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M ZM. «rSL-^ri^«l-- Sonntag, 9. Deeember ! K/mULL.7 ! LM8.
Ä-M- Zweites Blatt. "MW
Eiu Mort au die Frauen über die kalten Tage.
Diesmal möchten wir nicht von den Vor- und Nach-
theilen des Winters sprechen, er bringt ja Beides mit sich,
wie jede Jahreszeit, wie überhaupt Alles, was uns um-
gibt, was irdisch und vergänglich ist. Wir möchten ein
Wort der Fürbitte vorbringen, wenn es so grimmig kalt
ist draußen auf den Straßen und drinnen in den Häusern,
eine Fürbitte nicht für die Armen und Nothlcidenden, wie
dies auch schon geschehen, nicht für Fremde und Heimath-
lose, sondern für unsere Hausgenossen, für unsere Dienst-
mägde. Da wird auch noch viel gefehlt, viel gekränkt
und meistens nicht aus Absicht und Lieblosigkeit, sondern
nur aus Unverstand und Gedankenlosigkeit. Was wissen
überhaupt so viele Frauen, welch' hartes Loos es ist, oft
fast den ganzen Tag in kalten Räumen sich aufzuhalten;
sie denken nicht daran, in ihrem gut durchheizten Zimmer,
in den warmen Kleidern, wie wehe die Kälte thun kann,
oder bemerken höchstens etwas hochmüthig: „Da kann
ich doch nichts ändern! Das ist doch Sache des Dienst-
mädchens, die Geschäfte draußen zu besorgen, nicht die
meinige, und zudem ist diese von Jugend an daran ge-
wöhnt; der macht dies nichts aus." Es ist freilich wahr,
man kann sich nach und nach an Vieles gewöhnen, man
kann sich abhärten und weniger empfindlich machen gegen
die Einflüsse der Witterung. Aber gründlich abgewöhnen
kann man sich das Frieren halt doch nicht und so möchten
doch die Frauen daraus bedacht sein, ob sich dies und Jenes
nicht ändern und etwas leichter gestalten ließe. Daß das ,
Dienstmädchen viele Geschäfte in kalten Räumen zu be- -
sorgen hat, das ist ganz selbstverständlich, das weiß sie ja ,
zum Voraus, wenn sie in einen Dienst geht, und bei
rascher Bewegung und Arbeit mit den Händen wird sie
viel weniger serieren, als bei sitzender, ruhiger Beschäf-
tigung. Daß sie Alles in der Küche in guter Ordnung
halten muß, ob Sommer oder Winter, ist ebenso selbst-
verständlich, und für Viele ist es gar nichts Schweres,
da an manchen Orten die Küchen herrlich warm sind.
Aber da und dort giebt es doch solche Räume, wo
es bitterkalt ist, wo z. B. nur im Petroleumherde gekocht
wird, auch weiter keine Ofenfeuerung in der Küche ist,
wo gewöhnlich kein Sonnenstrahl in die nach Norden ge-
legene Küche streift; da ist es dann aber bei großer Winter-
kälte bitterlich kalt und wohl begreiflich, daß ein Dienst-
mädchen kalte Füße und steife Finger bekommt, trotz warmer
Kleidung — wenn sie wirklich solche hat — und daß sic gar
froh ist, wenn sie wieder in geheizte Räume kommt. Aber —
und hier steckt der große Fehler, dem unbedingt
abgeholfen werden sollte — nicht überall stehen solche der
Magd zur Verfügung, nicht überall ist eine Kinderstube,
eine einfache Wohnstube, wo sie die Mahlzeit einnehmen,
wohl auch Nachmittags mit der Arbeit sich hinsetzen oder
den Feierabend zubringen darf. In manchem sogenannten
„guten" Hause hat die Hausfrau ein Boudoir, einen Salon,
auch ein elegantes Eßzimmer für die Familie, aber kein
warmes Winkelchen, wohin die Magd sich flüchten kann;
diese gehört eben in die Küche. Wenn diese aber grimmig
kalt ist; Ja, da kann man nicht helfen, es wird ja auch
wieder Frühling und wärmer werden! Und wird es end-
lich zu später Stunde Feierabend und kann das Dienst-
mädchen recht durchkältet und verfroren in's Schlaf-
kämmerleingehen, wie sieht es dort aus? Wie befindet sich
dasselbe so oft unter dem Dache, recht kalt und unfreund-
lich, kein Sonnenstrahl hat die dick gefrorenen Scheiben
aufgethaut und — was das Schlimmste ist — kein gutes
warmes Bett steht da, wo man sich so recht gründlich
durchwärmen könnte. So gering und dünn sieht alles aus,
so daß das Mädchen gezwungen ist, die Kleider auf die
Decke zu legen, um nur ein wenig die steifen, kalten
Glieder warm zu halten. Soll denn diesen Uebelständen
nicht abgeholfen werden? Man denkt und hofft doch: Ja!
Es fehlt ja oft nicht am guten Willen bei den Hausfrauen, sie
haben nur noch nie so recht nachgedacht, wie und wo ihre
Mägde sich während der strengen Winterkälte halten müssen.
Es ist dies keine absichtliche Lieblosigkeit, viel eher nur
Gedankenlosigkeit, die durch diese Worte ein wenig aufge-
rüttelt werden soll. Die Frauen klagen und zwar mit
Unrecht, so oft über die Mägde, wie oberflächlich und
egoistisch diese seien, nur auf ihren Nutzen sehen und keinen
Sinn für die Interessen der Herrschaft, keine Anhänglich-
keit und Unterwürfigkeit mehr haben. Das Verbessern soll
aber auch bei den Frauen beginnen! Liebe und Theilnahme
weckt Liebe und Dankbarkeit, und wo solche nicht ausge-
säet wird, wo die Magd nicht fühlt, daß die Herrschaft
es wirklich gut mit ihr meint, sondern sie nur wie eine
gefühllose Arbeitsmaschine behandelt, die ja bezahlt wird, ?
ja, da darf die Hausfrau nicht klagen über mancherlei
bittere Erfahrungen, über vielen Aerger und Schaden,
durch Dienstmägds verursacht. Also, ihr lieben Frauen,
nehmt unsere Mahnung nicht übel, und wenn cs so bitter-
lich kalt wird, Schnee und Frost alles einhüllt und ihr
dann behaglich im wohl durchheiztcm Zimmer euch wohl
sein laßt, so gedenkt dann eueres Dienstmädchens draußen
und erleichtert sein Loos, so viel in eueren Kräften und
Mitteln steht.
Vermischtes.
— sEin verbummeltes Genies war es zweifel-
los, welches kürzlich vor eine Abtheilung des Berliner
Schöffengerichts geladen war, um sich wegen Bettelns zu
vertheidigen. Der mit gewaltigem Schnurrbart ausge-
stattete Angeklagte betrat die Anklagebank, indem er mit
einer Stimme, welche die Fenster erzittern machte, den
Schöffen zurief: irrtrurrtU)U8!" Präs.: Sie find der
Schlossergeselle Brelitzer? Angekl.: Techniker bin ich von
Beruf, die Schlosserei dient mir nur als milchende Kuh.
Präs.: Sie sind aber in den Acten immer nur als
Schlossergcselle bezeichnet. Angekl.: Es liebt die Welt,
das Strahlende zu schwärzen! Präs.: Um so schlimmer,
wenn Sie als Techniker, als gebildeter Mann so weit
herabgekommen sind, um betteln zu gehen. Angekl.: Es
giebt im Menschenleben Augenblicke, wo man dem Welt-
geist näher ist, als sonst. Präs.: Sie scheinen auf das
Erlernen von Citaten so viel Zeit zu verwenden, daß Sie
darüber gar nicht zum Arbeiten kommen. Angekl.: Ich
fühls mit Schmerz und mag nicht klagen, längst bin ich
auch der Klage satt. Präs.: Sie sind doch wirklich ein
Mensch, der mit gesunden Gliedmaßen ausgerüstet ist und
wahrhaftig in ehrlicher Arbeit sich sein Brod verdienen
könnte. Angekl.: Ja wohl, Herr Präsident! Ich weiß es,
wie in thatenlosen Tagen im eig'nen Glüh'n die Seele
sich verzehrt! Präs.: Geben Sie denn zu, gebettelt zu
haben? Angekl.: Was nutzt das Streiten, nutzt das
Klagen? Wahr ist's, doch meiner Augen unheilvolle
Schwäche ist einzig Schuld daran. Präs.: Haben Sie
denn jetzt den Weg des Müßigganges verlassen? Angekl.:
Herr Präsident! Arbeit ist des Bürgers Zierde und so
arbeite ich denn auch gar fleißig beim Maurermeister
Feibicke in Moabit. Präs.: Ist es auch war? Angekl.:
Auf Ehre! Dies Werkzeug hier in meiner Hand ist mir
doch wohl Geleits genug! Präs.: Na, es scheint mir
wirklich, als wenn Sie einen anderen Weg betreten hätten.
Angekl.: Ja, Männer brauchen sich nur in die Augen zu
schauen, um sich sofort zu verstehen. Präs.: Der erste
Schritt zur Besserung wird aber wohl darin zu bestehen
haben, daß Sie ihren großen Mund ablegen. Im klebrigen
will der Gerichtshof dies Mal, auf Ihre guten Vorsätze
vertrauend, davon absehen. Sie in's Arbeitshaus zu schicken
und Sie nur zu drei Tagen Haft verurtheilen. Angekl.:
Sie konnten nur nach leichtem Wort mich messen, in diesen
Busen konnten Sie nicht sehen! Präs.: Wollen Sie sich
bei dem Erkenntniß beruhigen! Angekl.: Orabiura rnsain!
Präs.: Wenn Sie durchaus lateinisch schwatzen wollen,
dann sagen Sie wenigstens: tArrrbias na6U8! Sie sind
also mit dem Urtheil zufrieden? Angekl.: Meinen unter-
thänigsten Dank! Mein Auge lernt nun wieder lächeln,
die düstere Stirn ist aufgehellt. Präs.: Nun gehen Sie
nach Hause und befleißigen Sie sich eines anständigen
Lebenswandels! Angekl.: Dem späten Herbsttag gleicht
mein Leben, dem Herbsttag ohne Sonnenschein! Mit
diesem Stoßseufzer verließ der Angeklagte den Gerichts-
saal — eben so stolz, wie er gekommen war.
— s„Wenn Hasen auseinandergchen, so
sagen sie auf Wiedernähen") variirte in diesen
Tagen ein witziger Kopf in Wien das alte Lied, als dem
liebeglühenden Romeo auf der Bühne des neuen Burg-
theaters ein kleines Unglück mit seinen Unaussprechlichen
begegnete. Im alten Burgtheater, so erzählt der „W. C.",
griff einmal der Partner eines Darstellers, dem ein ähn-
licher tragikomischer Zwischenfall psssirte, die Situation
auf, um den ebenfalls Nichtsahnenden aus peinlicker Ver-
legenheit zu befreien. Es war am 14. December 1834 z
bei der Aufführung von „Adler, Fisch und Bär", einem
Stück des damals beliebten Theaterschriftstellers Gleich.
Ein Herr Gämmerler gab den in einen Bären verzauberten
Prinzen. Der Garderobeschneider mochte aber die Bären-
haut über Sr. Durchlaucht nicht mit Vorsicht genäht
haben, denn sie sprang während des Spieles auf und zeigte
bedenkliche Blößen. Ein ungeheures Gelächter war die
natürliche Folge. Der Prinz als Bär ahnte jedoch nichts
von seiner gespaltenen Haut und agirte frisch darauf los.
Scholz, der mit ihm auf der Bühne stand, nahm ein
weißes Schnupftuch aus der Tasche, um es am Unter-
leibe des „Raubthieres" zu befestigen. Der Bär aber
sträubte sich dagegen und fragte den andringenden Komiker:
„Was wollen's denn, was ist denn geschehen?" Scholz
wandte sich darauf zum Auditorium und sagte ganz kläg-
lich: „Jetzt fragt das Vieh noch, was g'schehen is." Nun
gab's für das Gelächter keine Schranken mehr.
— sDer Nase nag ent.) Drei gutgelaunte Ge-
schäftsreisende saßen jüngst in einem Szegediner Restaurant,
und als sie ihre Großthaten gehörig beleuchtet hatten,
fragten sie einander, welche Artikel sie verträten? Zum
Erstaunen der beiden Andern erklärte der Dritte, er reise
in Menschennasen und sei bereit, den „Gesichtserker" seines
Nachbars, ein wahres Ungethüm, zu ererben. Die Nase
müsse erst nach dem Ableben des Eigenthümers geliefert
werden, die Bezahlung erfolge aber sofort. — Wieviel
geben Sie dafür? — Ich will in meinem Preiscourant
Nachsehen, erwiderte der Reisende. — Er maß die Nase
und sagte nach einigem Besinnen, sie sei hundert Gulden
werth; doch verpflichte sich jeder der Contrahenten, zehn
Flaschen Champagner zu zahlen, wenn er den Vertrag
breche. Der Verkäufer ging darauf ein, wenn er nur bei
Lebzeiten im ungestörten Besitze seiner Nase bleibe. —
Gut, morgen Früh erhalten Sie das Geld. — Nun
wandte sich der Nasenagent an den Kellner und flüsterte
ihm etwas zu. Dieser erschien nach einigen Minuten mit
einem glühenden Brenneisen, welches der Reisende über-
nahm und feierlich auf den Verkäufer zuschritt. — Wa-a-as
thun Sie? — Ich Pflege jeder Nase, die ich kaufe, die
Stampiglie meiner Firma einzubrennen, um die Waare bei
der Uebernahme zu erkennen. Das werde ich auch jetzt thun!
— Unter dem schallenden Gelächter der Gesellschaft
mußte der Verkäufer, als verlragsbrüchig, den Champagner
bezahlen.
— sEin gezwungener Hochzeiter.j In Neu-
häusel (in Böhmen) fand vor einigen Tagen eine Hochzeit
statt. Die Braut war eine arme Waise, deren Mitgift
durch Sammlung milder Gaben aufgebracht werden sollte.
Man hatte dem Bräutigam 200 fl. zugesagt, aber nur
80 fl. zusammengebracht. Als dem Bräutigam am Tage
der Hochzeit dies in Anwesenheit der Gäste mitgetheilt
wurde, weigerte er sich, zur Trauung zu gehen; alles Zu-
reden war. fruchtlos, bis einer der Gäste, ein resoluter
Mann, vor den Widerspenstigen mit der Drohung hin-
trat: „Jetzt gehen Sie aber gleich zur Trauung, sonst
haue ich Ihnen zwei Ohrfeigen über's Gesicht!" Dieses
Argument wirkte, und der Edle ging fromm wie ein
Lamm zum Trau-Altar. Ob er aber die Frau um 80 fl.
ebenso lieben wird, als er sie um 200 fl. geliebt hätte,
muß dahingestellt bleiben.
— sReicher „Segen".) Die Königin-Regentin von
Spanien ist kürzlich von einem „glücklichen" Vater um
Hilfe angegangen worden, welche die gütige Herrscherin
unter den obwaltenden Umständen nicht versagen konnte.
Ein armer Taglöhner zu Pojessa ist nämlich innerhalb
von zehn Monaten mit sechs lebendigen Kindern beschenkt
worden. Nachdem ihn seine Frau Anfangs Januar mit
Drillingen überrascht, hat sie ihm am 10. November
die gleiche große Freude bereitet und da die ersten gesund
und munter geblieben find und der Vater bei der kräftigen
Constitution dieser letzten Drillinge ein gleiches „erhoffen"
darf, so hat er sich an seine Königin mit der Bitte ge-
wandt, ihm sein „Glück" tragen zu helfen, worauf die
Fürstin umgehende Anweisung den Behörden von Pojessa
ertheilen ließ, bis auf Weiteres jede Unterstützung den Eltern
auf Kosten ihrer Privatschatulle zu Theil werden zu lassen.
— sAlten Besitz) gibt's nicht nur in Fornbach im
Coburgischen, wo ein Bauerngut seit 320 Jahren sich in
derselben Familie vererbt hat, sondern auch in Rudolstadt,
wo ein Anwesen urkundlich seit 500 Jahren im Besitz der
Familie Kaufmann in Lichstedl und ein Freigut Schwarza
seit 1455 ununterbrochen im Besitz der Familie Mackeldey
ist. Die Leute hätten beinahe den Adel ersessen.
— sEin Entschuldigungszettel), der dem
Lehrer einer Gemeindeschule durch ein kleines Mädchen
überbracht wurde, hatte folgenden Inhalt: „Biete mein
sohn Frits gietichs zu entscholdigen, das Er nich nach
Schule komt. Er is gestorben. Wittwe Heseleer, Waschfrau.
— sDerzerstreuteProfessor L.), Lehrer in einer
ländlichen süddeutschen Universitätsstadt, rennt auf der Straße
gegen eine vorbeigetriebene Kuh an, reißt rasch den Hut
herunter und sagt: „Bitte tausendmal um Entschuldigung!"
Durch das Gelächter der in der Nähe Befindlichen wird der
Professor aber auf seinen Jrrthum aufmerksam gemacht
und ärgert sich jetzt den ganzen Weg über seine Ungeschick-
lichkeit. Darüber verliert er sich aber dermaßen wieder in
Gedanken, daß er in der nächsten Straße gegen die Frau
Commerzienräthin Brummhuber anrennt. „Himmel", schreit
der Professor, „ist das Brest schon wieder da?"