Freitag, de« 18. Januar 1SSL
Erste MrMuns in
Vefterreich
Todesurteil an einem Landstreicher und
Brandstifter vollstreckt.
< Dien, 11. Jan. Heute um 15.23 Uhr wurde
'M Todesurteil des Standgerichts in Graz an
Mt vorbestraften 33jährigen Landstreicher Pe-
Strauß vollzogen. Strauß hatte aus Rache
den Besitz eines Bauern angezündet, da ihm
von diesem gegebene Unterstützung zu gc-
*'ng erschienen war.
. Vom Bundespräsidenten konnte keine Gna-
denverfügung getroffen werden, da die Bundes-
regierung zu der Gnadenbitte der Verteidigung
'einen Antrag gestellt hatte. Diesen Antrag
schreibt Artikel 67 des Bundesverfassungsge-
setzes vor.
Um 1b Uhr hatte der Gerichtshof dem Ver,
urteilten die bevorstehende Vollstreckung des
Urteils mitgeteilt.
Schweres Unglück im Kaken von Maardingen
Ein deutscher Leichter gesunken / Zwei Tote
Rotterdam, 11. Jan. Ein folgenschwerer
Unglücksfall ereignete sich gestern nachmittag im
Vulcan-Hafen von Vla ar ding en, wo die
für Deutschland bestimmten Eifenerzladungcn
aus den Seeschiffen in die Rheinkähne umgela-
den werden. Plötzlich bracheinerderBin-
dungsträger an einem der beiden großen
fahrbaren Krane, welche die größten europäi-
schen Hafenkrane sind, und ein großer Teil der
über das Wasser hinausgeschobcnrn Lade-
brücke brach in sich zusammen.
Der Ausleger, eine Laufkatze und ein Greiser,
in dem sich gerade 28 Tonnen Eisenerz befan-
den, fielen mit donnerndem Getöse auf den
deutschen Leichter „Altstadt", in den
Eisenerz aus dem neben ihm liegenden Dump er
„Baldur" geladen werden sollte. Die „Altstadt"
brachmittendurch und sank mit der Lade-
brücke in die Tiese. Hierbei kamen zwei
Hafenarbeiter, die sich in einem kleinen
an der Laufkatze angebrachten Häuschen befan-
den, umsLeben. Die Augenzeugen des Un-
glücks mußten sich daraus beschränken, die beiden
auf der „Altstadt" befindlichen deutschen
Schiffer, vor denen einer bewußtlos war,
in Sicherheit zu bringen. Der Dampfer
„Baldur" wurde durch die herabstürzende Eisen-
konstruktion auf einer Seite beschädigt.
Der Zusammenbruch des Krans rief im Vlaa-
dinger Hafen eine Panik hervor. Man glaubte
zuerst an ein Eisenbahnunglück. Die ganze Nacht
waren die Feuerwehr und die BergungSgesell-
schasten mit der Hebung der versunkenen Kran-
teile beschäftigt. Bis heute morgen war es aber
nicht gelungen, die Laufkatze mit den beiden
Getöteten zu bergen.
WMKe LMrlrlvitlkk
Ein 100 800- und ein 50 OOO-Mark-Gewinn
gezogen.
Berlin, 11. Jan. In der Preußisch-Süd-
"Mschen Klassenlotterie fiel heute ein Gewinn
von 180 000 RM. auf die Losnummer 233 910
Und «in Gewinn von 50 000 RM. auf die Rum-
Mer 158 055.
Di« erste Abteilung des Loses 233 910 wird
M Viertellosen in Berlin gespickt, die zweite
Abteilung in Achtellosen in Mecklsnburg-Schwc-
rin.
Di« Gewinner des 50 000-Mark-Gewinns
Mahnen zur einen Hälfte in Berlin, zur an-
"*rn Hälfte in Braunschweig. Sie spielen das
Los in Achseln.
Dir Ermordung des Wertungen
Blorikrr vor Gericht
25 Angeklagte.
werden, die aus bisher noch mit Straßenbah-
nen versehenen Linien eingesetzt werden sollen.
Der Ankauf von weiteren 260 Autobussen ist
vorgesehen.
Windmühlenflugzeuge für dir
englische Armee
Zunächst probeweise...
London, 11. Jan. Das britische Luftfahrt-
ministerium hat, wie die „Morningpost" mel-
det, zehn Windmühlenflugzeuge in Auftrag ge-
geben, die zunächst probeweise bei Hebungen
mit gewöhnlichen Militärflugzeugen Zusammen-
arbeiten sollen.
Das Blatt sagt, Windmühlenflugzeuge seien
für Beobachtung, Luftaufnahmen und Feststel-
lung feindlicher Geschütze sehr geeignet, weil sie
ihre Geschwindigkeit bis auf 24 Kilometer in
der Stunde ermäßigen und bis zu 184 Kilome-
ter in der Stunde steigern könnten. Außerdem
benötigten diese Flugzeuge nur eine sehr kurze
Start- und Landestrecke.
Hamburg, 11. Jan. Vor dem Hanseatischen
Sondergericht begann heute der Prozeß wegen
der Ermordung des hiesigen Hitlerjungen Otto
Bloecker. Bei einem kommunistischen Feuer-
überfall auf ein Lokal im Stadtteil Hoheluft
am 26. Februar v. I. ist Bloecker erschossen und
rin anderer Hitlerjunge schwer verletzt wor-
den.
Von den 25 Angeklagten werden 22 des ge-
meinschaftlichen Mordes beschuldigt. Als Haupt-
angeklagter gilt der kaufmännische Angestellte
Karl Fischer, der nach eigenem Geständnis
di« verhängnisvollen Schüsse abgegeben hat.
Di« Angeklagten sind zumeist junge Leute im
Älter von 19 bis 26 Jahren.
Baris will Mi Autobusse erwerben
Autobus statt Straßenbahn.
Paris, 11. Jan. Die Stadtverordnetensit-
zung hat die Aufnahme einer 40,5 Millionen-
Änleihe beschlossen. Dieses Geld soll zum An-
sauf von 300 neuen Autobussen verwendet
SoKzeilWlilten auf rem Eile
eingebrochen
Drei Tote.
Warschau, 11. Jan. In der Nähe der Ort-
schaft Olkemiki im Wilna-Gebiet brach ein
mit Hochzeitsgästen besetzter Schlitten, der über
einen zugefrorenen See fuhr, im Eise ein.
Von den neun Insassen sind drei ums Le-
ben gekommen.
Erdbeben in Mgrlechenlanb
Bevölkerung in Angst.
Athen, 11. Jan. Ein starkes Erdbeben er-
schütterte heute die S-Wdt Calmata. Zwei
Häuser wurden zerstört und zehn schwer'beschä-
digt.
Menschenleben, sind glücklicherweise nicht zu
beklagen, aber die Bevölkerung befindet sich in
großer Unruhe.
Horst Millauers Afrika Expedition
Nach 10 089 Kilometer in Pretoria einge-
trofsen.
Pretoria (Transvaal), 11. Jan. Die Horst
Millauer Afrika-Expedition beendete dieser
Tage ihre erste Etappe der im Juli v. I. be-
gonnenen Afrika-Fahrt.
Horst Millnuer, seine junge Frau und der
Kamera-Mann Ernst Mielke wurden von
der hiesigen Deutschen Kolonie, vom deutschen
Generalkonsulat und zahlreichen englischen
Motorsportlern herzlich begrüßt.
Werfall auf einen Aus
Acht Tote, 15 Verletzte.
Peking, 11. Jan. Eine Gruppe chinesischer
Räuber hielt bei Kirin einen Zug an und ver-
suchte, ihn auszurauben. Die japanische und
mandschurische Wache verteidigten sich.
Dabei wurden acht Personen getötet und 15
verletzt.
Zahlreiche Meßopfer der Grippe
in Tokio und Umgebung.
Tokio, 11. Jan. Hiex und in der Umgebung
herrscht seit einiger Zeit eine Grippe-Epidemie,
die in den letzten zwei Wochen täglich bis
zu 150 Tote forderte. Sämtliche Kranken-
häuser der Stadt sind überfüllt.
Raubmord an einem Invaliden.
Dortmund, 11. Jan. Der Invalide Dietrich
Gourshop wurde heute in seiner Wohnung
erschlagen aufgefundcn. Wie die Ermitt-
lungen ergaben, liegt Raubmord vor.
Der Erzbischof von Prag spendet 10 080
Kronen für die Hinterbliebenen von Osseg.
Prag, 11. Jan. Der hiesige Erzbischof hat
für die durch das Grubenunglück auf Schacht
Nelson UI bei Osseg heimgesuchten Familien
an das Hilfskomitee eine Spende von 10 000
Tschechenkronen überwiesen.
Mess
Die älteste Zunft Deutschlands, die Würz«
bürg er Fischerzunft, feierte traditions-
gemäß am Dreikönigstag ihren Jahrestag, dies-
mal den 9 2 4. In der historischen Zunftstub«
kam man zusammen und beschloß u. a., Reichs-
kanzler Adolf Hitler zum Ehrenmit-
glied zu ernennen.
Der Präfekt der Kirchenmusikschule Regens-
burg und Musiklehrer an den Bischöflichen Se-
minarien zu Regensburg, Dr. Karl Forster,
erhielt einen Ruf als Domkapell-
meister in Berlin, um den Domchor
an der katholischen Kathedrale neu zu organi-
sieren und zu leiten. Dr. Forster ist noch nicht
ganz 30 Jahre alt.
*
In Brieg verletzte eine Frau ihren Mann
und ein Ehepaar, das zu Besuch da war, im
Streit mit einer Nudelrolle so schwer,
daß alle drei mit Kopfverletzungen ins Kranken-
haus gebracht werden mußten.
Einige deutsche Gebirgs-Ortschaften, die zu
Füßen steil aufragenden Hochgebirgskämmen
liegen, können während des Winters von der
tiefstehenden Sonne nicht erreicht werden, lie-
gen also wochenlang im Schatten. Einer die-
ser Orte im Allgäu liegt an dex Bergguppe,
die „Hohes Licht" heißt.
*
Baron Eugen Rothschild, ein Mitglied
der Wiener Rothschild-Familie, ist, 57 Jahr«
alt, in einem österreichischen Sanatorium ge-
storben.
Im polnischen Ministerium für soziale Für-
sorge wird der Plan erwogen, verschiedene
Schönheitsmittel, Puder, Schminke u.
a., mit einer Steuer zugunsten der sozialen
Wohlfahrt zu belegen. Die Steuer soll von den
Erzeugern bezw. den Importeuren erhöbe«
werden.
*
Der ehemalige ifVeltschachmeister Dr. Las-
ker will sich in Rußland niederlassen. Er soll
Professor der Mathematik an einem
wissenschaftlichen Institut werden und gleich-
zeitig S ch a ch u n t e r r i ch l erteilen.
Ende Januar findet eine Segelschlit-
ten f a h r t Leningrad — Moskau — Irkutsk
statt. An der Fahrt werden acht Segel-
schlitten neuester Konstruktion teilnehmen.
Der Brand des französischen Luxusdampfers
„George Philippar", der vor einem Jahr im
Roten Meer vernichtet wurde, wird jetzt ein ge-
richtliches Nachspiel haben. Gegen sieben hohe
technische Beamte der Schiffahrts-Gesellschaft
sowie gegen die Schiffsleitung und die Direk-
tion der Gesellschaft ist Anklage wegen fahr-
lässiger Tötung erhoben worden.
Bei einem Fußballkampf in England nahmen
viele tausend Zuschauer gegen den Schieds-
richter Partei, bewarfen ihn mit Aepfeln
und Apfelsinen und machten Miene, das Spiel-
feld zu stürmen. Die bedrohliche Situation
wurde durch einen sechsjährigen Jungen ge-
rettet, dex auf das Spielfeld lief, Aepfel und
Apfelsinen auflas und in die
Taschen st eckte. Die versöhnte Menge brach
in ein schallendes Gelächter aus.
Ein Schweizerroman von Berg und Tal
von Edward Sttlgebauer
Oopyrixkt b? ?rometbeus-Ver!ax Or. kllcbacker
^»röbeurell bei .Vliincben.
^5) (Nachdruck verboten.)
Da fiel es dem Himmelsguckerli wieder ein.
./Richtig, meine Gnädigste", sagte es „aber im
Hotel sind wir doch nicht ungestört!^
. »Auf Ihrem Zimmer doch, Meister", erwi-
derte Stella höchst einfach.
Und das Himmelsguckerli, das sich aus seiner
Verlegenheit gar keinen anderen Ausweg
wußte, wandte ein: „Ich weiß wirklich nicht,
Weine Gnädigste, ob das Zimmermädchen schon
fertig geworden ist."
Da zog Stella, weil man gerade an einer
windgeschützten Stelle angelangt war, das gol-
dene, mit der Freiherrnkrone der Birklages ge-
schmückte Etui, in dem sie ihren Bedarf an
»Ouoens" mit sich zu führen Pflegte, und
mannte sich eine Zigarrette an.
„Und Sie, Meister?"
Auch das Himmelsguckerli bediente sich, und
stine Begleiterin fuhr, den Tabakrauch in die
«rlte Winterlust blasend, fort: „Sie sind em
Freund der Ordnung, Meister! Also! Wenn Ihr
ästhetisches Gefühl und Ihre musikalische Kunst
den Anblick eines unausgeräumten Schlafzim-
wers nicht zu ertragen vermögen, dann erlau-
ben Ci« doch, daß ich Ihnen einen andern Vor-
schlag unterbreite?"
»Bitte, meine Gnädigste!"
»Ci« holen Ihre Geige im Hotel und wir
Men dann miteinander in das Eafe Walz.
Dort ist zu dieser Tageszeit kein Mensch! Ist
Jbnen recht, Meister?"
»Wenn Ti« es so wünschen!"
-Ich wünsche es so!"
Die beiden waren vor dem Suvretta-House
angelangt. Stella wartete in der Halle, sich die
Zeit mit Lippenstift und Puderquaste vertrei-
bend, indessen das Himmelsguckerli per List nach
oben fuhr.
Vor der Bar saßen drei Herren beim Cocktail.
Laut und ungeniert flog ihre Unterhaltung hin
und her, so daß Stella auch nicht ein einziges
Wort entgehen konnte.
„Warum sind Sie eigentlich hier in St. Mo-
ritz, Cohn," fragte da ein Kahlköpfiger, der die
Kechzig hinter sich haben mochte und an einer
stattlichen Importe zog.
„Kunststück! Das möchten Sie wißen, Mar-
kus", lautete der Bescheid des Obeinigen, der
gerade mit dem Strohhalm seinen Scherry-
Cobler umrührte. „Ich vermute stark, daß Sie
der gleiche Grund aus Wien hierherbrachte, der
mich aus Berlin in dieses langstielige Nest ge-
führt hat."
„Hm, hm, hm... . der gleiche Grund,
Cohn?'/
Der Dritte, der beim Eintritt der beiden noch
eifrig an der Debatte teilgenommen, griff jetzt
nicht in die Unterhaltung ein. Er wippte seinen
Brandy hinunter und schien bei der ganzen
Geschichte der Tevttus Gaudenz zu sein. We-
nigstens umflog ein süffisantes Lächeln seine
bartlosen Lippen, und sein amerikanisches Jm-
prestariogestcht war verklärt von der Sieges-
sicherheit frohlockendem Schein.
Der Obeinige pürschte sich an den Kahlkopf
heran. „Ein Vorschlag zur Güte, Markus",
meinte er. „Eigentlich ist es doch ein Stuß er-
sten Ranges, wenn wtx uns hier gegenseitig den
Rang ablaufen und mit versteckten Karten spie-
len wollen, da wir doch beide sehr genau wissen,
was wir beabsichtigen und woran wir sind!"
„Wie meinen Sie denn das, Cohn?"
„Wie ich das meine, Markus, das ist doch
höllisch einfach. Fifty, Fifty, mein Wertester!
Wir teilen den Raub. Sie verpflichten das
Phänomen für die zweite Hanuarhälfte der Phil-
harmonie und mir verbleibt dann die erste Fe-
bruarhälfte der Philharmonie für das Musik-
vereinsgebäude."
Da spitzte Stella die Ohren, well doch nur
von Edmondo die Rede sein konnte, besten Ab-
reise also zu ihrem Leidwesen in nächste Nähe
gerückt zu sein schien. Aber nicht nur ihre Auf-
merksamkeit, sondern auch die der beiden Kon-
kurrenten wurde jetzt von dem Glattrasierten
in Anspruch genommen, weil der einen zu-
sammengefalteten Aktenbogen aus der Tasche
seines Cutaways zog. Und mit dem breiten Ak-
zente des Amerikaners, der sich sein bißchen
Deutsch mühsam zusammengelernt hat, kam es
nun von defien Lippen:
„Das ist der Vertrag de? Agentur Roberts
Sons Limited am Broadway, Gentlemen, den
ich Mister Edmondo für die Tournee durch die
United States vorzulegen habe und ich besitze
di« Vollmacht, daß ick bis zu 1000 Dollars pro
Konzert gehen kann!"
Die Wirkung dieser Worte war sowohl für
Cohn als auch für Markus eine entwaffnende.
Tausend Dollar! Viertausendzweihundert Mark!
lieber siebentausend Schillinge!
Da gab man das Rennen am besten gleich
von vornherein auf. Verdutzt sahen sich Cohn
und Markus an, und der Vertreter von Roberts
Sons Limited ließ den Kontakt, besten Annahme
er ja sicher war, in aller Gemütsruhe wieder
in der Tiefe seines Cutaways verschwinden.
Alle drei bemerkten gar nicht, daß der von
ihnen mit so heißer Mühe Umworbene gerade
in diesem Momente, den Kasten mit seiner
Geige in der Rechten, die Treppe heruntevze-
stiegen kam.
Und auch das Himmelsguckerli, das sich noch
immer herzlich wenig um bi« Gäste im „Sou-
vretta House" kümmerte, nahm von der Gruppe
vor der Bar keinerlei Notiz. Es ging geraden
Weges auf Stella zu und sagte: „Ich bin be-
reit, meine Gnädigste!"
Die war im Zweifel, ob sie ihm etwas von
dem Erlauschten mitteilen sollte oder nicht.
Schließlich zog sie es vor, den Dingen ihren
Lauf zu lasten, zumal da ja das Rennen Zlum-
Tischirtschinsky noch keineswegs seinem Finish
nahe war und es hier erst abzuwarten galt!
Und als ob sie von dem doch unmittelbar
Bevorstehenden nicht die geringste Vorstellung
hätte, sondern genau so, als ob der nun begon-
nene Flirt noch eine gute Weile dauern sollte,
betrat sie jetzt an des Himmelsguckerlis Seite
den 'bescheidenen Raum des kleinen Cafe Walz.
Sie hatte sich nicht getäuscht. Die Stunde des
Lunchs war nicht mehr fern, und um diese Zeit
besuchte keine Menschenseele das Cafe.
Erstaunt musterte daher die Serviertochter
die unerwarteten Gäste und brachte auf deren
Bestellung das ohne Interesse beorderte Ge-
tränk.
Dann zog sie sich diskret in den Nebenraum
zurück, und zwar in der nicht ganz unbegrün-
deten Meinung, daß sie hier so etwas wie ein
Liebespärchen vor sich habe, dem das Tete-a-Tste
unter vier Augen das liebste sei.
„Also, wenn ich bitten darf, Meister!"
Diese Aufforderung war in einem ganz selt-
samen Ton von Stellas Lippen gekommen.
Mit einer gewissen schwärmerischen Zärtlichkeit,
die wohl nicht allein der Musik, sondern auch
der Person des Künstlers gelten sollte! Und
doch! Etwas wie Ironie klang durch. Etwas,
wovon sich das Himmelsguckerli sagen mußte,
daß es diesem Beisammensein noch einen Ne-
benzweck außer dem des ungestörten Genusses
des „Notturno" gab.
Nun schloß Edmondo den Wolinkasten auf
und legte die mit dem goldenen Lorbeer be-
stickte, himmelblaue Seidendecke erst einmal
sorgfältig zusammen, bevor er zu seinem In-
strument gviff.
(Fortsetzung folgt.)