-
zögerungen setzen können, wird uns zwingen, darüber bald Ge-
wißheit zu haben, oder aber mit anderen Leuten zu reden, die
diese Gewißheit gewähren.
Fürst Bismarck bemerkt bezüglich der.Frage, warum inan
den Ablauf des bisherigen Septennats nicht abgewartet, man
habe jetzt die Ueberzeugung gewönnest, daß die bisherige Be-
wachung der Grenzen einer Verbesserung bedürfe. Bismarck weist
auf die'Möglichkeit , hin, daß irgendwo, also besonders in Frank-
reich, der Krieg gewissermaßen als Sicherheitsventil gegen Zu-
stande im Innern diene, als Mittel, die Negierung im Innern
zu befestigen. Auch darauf müßten wir'uns einrichten, darauf
also, daß eine Regierung in Frankreich zum Kriege schreitet,
wenn sie sich sonst im Innern nicht halten kann. Man hatte be-
zweifelt, daß man mit dem jetzigen Reichstage zu einer Ver-
ständigung kommen könnte, den Fall der Gefährdung der Sicher-
heit des Reiches durch die Verzögerung der Vorlage wollte man
nicht eintreten lassen. Wir waren gär nicht darauf gefaßt, ir-
gend welchen Widerstand bei dieser mäßigen Forderung zu fin-
den. Hätten wir dies vorher wissen können, so hätten wir besser
vorher die Wähler gefragt: Wollt Ihr dem deutschen Reich seinen
bisherigen Besitz erhalten oder nicht? Jetzt müssen wir auf
unserer Forderung bestehen.
Windthorst spricht für dreijährige Bewilligung der gan-
zen Vorlage und protestirt gegen Bismarck's Ausführungen
bezüglich Hannovers, welches niemals durch Hilfe Fremder seine
Selbständigkeit wieder wünsche. Die Aufschlüsse Bismarck's über
die allgemeine Lage hätten ihn im Ganzen befriedigt, nur könne
er nicht einsehen, warum Deutschland keine Interessen an der
orientalischen Frage hätte. Auflösen könne der Kanzler den
Reichstag, aber was erreiche er damit? Wozu bestehe die Ver-
fassung, wozu am Ende die ganze Maschinerie, wenn der Reichs-
tag nur zum Kopfnicken da wäre ? Der Redner bittet den Reichs-
kanzler, zu überlegen, ob er die Vorlage wegen der Dauer der
Bewilligung zum Scheitern bringen wolle.
Bismarck erwidert, man habe heute Mvltke für und
Windhorst gegen die Vorlage sprechen gehört und es frage sich,
ob letzterer, ersterem als militärische Autorität über ist. Wäre
bei uns ein Patriotismus wie in Frankreich oder Italien vor-
handen, der in Gefahren keine Parteiunterschiede kenne, dann
brauche man sich hier nicht zu ereifern. Die Frage sei, soll unser
Heer ein kaiserliches oder ein Parlamentsheer sein, soll hier jedes
Jahr die Präsenzzisfer bewilligt werden? Das soll nicht sein.
(Ruf: Marine.) Ja mit der Marine sei die Sache anders, für
diese wäre der Reichstag immer gewesen, die Marine hätte so-
gar stets Herrn Rickert für sich gehabt. Daß wir durch die Auf-
lösung zu einer Versammlung von Jasagern kommen wollen,
ist eine übertriebene Ansicht. Die Nörgelei des Parlaments bei
den Forderungen für die Sicherheit des Reiches ist nirgends so
üblich, wie in Deutschland. Bezüglich der orientalischen Politik
sei nochmals zu bemerken, daß sich Deutschland für Oesterreichs
Interessen und Oesterreich für Deutschlands Interessen anneh-
men könne und wolle, aber daß sich die eine Macht nun ganz
für die andere einsetze und opfere, das sei rein unmöglich, wir
haben Interessen, die Oesterreich nicht berühren, und Öesterreich
hat Interessen, die uns fernliegen, da müsse eben jede Macht
ihre eigenen Wege gehen. Wenn der Abg. Windthorst bemerkte,
Rußland sei unser Verbündeter, so treffe das nicht zu, bei allen
guten sonstigen Beziehungen, und bei einem etwaigen Kriege mit
Frankreich habe Redner überhaupt auf keinen Bundesgeuossenge-
rechnet, noch auch zu rechnen. Wenn die Verzögerung der Vorlage
die Kriegspartei in Frankreich ermuthigt hätte, dann sei dieBerant-
wortlichkeit dafür Denjenigen zuznweisen, welche diese Verzögerung
verschuldet haben. Bismarck verbreitet sich über die finanzielle Seite
der Vorlage und bestreitet, daß durch diese unerträgliche Kosten
entstehen. Bezüglich Hannovers erinnert Bismarck daran, daß der
König von Hannover sich bemüht hätte, durch Napoleon wieder
in sein Reich eingesetzt zu werden. Es sei möglich, daß dessen
Sohn jetzt seine Gesinnung geändert habe, Beweise dafür seien
aber nicht vorhanden. Mit der Kommission könnte die Regierung
sich nicht weiter sinlassen, die Entscheidung liege in diesem Hause.
Er könne sich niemals entschließen, in die Kommission zu gehen
und dort seine Zeit verlieren. Darauf wird ein Vertagungs-
antrag angenommen. Fortsetzung: 12 Uhr.
bürg und Metz nicht für abgeschlossen gelte und — wie
Carnot gestern im Senat gesagt — im Vertrauen auf die
Armee werde Frankreich auf alle Ereignisse gefaßt sein.
Spanien.
Madrid, 12. Jan. Bekanntlich haben anläßlich der
Karolinen-Angelegenheit spanische Officiere sich Deutschland
gegenüber in unliebsamen Kundgebungen ergangen. Unter
Anderen hat General Salamanca, der Präsident des Mi-
litärkasino in Madrid, damals seine preußischen Orden
nach Berlin zurückgeschickt. Bei der jüngst erfolgten Wahl
ließ das Kasino nun den General durchfallen, und zwar
-— wie aus Madrid gemeldet wird — vornehmlich mit
Rücksicht auf diesen Affront gegen Preußen.
KKMKrck iw MichstaS.
Verhandlung über die Militärvorlage am 11. Januar.
Das Haus tritt in die zweite Berathung der Militärvor-
lage ein. Nachdem einige Redner gesprochen, erklärt Fürst
Bismarck:
Die Wehrkraft des Reiches, wie sie jetzt ist, reicht nach
Ueberzeugung der verbündeten Regierungen nicht aus, um die
Sicherheit des Reiches dauernd zu verbürgen. Dies ist die
Ueberzeugung aller militärischen Autoritäten, mit Ausnahme des
deutschen Reichstages. Also alle militärischen Autoritäten stehen
gegenüber denjenigen der HH. Richter, Windthorst und Grillen-
berger. Man kann nur annehmen, daß die Herren aber noch
andere Gründe bezüglich der Vorlage bei den verbündeten Re-
gierungen voraussetzen, als militärische. Indessen diese Voraus-
setzungen, als ob es uns um Einführung neuer Steuern zu
thun sei, ist gerade so absurd, als wenn wir bei der Opposition
voraussetzen wollten, es läge ihr daran, in der That die Sicher-
heit Deutschlands zu gefährden. Es ist doch zu bedenken, daß
der gordische Knoten, vor dem wir vor den letzten Kriegen stan-
den, doch nur durch das Schwert gelöst werden konnte, nur
durch die Wehrkraft, auf welche wir uns stützen konnten, das
wird Jeder zugeben, wie Jeder zugestehen wird, daß man von
diesem Hause aus die orientalische Frage nicht lösen kann. Die
Aufgabe, die uns nach dem Frankfurter Frieden zufiel, war
keine geringe. Frieden zu machen, war leichter, als ihn zu er-
halten. Es ist uns gelungen, mit Oesterreich, zu welchem wir
jetzt in so herzlichen Beziehungen stehen, in gegenseitigem, auf-
richtigem Vertrauen zu leben, wie es uns nie während der Zeit
des deutschen Bundes gelungen war. Ein großer Einfluß zur
Befestigung des Friedens ist den freundschaftlichen Beziehungen
der drei Kaisermächte beizumessen und ist daran zu erinnern,
daß die lange Friedenszeit dieses Jahrhunderts, welche so segens-
reich wirkte, m die Zeit der verrufenen heiligen Allianz falle;
jetzt ist es geboten, die Folgen des Friedens zu er-
halten; dazu bedarf es vor Allem eines starken Heeres.
Unsere Beziehungen zu allen Mächten sind die besten, auch
"wer sind unsere guten Beziehungen über jeden
. Uns beseelt wahrlich keine Rauflust und schwer-
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ganz sicher kein Krieg mit Rußland begonnen werden; an ein
Bündniß zwischen Frankreich und Rußland haben wir wahrlich
Lei der Vorlage nicht gedacht. Alle Gründe, die uns nach dieser
Richtung untergeschoben worden sind, treffen nicht zu. Dieselbe
Presse, welche die Vorlage bekämpft, hat vor wenigen Monaten
Alles daran gesetzt, uns in Krieg mit Rußland zu verwickeln,
indem sie von uns verlangte, für Bulgarien uns mit Rußland
einzulafsen. Ich hätte mir Landesv errath vorwerfen
müssen, wenn es mir nur einen Augenblick einge-
fallenwäre, mich auf diese Dummheiten einzulassen.
Was ist uns Bulgarien? Es ist uns völlig gleich, wer in Bul-
garien regiert. Die Freundschaft mit Rußland ist uns
wichtiger, wie die mit Bulgarien. Wir werden uns von
Niemand verleiten lassen, uns Bulgariens wegen mit Rußland
zu verfeinden. Die guten Beziehungen zwischen den Mächten
zu erhalten, das ist uns wichtig und schwieriger als Sie denken.
Diese Bemühungen durch irgend welche journalistische oder parla-
mentarische Angriffe vereiteln zu lassen, kann man uns nicht zu-
muthen. Auch zu Frankreich stehen wir in guten Beziehungen,
nur ist deren Erhaltung schwieriger, weil sich hier noch ein lang-
wieriger geschichtlicher Proceß zu vollziehen hat, bevor alle Reste
der Vergangenheit beseitigt, bevor alle Zwistigkeiten versöhnt
sind. Wir haben unserseits Alles gethan, um die
Franzosen zum Vergessen und Vergeben zu be-
wegen und haben keinen Grund, Krieg mit Frank-
reich zu besorgen. Aber wir haben auch keinen Grund,
ihn zu fürchten. Es kann keine Rede davon sein, daß wir
Frankreich angreifen, allein wir müssen uns doch auch gegen
Angriffe vorsehen. Unter keinen Umständen werden wir Frank-
reich angreifen, aber wir werden stets genöthigt sein, uns so zu
rüsten, daß wir dem Wiederausbruch eines Krieges gewachsen
sind. Dies Ziel stellt sich die Vorlage. Ich habe festes Ver-
trauen zu der friedlichen Gesinnung der französischen Regierung
und eines Theils des französischen Volkes. Trotz alledem lehrt
uns die Vergangenheit, daß mir auf die Dauer nicht auf Frie-
den mit Frankreich rechnen können. Daß plötzlich dort eine
Regierung an's Ruder kommt, die uns Krieg bringt,
damit ist zu rechnen. Wenn wir nicht Vorkehrungen treffen,
wenn wir heute versichern wollen, ja, wenn der Krieg kommt, dann
wollen wir Alles bewilligen, so lacht man uns aus; gibt es in
Frankreich ein Blatt, eine. Stimme auch nur, welche sagt, wir
verzichten auf Elsaß-Lothringen? Die Frage, ist dis Möglichkeit
eines französischen Angriffs ausreichend, um diese Vorlage zu
begründen? will ich nicht erörtern; wir haben für allgemeine
Sicherheit nach allen Seiten zu sorgen. Frankreich ist eine starke,
kriegstüchtige Macht; sein Heer ist tapfer und kampfbereit; wrr
dürfen nie die Hände in den Schooß legen, wie friedlich es dort
auch zeitweilig stehe. Wenn nun die Franzofen siegten, was
stände uns bevor? Wir würden dieselben Franzosen uns gegen-
über finden wie 1807 bis 1813, die uns wieder aussaugen wür-
den, daß wir auf dreißig Jahrs lahmgelegt wären. Man würde
uns klein zu machen suchen, vielleicht das Königreich Hannover
von uns verlangen. Indessen will ich Ihnen nur die Möglich-
keit schildern, der wir bei einem unglücklichen Kriege ausgesetzt
wären. Der Friede von 1870 würde ein Kind erspiel
sein gegen den von 1890. Wer die Möglichkeit der Ver-
antwortung dafür übernehmen will, der möge es thun. Die
verbündeten Regierungen wollen es nicht, deßhalb legen sie
Ihnen das Gesetz vor. Wir wollen dauernd eine genügende
Zahl ausgebildeter Soldaten im Reiche haben. Wir wählten
die Ziffer von sieben Jahren, weil sie die Grundlage des
früheren Kompromisses war und sich das ko stitutionelle Leben
aus Kompromissen zusammensetzt. Der Bundesrath thut das
Aeußerste, indem er dieser Grenze von 7 Jahren zustimmte. Er
hatte dabei nur die Interessen und die Sicherheit deS Reiches,
sowie das Wohl des Vaterlandes im Auge. Glauben Sie, wenn
wir uns über die Zeit nicht einigen, der Bundesrath würde von
seinem ursprünglichen Vorschläge abgehen? Und nun frage ich
Sie, wenn Ihnen gesagt wird, daß die Forderung im Interesse
des Reiches gestellt ist, wäre es in Frankreich möglich, eins solche
Vorlage abzulehnen? (Beifall.) Es besteht wirklich kein Grund,
zu bereiten, zumal wir uns streng an "den Wortlaut und"Sinn
der Verfassung gehalten haben. Wir halten unbedingt am vollen
Septennat fest und weichen kein Haar breit davon ab. (Beifall
rechts.) Wer bürgt uns denn dafür, daß immer hier dieselbe
Mehrheit vorhanden ist? Wollen Sie denn ein Auf und Ab
rad (das Hinterrad fehlt vollständig) gebracht hat und
war der Beifallssturm, welcher ihm zu Theil wurde, ein
wohlverdienter. Wie wir hören, beabsichtigen unsere
Sportskollegen in Karlsruhe anläßlich ihres „Gala-Rad-
fahrfestes" im Februar eine Konkurrenz im Kunstfahren
zu veranstalten und freuen wir uns dann, Gelegenheit
zu haben, unsere badischen Kunstfahrer mit den bedeutend-
sten Knnstfahrern aus ganz Dcutschlaud um die Sieges-
palme ringen zu sehen.
* Mannheim, 12. Jan. In Sachen des Duells
Köster-Scheele ist das Urtheil nunmehr verkündet und durch
dasselbe der Banquicr und Premier-Lieutenant Köster zu
einer zweijährigen Festungshaft verurtheilt worden. Da
nach dem allgemeinen bürgerlichen Strafgesetzbuche im vor-
liegenden Falle auf mindestens 3 Jahre hätte erkannt
werden müssen, so unterliegt es keinem Zweifel mehr, daß
dem Vernrtheilten unbedingt mildernde Umstände zur
Seite gestanden haben, durch welche diese gelindere Strafe
gerechtfertigt erscheint. — Das kriegsgerichtliche Urtheil
wegen des Duells dürfte noch eine Abänderung erfahren,
indem das Kriegsgericht zwar die Minimalstrafe von zwei
Jahren Festung (Ehrenbreitstcin) verhängte, aber zugleich
ein Gnadengesuch an den obersten Kriegsherrn abfaßte.
* Walldorf, 10. Jan. Gestern Abend gegen halb
7 Uhr brannten hier dem Phil. Steinmann und dem Joh.
Kneis die Scheuern nebst Wohnhäuser bis auf den Grund
nieder. Nur der regen Schaffenslust der Feuerwehr ist
es zu danken, daß das Feuer nicht weiter um sich griff.
* Bom Odenwald, 9. Jan. Der große Schnee äußert
doch nach und nach seine Wirkungen an den Holzbeständen.
Besonders das Nadelholz, Tannen und Fichten, erlitt
schwere Schädigung, da die Neste die Masse Schnee nicht
zu tragen vermögen und überall abbrechen. Die Bäume
sehen sehr traurig aus und erst das Frühjahr wird
den Schaden in vollem Umfang erkennen lassen. Beson-
ders ist der eigentliche Odenwald, die Gegend um Wall-
dürn, betroffen. Es heißt bereits, daß in Anbetracht des
massenhaft liegenden Windbruch die gewöhlichen Holzhiebe
für dies Jahr eingestellt würden.
* Eberbach, 12. Jan. Wie wir vernehmen, wird
das hiesige Postamt III. Klasse vom 1. April d. I. ab
in ein Postamt II. Klasse umgewandelt. Mit dieser
Aenderung wird auch ein Personalwechscl stattfinden. Die
erste Stelle wird durch einen Postsekretär verwaltet,
welcher später den Rang eines Postmeisters erhält und
diesem untergeben wird noch ein weiterer Verwalter nebst
Gehilfen sein. Auch im Brieftrügerpersonal wird wahr-
scheinlich eine Aenderung eintreten.
* Wertheim, II. Jan. Heute früh ereignete sich
hier ein beklagenswerthes Unglück. Der dem „Badischen
Hof" gegenüberwohnende Schiffer Herz ssu. bemerkte gegen
drei Uhr Feuer, das aus dem anstoßenden Wohnhause
des Privatiers Buch drang. Sofortiger Allarm brachte
die Feuerwehr rasch zur Stelle, welche die Gefahr bald
beseitigte. Der Brand war im Zimmer der 42jährigen
Haushälterin des genannten Herrn ausgebrochen, das
Bett war größtentheils verbrannt. Die Haushälterin selbst
fand man vollständig angekleidet, todt vor ihrem Bette
liegend. Das Licht brannte ruhig auf dem Nachttisch.
Eine Erklärung wird die Untersuchung erst ergeben können,
man nimmt an, daß die Verunglückte von einem Schlag-
anfall betroffen wurde.
X Eubigheim, 12. Jan. Auf der Straße von hier-
nach Gericytsstetten fand gestern Abend der von Hardheim
hierher fahrende Postkuecht einen Mann schon ganz bewußt-
los im Schnee halberstarrt liegen. Derselbe nahm ihn in
seinen Postschlittcn und brachte ihn so an den Bahnhof
hierher. Es gelang hier bald den Verunglückten zum
Bewußtsein zu bringen. Derselbe wollte von Waldürn
nach Boxberg; er hatte sich auf den vierstündigen Weg
hierher ein Fläschchen Branntwein mitgenommen und den-
selben getrunken. Die Wirkung durch den Genuß desselben
war aber der Art, daß er betäubt in den Schnee fiel
und nur zufällig auf oben erwähnte Weise vom Tode des
Erfrierens gerettet wurde.
x Schwabhausen, 12. Jan. Heute Abend wurden wo-
durch Feuerlärm erschreckt. Die Scheuer der Wwe. Hettinger
stand in Flammen. Das Feuer griff so mächtig um sich, daß
auch bald die nebenstehende Scheuer ein Raub der Flammen
wurde. Mit Ueberanstrcngung aller Kräften gelang es
nun, dem weitern Umsichgreifen des Feuers Einhalt zu
thun. Wie das Feuer entstanden, weiß man nicht. Beide
sind versichert.
* Aus Baden, 12. Jan. Heute feiern in Pforz-
heim Herr I. C. Fuchs und Frau ihre goldene Hochzeit.
-— Auf der Station Fahrn au setzten sich mehrere schlecht
gebremste Güterwagen in Bewegung und liefen, durch
das Gefälle begünstigt, in Steinen auf ein Seitengeleise
auf daselbst stehende Wagen. Bei dem Zusammenstoß
wurden sämmtliche Wagen mehr oder minder beschä-
digt. In Maulburg gelang es der Umsicht des be-
treffenden Zugmeisters, den heranrollenden Wagen mit
seinem Personenzuge noch rechtzeitig auszuweichen. —
Die Telephonanlage zwischen Tegernau, Wiesleth,
Schopfheim, Fahrnan, Hausen und Schweigmatt, Gers-
bach ist genehmigt und wird noch im bevorstehenden Som-
mer hergestellt werden. — In Emmingen brannte das
Haus des F. Groos zum Theil nieder. — In Frei-
burg stach ein Lehrling seinem Genossen während einer
nicht ernst gemeinten Balgerei ein Taschenmesser in die
Brust. Der Verletzte kam in's Spital, der Thüter in's
Gefängniß.
Lokales.
* Heidelberg, 13. Jan. („Germania".) Der Sterbkassen-
Verein „Germania" hält nächsten Sonntag seine alljährliche
Hauptversammlung ab. Derselbe hat -eine Mitgliederzahl
von nahezu 500 erreicht, und wird in Folge dessen durch
Beschluß der Generalversammlung das Sterbegeld auf 100